Die Deutsche Ausstellung 'Das Gas'
Seine Erzeugung und seine Verwendung in der Gemeinde, im Haus und im Gewerbe
År: 1916
Forlag: R. Oldenbourg
Sted: München
Sider: 176
UDK: St.f 622.74 Gas
Mit 444 Abbildungen Im Text
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Ihrer Billigkeit halber wurden hierfür gußeiserne Hähne ver-
wendet, die sich entgegen den verschiedentlich laut gewordenen
Befürchtungen trotz ihrer großen Beanspruchung in jeder
Hinsicht bewährten; auch als Hauptabsperrhähne für die
8 Steigleitungen, die an Stelle der umständlicher zu bedienen-
den Schieber gewählt wurden, fanden Gußeisenhähne, und
zwar bis zu 4" Durchgang, Verwendung; dieselben wurden
infolge ihrer Lage unmittelbar über der Erde durch die in
Fig. 442 dargestellte Sicherung, die dabei eine rasche Betätigung
durch das Bedienungspersonal ermöglichte, vor mutwilligem
Öffnen geschützt.
Die endgültige Einstellung und Fixierung der zahlreichen
Regulierhähne, die man zunächst ins Auge gefaßt hatte, er-
wies sich freilich schon bei der ersten probeweisen Inbetrieb-
nahme der Beleuchtungsanlage als unmöglich, und zwar
hauptsächlich wegen der verschiedenen Druckverhältnisse
schon im Hauptgasrohr. Der wechselnde Umfang der Fest-
beleuchtung selbst, bei der je nach Bedarf auch die Oriflam-
menbeleuchtung zum Teil in Betrieb zu setzen war, vor allem
aber auch die je nach den Umständen mehr oder weniger
gleichzeitige Inbetriebnahme der Straßen- und Privatbeleuch-
tung in nächster Nähe der Ausstellung, endlich das nachein-
ander erfolgende Abschalten der größeren Konsumenten inner-
halb der Ausstellungshallen hatte naturnotwendig Druck-
schwankungen zur Folge, die ein fast jedesmaliges Verstellen der
Abzweighähne erforderten. Da dieselben zum größten Teil in
luftiger Höhe eingebaut und ohne Gerüste nicht mehr zugäng-
lich waren, wurden dieselben mit Gegenfedern und Drahtseil-
zügen versehen, welch letztere bis zu Stellen herabführten, die
entweder von Hand oder durch Anstelleitern zu erreichen
waren.
In ganz der gleichen Weise, vor allem auch bezüglich
der Verwendung und Befestigung der Brenner, Rohre, Hähne
usw., erfolgte auch die Herstellung der an dem Verbindungs-
bau, Café- und Basargebäude sich hinziehenden Linienbeleuch-
tung, die im wesentlichen aus einer horizontalen Flammen-
kette, entlang den dem Platz vor Halle III zugewandten
Fronten dieser Gebäude, sowie aus 34 ungefähr 70 cm hohen
Ornamenten, die bei jedem Pfeiler von der horizontalen Linie
nach abwärts führten, bestand.
Bei einer Länge von beinahe 300 m der zu beleuchtenden
Linien waren weitere 12 000 Brenner nötig geworden, für welche
sich ein beiläufiger Gasverbrauch von rd. 250 cbm für die
Stunde berechnete. Mit Rücksicht auf ihre fast nur horizon-
tale Ausdehnung konnte hier von der Verwendung eigener
Regulierhähne abgesehen und die Einstellung der Flammen-
größen ohne weiteres durch die Absperrhähne in den Steig-
leitungen vorgenommen werden, von welchen 9, und zwar
in Abmessungen von 1% bis zu 2", vorgesehen waren.
Als geradezu unentbehrlich erwiesen sich die obenerwähn-
ten Regulierhähne an Halle III aber bei der jedesmaligen
Inbetriebsetzung der Fassadenbeleuchtung. Dieselbe
konnte nämlich nicht, wie anfänglich vorgesehen, in ihrer
ganzen Ausdehnung gleichzeitig zur Entzündung gebracht
werden, da sich bei der plötzlichen gemeinsamen Öffnung der
sämtlichen Absperrhähne vor allem Druckschwankungen im
Hauptgasrohr ergaben, die mit Rücksicht auf die verschie-
denen in den Ausstellungshallen aufgestellten Apparate wie
auch auf die zahlreichen Kleinstellflammen in den Ausstellungs-
ständen nicht angängig waren; außerdem konnte aber bei der
gleichzeitigen Freigabe der Gaszufuhr zu den am höchsten
gelegenen Illuminationsteilen in den tieferen nicht mehr die
zur sicheren Entzündung der Flammen erforderliche Länge,
welche für einige Augenblicke wenigstens doppelt so groß
als die normale sein sollte, erzielt werden. Mit der infolge-
dessen nötig gewordenen gruppenweisen Inbetriebsetzung der
Beleuchtung war aber auch die Verwendung eigener Kletter-
zündungen für das Entzünden der Lichter nicht mehr möglich
geworden. Man entschloß sich vielmehr, dieselben durch
ständig brennende Dauerflammen zu ersetzen, die in kleinen,
aus Drahtsieben gebildeten und unmittelbar unter den Licht-
leitungen befestigten Laternchen bestanden, in welchen eine
etwa 10 mm lange, bis zu ihrem Austritt aus der Düse in keiner
Weise gedrosselte und daher gegen Luftzug sehr widerstands-
fähige Stichflamme fortwährend brannte, während eine
darüber hinwegstreichende, die Laterne überragende längere
Flamme zum Entzünden der eigentlichen Illuminations-
flämmchen diente. Diese Lämpchen waren in einer Anzahl
von 26 über die oberen, von unten nicht mehr zugänglichen
Teile der Hallenfront entsprechend verteilt und durch eine
eigene, aus 3/8" und ^"-Rohren bestehende, vor den Haupt-
absperrhähnen weggezogene Schmiedeeisenrohrleitung ge-
speist.
Die Inbetriebnahme der ganzen Beleuchtungsanlage er-
folgte nun in der Weise, daß vor allem sämtliche Regulierhähne
mit Hilfe der Zugvorrichtungen geschlossen und hierauf alle
Absperrhähne, anschließend daran dann auch die Abzweig-
hähne für die untersten Lichtpartien, geöffnet wurden. Nach
dem Entzünden der untersten Flammen in den Ornamenten
am Erdgeschoß der Halle III mit Hilfe von an 9 m langen
Bambusstäben angebrachten Spirituslämpchen kletterten die
Feuerlinien leicht an den senkrechten Rohren nach oben,
von wo sie sich durch allmähliches gegenseitiges Zusammen-
fließen zu den horizontalen Linien vereinigten. Erst nach
dem vollständigen Brennen sämtlicher Flammen dieses Teiles
wurden ihre Längen einreguliert und hierauf die Abzweighähne
für die nächsthöher gelegene Abteilung geöffnet. Hier ent-
zündeten sich die Lichter bereits selbst an den Dauerflammen,
so daß gleichzeitig die Linienbeleuchtung an den Arkaden
von Hand zum Brennen gebracht werden konnte. Nach dem
vorläufigen Einregulieren auch dieses Beleuchtungsabschnittes
wurde wiederum die Gaszufuhr zu dem nächsthöheren an der
Fassade freigegeben, während erst nach dem Entzünden
der ganzen Anlage die genaue Einstellung der Flammen in
den einzelnen Teilen möglich war.
Alle diese Maßnahmen erforderten freilich eine ziemlich
geraume Zeit, so daß immerhin teilweise 8 bis 10 Minuten
zur vollständigen Inbetriebsetzung der gesamten Illuminations-
beleuchtung erforderlich wurden; wenn man aber berücksich-
tigt, daß im ganzen nicht weniger als 55 000 einzelne Flammen
mit einem stündlichen Gasverbrauch von ca. 1100 cbm, der
jenem der gesamten Münchener Straßenbeleuchtung nahe-