Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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134
Voge l.
Zweite Vrbnmig.
lichen Zugvogeln, eine Thatsache, bie man lange be-
zweifelt hat, Weil Niemand Zeuge der Wanderungen
gewesen war. Aus solcher Unkenntnih mag der in ben
Vereinigten Staaten ziemlich verbreitete Glaube sich
Herschreiben, ba§ sieben Winter im Jnnern hohler Baume
schlafenb verbringen. Aububon ist ber Meinung, bah
sie Hauptsachlich bes Nachts wanbern unb weite Wege
zurficklegen. Er sah im Fruhjahre bergleichen Wan-
berschwarme, bie in langen Wellenlinien bieLuft biirch-
schnitten unb unter Winkeln von 40° aufstiegen. Wegen
ber Kleinheit ber Einzelnen fanb er es unmoglich, ben
flfichtigen Schwarm mittels eines guten Fernglases wei-
ter als 150 — 180 Fuh zu verfolgen. Der Schwarm
erscheint auf Einmal unter lautem Schnurren, streift
einen Augenblick lang am Boben hin, steigt bann wie-
ber Hoch empor unb verschwinbet mit berselben Plbtz-
lichkeit, mit welcher er angekommen war. Dah auch
bie subamerikanischen Arten ihren Aufenthaltsort gele-
gentlich wechseln, also eigentliche Strichvogel sinb, scheint
unzweifelhaft zu sein, benn man sieht sie nicht zu allen
Jahreszeiten in gleicher Menge. Die Heftigen Sturme
ber Regenzeit unb bie Entwickelung ber Vegetation
mogen bieses Umherstreifen zur Nothwenbigkeit machen.
Im Uebrigen ist ber Flug so reihenb schnell unb wirb
so ohne alle Vorbereitungen vom sitzenben Vogel ange-
treten, bah bieser bem Auge wie burch Zauberei entschwin-
bet. Kolibris sinb in bieser Beziehung fast alten anberen
Vogeln uberlegen unb scheinen bieses wohl zu tvissen,
benn sie vergreifen sich an jebem ohne Unterschieb, necken
ihn unb entgehen ohne Schwierigkeit ber verbienten
Strase. Jhr spitziger Schnabel mag eine gefahrliche
Wasse sein, zumal toenn er, wie gewohnlich, gegen bie
Augen anberer Vogel gerichtet wirb, welchen meist nur
bie Flucht ubrig bleibt. Ueberhaupt zeichnen gerabe
sie burch jahzvruiges unb leibenschaftliches Wesen sich
aus, bulben einanber nicht in ber Nahe besselben Blu-
thenzweiges unb liefern sich ohne vorgangige Heraus-
forberung erbitterte Kampfe. Nur bei biesen Gelegen-
Heiten lassen sie kurze scharfe Laute horen, bie einzige
Art von Stimme, bie man an ihnen kennt, unb jagen
sich mit solcher Erbitterung umher, bah sie gelegentlich
an Menschen anstohen. Die meisten Arten leben ein-
sam unb finben sich nur zufartig auf bemselben Baume
zusammen; inbessen giebt es, nach Lefson, einige, bie
gesellig umherfliegen unb in ungetreunten kleinen Schivar-
men von Bluthe zu Bluthe eilen. Gegen grohe Hitze
unb unverhullte Sonnenstrahlen sinb sie empfinblich unb
verlassen baher nur bes Morgens unb Abenbs ben Schat-
ten ber Walbranber, furchlen sich aber so wenig vor ben
Menschen, bah sie fiberart in Garten einbringen, sogar
bie in offenen Fenstern stehenben Blumenstrauhe besit-
chen, unb sich burch bie Nahe eines Beobachters burch-
aus nicht irren lassen. Im Vertrauen auf bie eigene
auherorbentliche Gewanbtheit unb Flugfertigkeit begeben
sie sich mit gewissem Nebermuthe in offenbare Gefahren.
So sah Bullock in einem Hause, welches er in Jalappa
bewohnte, unb bas, nach gewohnlicher merikanischer
Banart, ein weites Viereck mit einem Garten in ber
Mitte barstellte, viele Kolibris ben grohen Spinnen bie
frisch gefangenen Fliegen rauben. Die Gewebe Waren
1o stark unb lagen zwischen bem nieberen Hausbache unb
ben nachsten Baumen in so vielen Stockwerken fiber-
einanber, bah ber einmal in sie verwickelte Vogel es
schwer gefunben haben wurbe, zu entkommen, ohne ver-
giftete Bisse ber Spinnen bavon zu tragen. Er vermieb
inbessen nicht allein alle biese Hinbernifse , sonbern raubte
bie gefangenen Jnsecten, ehe es ben Spinnen moglich
war, zur Vertheibigung ihrer Bane Herbeizukommen.
Dah bie fogenannte Vogelspinne (Mygale avicularia)
beS tropischen Amerikas Kolibris fange unb auffresse, ist
ubrigens eine alte unb nur zu oft Wieberholte Fabel,
bie von ber Malerin Merian sogar burch eine kunstreiche
Zeichnung verewigt worben ist.Jene Spinne macht
nie ein Gewebe, sonbern gehort zu ben sogeiiannten
Minirspinnen, bie in Erblochern auf Beute zn lauern
pflegen. In Westinbien giebt es allerbings grohe Spin-
nen aus berselben Gattung, welcher unsere Kreuzspinne
angehort, beren Gewebe stark genug sein burften, um
einem Kolibri ein ernstes Hinbernih zn beretten; allein
sie leben mit biesen Vogeln in Frieben.
In ber Kenntnih von ber Fortpstanzung ber Ko-
libris giebt es noch viele sehr bebeutenbe Lucken, benn
eigentlich liegen bebeutenbe Beobachtungen nur uber bie
gemeine norbamerikanische Art vor. Dah 'alle Arten
monogamisch sinb, bebarf nicht ber Erinnerung; sie
entwickeln bie mit biesem Verhaltnifse verbunbene Lei-
benschaftlichteit in hohem Grabe, unb beweisen bei bem
geringsten Verbachte einer Nebenbuhlerschaft mehr Eifer-
sucht unb unerschrockene Kampflust, als anbere zwaii-
zigmal grohere Vogel. Schon Oviebo, ber alleste Na-
turbeschreiberber neuen Welt,erzahlt, bah sie mit blinber
Wuth bem Menschen itt bas Gestcht fliegen unb benjenigen
burch Schnabelhiebe nach ben Aitgen zuttt Rfickzuge
zwingen, ber es unternimmt, einen ihr Nest tragenben
Baum zn erklettern. Alle bis jetzt bekannt geworbeneit
Nester, von welchen Lefson viele abgebilbet (Fig. 1535
— 1539), gleichen flch burch kunstreichen unb ungemein
festen Bau. Gemeinlich sinb sie mit bem unteren Theile
an bunne Horizontale Aestchett befestigt, unb habeti balb
eine Halbkugliche, balb eine verkehrt kegelformige Ge-
stalt. 3um Baumatetial bient wesentlich Pflanzenwolle,
Wie sie balb bie Saamen, balb bie Kapseln einhfillt.
Solche Stoffe kommen an Gewachsen tropischer Kli-
maten Håufiger vor als an benjenigen bes Norbens;
ganze Gattungen wolltragenber Pflanzen, z. B. bie rie-
sengrohen Bombar, bie Carolineen, bie Seibenpflanzen
sinb anf bie ersteren beschrankt. Mit vieler Kunst wer-
ben biese weichen Fasern zu beinahe fingerbicken Wan-
bungen zusammengefilzt, welche wieberum auherlich mit
kleinen Baumflechten ober Moosen so genau fiberzogen
sinb, bah ber ganze Bau von unten her leicht fibersehen
ober fur einen gewohnlichen, bemoosten Kitoten bes
Zweiges gehalten werben kann. Lesson bilbet bas merk-
wfirbige Nest bes kammtragenben Kolibri aus Guyana
(T. cristatus) ab, ivelches ganz aus ben Saamen einer
Distelart bestanb, bie so kfinstlich verflochten waren, bah
ihre Wolle (ber Pappus ber Botaniker) bas Jnnere bil-
bete, ihre rauhkantigen unb Harten Korner Hingegen
nach Auhen Hervorstarrten. In arten Farten tragt ber
kleine Baunteister Sorge fur Schutz unb Beschattung
nach oben, unb wirb baher nie attbers als unterhalb
eines fiberhangenben breiklaubigen Astes sein Werk be-
ginnett. Man finbet nie mehr als zwei etwas langliche,
reinweihe Eier in einem Neste, einige Arten sorten nur
ein einziges legen. Diese Eier sinb nicht ganz so klein,
als man von ber Korpergrohe bes Vogels folgern sortte,
unb bisweilen bis HZort lang. Die Brfitung erforbert
ungemein kurze Zeit, 10—12 Tage, unb in bemselben
Verhaltnifse entwickeln sich bie Jungen; minbestens ver-
mogen, nach Aububon, bie Jungen bes norbamerika-
nischen Kolibri schon am neunten Tage nach bem Aus-
schlfipfen aus bem Eie ihren Aeltern fliegenb zu folgen.
Von einer nicht genau bestimmten brastlischen Art inel-
bete ein englischer Seemann, Lyon, ber sie in Minas
geraes beobachtete , bah sie am 26. Januar bas erste,
am 28. Jan. bas zweite Ei legte unb bah zwei Junge,
bie man auf ben ersten Blick hatte mit Bienen verwech-
seln koinien, am Morgen bes 14. Febr. auskrochen.
Das Nest war Anfangs flach (Fig. 1536) unb wurbe von
bem Weibchen erhoht (Fig. 1537) in bem Mahe, wie
bie Jungen wuchsen. Diefes Verfahren tvar jebenfarts
ein unregelmahiges unb burch aithere Behinberungen
Herbeigeffihrt; wahrscheinlich war bas Weibchen frfiher
im Batte gestort worben unb hatte nicht Hinreichenbe
Zeit beseffen, bas zweite Nest vor bem Eierlegen ganz
zu vortenben. Ebeitso scheint auch in biefem Farte bie
^itwickelung ber Jungen minber schnell von Statten
gegangen zu fein; bie Jungen blieben blinb bis zum 28. I
Februar unb tvurben von ber fitzenbert Mutter sorg-
faltig gegen bie eden Herrschenben Regengfisse geschfitzt;
inbessen erhoben sie sich auf einmal am Morgen bes 7.
Marz unb eilten, ohne irgenb eine vorgangige Flfigel-
probe, pfeilschnert von bannett.
1. $er Rubin.Kolibri. (Trochilus colubris.) Fig. 1540. 1541.
Der norbische Kolibri betvohnt bas ganze Gebiet ber
Vereinigten Staaten unb breitet sich noch betrachtlich
norblicher aus. Dah er ben Winter im Sfibett, unb
wahrscheinlich in Mittelamerika verbringe, ist bereits
erwahnt worben. In Louisiana erscheint er um ben 10.
Marz, in Pennsylvattien gegen ben 25. April, verlaht
bie legtete Provinz gegen Enbe Septembers unb gleicht
in seinen Sitren ganz ben fibrigen bie Tropenlanbet be-
wohnenben. Er giebt offenbar solchen Blutnen ben
Vorzug, welche eine lange rohrensormige Krone Haben,
weniger bes Honigs als ber Jnsecten wegen, bie in so
gebilbeten Cororten lieber einkehren als in flachen unb
offenen. Dah er sich zumal von sehr kleinen Kafern
nahre, leibet burchaus keinen Zweifel; man hat nicht
allein bie Reste berselben in seittem Magen hattfig attge-
troffen, sonbern Wilsott ist bisweilen eine Halbe Stunbe
lang Zeuge gewesen, wie ber Kolibri auf kleine, aat
Sontmerabenben in ber Luft tanzenbe Jnsecten mit gro-
herer Unermfiblichkeit unb Geschicklichkeit als irgenb ein
Fliegenfanger Jagb tnachte. Man hat mehrfach ver-
fud)t, biese Art lebettb nach Europa zu bringen, jeboch
ohne Erfolg. Sfibamerikanische Kolibris sinb Hingegen,
Wetttt auch sehr felten, lebettb nach England unb Frank-
reich gelangt, Habett aber niemals langer als einige
Wochen gelebt, iiibeiu sie nicht allein Warttte, fonbern
auch ben bireeten Sonttettstrahl verlangen, ber unter
bem norbischen Himmel nur zu oft lange Zeit vermiht
wirb unb burch kfiustliche Mittel nicht zu ersetzen ist.
Das Nest bieser Art ist in arten Saininlungen anzu-
treffen, boch hat ttratr bie Kunstprobucte betrfigerischer
Naturalienhaiibler wohl zu unterscheibeti. Es Hat bie
oben beschriebene Form, besteht aus Pflanzenworte,
liegt felten hoher al s 10 Fuh vom Boben auf ben Aestett
von Eichett ober auch von Obstbaumen unb enthalt vom
Mai bis Juli Eier, ein llmstanb, ber auf eine zweinra-
lige Brfitung beirtet. Das Mannchen (Fig. 1541.) ist
obenher golbengrfin mit Kupferglanze, unten grau, am
Halse rubinroth, in Orange ober Karmoisin spiegelub;
Schwingen unb ber Gabelschwanz sinb Purpurbraun;
bem Weibchen (Fig. 1540.) fehlt ber prachtvorte Kehl-
fleck, inberrr es vom Kinne bis zurrr Hinterbauche gleich-
nrahig grauweih gefarbt ist. Der ausgewachsene Vogel
nriht 3 Zort in ber Lange.
2. Der goldohrige Kolibri. (Trochilus chrysolophus.) Fig. 1542.
Lln vieleti Kolibris entwickeln sich bie Kopffebern zu
besonberen Bfischen ober Kaminen, bie burch auhersten
Glanz ober eigenthfimliche Zeichnung von bem fibrigen •
Gefieber sehr abstechen unb bie Pracht ber Erfcheinung
vermehren. Als Beispiel bient unter vielen anberen
ber abgebilbete, aus Brasilien stammenbe Kolibri. Seine
zwei Hinter ben Augen entspringenben, facherformigen
Feberbfische geben an Glanz bem polirten Golb nichts
nach, ubertreffen jeboch bieses Metall burch ihre Eigen-
fchaft, balb in Smaragvgrfin, balb in Rubinroth zu
spiegeln, unb fiberhaupt bes manitichfachsten, mit Wor-
ten nicht zu beschreibenben Farbeuspiels fahig zu sein.
Die Schuppenfebern ber Stirn wechselir zwischen Sa-
phirblau unb Stahlgrfin; ber Kehlfleck ist prachtvort
violett, ber Hals grfin, bie Brust reitt weih, ber Kor-
per unb bie beiben mittleren Febern bes abgestuften
Schwanzes sinb grfin, bie ausseren Steuerfebern weih,
braun eingefaht, bie Schwingen brauit. Das Weibchen
entbehrt ben Kopfschmuck. Die Lange von ber Schna-
belspitze bis zum Schwanzenbe betragt 4% Zort.
3. Tcr Cora - Kolibri. (Trochilus Cora.) Fig. 154^.4-
Gegen bie Anwenbung von Frauennamen sitr bie
Arten ber glanzenbsten unb zartesten Gattung ber Vogel
mag man nichts einwenben, toenn man bie Schwierigkeit