Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Writtc Orbnung. (Kestzeher.)
Voge l.
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eiiie Menge von 3nfecten beherbergen. In seinem Be-
nehinen zeigt er mit dem europaischen Bauinlaufer viele
Aehnlichkeit. Er ist in Neuholland zu Haus, obenher
roftbraun, schwarz gestrichelt; die Flugeldeckfedern der
zroeiten Reihe sind grau, braun gestreift. Das Mann-
chen (Fig. 1567) hat eine weihe, das Weibchen (Fig.
1568) eine orangenfarbene Kehle. Die Grbhe ist bie-
jenige der Lerche.
LXXVI. SynallaxiS. (Synallaxis.)
Gattungscharakter: Schnabel gerad, gestreckt,
dunn, sehr zusammengedruckr, zugefpitzt;Kiefernrander
etwas nach Jnnen gebogen; Nasenlocher an der Schna-
belwurzel, ablong, halb geschlofsen, durch kurze Federn
hald verdeckt. Fuhe schwach; autzere Zehen gleich lang,
an der Wurzel mit ber Mittelzehe verbunden, welche der
Hinterzehe an Lange gleichtommt. Flugel sehr kurz,
adgerundet, Schwingfedern abgestuft, die vierte die
langste. Schwanz sehr lang, abgestuft; Steuerfedern
mit Harlen, scharfspitzigen Schasten.
Die geschwutzige Synallaris. (Sxnallaxis garrula.)
Sig. 1569. 1570.
Man ist durchaus nicht im Reinen uber die wahre
Stellung der Gattung Synallaris; Vieillot, der sie be-
grundet hat, will sie neben die Stufenschroanze (Malit-
rus), also in die Familie der Sylvien gestellt missen;
Cuvier bringt sie zu den Spechtmeifen (Sitta) und manche
Uinstande rechtfertigen es, wenn man sie ben Baumlau-
fern anschlieht. Auch sind die Granzen der Gattung
nicht scharf genug gezogen und daher merden von Eini-
gen gewisse Vogel zu ihr gerechnet, welche Andere ander-
marts unterbringen. So ist es auch der abgebildeten
Art ergangen, welche von Swainson, dem Entdecker,
zu den Maluren gestellt mird. Sie bewohnt Brasilien,
hat ohngesahr die Grose einer Nachtigall, obenher
braunes, unten weihes Gefieder, zugespitzte, etwas steife,
rostrothe Stirnfedern, einen roeihen Streif durch das
Auge. Ihr Nest bildet in der Waldlandschast Brasiliens
einen besonderen Zug. Es gleicht im Aeuheren einem
4—5 Fus langen Bundel groben Strohes oder Erbsen-
stangel, welches, uber einen Ast geworfen, zu beiden
Seiien unordentlich herabhangt, und wie es scheint, bis-
weilen mehreren Paaren zur Wohnung dient, die
zuinal Morgens und Abends in seiner Nahe einen schar-
fen und klaglichen Laut fast ununterbrochen erschallen
lafsen. Dieser ttmstand Hinderte Swainson, der bel
dieser Gelegenheit in einer ubel angebrachten, weichlichen
Sentimentalitat stch gefiel, an naherer Untersuchung
des wunderlichen Baues, der wahrscheinlich eine innere
kunstreiche Einrichtung verbirgt. Es gehoren ubrigens
alle Arten dieser Gattung der neuen Welt an, wo sie
von Guyana bis an die Strahe Magalhaen's verbreitet
sind, sich zwischen betn Gebusche aufhalten unb von klei-
nen, meist zweiflugligen Jnseeten ernahren.
Dritte Ordnung.
Heftzeher.
Der Begriff ber Heftzeher liegt wesentlich in ber Bil-
vung ihrer Fuse, welche Schreitfuse finb, b. H.
solche, beren Ausenzehe mit ber Mittelzehe bis zur
Wurzel bes vorletzten Gliebes verwachsen ist. Seltener
sinb biese Zehen vsllig frei unb bilben ben Spaltfus.
Liegt nun in bieser Ausnahm.e gerabezu ein Wiberspruch
zu bem angefuhrten Haupttennzeicheit ber Orbnung,
so muh man sie bennoch bulben, weil sie nur roenige
Vogel betrifft, bie man nicht fuglich anberwarts unter-
bringen kann unb bie, von ber Fusbilbung abgesehen,
mit ben ubrigen eigentlichen Heftzehern offenbar ver-
roanbt finb. Der Schnabel zeigt eine verschiebene Gestalt,
jeboch ist er gemeinhin lang, kantig ober, roo er turzer
ist, sehr stark unb groser Kraftauserungen fahig. Stets
ist ber Rachen geraumig unb roeit, bisroeilen bis Hinter
bas Auge gespalten. Ungeroohnliche Grohe unb Ge-
staltung beffelben bietet bie Galtung ber Nashornvogel,
roahrenb er bei ben Bienenfressern leicht gekrummt ge-
funben roirb unb an bie Verroanbtschuft bieser Vogel
mit ben eben besprochenen bunnschnabeligen Hockern
mahnt. In bem allgemeinen Ansehen unb ber Korper-
grose roerben so viele Abstufungen bemerkt, bah man
bas Urtheil, roelches bie ganze Orbnung fur eine etwas
kunstliche ertlart, nicht ganz misbilligen kann. Die
kleinsten Eisvogel sinb kleiner als Sperlinge, bie grohien
Nashornvogel geben an Grohe manchen Ablern nichts
nach. Das Gefieber liegt meistens glatt an unb Hat
nicht felten einen seibenartigen Glanz; mehrentheils
leuchiet es in schonen Farben, unb ganze Gattungen
zeichnen sich burch ungemeinen Schniuck aus. Geschlecht
unb Alter bringt in bieser Hinsicht geringern Unterschieb
hervor als bei anberen Vågent. Die Heftzeher sinb
enblich mehrentheils wahre Omnivoren, bie nach Um-
stanben eben so thierische als psianzliche Nahrung zn sich
nebmen. Einige zeigen gelegentlich bie Neigung ber Raub-
vogel ober sogar ber Aasfreffer, gehen aber auch, mo
es seilt muh, ohne lange Wahl zur Pstanzennahrung
uber unb geniehen saftige Fruchte. Manche beschranten
sich auf Jnsectennahrung ober sreffen Fische. Sie be-
roohnen ber grohten Zahl nach warmere Lanber; einige
Gattungen, z. B. bie Eisvogel, sinb uber bie ganze
Erbe verbreitet; aiibere bilben geographisch begranzte
Gruppen, wie bie in Afrika unb Jnbien allein Heimischen
Nashornvsgel, bie in ber alten Welt allein vorkom-
menben Bienenfresser unb Raken, bie Momots Amerika's.
Erste Familie.
Nashornvogel.
Die erste Familie ber Heftzeher begreift grohe, raben-
ahnliche, mit Schreitsuhen versehene Vogel, welche
ganz besonbers an bem grohen, bisweilen fast unform-
lichen, mehr ober weniger hohlen, zusammengebruckten
unb ausben Ranbern ungleich gezahnten Schnabel kennt-
lich sinb.
I. Nashornvogel. (Buceros.)
Gattungscharakter: Schnabel lang, sehr groh,
mehr ober weniger gebogen, auf ber Firste entweber ge-
kielt ober mit Hornartigem Aufsatze auf ber Wurzel ber-
selben; Kiefernranber ganz ober ungleich sagezahnig;
(Fig. 1571.) Nasenlocher an ber Schnabelwurzel, klein,
runb, offen. Fuhe kurz, stark; Sohle verbreitert
(Fig. 1573). Flugel mittelmahig; bie brei vorberen
Schwingfebern abgestuft, bie britte unb viertebie langsten.
1. Der grope ItiiShornvogel. (Buceros Rhinoceros.) Fig. 1574.
Keine Vogelgattung Hat ein mehr abenteuerliches
Ansehen als bie Nashornvogel. Nicht allein ist ber
Schnabel bei allen Arten unverhaltnihmahig gros, son-
bern mehrentheils mit Anhangen versehen, bie in ahn-
licher Art bei keiner anberen Familie von Vogeln sich
wieberholen, unb so biel Raum wegnehmen, bah sie
nicht nur groher sinb als bie beiben Kiefern, sonbern
bei einigen Arten sogar nach hinten uber bie Stirn unb
ben Vorberkopf Hinuberragen. Diese wunberbaren Zu-
satze behaupten in ben tierschiebenen Arten ber Gattung
sehr tierschiebene Bilbungen unb fehlen nur sehr wenigen,
babei burch Kleinheit abweichenben Nashornvogeln. Sie
sinb am jungen Vogel nur angebeutet, wachsen mit bem
Alter, tonnen aber gewisse Grenzen ber Zunahme nicht
uberschreiten. Der enorme Schnabel besitzt ubrigens
roeit weniger Schroere, als man ihm, vom Ansehen auf
anbere Eigenschaften schliehenb, zuzutrauen geneigt ist;
nur bie Kiefern selbst sinb fest unb ihre Bebeckungen
unb Knochen Hart unb einigermahen schwer, ber Aufsatz
Hingegen ist im Jnneren burchaus zellig, mit Luft
erfulli unb nach Auhen mit einer Hornschicht bekleibet,
bie ost nicht mehr Dicke als feines Pergament hat (Fig.
1572.). Letiaillant fanb bas Gewicht eines gehorig
praparirten Schnabels bes grohen Nashornvogels zu
4 Unzen, basjenige bes zehnmal kleineren Rabenschna-
bels zu 1 Unze. Die Kiefernranber sinb in unregel-
mahigerArt stumpfgezahnt, am jungen Vogel Hingegen
ganzranbig. Dieser Umstanb schon rechtfertigt bie Ver-
muthung, bah bie zahnartigen Einschnitte zufallig ent-
stehen unb eigentlich als Zeichen ber Abnutzung gelten
muffen. Die Kiefernranber lafsen an biesen Stellen Ab-
blatterungen beutlich gewahren; bie Einschnitte finb un=
regelmahig unb wellenformig unb anbern in ihrer Ge-
stalt mit zunehmenbem Alter unb tiermehrtem Gebrauche
bes Schnabels. Am grohen Nashornvogel geht biese
Abnutzung so roeit, bah sogar bie Kiefernranber enblich
nicht mehr auf einanber pafsen, unb ber Schnabel klafft.
Uebrigens tritt biese Erscheinung nicht bei allen Arten
ber Gattung gleich beutlich hervor; bei einigen zeigen
bie Kiefernranber niemals Verletzungen ober sogenaunte
Zahne. Die Zunge ist sehr klein, knorplig unb fast ganz
angeroachsen, also kanin beroeglich. Um bie Augen Herum
stehen stets einige, ben Wimpern ber Saugethiere ver-
gleichbare Borsten. Die kurzen Lattfe und die Beschaf-
fenheit der Zehen denten auf die Bestinimung zum Leben
auf Baninen; die verbreiterten Sohlen, die roie warzige
Rander die Zehen uberragett und die Verwachsung der
anheren Zehen selbst befordern das Festhalten der
zum Sitz dienenden Aeste. Auf ebener Erde laufen die
Nashornvbgel ungeschickt und langsam und Helsen stch
dadnrch vorroarts, dah sie in ziemlich plumper Weise
mit beiden Fuhen zugleich emporhupfen. Sie fliegen
nur mittelmahig und nicht schneller noch geroandter als
Råben und Krahen. In der Wahl der Nahrung be-
roahren sie sich als Omnivoren und sind wohl schon als
Beispiele einer seltenen Fahigkeit, stch in jener Bezie-
Hung anheren Untstanden anzupaffen, angefuhrtworden.
In den fruchtreichen Waldern der invischen Jnseln leben
sie von saftigen Fruchten, in den Wttsten Asrika's von
thierischen Stoffen und, roie erzahlt roird, vorzuglich
gem von Aas. Levaillanl will die Angabe des alleren
Bontins, dah gewisse Nashornvogel im wilden Zustande
von verfaullen Korpern zehrteit, auch Ratten, Mause
und kleine Neptilien anfielen, auf die ganze Gattung
ansdehnen und ihneit alle Neigung zum Frnchtfreffen
absprechen, obgleich die Erfahrung gelehrt Hat, dah sie
in der Gefangenschaft sich leicht und gern an Brod, ge-
kochte Erbsen und allerlei saftige Fruchte gewvhnen.
Um stch nach Art der Falken zu nahren, sind Nashorn-
tioget unfahig; ihr Schnabel besitzt nicht genug Starke,
um zu dem Zerreihen eines lebenden Thieres dienen zu
fonnen und gestattel ihnen Hochstens von einem in der
Auflosuttg begriffenen Leichname Stutten abztitrenneit,
die, ebettso wie tleine Frosche tt. f. ro., einige Augett-
bltcke zwischen den Kieferrandern hin und her gewendet
und geguetscht, jedoch teinesweges zerkleinert werden.
Der Schnabel dieser Vogel ist so lang, dah der Unter-
stutzungspuntt der Beitzinusteln roeit nach hinten fallt,
und daher die vordere Schnabelhalfte teine irgend be-
deutende Kraft ausuben kann. Oroen Hatte in London
eine langer dauernde Gelegenheit, einen Nashornvogel
lebend zu beobachten; auch ihttt schteu derselbe attitita-
lische Nahrung feber anberen vorzuziehett, benn er ver-
lieh bie bestett Fruchte, sobalb ihttt eine tobte Mans bar-
gedoten roarb, bie er einige Mal int Schnabel guetschte
unb bantt ganz verschlang. Geroolle gab er nie von sich,
obgleich ein alterer Schriftsteller (Petiver) behauptet,
bah alle Nashornvogel bie unverbaulicheti Reste Herauf-
tourgen, unb alfo Hierin ben Raubvsgeln gleichen. In
ihren fonstigen Sitten fcheittett bie inbifchen unb afrita-
nifchen Arten ber Gattung ganz ubereinzutommen; sie
sinb gefellig, lieben es vielen Larm zu machen unb ent-
roicteln in ben Walbern ebenfo grohe Gewanbtheit unb
Lebhaftigkeit als schroerfallige Ungefchitklichkeitattherhalb
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