Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Kcftzeher.
Vogel.
143
sfidlichsten Europa brutenden Paaren. Dieses Nisten
unter der Erde nahert die Raken den Eisvogeln und
Bienenfressern; die Eier dieser drei wesentlich verschie-
denen Gattungen sind sich fibrigens sehr ahnlich, weih,
ungefleckt, mit feinkorniger, glatter und glanzender i
Schale. Die Jungen entwickeln sich verhaltnihinahig
sehr schnell, und werden nach dem Ausfliegen noch einige
Zeit von den Aeltern gesuttert. Das reife Mannchen
Hat Kops, Hals, Unterseite und Ftugeldeckfedern Hell-
blau-seegrunlich, den Rucken rostroth, Achseln, Schul-
tern und Burzel kornblumenblau ; braunen, ander Spitze
schwarzen Schnabel, rothlichbraunc Ffihe und miht 13
Zoll. Alte Weibchen unterscheiden sich gar nicht, junge
Vogel aber haben statt der blaugrunen Farbung eine
braunlichgraue.
2. Die abyssinische Mandelkrithe. (Coracias abyssinica.) Fig. 1579.
Die fiber den grbhten Theil des nordostlichen Afrika
verbreitete, sogenannte abyssinische Mandelkrahe gleicht
in Sitten der europaischen Art; der Korper ist meergrfin,
die zwei auheren Schwanzfedern sind sehr verlangert,
zugespitzt und von gruner Farbung, Rucken und Flfi-
geldeckfedern zimmelsarbig, Schultern, Schwingfedern
und Unterrucken cyanenblau.
3. Die chinestsche Mandelkrahe. (Coracias sinensis.) Fig. 1580.
Unter den astatischen Mandelkrahen verdient die soge-
nannte chinestsche darum besondere Nennung, weil sie
von einigen Ornitholvgen als Typus einer elgenen Gat-
tung angesehen worden ist. Sie hat allerdings mit den
Rabenvhgeln unverkennbare Verivandtschaft, nahertsich
aber auch den Raken. Der Schnabel ist start, an der
Spitze ubergekrummt, vor derselben leicht ausgekerbt;
die Rasenlocher werden durch Borsten verdeckt. Die
allgemeine Farbung ist obenher blahgrfin, in Gelblich
ziehend, die Schwingfedern sind olivengrun am auheren
Rande, die Flugeldecken zweiter Reihe braun, die Ffihe
rothlich; die das Auge umgebenden schwarzen Ringe
vereint eine Nackenbinde; auf dem Kopfe steht ein auf-
richtbarer Federschopf. Die Lange betragt 11 Zoll.
Das Vaterland ist nicht China, sondern die philippini-
schen Jnseln.
4. Die australische Akandelkrahe. (Coracias orientalis.) Sig. 1581.
Man Hat die australische Mandelkrahe von den fibri-
gen getrennt und zu einer eigenen Gattung (Eurystomus)
erhoben, weil sie einen etwas kurzeren und breiteren
Schnabel und langere, mehr zugespitzte Flfigel Hat
als andere Raken. Sie bewohnt Java, die Molukken,
Neusudwales, den Suden von Neuholland und fast alle
Jnseln Polynestens, fliegt schnell und kraftvoll und
nahrt sich von Jnsecten. In der Umgegend von Sid-
ney ist sie unter dem Namen des Thalervogels (Dollar-
bird) bekannt, auf Sumatra Heiht sie Tiong-batu. Die
Hauptfarbe ist spangrun, die Kehle schon berlinerblau,
der Schnabel roth, der Schwanz schwarz; uber die
schwarzblauen Schwingfedern zieht eine weihe Binde.
Dritte Familie.
Eisvogel.
Jnder Famile der Eisvsgel finden sich nur Gattungen,
welche in Sitten und auherer Gestaltung, ja sogar in
den vorherrschenden Farben ihres Gefieders sehr fiber-
einkommen und daher allein durch geringfugige Merkmale
in den systematischen Aufzahlungen unterschieden werden.
Bei allen ist der Schnabel langer als der Kops, gerad,
zugespitzt, mehr oder minder vierkantig, ohne Bart-
borsten an der Wurzel, die Zunge kurz; sie haben kurze,
schwache Schreitfuhe und kurze, zugerundete Flugel.
Als seltene Ausnahme wird es anznsehen sein, dah einige
nur zwei Vorderzehen haben. Die meisten der zahl-
reichen Arten dieser Familie leben an den Randern der
Teiche und Seen oder an Fluhufern, und nahren sich
von kleinen Fischen, welche durch geschicktes Untertau-
chen ergriffen werden. Solche leuchten gewohnlich in
sehr lebhaften Farben, unter welchen Cyanenblau vor-
zuwiegen psiegt, wahrend Andere, die sich damit be-
gnugen, in feuchten Waldern und Niederungen Rep-
tilien nachzujagen und nie tauchen, weit weniger ge-
schmfickt erscheinen. Dem Charakter nach mag man
sie als ungesellige, ruhige, sehr scheue und scharfsichtige
Vogel bezeichnen, die mehr durch Auflauern als durch
thatiges Suchen sich der Bente bemachtigen. Jhre Ge-
frahigkeit ist groH und erinnert an die Raubvogel, deren
Magen sich in ihnen wiederholt; sie wurgen gleich diesen
die unverdaulichen Reste wieder Heraus und geben ein
sogenanntes Gewolle von sich, welches durch seine Zu-
sammensetzung aus Graten und Fischschuppen leicht un-
terscheidbar ist. Mehrentheils nisten sie in Hohlen von
Baumen oder von steilen Usern und legen porcellan-
glanzende, reinweihe Eier. Man trifft sie in allen Welt-
gegenden, am Haufigsten zwischen den Wendekreisen ;
Europa besttzt eine einzige Art, die man unbedenklich
unter die schonsten Vbgel unserev Welttheils rechnen
kann, die jedoch mit der Mehrzahl der auslandischen
Verwandten hinsichtlich des Farbenglanzes sich nicht
messen darf. Die kleinsten Eisvogel haben kaum die
Grohe einer Nachtigal, andere geben Krahen wenig nach.
Einige fressen nicht allein Fische, sondern auch Jnsecten
und Wurmer, und selbst solche, welche nur an die erstere
Nahrung sich halten, verdienen nicht den Hast, welchen
man ihnen aberall erweist; sie erhaschen eigentlich nicht
die Brut groherer Fische, sondern geben vielmehr aus-
gewachsenen Jndividuen von kleineren und daher werth-
losen Fischen den Vorzug. Die Alten besafien uber die
Eisvogel eine Menge von aberglaubischen Sagen; sie
schrieben ihnen besondere Tugenden zu, z. B. Uiizer-
storbarkeit durch Faulnih, Fahigkeit den Blitzstrahl ab-
zuwenden und vergrabene Schatze zu vermehren, das
stfirmische Meer zu beruhigen und den Fischfang ein-
traglich zu machen. Es ist sonderbar, dah diese Fabeln
der classischen Volker Heutzutage bei sehr uncivilifirten
Volkern, ebenso in Siberien als auf den Sfidseeinseln
sich wiederfinden.
V. Eisvogel. (Alcedo.)
Gattungscharakter: Schnabel lang, vierkantig,
zugespitzt; Kiefern mit scharfen, nach Jnnen nicht uin-
geschlagenen Randern; Rasenlocher seitlich, schief, von
oben dnrch eine weiche Haut verschliehbar. Ffihe klein,
kurz; die auheren Zehen bis zum zweiten Gelenk ver-
wachsen; Krallen kurz,spitzig. Flfigel kurz, stumpf;
die dritte Schwingfeder die langste.
1. Der eurovdifdje Eisvogel. (Alcedo Ispida.) Sig. 1582. 1583.
Es dfirfte in Europa wenige, nicht ganz wafserarme
Gegenden geben, welchen der gemeine Eisvogel fehlt.
Rur dem hoheren Norden ist dieser abgeneigt, und daher
in Schweden eine Seltenheit; um so Haufiger kommt er
vor im sfidlichen Europa, einem grohen Theile von
Afrika und Asien. In Deutschland lebt er als Strich-
vogel, der im Winter nicht weit wegzieht, und dann
solche Gegenden zum Aufenthalte wahlt, die etwas ge-
schfitzter find und nicht zufrierende Gewasser besitzen. In
England und Frankreich begiebt er sich nach der See-
kfiste, sobald Teiche und kleinere Bache zufrieren und
findet theils am Fuhe der Damme, theils in den Fluh-
mfindungen hinreichende Nahrung. Dieser Wechsel des
Aufenthaltes und die Fahigkeit in dem Salzwafser des
Meeres eben so gut zu fischen, wie in Flfissen und klaren
Bachen, ist schon dem Belon, einem Ornithologen des
16. Jahrhunderts, nicht entgangen und in einem der
naiven Verse erwahnt, mit welchen er seine Abbil-
dungen der damals bekannten Vogel begleitete. Obgleich
nirgends selten, wird der Eisvogel doch leicht fibersehen,
weil er sich verborgen halt und niemals mit anderen ge-
sellig lebt. Zum Aufenthalt wahlt er am Liebsten die
dichtbebuschten, schattigen Ufer groherer Teiche oder
Flfifse, zumal wenn diese mit hoherem Walde umgeben
sind und menschlichen Wohnungen nicht zu nahe liegen.
Er ist durchaus ernsten Charakters, scheu und der Ein-
samkeit und Stille ungemein zugethan. Selbst da, wo
er allein und ungestort lebt, legt er solche Sitten nicht
ab, sondern sucht sich zum gewbhnlichen Sitze einen
wohlbeschatteten Ast auS, welcher, der Oberstache nahe,
weit fiber eine besonders tiefe Stelle des Wafsers Hin-
fiberragt. Dort lauert er, unbeweglich dasitzend, aber
scharf beobachtend, auf alle nahenden Fische. Kommt
ein solcher vollig arglos an die Oberstache, so stfirtzt sich
der Eisvogel, den keilformigen Schnabel vorauf, mit
solcher Schnelle und Gewalt in das Masser, dah dieses,
ohne zu platschern, sich hinter ihm schlieht. Nach
ein paar Augenblicken kommt er fast an derselben Stelle
wieder zum Vorschein und fast immer mit einem Fische
im Schnabel; denn in der Jagd fibereilt er sich nicht,
sondern stohl nur dann herab, wenn er derBeute vollig
sicher ist. Bisweilen erhalt er sich einige Minuten lang
flatternd fiber einem Teiche und taucht, senkrecht wie ein
Stein Herabfallend, sobald er einen kleinen arglosen
Fisch gewahrt. Mas er nicht mit dem ersten Schnabel-
griffe packt, entgeht ihm, indem er nicht vermag unter
dem Masser zu schwimmen, wie viele andere tauchende Vo-
gel. Der erhaschte Fisch wird gewohnlich nach dem ver-
borgenen und bevorzugten Sitze getragen, dort kunstlich
gewendet, bis der Schnabel nur den Schwanz festhalt,
dann einige Male heftig gegen den Ast geschlagen, ge-
todtet oder betaubt, von Neuem gewendet und mit dem
Kopfe vorauf unzerstfickt verschlungen. Die Menge der
kleinen Fische, welche der Eisvogel zu sich nimmt, ent-
spricht seiner nicht geringen Gefrahigkeit. Graten und
Schuppen Werden als unverdaulich, in Gestalt ova-
ler Ballen wieder heraufgewfirgt und sind von ahnlichen
Auswurfstoffen der Raubvbgel leicht mittels ihrer Zu-
sammensetzung zu unterscheiden. Wahrend der Jagd ver-
giht der Eisvogel nie seine gewohnliche Vorsicht; auch
gefibte Schfitzen werden es schwer finden, ihn an fisch-
reichen Orten zu beschleichen, denn er erkennt den Men-
schen in groher Entsernung und laht denselben nicht
naher als 150 — 200 Schritte kommen. Am Ersten
mag er noch erlegt werden durch Aufspfiren seines gewohn-
lichen Sitzes und durch geduldiges Belauern; er fliegt
so geradlinig und mit so reihender Schnelle, dah er flie-
gend vom Schusse nicht leicht berfihrt wird. Der kalte
und an Nahrung arme Winter macht ihn zahmer und
unvorstchtiger und bringt ihn eher als der Sommer
in die Gewalt des Jagers oder Sainmlers, weil er dann
die verbergende Laubdecke entbehrt und fich nothgezwun-
gen auf ganz offene Orte wagt. In Deutschland ver-
weilt er als sehr unstater Strichvogel selten langer als
einige Monale an derselben Stelle, wird hin und wieder
erst im April oder Mai sichtbar und wechselt schon im
August oder September seinen Aufenthaltsort. Andere
im Herbst ankommende Jndividuen bleiben daffir zurfick,
oder verschwinden nur erst bei Eintritt sehr hoher Kfilte,
gegen welche sie weit mehr Empfindlichkeit verrathen, als
zufolge alter aber irriger Voraussetzungen manche Land-
leute und Jager glauben wollen. Die Paarung erfolgt
gegen Ende Aprils. Das Nest wird von beiden Gatten
gemeinsam und mittels lange dauernder und Harter Ar-
beit verfertigt, daffir aber mehrere Jahre Hintereinander
benutzt. Es liegt stets unter der Erde und hat seinen
Zugang durch eine 3 —4Zolllange, in der Uferwandung
eines Teiches oder Flusses sich offnende Rohre. Das
Jnnerste erweitert fich zu einer flachgewolbten, ganz
dunkeln Hohle, die nur geebnet, aber nicht mit fremden
Gegenstanden ausgeffittert ist. Die Mfindung der Rohre
liegt stets oberhalb der hochsten Linie, welche der an-
schwellende Fluh erreichen konnte; wie mfihsam das Los-
arbeiten und Herausschassen der ansehnlichen Menge
von weicher Dammerde sein mfiffe, in welcher der Bau
stets angelegt wird, mag aus der Kleinheit und
Schwache der zu jenem Geschafte angewendeten Ffihe
leicht gefolgert werden. Die 5—7 weihen, porzellan-
glanzenden Eier liegen zum Theil auf einer Schicht von