Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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V o ge l.
Uierte Ordnung.
inup man unbebingt auch die wunderlichen Tukane zah-
len, die unter dem Namen der Grohschnubel oder Suge-
schnubel eine wohlbegranzie Gruppe dilden. Jhnen
Aehnliches findet sich nur unter den bereits besprochenen
Nushomvogeln, die sie zwar nicht an Grohe erreichen,
aber durch Farbenglanz weit udertreffen. Die Volker
des classtschen Alterthumes wurden solche Gestalten fur
fabelhast gehalten Haben; die wenigen Naturforscher des
16. Jahrhunderts, welche von ihrer Wirklichkeit sich zu
uberzeugen Gelegeuheit fanden, staunten sie an als Be-
iveise der Wunderbarkeit eines neu entdeckten, in sehr
vielen Beziehuiigen eigenthiimlich erscheinenden Welt-
theiles. Da man Anfangs nur einzelne Theile, nament-
lich Schnabel erhielt, so entstanben sehr irrige Anstchten
uber die swahrscheinliche Gestalt des Bogels selbst. Der
schon mehrsach erwahnte Belon (I555) glaubt nicht, bap
tin so groher Schnabel einem Landvogel angehoren
konne, sondern dah der Tukan Schwimntsfihe Haben
infifse. Wahrscheinlich verging ein voltes Jahrhundert,
ehe ein anderes Eremplar des Wundervogets nach Eu-
ropa gelangte. Der berfihmte londoner Apotheker und
Besitzer der ersten ^istorisch nachweisbareu zoologischen
Sammlung, Tradescant, beschreibt im Verzeichnisse sei-
nes Museums den Schnabel eines brastlischen Arafsari
und scheint Kenntnih von der wahren Beschafsenheit des
Vogels selbst besessen zu haben. Die Werke von Wil-
lughbh, Petiver (1702) u. A. liefern zwar unter sehr
fremdartigen Namen Abbitdungen von Tukanen, allein
ihre Unrichtigkeit luhi vermuthen, dah sie nicht nach der
Natur entworfen, sondern nach schlechten, in Amerika
verserligten Zeichnungen copirt sein mogen. Linne kannte
nur drei Arten; gegenwartig ist diese Zahl ausnehmend
angewachsen durch Aufschliehung solcher Provinzen Sfid-
amerika's, welche frfiher ganz unzuganglich waren. Die
Familie gehort dem Festlande des tropischen Amerika
atlein an und nimmt, in kleinere geographische Gruppen
zerfallend, den Raum ein von Bogota bis Paraguay
und vom Orinoco bis in die Walder, welche am Fuhe
der peruanischen Andes sich ausbreilen und bis zur Hohe
von 6 — 8000 Fuh fiber dem Meere an den Bergseiten
hinaufreichen. Sowohl die achten Tukane als die Aras-
saris halten sich nur in hochstammigen und ausgedehnten
Waldern aus, nahern sich niemals den offenen Stellen,
welche hinundwieder durch die Versuche einer Halbuoma-
dischen Cultur in den ungeheueren und uralten Forsten
entstehen, und vermeiden solche Gegenden, wo diese durch
natfirliche Savanen haufig unterbrochen Werden. Ge-
meinlich halten sie in kleinen Gesellschasten zusammen,
die zwischen den Baumkronen leicht und schnell Herum-
hfipsen und solcher Bewegung den Vorzug vor dem
Fluge geben, der zwar geradeaus geht, aber stchtbare
Anstrengung erheischt, nie lange fortgesetzt wird und im
Schnabel ein wesentliches Hindernih zu finden scheint,
welcher, an sich zwar leicht, durch seinen erstaunlichen
Umfang der Luft Widerstand leistet und daher im Fluge
so gerad als moglich nach vorn gestreckt wird. Die Tu-
kane vermogen auch zu klettern, allein sie besitzen nicht
entfernt die Fertigkeit der Spechte, hangen sich nur ge-
legentlich an einen Ast an und steigen niemals an einem
Stamme senkrechtempor. Man muh sie als Omnivoren
ansehen, indem sie einen Theil des Jahres hindurch von
Knospen, Blfithen und saftigen Beeren leben und zu
anderen Zeiten kleinere Bogel, besonders Nestvogel und
Eier freffen, bisweilen sogar Fischen nachstellen, die
den Ufer seichten Gewafser sich nahern. In der Gefan-
genschaft, die sie so leicht ertragen lernen wie unsere
Dohlen und Krahen, kann man sie mit Stficken von
rohem Fleisch und Brot uahren, doch gehen sie ohne
Zogerung auch zu einem Futter von ganz entgegenge-
setzter Beschaffenheit fiber. Bon Charakler sind sie fiber-
mfithig, sehr zunkisch und lebhaft, nicht scheu und durch
Klugheit eben nicht ausgezeichnet. Die Glieder einer
kleinen Gesellschaft leben vertraglich, aber mit underen
Thieren im Kriege, die uuf demselben Buume ihre
Nuhrung zu suchen kommen. Auch ohne Nothwendig-
keit suchen sie Hundel und zwur selbst mit groheren und
starkeren Gegnern, wie mit Affen, die ihnen gemeinlich
das Feld ruumen mfifsen. Gewundt Herumhfipfeud,
bedrohen sie unter lautem Kluppern mit dem grohen
Schnabel, und wenn sie auch durch Bisse nicht gefuhrlich
werden konnen, so necken und verfolgen sie daffir mit
wahrer Unermfidlichkeit und entgehen geschickt der ihnen
zugeduchten Zfichtigung. Alle haben laute, in der Ne-
gel mihtonende Stimmen, und nur unter den Aruffaris
sind einige, die durch einen reiner klingenden, obgleich
sehr eigenthfimlichen Ruf sich fiber den Rest erheben.
Wuhrend des Schreiens beugen alle den Kopf so weit
znrfick, dah der weit geoffnete Schnabel senkrecht empor-
gerichtet steht, bewegen schankelud den Korper und er-
lungen hierdurch ein sonderbures, fast lacherliches An-
sehen. Die Lunte des Arassuris sind mit den spunischen
Worten Dios te de (Goii gewuhre es dir) verglichen
worden; die Lanbleute in Peru fennen jene Bogel nur
unter diesem Namen und haben Ruf und Bewegung ge-
dentet als Ansdruck eines religiosen Hanges. Sie stehen
indessen nicht un, sie zu todten, indeni dus Fleisch, wenn
uuch von etwas schwurzlicher Farbe, mindestens nicht
schlechter schmeckt uls dusjenige der meisten Pupugaien.
Sonst leben die Tukane in Monogumie, nisten in Hohlen
Bauinen und legen etwas runbliche, weihe Eier, die
durch ihren mutten Glanz un diejenigen der Spechte und
Pupuguien erinneren. Die Jungen erhalten sogleich dus
Gefieder der Alten; nur der Schnabel unterscheidet sie
von den Alten, benn statt lebhaft gefarbt ober mit
schwurzen Streifen unb Flecken versehen zu sein, ist er
schwurzlich, bleigrau ober bruun unb erlungt sein wahres
Colorit erst mit ber zweiten Mauser.
Die Familie ber Grohschnabler ober Rumphustiben
ist im Uebrigen sehr kenntlich an bem unverhultnih-
ntahig grohen, langen, zusammengebrfickten unb an ben
Ranbern ganzen ober gezahnelten Schnabel unb ber
linienformigen, Hornartigen, fieberspultigen Zunge(Fig.
1607.). Die Ffihe (Fig. 1609.) sinb kurz, aber nicht
unkruftig unb eigentlich jochzehig. Man kennl nur
zwei Gattungen.
, 111. Tukan. (Ramphastos.)
Gattungscharukter: Schnabel sehr groh, hohl-
zellig; Nusenlocher verborgen in ber bas Stirnbein unb
bie Schnabelwurzel trennenben Furche. Flfigel kurz,
ubgerunbet. Steuerfebern gleichlung, ubgestutzt. Bor-
Herrschenbe Farbe Schwurz mit Gelb, Roth ober Weih
im Gegensutze.
1. Dir rothschnabelige Tukan. (Ramphastos erythrorhynchos.)
Sig. 1610. b. 1612. 1613.;
Der Schnabel, senes bie Tukane im Aeuheren so un-
gemein auszeéchnenbe Organ, ist uuch hinsichtlich seines
inneren Baues von grohem Interesse. Der knocherne
Theil ber Kiefern ist so beschuffen, bah ungeachtet bes
ungewohnlichen Nmfunges bas Ganze nicht in Gewicht
fullt unb bennoch Weber Sturke noch Festigkeit mangeln.
Die uuheren Wanbungen sinb ausnehmenb bfinn, zumal
im Oberkiefer; sie besitzen einen ziemlich hohen Grab
von Elastieitut, geben einem von ber Seite kommenben,
muhigen Drucke nach, leisten aber einer senkrecht wir-
kenben, starkeren, uuf Zerguetschung berechneten
Kruft bebeutenden Widerstanb. Die Dicke bieser
Wunbungen anbert un verschiebeneu Orten; gegen
bie zu groheren Anstrengungen bestimmte Schnabelspitze
betragt sie fast 1 Linie, an ben Seiten bes Oberkiefers
unb weiter nach hinten wechselt sie zwischen ^ unb |
Linie , im Nnterkiefer zwischen £—Linie. Im Jn-
neren bes horizontal (Fig. 1608. A.) unb vertical (B.)
burchschnittenen Oberkiefers erblickl man eine kegelfor-
inige Hohle (A. b. B. b.) von etwu 2 Zoll Lunge, 1 Zoll
Diirchmesser, beren Spitze nach vorn gerichtet ist. Ihre
Wunbungen bestehen uus einer Art von ungemein scho-
nem knochernen Netz, zwischen bessen Muschen unregel-
muhig eckige Raume von ^—2 Linien Durchmeffer frei
bleiben. Die Knochenfusern setzen von bort nach Auhen
sich fort unb nehmen gegen ihr Enbe hin eine solche
Richtung, buh sie bie uuheren Wanbungen bes Schnu-
bels rechtwinkelig unterstfitzen. Aehnliche Zellengebilbe
erffillen ben ganzen Borbertheil bes tzchnabels, von bem
erwahnten Kegel bis zur Spitze (A. B.a. a.); ihre Zwi-
schenraume sinb nach ber Milte bes Schnabels weiter uls
nach bem Umfunge, weil bie von Auhen entspringenben
zahlreichen Knochenfusern nach unb nach zu wenigeren
zusammenfliehen. Den Mathematiker mag es interesstren,
bah bas Princip bes Cylinbers in biesem Gebilde, behufs
groherer Festigkeit, Anwenbung gefunven hat ; bie wesent-
lichsten unb sturksten ber beschriebenen Knochenfusern er-
scheinen unter bem Mikroskop brehrunb unb hohl. Im
Nnterkiefer finbet man im Allgemeinen bieselbe Struetur
Wieberholt (B. v.), bie Knochenfusern sinb bort noch
starker uls iin Oberkiefer. Die Nusenlocher liegen un'
ber Wurzel bes Oberkiefers, bie sich fiber bie Linie bes
Borberkopfes etwas erhebt; sie sinb buher mit ihren
Munbungen (d. d.) nach hinten gerichtet unb burch ihre
Luge selbst gegen Berletzungen gefchfitzt (B. t.). Die
Nasenkanale (hinere Oeffnung B. n.) sind durch knochige
Wande geschieden, den Riechnerven umgeben knocherne
Rohren (A. f.); er verzweigt sich fust struhlenformig in
die Schleimhaut (g.). Dus Ohr ist ziemlich entwickelt
(obere Halbkreisformige Umgunge); grohes (i. i.) und
kleines Hirn bleiben in gewohnlichen Berhaltnissen^
und setzen sich ohne bemerkliche Besonderheil in dus
Rfickenmark fort. Die Zunge (B. 1.) der Tukane
ist lang, dfinn, platt, Hornig, un der Wurzel flei-
schig und vorstreckbur; ihr vorderes Ende erscheint
gefrunzt oder géfiedert wie der Bart einer Feder.
(B. in. Kehlbeckel; p. Luftrohre; q. Speiserohre).
So groh der Schnubel uuch ist, so besitzt er doch
geringes Gewicht, benn vor den Augenhohlen liegen
Luftbehulter (B. u.), bie mit ben Athmungsorganen
unb ben weiter uuch vorn befinblichen Zellen in Ber-
binbung stehen.
Der rothschnabelige Tukan bewohnt bie bichten Ur-
roulber bes tropischen Sfibumerika unb pflegt in kleinen
Gesellschaften zusummenzuhalten. Sein Flug ist gerub-
linig, allein etwas schwerfullig unb unstrengenb; wah-
renb beffelben wirb ber Schnubel so gerub uls moglich
nach vorn gestreckt, um ber Luft ben geringsten Wiber-
stunb entgegenzusetzen. Zwischen ben Aesten hoher
Buume hfipft er mit vieler Gewanbtheit unb, wie es
scheint, mit Unerinfiblichkeit, benn nirgenbs lungere Zeit
rastenb, steigi er schnell bis zur hochsten Spitze ber
Krone empor unb von bieser in bie benachbarte. Mun
burf ihn unbebenklich unter bieOrnnivoren zahlen, benn
er nimmt sich als solcher nicht allein in ber Gesangen-
schuft, bie uls unnutfirliches Berhultnih nichts beweisen
wfirbe, sonbern uuch im Bollgenusse ber Freiheit. Jeber
Jnbiuner kennt seine Neigung zur Bermischung thie-
rischer unb pflunzlicher Nahrungsmittel, bie von ullen
Nuturforschern, welche Brustlien besuchten, bestatigt
wirb. Allen kleineren Bogeln floht er Schrecken ein
burch plotzliche Angriffe, unb selbst bie groheren ver-
scheucht er burch bebrohenbes Kluppern mit bem Schnubel
unb burch unudlassiges Necken. Ruubvogel bulbet er
nicht in seiner Nuhe, sonbern fullt, mit unberen
zu einem Schwurnte vereinigt, fiber sie her unb
zwingt selbst Abler zur Flucht. Den Jugern wirb er
leicht zur Bente, benn er ist Weber scheu noch scharfstch-
tig; Jnbier stellen ihm ber Febern roegen sehr nuch,
welche burch reine unb lebhafle Farben sich auszeichnen
unb zur Berfertigung bes^erlichsten Schmuckes beson-
bers geeignet sinb. Er gehbrl zu ben gewohnlichsten
Bogeln bes Jnnern von Brasilien, ist obenher schwurz,
unten weih; fiber bie Oberbrust lauft ein rother Quer-
streif. Der Bfirzel unb bie oberen Schwanzbeckfebern
sinb gelb, bie Steihfebern feuerroth. Der lunge Schnu-
bel zeichnet sich uus burch^lebhafte Farbung; er ist roth