Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Jochzeher.
Voge l.
167
angetroffenen Maisanpflanzungen einen nicht geringen
Schaden zu. Ueberhaupt sind alle Papagaien gefrahig,
zudringlich und listig, Vettonsten mehr, als sie zur Nah-
rung bebntfen, und tonnen hin und wieder zur Land-
plage toetben. Des Abends suchen solche Schtoatnie
einen hohen Baum zum gemeinsamen Schlafplatz und
Vetfnhren einen gewalligen Larm, der auch des Nachts
sich wiederholt, wenn irgend Etwas ihren sehr leisen
Schlaf unterbricht. Des Morgens erwachen sie vor
Eintritt der Helligkeit und brechen fruher auf, als die
meisten anderen Vogel. Dah die zahmen Papagaien
tranmen und im Schlafe Worte und Phrasen toiebet-
holen, die sie answenbig tvissen, kann als allgeniein be-
tannt vorausgesetzt werden. Diese Lebhastigkeit der
Phantasie erleichtert ihre Etziehnng oder Abrichtung,
die, zufolge gewohnlicher Erfahrung, bis zu eineni
hohen Grade getrieben werden kann. Ein eigentliches
Verstanbnih der auswendig gelernten Morte barf man
ihnen zwar nicht zutrauen, indessen gehoren sie jeden-
falls zu den intelligentesten aller Vbgel, sind fahig,
Dankbarkeit zu suhlen, entwickeln viele Zartlichkeit ge-
gen ihre Psieger, etliegen aber auch Anfarten von ubler
Laune und tonnen dann hamisch und Heirntuckisch setn.
Dah man sie von feher als Stubenvogel geschatzt, liegt
theils in ihrer anheten Schonheit, theils auch in ihrem
possenhaften Wesen und der Fahigkeit, niechanische Laute
nachahmen, Worte sprechen zu lernen. In Tropen-
landern werden sie in grohen Mengen erlegt, indessen
als Mild nicht besonders geschatzt, weil ihr Fleisch ma-
ger und schwarzlich und nur in der Jugend zart zu sein
pflegt. Die in Europa vorkommenden sind fast alle
sehr jung eingefangen, von Negern oder Jndiern er-
zogen und an Seeleute fur sehr geringen Werth ver-
kauft worden. Viele sterbcn auf der Reife nach Europa,
zumal die asiatifchen und afrikanifchen, und fo erklart
sich i hr im Verhaltnisse hoher Preis. Als Hart er-
weifen sich die brasilischen Amazonenpapagaien, die des-
halb auch unter allen die gemeinsten sind. Die Alten
kannten die asiatifchen Papagaien, wie aus mehreren
Stellen der clafsischen Schriftsteller Hervorgeht. Wahr-
fcheinlich ward der im System als Aleranber's Papagai
aufgefuhrte Vogel zuerst und zwar in Folge des grohen
Zuges bekannt, welchen der macedonische Welterschutterer
nach Indien unternahm. In Rom fanden Papagaien
spaterhin sehr vielen Beifall und tourben mit ausschwei-
fend hohen Summen bezahlt. Man erhielt sie lange
Zeit allein aus Indien, denn noch unter Nero's Regie-
rung toaren die afrikanischen Arten unbekannt. Diefe
muffen spaterhin, als die romifchen Eroberungen sich
subtoarts ausdehnten, in Menge nach Rom gebracht
tovrden sein, benn schtoerlich tourden alle jene Papa-
gaien aus dem entfernten Indien herbeizuschaffen getoesen
sein, mit toelchen der Schlemmer Heliogabalus seine
Tafel belud.
Die Gattung ist so artenreich, dah man das Be-
durfnih gefuhlt Hat, sie zu zerfallen, indem man als
Eintheilungsprincip Gestalt und Lange des Schtoanzes,
Mangel oder Vorhandensein eines Feberkammes auf bem
Kopfe, Befieberung ober Nacktheit ber Wangengegenb
u. s. to. annahm. Die auf folchen Grunblagen beruhen-
ben Gattungen sinb keinestoegs so scharf begranzt, als
man tounschen mochte, und gehen um so mehr in ein-
ander uber, je mehr man sie in neueften Zeiten verviel-
faltigt hat. Wir muffen uns begnugen, im Folgenden
Beispiele der toefentlichsten und haltbarsten Gruppen
aufzustellen, ohne uns in das Labyrinth von Gattungs-
namen zu vertiefen, die, statt von toahrem Nutzen zu
sein, das Gebachtniff uberladen und zur Vertoirrung
fuhren. Hinsichtlich ihrer geographifchen Verbreitung
Hat man die Gattung als der heihen Zone angehorend
zu betrachten, denn obgleich einzelne Arten auf beiden
Halbkugeln noch ziemlich tocit jenfeits der Wendekreise
angetrossen toerden, so stehen diefedoch in keinem Zahlen-
verhaltnisse zu ben Hnnberten, bie nur unter dem Aeguator
leben. Der Carolina - Papagai toird im Westen der
Vereinigten Staaten bis zum 42° n. Br. angetrossen,
Kakadus betoohnen Neuseeland und die Macquarrie-
Jnsel (52° s. Br.), und ein kleiner, langgefchtoanzter
Papagai streift uber bie Strahe Magalhaens' bis in bie
unheimlichen Oeden des Feuerlandes. Einzelne Grup-
pen haben eine ziemlich genau begranzte Verbreitung;
die Araras verlassen nie Amerika, Kakadus betoohnen
nur bie indischen Jnfeln unb Australien, die fchonen
Loris Indien unb feine Jnfeln, die Erdpapagaien Neu-
Holland. Nur bie eigentlich fogenannten Papagaien
sind uber alle toarmen Lander deS Erdkreises zerstreuet.
Erste Gruppe.
Arara.
Grohe bedeutend; Schwanz lang, abgestuft, fpitzig;
Schnabel stark; Mangen nackt oder mit kleinen Feder-
reihen befetzt.
1. Der blau unb gelbe Arara. (Macrocercus Ararauna.)
Fig. 1659.
Die Araras (nicht Aras), toie bie brasilifchen Indier
sie heihen, gehoren zu den grohten aller Papagaien und
nicht minder zu den prachtvollsten. Sie betoohnen aus-
fchliehlich Amerika, gehen, mit ztoei Ausnahmen, nicht
uber die Wendekreife Hinaus, halten in kleinen, aus
4 — 6 Stuck bestehenden Gefellfchaften zufammen, fliegen
hoch und gefchickt unb besitzen eine laute unb kreischenbe
Stimme, aber sehr geringe Fahigkeit im Nachahmen unb
Merken frember Tsne. Hinsichtlich ber Zahmbarkeit
geben sie anberen Arten nichts nach, getoinnen ihren
Herrn sehr lieb unb getoohnen sich an bas europaische
Klima mit toeit groherer Leichtigkeit, als man von ih-
rem, eine tropifche Heimath vorzugstveis bezeichnenben
Aeuhern schliehen mochte. In bem ausnehmend grohen
Schnabel besitzen sie eine faum glaubliche Starke; bie
hårteste Palmnuh toibersteht ihnen nur kurze Zeit. Der
blau unb gelbe Arara betoohnt bie niebrigen, fumpfigen
Walbungen von Brasilien und Guyana unb lebt bie
eine Hålfte des Jahres in Paaren, die sich mit vieler
Zartlichkeit zugethan scheinen. Sein Nest pflegt er im
Junern fauler Baumstamme auszuhohlen. Das Weib-
chen fort nie mehr als ztoei Eier legen, jahrlich ztoei
Bruten erziehen unb im Bebruten der Eier vom Mann-
chen periodifch abgelost toerden. Man sieht diefen Papa-
gai Håufig in Menagerien ; in Frankreich hat er sich niehr-
nials fortgepflanzt. Die Oberfeite ist schon lafurblau,
die untere rein eitrongelb ; Stirn, Scheitel und bie
schwarz eingefahte Kehle sind dunkelgrun. Die Lange
betragt 5 Fuh. — Andere Araras sind fcharlachroth,
blau und roth (z. B. ber sehr bekaunte grohe Arara
oder Maeao, Fig. 1658 d.) oder grun und roth.
Zweite Gruppe.
Perrusche.
Schwanz bem Korper rneist an Lange gleich, abge-
stuft; Schnabel von måhiget Starke, das Gesicht be-
flebert ober Hochstens ber Umkreis ber Augen nackt.
Die Perruschen machen eine sehr zahlreiche Gruppe
ber Papagaien aus unb konnen in mehrere Unterabthei-
lungen gebracht toerben. Die erste, von Vigors mit
bem Namen Pstttaeara belegte bildet, toie burch bie an-
gefuhrte Benennung ausgebruckt toetben sollte, ben Ueber-
gang von ben Araras zu ben Papagaien unb toirb nur
in Amerika angetrossen. Die kahle Stelle, toelche bei
ben Araras fast bie ganze Seite bes Gesichts einnimmt,
zieht sich bei ben Perruschen der ersten Unterabtheilung
so zusammen, bah eben nur ber Umkreis bes Auges unb
ber Winkel bis zur Wurzel beS Oberschnabels unbe-
fiebert bleiben. In ber ztoeiten Abtheilung ist ber ganze
Kops befiebert, toåhrenb bie ztoei mittleren Stener-
febern bie seitlichen an Lange toeit ubertreffen;
bie hierher gehorenben Vogel leben nut in ber alten
Welt. Die britte Abtheilung gleicht hinsichlich des
Kovfes ber ztoeiten, unterscheibet sich jeboch burch bie
geringere Lange der mittleren Steuerfebern unb umfaht
amerikanische flirten. Im Ganzen genommen scheinen
die Perruschen zum rascheren Flug befahigt und sinb
baher leichter unb fur jene Bewegung gunstiger gebauet
als bie Araras. Sie bilben grohe Gefellfchaften unb
verlassen bie schutzenben Walber nur da, too sich Gelegen-
heit bietet, irgend eine nahe gelegene Pflanzung zu be-
rauben. Gemeiulich tragen sie ein grunes Kleid, deffen
mannichfache blane, rothe oder gelbe Abzeichnnngen,
z. B. der Stirn, des Flugelbuges, der Deckfedern unb
des Schtoanzes, bie Feststertung ber flirten erleichtern.
Zur ersten Unterabtheilung gehoren bie folgenben ztoei
Arten.
2. Die rothstirnige Perrusche. (Conurus leptorhynchus.)
Fig. 1660.
Das Gefieber ift im Aligemeinen grun mit aus
Rucken unb Hals etwas bnnkleren Feberranbern; bie
flingenkreise sinb weih unb unbefiebert, bie Steuerfebern
an ber Unterfeite rothlich zinnnetfarben; von einem Auge
zum anbern lauft uber bie Stirne eine rothe Binde. In
Brasilien ist diefe flirt eben nicht felten.
3. Die schuppige Perrusche. (Conurus squamatus.
Fig. 1658 f.
Die Oberfeite ist, den braunen Scheitel ausgenommen,
von schbn gruner Farbe, bie auf bem Schwanze mehr
in Gelb zieht; Bauch , Rucken, Schultern unb Mangen
sind fcharlachroth, Brust unb Schtoingfebern blaulich.
Die Lange betragt 1 Fuh, bas Vaterlanb ist gleichfarts
Brasilien.
4. Alerander's Perrusche. (Palaeornis Alexandri.) Fig. 1661.
Melche Arten von inbischen Papagaien ben Romern
bekannt gewesen sein mogen, toirb Niemand zu ent-
scheiben unternehmen, toenn er bie Menge sich åhneln-
ber Arten kenut, mit beii kurzen Notizen ber elafstschen
Schriftsteller vertrauet ist unb toeih, toie oberflachlich
biefelben bie kleineren Unterschiebe, auf toelche ber Syste-
matiker ber Jetztzeit Getoicht legt, aufzufaffen pflegten.
Vigors hat tabet jene Frage sich mit Gelehtsamkeit vet-
breitet unb glanbt, bah ber als Aleranber's Papagai be-
kannte inbifche Vogel vorzugstveis nach Rom gebracht
tootben sei. Die Beschretbung eines mit einem tothen
Halsbanbe vetsehenen Papagais bei Plinius paht artet-
bings ziemlich gut auf jetten, abet auch auf einen ihin
ahnlichen, ben Halsband-Papagai. Aleranber's Papa-
gai fort auf Ceylon befonbers gentein fein, inbessen attch
auf bem inbischen Contineni votkommen; et gehott
ttebst bem folgenden in bie ztoeite Unterabtheilung ber
Perruschen, ist obenhet grttn, tragt um ben Hals ein
hochrothes Banb unb auf bem Schnltergelenk einen
purpurrothen Fleck; Kehle unb Stirnstreif von einem
Auge zum anbern sinb schwarz, bie mittleren Stener-
febetn sehr lang.
5. Der Halsband - Papagai. (Palaeornis torquatus.)
Sig. 1662. 1663.
Diefe ztoeite Art ist einfach grasgtun; bas Mann-
chen hat ein hinten rofenrothes, vorn fchtoarzes Hals-
banb, rothen Oberschnabel, schtoarzen Unterschnabel,
an ber Unterfeite gelbe Steuerfebern, vom Schnabel-
toinkel zum Ange einen fchtoatzen Streif. Die Lange
betragt 15 Zoll. Meibchen unb Jungen fehlt bas
Halsbanb. Als Vaterlanb toirb neben Jnbien auch
Senegambien angegeben.
G. Der Carolina - Papagai. (Conurus caroliniensis.) Fig. 1658 e.
Det oben als Ansttahme von ben artgemeinen Re-
geln bet geographifchen Verbreitung angefuhrte Cato-
lina-Papagai streift bis unter ben 42° tt. Br., beginnt
jeboch jetzt im Notben immer feltener zu toerben. In
Lonisiana ist et bafut um so gemeinet, besonbers in
Gegettben, too ein håhliches Unkraut (Xanthium struma-
rium) seine Kapseln reift, bie ihm, ungeachtet ber bich-
ten Betoaffnung mit langen Stacheln, nicht unangteif-
bat sinb unb ihre Saamett zur Nahrnng liefern muffen.
Den Gemusegarten, Obstbaninen, Maisfelbern unb
selbst ben Getreibefeimeu ist et gleich schablich, fartt in
Schaaten auf sie niebet unb toirb baher von eben so