Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
Mit 950 Ubbildungen
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Hiihnervogel.
V o ge l.
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fenden Heerden der Weibchen, welche, von ihren Jungen
begleitet, die Hahne zu vermeiden trachten, well diese
die eigenen Nachkommen verfolgen und tobten. Die
Gesellschasten defselben Districts følgen alle derselben
Richtung, legen den Weg laufend zuruck und fliegen
nur dann, wenn es gilt, einen Jagdhund zu vermeiden,
øder einen Fluh zu kreuzen. Sie entschlietzen sich zu
solchem groheren Fluge nicht auf ein Mal, søndern stei-
gen auf die hschsten Baumwipfel, blahen stch nuf und
køllern, als Wunfchten fie durch sølch pomphaftes We^en
selbst Muth zu-erlangen øder ihn den Gesahrten einzu-
flohen. Søgar Weibchen und Junge werfen stch dann
in die Brust und cøpiren nach Møglichkeit das Be-
nehmen der alten Mannchen. Nach vøllendeter Vør-
bereilung und bel ruhigem Wetter unternimmt endlich
die ganze Heerbe das Wagestuck, den eine englische Meile
breiten Fluh zu kreuzen. Den Erwachsenen und Starken
gelingt es øhne Schwierigkeit, Junge und Magere er-
muden nicht felten und sturzen in das Wasser, ertrinken
aber nicht. Mit fest angefchløffenen Flugeln, ausge-
breitetem Schwanze und nach vørn gestrecktem Halse sich
im Gleichgewichte haltend, gebrauchen sie kraftig und
fchnell die Fusie zum Rudern und erreichen in der Regel
das Ufer. Sønderbar ist es, bah eine diefer Gefell-
fchaften, føbald sie am anderen Ufer sich niedergelaffen,
eine Zeit lang wie verwirrt fcheint, rathløs Herumlauft
und die gewohnliche Børsicht fo vergisit, dasi viele den
Jagern øder Raubthieren zur Beute werden. Nach
Erreichung einer Futter bietenden Gegend Ib|en die Ge-
fellfchaften sich in kleine auf, die aus Jndividuen beider
Gefchlechter und jeden Alters bestehen. Gemeinlich ge-
fchieht diefes um Mitte Novembers, wø Buchenmast in
grøsien Mengen den Boden bedeckt; wo diefe fehlt, fref-
fen die Truthuhner auch turkifches Korn, wilde Wall-
nufse (Peccan - Nusse) und Eicheln und fogar Heu-
fchrecken, junge Frøfche und kleine Eidechfen. Mit
Eintritt des Winters nahern fie stch, Fniter fuchend, den
Meierhofen, werden dann in Menge gefchossen und auf
die Markte der Stadte gefendet. Die Paarung fadt aus
den Monat Marz, nachdem die Weibchen sich abgefon-
dert und ein ganz einsames Leben zu fuhren begonnen
Hatten; rufen diefe, fo antwortet das entfernte Mann-
chen, und in manchen Gegenden hallen die Walber wieder
von diefem fast ununterbrochenen Gefchrei. Die Mann-
chen liefern sich dann Harte Gefechte und buhen nicht
felten die Kampflust mit dem Leben. Naht die Zeit
des Eierlegens, fo verlasit das Weibchen ihren Gefahr-
ten, zieht sich in eine dicht vermachfene Waldstelle zu-
ruck und erbauet auS wenigen trockenen Blattern im
dunkelsten Versteck ein Nest. Sie befucht diefes nur
mit grositer Vorficht, damit das Mannchen es nicht ent-
decke, weil diefes mit blinder Wuth uber die Gier Herzu-
fallen und fie zu zertrummern Pflegt. Schlangen, Kra-
Hen, Raben und Stinkthiere find andere gefahrliche
Feinde, gegen welche kaum die gråpte Aufmerkfamkeit
bie einzelne Henne fchutzt; nicht felten vereint fie sich
baher mit mehreren, bie einen gemeinfamen Bruteort
einnehmen unb nie alle zugleich bavon gehen, fonbern
eine ober zwei Wachen zurucklasfen, gegen welche keines
ber genannten Raubthiere aufkbmmt. Die Jungen
werben von ber Mutter ausgefuhrt, Anfangs immer
nach Hochgelegenen trockenen Orten, benn ba sie nur mit
Dunen bedeckt und ubrigens gegen Feuchtigkeit auher-
ordentlich empfinblich sind, fo Wurbe felbst eine geringe
Durchnaffung ihnen unfehlbar das Leben kosten. Ohn-
gefahr nach 14 Tagen haben sie hinreichende Starke er-
langt, um die Erde, auf welche sie befchrankt waren,
zu verlassen und der Henne auf die Baume zu følgen,
wø sie unter dem Schutze der mutterlichen Flugel auf
breiten Aesten die Nacht verbringen. In der Zahl wech-
feln sie von 10 bis 18, wachfen fchnell heran und wer-
den bis August von der treuen Pflegerin gefuhrt. Um
diefe Zeit verbinben stch mehrere Gefellfchaften diefer
noch unerwachfenen Vogel, die ubrigens ihre Sicher-
Heit zu wahren fast eben so gut verstehen, als die Alten.
Die Jagd auf den wilden Truthahn ist eben darum eine
fehr muhfame, benn Wahrenb bas Befchleichen am Tage
kanin gelingt, barf man bennoch nie aus ber Ferne
fchiesien, inbem ber leichter verwunbete Vogel fo fchnell
bavon lauft, bah nur ein fehr guter Jagbhunb ihn ein-
holt. Wer sich aber bei ben Baumen in Hinterhalt
legt, wo Truthuhner bie Nachte einfam verbringen, mag,
zumal bei Monbenfchein, fast alle einzeln Herabschiehen,
ba sie bes Nachts niemals bavonfliegen.
Der wilbe Truthahn ist fchlanker gebaut unb Hoch-
beiniger als ber zahme, an 4Fuh lang, 5 Futz klasternb,
bunkel bronzegrun, mit starkem Schiller, an Kopf unb
Oberhals rothlich blau, hat an ber Kehle zwei kleine
Klunkern unb bie ersten Schwingfebern fchwarz unb
unb weisi gefleckt. Die einfarbig rothlichgraue Henne
Hat bunkelgefaumte Brust unb Ruckenfebern. Der Schna-
bel beiber Gefchlechter ist gelb, bie Farbe ber Fusie
bunkelroth. Das Gewicht betragt bisweilen gegen 40
Pfunb.
2. Der Pfanen . Truthahn. (Meleagris ocellata.) Sig. 1726.
Der Pfauen - Truthahn bewohnt bas niebrige, mit
ben bichtesten Urwalbern bebeckte Kustenlanb um bie Hon-
burasbay, welches feit vielen Jahren einen Theil ber
weitfchichtigen Colonien Englanbs ausmacht unb von
Farbeholzer fuchenben Mannern viel burchstreift wirb.
Es ist im Ganzen nicht unziiganglicher als anbere ahnliche
Striche bes tropifchen Amerika, unb bennoch ist es un-
møglich gewefen, von bort mehrere Eremplare bes an-
gefnhrten Vogels zu erhalten, ber nur einmal nach
Europa kam. Man weisi nicht, ob er wirklich auher-
orbentlich felten ist, ober ob er vielleicht anberen niibe-
kanuten Regionen von Mittelamerika angehort unb nur
als Verirrter nach Honburas gelangte. Das einzige
bekannte Jnbivibuum kam lebenb nach Englanb, flog,
burch irgenb Etwas erfchreckt, uber Borb unb ertrank
in ber Themfe. Ausgestopst bilbete es lange Zeit eine
Zierbe ber Sammlung Bullock's in Lonbon unb kam
mit biefer enblich an bas pariser Museum, wo es sich noch
jetzt besinbet. Von seinen Sitten im freiett Zustanbe
weisi man naturlich gar nichts. An Farbenschone steht
er bem Pfaue gleich, ist etwas kleiner als ber gemeine
Truthahn, aus Rucken, Hals unb Unterseite metall-
grun unb mit abwechselnben schwarzen unb golbenen
Querbanbern geziert; bie Kehle leuchtet so prachtig wie
biejenige bes Topas-Kolibri, auf ben Schwanzfebern
stehen faphirblaue, mit boppelten unb zwar golbenen
unb rubinrothen Ringen umgebene Augenflecke. Die
Flugel stub fchwarz unb weisi gefleckt.
X. Perlhuhn. (Numida.)
Gattungscharakrer: Schnabel kurz, stark, ge-
wolbt, bick, an ber Wurzel mit nackter Haut untgeben ;
Unterkiefer mit zwei Fleifchlappen. Kopf mit kegel-
fbrmigem Knochenhelm ober Feberbnfch. Lanse øhne
Spornen. Schwanz kurz. Vierte Schwingseber bie
langste.
1. Das gemeine Perlhuhn. (Numida Meleagris.) gig. 1727.
Romer unb Griechen haben bas aus Afrika stam-
mende Perlhuhn bereits gut gekannt und ihm den Na-
men Meleagris beigelegt, unter welchem, wie oben er-
wahnt, mehrere Schriftsteller des 16. und 17. Jahr-
Hunberts, irrig genug, ben amerikanifchen Truthahn
vermutheten. Zufolge bes alten Mhthus wurben bie
Schwestern bes Meleager, welche uber ben Tob bes
Brubers untrostlich blieben, in Vogel, bie Meleagriben,
verwanbelt, beren Febern wie mit Thranentropfen be-
fprengt ausfehen. Aristoteles, Plinius, Columella
unb bie anberen rbmifchen Schriftsteller uber Lanbwirth-
fchaft befprechen bas Perlhuhn, welches, nach Athenaeus'
Verficherung, bie Aetolier zuerst nach Griechenlanb ge-
bracht haben. Es mag bort einheimifch geworben fein,
øhne sich fehr weit zu verbreiten. Im Mittelalter ver-
liert man feine Spur vollstanbig; es ift unmoglich, an-
zugeden, zu welcher Zeit es von Neuem in Europa ein-
gesuhrt ober boch haufiger geworben ist. In Deutfch-
lanb war es um 1550 fehr felten unb baher Wenigen
bekannt; es erfcheint nicht in bem Verzeichniffe ber Vo-
gel, welche ber Erzbifchof Nevill, bei Gelegenheit eines
Historisch geworbenen, mehrtsigigen Festes (unter ber
Regierung Ebwarb's IV.), feinen Gasten vorfetzte, noch in
einem merkwurbigen, auf unfere Zeit gekommenen Haus-
haltungsbnche bes Herzogs von Northumberlanb (1512),
noch in einem Hhnlichen Buche Konig Heinrich's VIII.;
in allen biefen Verzeichniffen fpielt gerabe ber Pfau eine
grotze Rolle. Anfang bes 18. Jahrbunberts war baS
Perlhuhn auf bem Continente unb in Englanb uberall
gewohnlich. Das eigentliche Vaterlanb besselben laht
stch nicht angeben. Man weisi nur, basi es aus Afrika
stamme, wo es Abanfon, Vaillant unb Anbere gesehen
Haben; ba gegenwartig an fechs Arten ber Gattung be-
kannt sinb, fo lasit stch nicht entfcheiben, welche bon
jenen Reifenbeii gemeint fei. Wahrscheinlich behauptet
bas gemeine Perlhuhn einen fehr grosien Bezirk bes
tropifchen Afrika. Von ben in bemfelben Welttheile
genauer beobachteten, zwar verfchiebenen, jeboch fehr
ahnlichen Arten weisi man, bah sie am Liebsten in
fumpfigen Nieberungen ober an ben Ufern ber Fluffe
sich aufhalten, fehr gefellig unb nicht fcheu sinb, in gro-
sien Heerben am Tage herumziehen, um ihr Futter zu
fuchen, inehr lansen als fliegen, im Fluge ben Rebhuh-
nern ahneln unb bie Nachte aus Baumen sttzenb ver-
bringen. Verwilbert kommen sie vor auf mehreren
ber Antillen unb im norblichen Brasilien, wohin sie ge-
raben Weges von Guinea gebracht worben fein søllen.
Als Hausthier hat bas Perlhuhn viel vøn seinen ur-
sprunglichen Sitten beibehalten. Es ist unruhig, ver-
tragt Befchrankung nicht, lauft gern bavon, unb Weib-
chen bruten wohl fogar in ben Walbern unb kehren mit
Jungen zuruck, nachbem man sie fchon lange verloren
gegeben. In enger Gefangenschaft brutet bas letztere
nie feine Eier aus unb zeigt stch fcheuer unb wilber als
irgenb ein anberer Vogel, auch wenn man ihm moglichst
viele Freiheit gestattet. Gewohnlich Wahlt es zu biefein
Geschaste einen Lerborgenen Winkel unter Bufchen
ober Gestrupp unb legt 12 bis 20 bunkelgelbe, roth-
braun punktirte Eier, bie ebenfo wie bas Fleifch fehr
Wohlfchmeckenb sinb. Die Unvertraglichkeit unb bas
eintonige Gefchrei biefer im Ganzen bei uns nicht fehr
beliebten Vbgel ist bekannt genug. Ueber Deutfchlanb
norbwarts haben ste sich noch toenig verbreitet, inbem
sie fchon bas Klima von Sfldfchweben nicht vertragen.
Die Farbung ist bunkelgrau mit toeisien Perlflecken. —-
Das Perlhuhn mit Feberkamme (Numida
cristata) Fig. 1728. ist ettoas kleiner als bas gemeine,
ini Allgemeinen blaulich fchivarz unb gran punktirt; auf
bem Køpfe steht ein Kanim haarahnlich zerzaferter
Febern.
Dritte Familie.
Feldhnhne r.
Der Name Felbhuhner fur bie britte Familie ber
Orbuung ber Htihner mag nicht gut gewahlt fcheinen,
weil eine ber zu ihnen zu stellenben kleineren Gruppen
von je ben Namen ber Walbhuhner getragen Hat. Die
Benennung Tetraoniben, ware sie anbers nur beutfch,
tourbe baher ben Vorzug verbienen. Der Unterfchieb
ztoifchen eigentlichen Felb- unb Walbhuhnern ist ubri-
gens nicht grosi unb besteht barin, bah bie ersteren
uackte, bie letzteren befieberte Fuhe haben. In anberen,
fehr toefentlichen Dingeii kommen sie uberein. Sie Haben
einen gebrangt gebaueten, aber fleifchigen Korper, be-
fieberten Kopf, felten nackte Wangen ober Augen kreise,
niebrige, kraftige Scharrfuhe, fchmale Spannhaut zwi-
fchen ben Zehen, kurze, hochstehenbe, ben Boben nicht
beruhrenbe Hinterzehe, abgerunbete, getooIbte Flugel,
fehr steise Schtoingfebern, kurzen Schtoanz, bicken, ge-
wolbten, an ben Schneiben ubergreifenden Schnabel.
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