Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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186
V o ge l.
Finitte Orunung.
also derselbe verninthlich schon zur Zeit Perikles' nach
Griechenland gekommen sei. In Deutschland scheint er
Lin 14. Jahrhunberle auf Hosen Vornehmer eristirt zu
haben, und im 15. Jahrhnnderte bcwiesen englische Ba-
rone ihren Reichthum dadnrch, bah sie bel groven
Schmausen einen gebratenen Pfau auftragen liehen,
welcher mit den eigenen Federn geschmuckt und mit da-
mals noch sehr feltenen Pflaumen umgeben War. Gegen-
Warlig theilt wohl Niemand in Europa diesen Geschmack ;
man Halt den Psau allein zur Zierde lanblicher Be-
sitzungen und vergihl uber seinem Anblick und seiner
Lebhaftigkeit gern sein unangenehmes Geschrei und den
Schaden, den er, wenn unbewacht, in Garten und
Pflanzungen anrichtet. Es ist nicht leicht, ihn auf be-
granzte Raume zu beschranken, denn immer sucht er
erhabene Orte zu erreichen und findet dann leicht genug
seinen Weg nach verbolenen Gegenden. Es tofirbe
Raumverschwendung sein, an diesem Orte seine welt-
bekannten Sitten zu beschreiben. Die Henne legt im
Mai 10 strohfarbene, bniikelgesteckle Eier in eine am
Boden ausgescharrte Grnbe, brutet vier Wochen, in-
dessen nicht felten so unordentlich, dah die Jungen nicht
auskommen und Landwirthe daher es vorziehen, die Eier
von gemeinen Hennen ausbruten zu lafsen. Die sehr
unansehnlichen jungen Pfauenhahne erhalten erst nach
der dritlen Mauser ihr schones Gefieder. Mild ledt der
Pfau auf dem Festlande von Indien und zwar an man-
chen Orten, z. B. den Ufern des Ganges, in solcher
Menge, dah nnter Anderen Williamson, der beruhmte
Beschreiber indischen JagdvergnugenS, versichert, die
Gipfel langer Walbkanten des Morgens von ihnen be-
deckt gesehen zu haben; er glaubt die Zahl der bisweilen
auf Einmal fiberblicklen Pfauen ohne Uebertreibung
nuf 1500 schatzen zu durfen. Gemeinlich Hallen diese
in Flugen von 40—50 Stfick zusammen, die zwischen
dem bohen Grase nicht leicht zum Auffliegen gezwnugen
tverden, indem fie schnell genug laufen, um einem ge-
wohnlichen Huhnerhunde zu entkommen. Im Fluge
erweisen fie sich ungeschickt und langsam, wenigstens
bis fie eine ansehnliche Hohe erreicht haben; sie fliegen
indessen niemals sehr weit, sondern ermuden schnell und
werden daher gutberittenen Jagern zur Beute, wenn es
anders gelingt, sie aufganz ostene nnd baumlose Ebenen
herauszutreiben. Zeitig eingefangene Junge werden
sehr zahm, und mit solchen Psauen suchen sich im Dekkan
die Priester der Hindutempel, deren Vorhofe oft von
Vogeln wimmeln, zu versorgen. In europaischer Ge-
sangenschast haben sich manche Spielarten ausgebildet,
die indeffen an Zahl und Buntheit nicht entfernt jenen
des Haushuhnes gleichkommen. Man kennt auf wei-
Hem Grunde mit bronze- oder braunen Flecken gezierte,
weihe mit dunkelblauem Hals und gcwohnlichen Flu-
geln und vollig weihe, an welchen nur die langen Bfir-
zelfedern die gewohnlichen Augenflecken, jedoch nur an-
gedeutet und ohne grohen Farbenglanz, gewahren lasten.
Ein von Bnffon aufgcbrachter, starker Jrrthum Weist
diefer weihen Spielart Schweden zum Vaterlande an,
vermuthlich, weil arktischeThiere im Winter leicht schnee-
weih werden; Schwedens Klima sagt aber den Pfauen
so wenig zu, dah sie dort aller Orten felten sind. Sie
werden an 25 Jahre, nicht 100 Jahre alt, wie der an
Fabeln reiche Aelian versichert.
VIII. Spiegelpsau. (Polyplectron.)
Gattungscharakter: Schnabel mittelmahig,
dunn, gerad, zusammengedruckt, an der Wurzel befie-
dert; Oberkiefer dick, auf der Firste gewolbt; Nasen-
locher in der Mitte des Oberkiefers, feitlich durch eine
Hautschuppe halb gefchloffen; Augenkreise und Mangen
nackt. Lanse lang und dunn, mit zwei Spornen be-
wastnet; Hinterzehe den Boden nicht beruhrend. Stener-
federn lang und abgerundet.
1. Kammtragender Spiegelpsau. (Polyplectron emphanum.) Fig.1720.
Die Spiegelpsaue gehoren zu den schonen, erst in
den letzten Jahren bekannt gewordenen und daher in
Sammlungen noch feltenen Hfihnern Asiens. Man weih
sehr wenig von ihrer Lebensweise im Zustande vollkom-
mener Freiheit; sie mag mit derjenigen der Pfaue fiber-
einkomtnen, wie mindestens das Berhalten einiger
in der Gefangenschaft beobachteten Jndividuen zu be-
weisen schien. Dah sie das europaische Klima leicht
vertragen lernen und vollkommen einheimisch zu machen
sein tourben, unterliegt keinem Zweifel ; in einer Mena-
gerie des Haags lebte ein thibetanischer Spiegelpsau
volle sunf Jahre. Bennett sah ein Paar in Macao,
toelches von Cochinchina gebracht sein svllte und sich
ganz wohl befand bei gewohulicher Behandlung und
Huhnersutter. Der kammtragende Spiegelpsau bewohnt
die Sunda-Jnseln und die Molukken. Das Mannchen
miht 20 Zoll in der Lange und tragt als besonderen
Schmuck einen Kamm von langen, schmalen, weichen
Federn, die nebst dem Halse und der Brust von blaii-
licher Farbe, aber durch starken Metallglanz ausgezeichuet
sind; uber dem Auge steht ein schneetoeiher Streis und
in der Ohrengegend ein schneeweiher Fleck; uber den
braunen Rucken ziehen gewasserle, unregelmahige ^Hel-
lere Binden; Bauch und Steihsedern sind schtoarz, die
Flugeldecken und Hinteren Schtoingsedern prachtvoll blaii,
an der Spitze sammetschwarz. Der Schtoanz ist lang,
am Ende abgerundet und toahrscheinlich nicht ausricht-
bar; die einzelnen Steuersedern sind ausbraunem Grunve
mit ockergelblichen Punkten ubersaet und geziert durch
grohe, ovale, dunkelgrune, stark metallisch glauzeube
Flecken.
2. Ser ihivetanische Spiegelpfau. (Polyplectron thibetanum.)
Sig. 1721.
Die Chinesen sollen diese zmeite Art von Spiegelpsau
zur Zierrath ihrer Landhauser in Menge erziehen. Als
sein eigentliches Baterland toird am Mahrscheinlichsten
die Gebirgskette anzusehen sein, welche China von
Thibet scheidet. Das Mannchen miht 23— 24 Zoll
und besitzt keinen eigentlichen Kamm, sondern kurze,
graubraunliche, nach vorn gerichtete, ettoas kranse Hin-
terkopffedern; Kops, Hals, Brust und Bauch sind
braun mit toellensormigen, schtoarzlichbraunen Quer-
bandern, Rucken und Schtoanzdecken hellbraun,
toeihgran gefleckt und quergebandert, Schtoingsedern
braun, grau gezeichnet, Flfigelfeberu uberhaupt gelb-
lich, jede tragt vor der Spitze einen grohen, runden,
blån-purpurnen, opalistrenden, mit einem gelblichwei-
Hen Ringe umgebenen Augensteck. Auf jeder der 22
toahren Schtoanzfedern steht kurz vor der Spitze ein ahn-
licher, mit Doppelringe eingeschlossener Augenfleck, dem
indessen der prachtvolle Metallglanz ettoas abgeht. Am
Weibchen erscheinen diese Zierden noch unenttoickelter;
es hat auhervem weit kurzere Steuersedern und entbehrt
die Spornen.
IX. Truthahn. (Meleagris.)
Gattungscharakter: Schnabel kurz, stark ge-
krummt, an der Wurzel mit uackier, warzenreicher Haut
umkleidet; Oberschnabel gewolbt, mit obenauf auge-
wachsenen, schlaff herabhangenden Fleischzapfen. Hals
nackt; Unterhals am Mannchen mit einem Buschel
Pserdehaar ahnlichen Borsten. Hinterzehe austretend.
Achtzehn Steuersedern.
1. Der genuine Truthahn. (Meleagris gallopavo.) Sig. 1722.
1723. 1724. 1725.
Es giebt zwar zahlreiche und gelehrte Forschungen
genug uber den Ursprung unserer Hausthiere oder bie
Zeit ihrer Einfuhrung in Europa, allein sie reichen ost
selbst ba nicht atis, wo es sich um Thiere Hanbelt, bie
bem Menschen seit verhaltnihmahig kurzer Zeit unter-
worfen finb. Zu biesen gehort ber Trnthahn, bessen
eigentliches Baterlanb bekannt genug ist, unb welcher
im 16. Jahrhunberte nach Europa kam, ber aber bennoch
keine zuverlasfige Geschichte besitzt. Der Mangel einer
solchen erklart sich zum Theil aus ber Unwissenheit ber
Schriftsteller bes 16. unb 17. Jahrhunberts, bie soweit
gingen, ben Trulhahn fur einen schon ben Alten, tinter
bem Namen Meleagris, bekannt gewesenen Vogel anszu-
gebett, wahrenb bieser Nattie nur bas gemeine Perlhuhn
bezeichnet. Diese Berwechselung eines ursprunglich
afrikanischen Bogels mit einem anierikanischen scheint'
geraume Zeit fortgebauert zu haben, benn sie finbet sich
angebentyt in bem beulschen Namen „turkischer ober kale-
kuttischer Hahn" unb bem englischen „Tiirkey". Wahr-
scheinlich enistanb ber Jrrthum baburch, bah man bie
erften Truthahne aus Subeuropa erhielt, woher von
je bie Perlhfihuer gekommen waren, bie ubrigens im
Ansange bes 16. Jahrhunberts in Milteleuropa noch
sehr felten gewesen zu sein scheinen. Oviebo beschreibt
ben Truthahn als eine Art von Pfau, ber, in Merico
ungemein Hatifig, bereits 1526 als gezahmtes Hausthier
nach ben Antillen unb Venezuela verpflanzt unb in Be-
sitz fpanischer Colonisten gekomnien war. In Englanb
erhielt man unier Heinrich VIII. i. I. 1524 bie ersten
Truthahne; fie scheinen sich schnell vermehrt zu haben,
benn bereits 1541 galten sie fur eine lerfere, jeboch nicht
feltene Speise, unb 1573 toerben sie unter ben Weih-
nachtsgerichten lanblicher Grunbbesitzer aufgefuhrt.
Neber bas Festlanb muffen sie sich weit langfamer ver-
breitet Haben, benn ber erste in Frankreich gegessene
Truthahn soll 1570 bei ber Hochzeit Karl's IX. auf ber
Tafel erschienen sein. Ju bemselben Jahre nannte He-
resbach, Rath eines Herzogs von Julich , ben Trulhahn
einen „iubischen Vogel", beschreibt seine Zucht als noch
ganz nett unb fugt hinzu, bah man vor 1530 in Denlsch-
lanb von ihm burchaus keine Kenntnih besessen Habe.
Jeberntaun toeih, wie uberaus Hatifig ber Trulhahn
Heutzutage in Deutschlaub unb ben Nachbarlanberu ist,
unb wie vollstaubig er stch akklimalisirt hat. Nur ber
Hbhere Norbeu sagt ihm nicht zu; schon in Schweben
feltener, wirb er im norblicheu Norwegeu unb in Finn-
lanb kanin angetroffen, benn wenn er anch am Leben
bleibt, so pflanzt er fich boch nicht fort, ober minbestens
sterben bie Jungen in ben ersten Wochen ihres Lebens.
Durch bie Enropaer ist er uber bie ganze Erbe verbreitet
worben unb lebt jetzt ebenso am Kap ber guten
Hoffullug unb in Chile als in Jubieu, auf ben Antillen
unb Saubmichiuselu. Bei aller Abhartung oder Ge-
wohnnug behalt er selbst unter gnustigen Verhaltuissen
eine gewisse Weichlichkeil unb ist Krankheiteu niehr aus-
gesetzt, als anvere nuserer Hansvogel. Znuial mih-
lingt leicht bas Anfzieheu ber Hennen. Fenchles Klima
sagt ihnen nicht zu, uub baher gebeiheu fie vorztigsweis
in wasserarmeu unb banuiloseren Gegeuben, wie in Sy-
rien unb uberhaupt unt bas Mittelmeer. Die Frncht-
barkeit ist fibrigens so bebeuteub, bah bie Zncht, an
passenben Orten im Groheu getrieben, ein sehr eintrag-
liches Geschast barstellen katin. Spielarten finb im
Gaitzen seltener als bei anberern Hansgeflugel; eine
ganz weihe, toelche nur am Enbe ber Steuerfebern biinkle
Abzeichuungen befitzt, gehort zu ben Hfibscheren. Die
vollig schwarze Varietai nahert sich noch am Meisten
bem milben Truthahne, ber vom uorbwestlichen Gebiete
ber Ver. Staateu bis zum Jsthuius von Panama uber
ganz Norbamerika verbreitet ist, einst anch in Canaba
hanfig war, aber jetzt sowohl bieses Lanb als anch alle
bichtbevolkerten unb Walbloferen Gegeuben meibet uub
beswegeu in Penusylvanien, Virginien unb Neueitglanb
kauni gesehen wirb. In Arkansas, Illinois unb Loui-
siana, uberhaupt in allen Provinzeu, wo machlige
Slrome ihren Weg bnrch einsame Walber von utige-
Heurer Ansbehunng verfolgen, finbet ber Truthahn noch
jetzt seine eigenthumliche Heimath. Er scheint bort
eine Art von Wauberleben zn ffihren, benn wenn An-
fang Oetobers bie gereiften Fruchte unb Saarnen abzn-
sallen beginnen, sammelu sich bie Truthahne zu Gesell-
schaften, bie, wahrenb bes Znges bnrch bie sruchtbaren
Thaler bes Ohio unb Misstsippi an Zahl stels zuneh-
utenb, znletzt wohl ans einigen Hunberteu von Mannchen
besteheu koniten. Stels beobachtet man biese abgeson-
bert von ben niinber zahlreichen, 70— 80 Stuck begrei-