Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
Mit 950 Ubbildungen
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Kuhuervoget.
V o ge l.
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nachtlichen Balzen und dem Herbeilocken der Hennen vom
Marz an sich unermudlich erweisen. 3ur Nahrung die-
nen verschiebenarlige Stoffe, im Sommer allerlei Znsec-
ten, Blulhen, Blatter und Beeren, im Winter die Knospen
von den meisten Laubholzbaumen und die wenigen fafti-
gen Frfichte des niederen Gestrfipps, die unter der Schnee-
decke sich erhalten haben mågen. Nehmen auch diese
sparlichen Vorrathe ein Enbe, so tritt inzwischen das Frfih-
jahr ein und spendel reichlich die Bluthenkatzchen der
Waldbanme, die dann nicht verachtet werden. In
Schottland und bem Norden Scandinaviens lebt, nach
zahlreichen Berichten, das Birkhuhn fast nur von den
jungen Trieben oder den reisen Fruchten der Moos- oder
Sunipfbeeren , im Herbste von den Saanien verschiedener
wildwachsender Hfilfenpflanzen. Die Henne bereitet ohne
besondere Sorgfalt ihr Nest, gemeinlich eine flache Grube,
an einem verborgenen Orte des Waldes und beginnt ge-
gen Anfang Mai Eier zu legen , deren Zahl aus 12 — 14
anwachst, und welche den Hfihnereiem an Grohe gleichen,
glattschalig und auf geblichem Grunde braun gefleckl
sind. Die Brutung dauerl 3 Wochen ; die Jungen wer-
den ausgesuhrt und mit Jnsectenlarven geffittert und er-
langen nicht vor Ablaufe eines Monats die Fahigkeit,
sich auf Banmezu schwingen. Viele erliegen in der ersten
Zeit des Lebens den Nachstellungen der Raubthiere, und
die Erwachseuen werden, mindestens im Hhheren Norden,
z. B. in Sibirien, zahlreich den Jagern zur Beule, welche,
hohe Schneefakle und Nahrungsmangel benutzend, man-
cherlei Fallen und Schlingen zu stellen verstehen. Dem
mit Feuergewehr allein gerfisteten Jager entgehen sie aither
der Balzzeit sehr leicht und sind nicht minder schwer zu
erlegen als der Auerhahn. In Schottland und Nor-
Wegen, wo dieseJagd ein sehr beliebtes Wintervergnugen
ausmacht, scheint man im Auffinden und Beschleichen
der Birkhuhner niehr Uebung zu besttzen als in Deutsch-
land. Petersburgs Markte werden im Winter stets mit
bedeutenden Mengen von Birkhfihnern aus dem norblich-
sten Provinzen des europaischen Ruslands und zum
Theil aus Sibirien versehen, wo man den Fang beson-
ders gut verstehen soll. Das Fleisch ist ungleich zarter
als dasjenige des Anerhahnes. Das Mannchen wachst
gegen 2 Fuh, wiegt bis 2^ Pfund und ubertrifft um ein
Bedeutendes das Weibchen an Grohe; es ist dunkelschwarz,
am Halse und auf dem Unterrucken durch stahlblauen
Glanz ausgezeichnet, am Bauche iveih gefleckt, mit schnee-
weihen llnterschwanzdecken versehen und mit Hochrothen,
zumal in der Balzzeit sehr Hervortretenden warzigen Au-
genkreisen geschmuckt. Ueber jeden Flfigel lauft eine
weihe Binde; der Schwanz ist gabelformig getheilt, und
die vier Seitenfedern desselben, von welchen die autzersten
die langsten sind, krummen sich mit ihren abgestutzten
Enden bogenformig nach Atthen. Das Weibchen ist
obenhcr rostgelbbraun und mit reichlichen, in Querban-
der gestellten dunkelbraunen Flecken angenehm gezeichnet;
die grå^cren Flugeldecken haben weihe Spitzen, die kasta-
nienbranne Brust ist schwarz guergebandert, der Schwanz
undeutlich gegabelt, rostfarben, schwarz gefleckt und mit
weihen, schwarzgestreiften Deckfedern versehen.
3. Das schwarze Waldhuhn. (Tetrao obscurus.) Fig. 1733.
Nordamerika, ein an Wald-und Felbhfihnern keines-
wegs armer Welitheil, besttzt am sogenannten schwarzen
Waldhuhne einen Reprasentanten des europaischen Birk-
huhnes. Man sindet diesen Vogel nicht in den offeneren
und angebaueten Gegenben der sogenannten atlantischen
Staaten, sondern nur in dem weit entlegenen, jedoch sehr
ausgedehnten Gebiete des Nordwestens, jenseits der Ge-
birgskette, welche die Gewasser des Missisippi von jenen
dem grohen Ocean zuflromenden scheidet. Seine Sitten
und Manieren soklen ebenfalls an die genannte nahe ste-
hende europaische Art erinnern, benn er balzt und lebt
wie diese und als strenger Tyrann in einem polygamischen
Verhaltnisse, welches indeffen die eigentliche Fortpflan-
zungszeitnicht uberdauert. Ein sehr besonderer duperer
Charakter findet sich in dem leicht abgerundeten Schwanze,
der aus 20 breiten, abgerundeten Steuerfedern besteht;
eine so grohe und daher ungewohnlicheZahl von Schwanz-
federn kommt auch bei dem weiterhin zu besprechenden
Auerfasan ( Tetrao Urophasianus) vor, wo jedoch die
Steuerfedern nicht rund, sondern schmal und scharf zu-
gespitzt sind. DaS Mannchen der in Rede stehenden Art
ist durchaus dunkelschwarz und weit groher als daS
schwarzlich braune, ockergelb gefleckte und gebanderte
Weibchen.
4. Cupido - Waldhuhn. (Tetrao Cupido.) Fig. 1734.
Unter den amerikanischen Waldhuhnern fa tit dies auf
durch seine Gewohnheit, sich auf sehr bestimmte Oert-
lichkeiten und auf gewisse Districte zu beschranken, die
es mit anderen nicht freiwillig vertauscht. Offene,
trockene Ebenen, mit einzelnen Baumen dunn besetzt oder
stuckweise mit knorrigen Buschstucken uberwachsen, sind
ihm der bevorzugte Wohnort. Das Volk kennt diese
Neigung und belegt daher gewisse Flachen in Neujersey,
nuf Longisland bei Neuyork, in Pennsylvanien und in
Kentucky mit dem Namen der Waldhuhn-Ebenen (grouse-
plains). Weit jenseits der Grenzen der bevolkerten und
wohl angebauten Staaten erstrecken sich uber einen gro-
hen Theil des Landes vom Columbiaflusse bis tief nach
Calisornien ebenfalls baumlose oder nur stellenweis be-
waldete fruchtbare Ebenen, bie ebenfalls Tausende jenes
schinen Waldhuhnes emahren. In menschenreicheren
Gegenden verrath dieses meniger Scheu, zumal wenn ein
Harter Winter ihm die Selbsterhaltung erschwert. Es
nahert sich dann beobachtend den Meierhofen, wagt,
Wenn es anfangs nicht verscheucht worden, sich auf die
Hofe, inengt sich endlich zutraulich unter das Haus-
geflfigel, um an feinem Futter Theil zu nehmen, und er-
langt sogar ein fast gezahmtes Ansehen. Im Sommer
dienen ihm mancherlei Beeren, in minder schneereichen
Wintern Eicheln und BaumknoSpen zur Nahrung. Im
April sammeln sich die Mannchen und liefern sich
hochst erbitterte Gefechte, tummeln sich unter den lacher-
lichsten Geberden nuf der Spitze beraster Ameisenhnusen,
bnlzen und verfnllen dabei in eine kurzdauernde, jedoch
Vollstanbige Verblendung. Wahrend jenes Zeitraumes
schwellen am Halse des Mannchens zwei sonst schlaffe
Hautlappen fo an, dah sie in Gestalt groher, Hochgelber
Halbkugeln Hervortreten, eine gewiffermnhen im Reiche
der Vågel beispieilose Bildung. Diese einem kleinen Hfih-
nerei an Grohe wenig nachgebenden Auftreibungen sind mit
Lust erffillt und beziehen sich augenscheinlich auf die Ver-
starkung des Lockruses, der nus brei Inuten und scharf
accentuirten Noten besteht, schon lange vor Sonnen-
aufgnng fiber die Ebenen Hinschallt und erft nach neun
Uhr aufhort, wo bie sich bekampfenden Mannchen schei-
den und ihrem Futter nachzugehen beginnen. DerHahn
wiegt ungefær 3% Pfund, ist 18 Zoll lang, das Gefie-
der auf rostbraunem Grunde fein schwarz und weih guer-
gebnndert,der kurze, abgerundete, dunkelbraune Schwanz ist
am Ende grau. Oberhalb ber nackten Hautsacke des Halses
steht sederseits ein Bfindel von ISVerlangerten, ausrichtba-
ren, schmnlen und zugespitzten Federn, von welchen sfins
schwarz, die fibrigen schwarz und braun gestreift sind. Auf
demOberkopfe erhebt sich ein wenig bemerklicher Federkamm
und oberhalb des Auges verlnuft eine Halbkreisformige
Reihe orangengelber Warzchen. Das Weibchen ist viel klei-
ner, Heller gefnrbtund entbehrt dieHnutfncke und Feberbfin-
del des Halses, fotrie die nnckten Brnuenbogen bes Mann-
chens. Man schntzt diese Vogel so hoch, bah in einigen
Staaten auf der Erlegung eines jeden Stfickes zwischen
dem 1. April und l.October eine Geldstrafe von 2% Dol-
lar steht. Wie die meisten fihnlichen Gesetze wird auch
dieses in den Ver. Staaten nicht beobnchtet. Im ge-
meinen Leben kennt man bort bas Cupibo- Walbhuhn
unter beni Namen bes HeibenhuhnS (Heath-henn).
5. .Das Kragen,Waldhuhn. (Tetrao Umbellus.) Fig. 1735. 1736.
Das Kragen - Walbhuhn behauptet in Norbamerika
einen sehr ausgebehnten Bezirk. Man finbet es eben
nicht selten in Pennsylvanien, wo es Fasan gennunt wirb,
von ba sfiblich bis in bie Hochlanbe Georgiens, norblich
bis Moose-Fort an ber Hubsonsbay, sonach von 32°
— 50° n. Br. Weiter westlich scheint es immer gemei-
ner zu iverben, inbent es fast in jebem Walbe von Ken-
tucky angetroffen wirb, und Lewis und Clark sind ihm
sogar jenseits ber Felsgebirge und an 3000 Meilen von
ber Mfinbung des Missisippi entfernt begegnet. Im Ge-
gensatze zu dem vorhergehenben Cupibo-Wnlbhuhne ver-
meidet es offene Ebenen unb wohnt eigentlich nur in Ge-
birgSwalbern, vorzugsweise in solchen, bie nus Balsam-
kiefer , Hemlocktanne unb anberen immergrfinen Bau-
men bestehen unb von schnellfliehenben Bachen burch-
schnitten iverben. Der Geselligkeit abgeneigt, lebt er
einzelu ober hochstens paarweis, unb Gesellschnsten ober
Volker, wie deutsche Jager sagen wfirben, von niehr als
4 — 5 Stfick gehoren selbst im Winter unb baher nach
ber Paarungszeit zu ben Seltenheiten. Das Mannchen
rust seine Gefahrtin im Frfihjahre, bisweilen auch zu
anberen Jahreszeiten mittelst eines sehr eigenthfimlichen
trommelnben ober rollenben Tones, ber. selbst in ber
Nahe gehort, wie nus weiter Ferne kommenb klingt
unb von bem Fremben leicht fur bas Murmeln eines sehr
entfernten Donners genommen werbeit kann. Er wirb
keineswegs burch die Athmungswerkzeuge, sonbren durch
rasches Schfitteln ober Schlagen mit ben Flfigeln Hervor-
gebracht. Auf einem Baumsturzel ober uingefallenen
Stamme einer bichtverwachsenen Walbgegenb stehenb,
entfaltet bas Mannchen feinen Schwanz, senkt bie Flfigel,
zieht ben Hals so zusammen, bah bie einen Kragen bil-
benden Seitenfebern besselben sich emporrichten, blaht
ben ganzen Korper auf wie ein Truthahn unb fangt an
wie bieser stolz unb stnttlich Herumzuschreiten. Nach
einigen Minuten beginnt es mit steifen Flfigeln in schneller
Folge kurze Schlnge auszuffihren, es laht biese immer
schneller nus einanber folgen, bis sie zuletzt, nicht niehr
unterscheibbar, bas beschriebene rollenbe Gerausch er-
zeugen. Solche besonbere Nebungen nimmi es am Hau-
figsten bes Morgens unb Abends vor, inbeh gefallt es
sich in ihrer Wieberholung bisweilen auch zu anberen Ta-
gesstunben. Sie Verrathen es natfirlich bem Jager, ber
gerabe keine grohe Vorsicht anzuwenden braucht, um sich
zu nahern unb zum Schusse zu gelangen. Man erzahlt,
bah hin unb wieber bie Schfitzen verstehen soklen, auf
aufgeblasenen unb eingetrockneten Rinbsblasen ein jenem
Trommeln fo ahnliches Gerausch hervorzubriiigen, bah bie
getanschten, einenNebenbuhler vermuthenbenHnhne Herbei-
eilen unb leicht geschossen werben. Das Weibchen verbirgt
mit vieler Sorgfalt seinen Brfiteort unter Bfischen ber bun-
kelsten Walborte unb legt im Mai 9 — 15 Eier. Nach
Wilson's Bericht verrath es ungemein viel Liebe zu ben
Jungen, ffihrt biese nus, beobachtet jebes Zeichen von
Gesahr unb wenbet die sonberbnrsten Listen an, um den
Versolger ber Familie von ber wahren Spur abzulenken.
Beibe Geschlechter fliegen mit vieler Kraft unb Ausdauer
unb unter einem Inuten, schwirrenben Gerausch, welches
wie bei anberen Hfihnern, zumal bei unseren genteinen
Rebhfihnern, burch bie Harte ber Fahnen unb Unbieg-
samkeit ber Schnfte ber Schwingfebern entsteht. Aus-
gescheucht fliegen sie eine weite Strecke, ehe sie wieber im
Walbe niebersaklen. Dennoch werben sie von ben sehr
geschickten Jagern Norbamerikas in solcher Menge erlegt,
bah bie Markte ber grohen Seestabte von ihnen im Spat-
jahre erffillt sinb. Im September unb Oktober soklen
sie besonbers fett unb barurn sehr wohlschmeckend fein,
weil sie dann von ben zahlreichen Arten von Heidelbeeren
unb zumal an der sehr aromatischen, fogenannten Reb-
huhubeere ( Gaultheria), beren Geruch sich bem Fleifche
rnittheilt, reichliches Futter finben. Das Mannchen
niiht 18 Zoll, ist obenher kastnnienbraun unb mit wel-
lenformigen Querbanbern unb Flecken von schwarzbrau-
ner Farbe angenehm gezeichnet; auf ben Schultem tragt
es Bfinbel langer, fammetschwarzer, grunfcbiltetnber
Febern, bie, von beiben Seiten aufgerichtet, einen Kragen
um ben theilweis nackten Hals bilben. Der I8feberige