Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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V o ge l.
Fli ilste Vrbnnitg.
XIV. Feldhuhll. (Perdix.)
Gattungscharakter. 'Scbnabel furj, au der
scharfkantigen Spitze Hafenformig ubergebogen; Nasen-
locher fpaltformig, mit unbefieberten Decken. Flugel
fnrz, abgerunbet, gewolbt; Schwingfedcrn Hart, nach
vorn verschnialert. Laufe und Zehen nackt.
I. Eigentliche Felbhuhner. Laufe ohne
Sporn oder Hochstens mit kurzer Hornwarze. Zwischeu
den Nafenlochem eine Art von Wachshaut.
1. Das gemeine Rebhuhn. (Perdix cinerea.) Fig. 1738. h. 1745.
Die eigentlich so genannten Felbhuhner dilden eine
fehr naturliche, an den undefiederten Fusen leicht fennt-
liche, nuf die gemahigten und Warrnen Lander attge-
wiesene, den falten Breiteu fehtende Gattung. Der ge-
Wolbte, fnrze, abgerundete Flugel, an welchent bald die
zweite und dritte, bald die vierte und funfte Schwing-
feder die langereu sind, die Harte und Unbiegsamkeit
dieser Schwingen, der runde, plumpe Korper charakte-
risiren sie als Bbgel, welche weniger zum Fluge, als
zum Laufe oder doch zum Anfenthalte an der Erde be-
stimrnt sind. Sie lausen in der That mit ziemlich groher
Schnelligkeit, suchen ihre Nahrung nur am Boden,
fliegen ungern und beguemen sich nur nothgezwungen
zu der letztereu Beweguugsart, die mit lautem Gerattsch
verbunden ist, nie lange fortgesetzt wird und mindestens
in ihrem Anfange mit Anstrengung verknupst zu sein
scheint. Die meisten Arten leben im streng ntonoga-
mischen Berhaltnifse, und von einigen weih man, dah
die Paare sich das ganze Leben hindurch tren bleiben.
Am Weitesten nach Norden ist das gemeine Rebhuhn
verbreitet, indent es sogar in den mittleren Provinzen
Schwetens, in ganz Livland und einem Theile EsthlandS,
wenn auch nicht so haufig wie in dem milderen Dentsch-
land, gcsunden wird. Weiter im Suden nimmt es grad-
weis an Zahl ab, weil dort der Getraidebau, von Wel-
chem es seinen Aufenthalt abhaitgig zu tnachen pstegt,
in geringerer Ausdehnung beirieben wird. Wo Walber
gerodet, Sumpfe ausgetrocknet und in Ackerland ver-
wandelt werden und der Anbau der Cerealien an Nm-
fang gewinnt, da sindet sich auch das Rebhuhn bald in
stets zunehmender Menge ein, eine Erfahrung, die man
zumal im sudlicheren Rusland an vieten Orten gemacht
Hat. Mit ganz richtigem Jnstinct unterscheidet das
Rebhuhn endlich sogar die Provinzen, wo der Boden
und das mildere Klima den Waizenbau gestalten und
gewohnlich machen, von solchen, wo eben nur Roggen
und Gerste gedeihen, uud daher ist es wohl nirgends
Hattsiger als in den gesegneten Gegenden des mittleren
Deutschlands. Es mag hin und wieder als Strich-
vogel, nirgends aber als wahrer Wandervogel anzusehen
sein und muh, streng genommen, in den meisten Ge-
genden als Standvoget gelten, der die engen Granzen
eines Bezirkes, in welchem er selbst geboren ward, nie-
mals weit uberschreitet. In Walbern wird es niemals
gefunden, wohl liebt es aber solche Gegenden, wo kleine
trockene Feldholzer und beschranfte Gras- und Wiesett-
flachen mit den Ackerfeldern wechseln, die ihm seine
Nahrung lieferu. Unfruchtbare Sandflachen sind ihm
zuwider, und sorgfaltig vermeidet es sumpfige Nieberun-
gen, wahlt zur nachtlichen Schlafstelle stets kleine,
einigermaahen fchutzenbe Bertiefungen des offenen Fel-
des, verbirgt sich im Winter unter freistehenden Buschen
oder Zaunen und nahert sich den Dorfern nur dann,
wenn hochliegender Schnee tind auherste Kaltegrade ihm
den Aufenthalt auf dem unbeschutzten Blachfelde fast un=
moglich machen. Wehrlos und daher furchtsam, klug
und scharfflchtig, entdeckt es seine Feinde schon in gro-
Herer Ferite und sucht ihnett durch rasches Lattfen, durch
Benutzung jeder verbergcnden Nnebenheit des Bodens
und, wo es irgend moglich ist, durch Verkriechen unter
dem hohen Grase, einer Erdscholte oder eincttt uber-
bangenden Bu;che zu entgehen. Die svgenannten Boller
ergreifen nur dann fliegend die Flucht, wenn sie uber-
rascht oder durch limstellung in die Enge gelrieben tvor-
den sind; bleibt ihnen irgend Zeit, so zerstreuen sie sich
taufend und entschtvinden wie durch Zauberei und einzetn
dem Auge deS erstaunten BeobachterS. Scheint tie Ge-
fahr voruber, so einen sich in kurzer Zeit diese Flucht-
linge wieder, indettt keiner, so lange er gestint ist, ein-
sant leben mag und nur in der Paarungszeit dieser
Gesellschaftstrieb zurucktritt. Die Bolfer Halteit zu-
saiitmett tind vermengeit sich nicht leicht mit anderen,
lieferu diesen jeboch darum ttoch keine Kainpfe, wenn sie
znfallig auf sie treffen. tteberhaupt ist der Charakter
des Rebhuhnes ein tveit mehr vertraglicher, als ber-
jenige der meisten anderen Huhnerarten, denn nur die
gesteigerten Triebe der Fortpstanzuiigszeit verntogen
unter den Einzetnen Uneinigkeiten zu entzunden, die
allerdings, weit die Mannchen weit zahlreicher sind
ats die Weibchen, zu sehr erbitterten Gefechten fuhrett.
Das Zusammengesellen der Paare geschieht in Deutsch-
tand, se nach der Daner des Winters, entweder gegen
Ausgang Februars oder auch ini Marz ; es tost die bisher
bestandenen Berbindnngen auf und ntacht die Einzetnen
zn streng monogamischen Bogetit, die fortan sich nie
wieder trennen, denn stets besteht ein Votk ans Paaren,
die, vielleicht seit Jahren zusaitinienhattend, nur in der
Paarungszeit sich von den antereit regetmahig absonderit.
Das Weibchen begnugt sich mit der Ausscharrung einer
stachen Grube, die hochstens mit einigen Grashalmett
ausgefuttert wird, benutzt woht auch eine naturliche Ber-
tiefung und legt gegen Ende Aprils oder Anfattg Mai'S
in diese nach und nach ihre 12—16 helt gruntich gratien
Eier. Die Unregelmahigkeit des ttordischcn Klimas
gestattet keine strenge Periodicitat dieseS Artes, denn int
kalteren oderdoch stnrmischeren Schottland nimmt man an,
dah das Eierlegen des Rebhuhnes erst Anfang Juiti's
beginne, Wahretib selbst in Dentschland der Witterntigs-
zustand dasselbe niti 2 —3 Wochen verspatigen, »om
15. April auf den 8. — 10. Mai hittauS vertegen kantt.
Das zartliche und von dem Neste nie auf tangere Zeit
weichende Mannchen nimmt an der Brutung fritten
Theit, wahrenb das Weibchen sich diesent Geschafte mit
solcher Jnnigfeit Hingiebt, dah es die Anttaherung der
Gefahr nicht bemerft, attfden Eiertt sitzen bleibt und, wie
Solches uberall bemerft wordett ist, woht gar tinter der
Sense des Mahers sein Lebeit vertiert. Nach drei Wochen
durchbrechen die Jungen ihr enges Gefattgnih und zwar
in solchem Znstande voltfoiumener Entwicketung, dah
sie nach tvenigen Stunden das Lager zn vertassen und der
Mutter zu fotgen verntogen. An Zårtlichfeit und Bor-
sorge sur die Nachfoinmenschaft giebt das Mannchen jener
nichts nach, tind die tinermubliche Aufmerksamkeit und
die Sorgfatt beider Aettern bietet, tant des Berichtes
alter genaueren Beobachter, ein Schanspiet, auf wetches
in einer ats polygamifch befanuten und daher nach der
einen Seite hin fur sehr gteichgittig und woht fur thie-
risch roh geachteten Ordnung der Boget Niemand zu
stohen vorbereitet war. Man dars woht annehmett,
dah die Listen allgemeitt befannt sind, welche die Gatten
anwenden, uiit die bedrohten, noch Hilflofeit Nachfomttten
der Berfolgung eines Feindes zu entziehen, dah titan
weih, wie sie die Nachfomttten Anfangs durch sehr
befonbere Tone wariten, dann wohl im Muthe der Ber-
zweifetung sich dem Berderber entgegenstellen, ihn durch
Scheinangrisse zu reizett und irre zn fuhren suchen, so
weit als moglich von ber Lagerstatte ber Jungen ver-
tocfen, niti enblich tantlos zu verschwinbett, zn ben Ge-
retteten zn eilen unb sie zur Flucht in entgegengesetzler
Richtiing zn bemegen ober, ber gelungenen Rettnng
froh, sich ttebeti sie zu setzen. So groh ist alterbings
bie Zahl ber Feinbe, bah solche Sorge nicht weit gettug
getrieben werben faun, benn vom Wieset bis zum Fuchs
unb ber allerbings in Denischtanb sehr felten werbenben
Wilbfatze stellen alle Raubthiere bent Rebhuhn unb
seinen Jititgeit nach. Im ttebrigen stub biese Boget
nicht eben atS sehr sriichtbar anzusehen, iitbent sie nur
ein Mat im Jahre bem Geschafte ber Fortpsianznng
1obtiegen. — Die Nahrungsmittet bes Rebhuhns sinb
tlieits animatifcher, theils vegetabilischer Art, je wie
bie Jahreszeit sie bietett mag. Jnseeteit aller Art wer-
bett eben so gerit erhascht unb verzehrt als allertei Konter
von Pstanzen unb bie jungen Triebe berselben. Jitbessen
reichen Pie Jnfeeten nur in ber besten Jahreszeit ans,
weiterhin nehtnen auch die lebenben Pstanzen ein Enbe,
unb in ber Mitte bes Winters mag fur jene Boget oft
eine Zeit ber Hartesten Noth beginnen. Sie burchsuchen
banit bie brach liegeitben Aernbtefetber nach nbrig ge-
bliebeiten Koruertt ober bie Saatfelber, wo vielleicht
einzelite Saattten tinbebeckt an ber Oberstache sich finben,
unb enblich itahern sie sich woht gar ben Scheuertt unb
ben Hofen lanbticher Wohnungen. In Zeiten bes Nah-
rnugsuberftusses sinb sie wjhlerisch unb ruhreit, wo es
Getraibe giebt, anbere Saatnen nicht leicht an. Sie
fresseit bis 10 Uhr Morgens, liegen bann an einem son-
ttigen Orte still unb beginnen erst gegen 3 Uhr Nachmit-
tags ihr Fntter von Nenem anfznsuchen. Wenn im
Winter geschntolzener unb wieber gefrorener Schnee ben
Boben mit einer Eisrinbe nberzieht, bie sie mit ihren
schwacheu Fuheit aufzufcharreit nicht vermogen, so er-
liegeit sie bem Hungertobe, bie Gegenben ausgenontmen,
wo Wachholberbtifche ihnen Nahrung bieten. Es Halt
nicht schwer, unter solchen llmstanbeit sie lebenb eittzn-
fangen, allein sie zu zahttten ober bod) in ber Gesangen-
schaft zn erhalten gelingt tint so seltener. Das Fleisch
ist befanntlich eben so zart als wohlschmeckenb unb giebt
bem Rebhuhn auf ben Marften groher Stabte einen im
Berhaltnisse zur Korpergrohe ziemlich hohen Werth.
In gut gehaltenen Jagbrevieren tragt man baher Sorge
fur Sutterung in ben Harteren Winterinonaten unb ver-
Hinbert bie burch ausnahmelofes Wegschiehen ber Alten
leicht Herbeizufnhrenbe Ausrottung. Das Rebhuhn ist
im Uebrigen so befannt, bah es umstanbliche Beschrei-
buttg nicht erheifcht; es ist hell aschgrau, mit feinen
fchwarzen Wellenlinien auf bem Ruckett unb ber Brust,
mit rostrothen Querbinben auf ben Seitenfebern unb
mit weihett Langsflecken auf ben Deckfebern ber Flugel
gezeichnet; baS Weibchen Hat am Bauche einen kastattieit-
braunen Fleck von Gestalt eines Hitfeifens.
2. Das Nothhuhn. (Perdix rubra.) Fig. 1738. d.
Jitt sublichen Europa, in Kleinasien, Syrien pub
Norbafrifa wirb bas gemeine Rebhuhn burch bas gro-
Here unb schonere Rothhuhn vertreten, welches in
Detitfchlanb nirgenbs im wilbett Znstanbe gefehen wirb
unb ben Bersuchen fttnstlicher Einftthrung bisher
wiberstanben hat. In Englanb unb auf ben Jnfeln bes
britifchen Canals ist biese zwar gelungen, iitbent bas
Rothhuhn bort mit Leichtigfeit sich afflimatistrt Hat,
allein zum grohen Nachtheil bes gemeinen Rebhuhnes,
welches von ber frentben starferen Art so grimmig verfolgt
wirb, bah es sich ans mancheit Gegenben ganz entfernt
Hat. Auch in aitberen Beziehungen haben bie Besitzer
ber Jagbreviere burch biesen Tausch Nachtheil erlitten,
benn bas Rothhiihn hat weit geringeres Fleisch als bas
Rebhuhn unb verbirbt bie am Besten abgerichteten Hnttbe
baburch, bah es, statt atifznfliegen, bavon lauft unb
ben Httitb zur Berfolgung verfnhrt. In Sitten, Wahl
ber Nahrungsmittel unb in ber Fortpstanziing hat es
bie grohte Aehnlichfeit mit bem gemeinen Rebhuhn.
Das Weibchen legt bis 18 Eier, bie auf Hellgelbem
Grunbe mit zahllosen feinen Punften von bunflerer
Farbe nberstrenet si,tb. Im sttblichen Franfreich ist
bas Rothhiihn anherorbentlich gemein unb wirb bort,
wo man bas Rebhuhn menig fennt, weit Hoher geschatzt
als in Englanb. Die Farbung bieses Bogels ist gerabe
nicht glåitzenb, inbessett sehr angeitehttt, auf ber Ober-
seite Hellbraunlich aschgrau, an llnterbrust unb Bauch
'rostbraun; Wangeit, Gurgel unb Kehle sinb tveih, bie
letztere wird durch einen schwarzen Ringfragen begranzt
unb von bem schwarzgesteckten Halse unb Dberbruft
geschieben. Die Seitenfebern ber aschgranen Brust
Haben auf blaugrauetn Grunbe fchwarze unb brauite