Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Scdjstc Vrdnung. (Laufvogel.)
Vogel.
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licher Weise erfolgreichen zu iinternehnien. Bel einer
anbern Gelegenheit faitb man sogar einen 15 Fuh Hohen,
60 Fuh im Umkreis mefsenden Hilgel, welcher am
Grunde eines 5 Fus tiefen Ganges ein El enthielt.
Wie alle anderen befand er stch im schattigsten Dickicht
eines an dem Seestrande gesellig wachsenden Hibiscus
und von den Blattern desselben gegen die Sonnenstrahlcn
vollkommen gedeckt, befap aber im Jnneren eine hohe,
schoit ber suhlenben Hand fich kundgebende Temperatur. —
Das neuhollanbische Fushtihii bewohnt eigentlich nur
die sandigen, aber mit einer eigenthunilichen Buschvege-
tation bedeckten Kustensiriche und geht nicht laitbeitt-
warts, ausgenommen cntlang der User schmaler Halb-
gesalzener Bache. Es lebt vereinzelt oder Hochstens
paarweis, halt stch am Boden nitf, fliegt ungemein
schtoerfallig und ohne alle Ausdauer, felten weiter als
Hundert Schritte, nitnmt dabei eine Horizontale Rich-
tung, lastt die Fuse wie gebrochen herabhangen und
bringt durch feilte sehr steifen und Harten Schwingfedern
ein lautes Gerausch Hervor. Dennoch gehort es zu den
am schwersten erlangbaren Vogelit Neuhollands, dettn
leicht entdeckt es den Feind und entgeht demselben, ob-
gleich es bei jeder Storung unfehlbar auf einen Batttn
fliegt, durch den befonderen Kunstgriff, bei dem Nieber-
sitzeti den ausgestreckten Kopf, Hals und Korper in so
gerade Horizontallinie zu bringen und dabei stch fo voll-
kommen unbeweglich zu halten, das es von dem nachsten
Baumaste nicht zu unterfcheiden ist. Die Nahrung be-
steht in Saamen, Beeren, aber auch in Jnfecten, besott-
ders den grofjeren Kafern, auserbem auch in faftigeren
Wurzeln, zu deren Ausgrabung die fehr fraftigen Fuse
und die ungemein entwickelten Krallen von grosem
Ntttzen fein muffen. Gilbert felbst horte nie einen Lattt
diefes Fuhhuhnes; nach der Befchreibnng oder vielmehr
nach den Nachahmungen der Ureinwohner zu urtheilen,
gleicht die Stimme Anfangs dem Glucken einer Hans-
henne und endet in einem Schrei, der an den Pfau er-
innern koiinte. Die Legezeit dauert vom Ende Augusts
bis zum Marz; es wurde fonach in dem Fortpflan-
zungsgefchaft eine Unterbrechung Staat studen von nur
funf Monaten, die gerade die heihesten und burrsten
jener Klimaten stud. Die Farbung ist, wie gewohnlich,
ziemlich anfpruchslos. Von detn zimmetbraunen Rucken
und den kastanienbraunen Flitgelbecken sticht die graue
Unterfeite und der graue Hinterhals wenig ab. Kopf
und Federhaube sind dunkel zimmetbraun, die Lause
dunkel orangengelb, am unteren Ende ebenfo wie die
Zehen und der Schnabel braunrothlich.
Scchste Ordnung.
L a U s V o g e l.
Die Laufvogel unterfcheiden sich von allen anderen
Vsgeln, einige wenige Schwimmvogel ausgenommen,
deren Fusbildung inveffen jede Verwechselung unmog-
lich macht, dadurch , das ihre Flugel zum Fluge untaug-
lich sich erweifen, indem denfelbeii Schwingfedern mit
steifen Schaften ganz abgehen. Sie haben Lauffuse,
d. H. Fuse, an welchen ein Theil des Unterfchenkels un-
befiedert ist, und die fonach den Stelzenfusen oder Wade-
fnsen gleich fein tourben, fehlte ihnen nicht die Hinter-
zehe oder der Dautnen; die Zahl der Vorderzehen ist
in einer Gattung fogar auf zwei verminvert. Niemals
verbindet eine Haut die Zehen. Nach Maasgabe der
Bestimmung zum Laufen und der Unsahigkeit zum Fluge
andert auch der innere Bau in fehr erheblichem Grade.
Die fonst ausnehmend entwickelten Brustmuskeln schtoin-
den, als uberflussig geworden, zur Bebeutungslofigkeit,
eben so stehen die Armknochen in keinem irgend getoohn-
lichen Verhaltniffe zu der Grose und Schwere des
Korpers; und das Brustbein wird zum breiten Schilde,
an welchem die Mittelleiste oder der Kamm (vgl. Bd. II.
S.3. Sp. 2.) fehlt oder nur angedeutet ist, die mit einander
nicht vereinigten Schluffelbeine die gewohnliche Stutze
nicht bilden. Die Fuse hingegen gewinnen an Aus-
bildung, erreichen nicht nur eine anfehnliche Lange,
fondern haben auch fehr starke und im Jnneren mit
reichlichen Luftzellen ersullte Knochen. Sie erscheinen
als wefentliche Werkzeuge der Bewegung und enden da-
her in breite, wenig biegfame und kurze Zehen, die unten
mit einer harten, eine wahre Sohle erfetzenden Schwielen-
Haut bekleidet sind und statt der fpitzigen Krallen stumpfe,
man inochte fagen kleinen Klanen ahnliche Nagel tragen.
In der gefammten Erfcheinung diefer Vogel liegt uber-
Hnupt vieles an Saugethiere Erinnerndes; im Straus
Hat die vergleichende Anatomie wirklich diefe enge Ver-
wandtschaft nachgewicfen. Gewiffermaasen kommen sie
den Wiederkauern nah, benn sie freffen nur Vegetabilien,
befonders Blatter und Bluthen, und zeigen wohl auch
in der Lebensweife einige Aehnlichkeiten. Auch autzerlich
entfernen sie sich von anderen Vogeln, denn in ihren,
nie ganz genatt fchliesenden, fondern wenigstens zer-
fchlitzten und mit fehr weichen Barten verfehenen Federn
fnnit man den Uebergang in die Haarbildung des Sattge-
thieres verfolgen. Am Kaftiar ist der ganze Korper mit
borstig zerfchlitzteit Gebilden bekleidet, welche der Laie
nicht anstehen wird, dem Pferdehaare naher als der
Feder verwandt zu Hallen. Der Schnabel besitzt in
der Regel geringe Lange, erfcheint ffach und feitte Firste
durch eine Furche von den Seitentheilen abgefetzt. Alle
Laufvogel sind auf den Boden, als ihren ausfchliehlichen
Aufenthaltsort, Hiitgewiefen, renneit fehr fchnell, gebett
infofern oft dem besten Pferde itichts ttach, kommen nur
in Warmereit Klimatelt, jedoch in beiden Halbkugeln
vor, finden, mit einer Ausnahme, auS naturlichen Grttn-
deit ihren angemeffensten Wohnort nicht in dichten
Walbern, fonderit in offetten Gegenden, theils fogar in
Wusten, zeichnen sich durch Sinttesscharse eben nicht
atts, pflanzen sich im polygamifchen Verhaltniffe fort
und fcheinen meistetts nicht anhaltend zu bruten, fondern
die Reifung der Eier zum Theile der atmospharischen
Warnte zu uberlaffen. Durch Korpergrose ubertreffen
sie alle andere Vogel, bilden jedoch die beschrankteste und
artenarmste aller Familien. Der verdiente Jlliger, der
Grunder eines der besten ornithologifchen Shsteme, stellte
ztterst die Ordnung der Laufvogel auf, dehnte indeffen
ihren Begriff etwas zu weit aus, inbem er itt sie auch
bie Trappen unb Uferlattser aufnahm, bie, ohne eine
gewiffe Gewaltfamkeit, von ber nfichstsolgenben grohen
Familie ber Stelzvsgel nicht getrennt toerben ksitnen.
Cuvier vereint die eigentlichen Laufvogel nitter dem
Namen der Kurzflttgler; Vigors, Bonaparte u. A. nett-
nen sie kurzweg Strauhvogel. Frtther nahm man nur
eine Familie an, allein feit genauerer Kenntnih des toun-
derlichen Kiwi (Apteryx) von Neufeeland ist man ge-
ztoungen toorden, zwei anzuerkennen.
Erste Familie.
Strausie.
Die Familie der Strauhe entspricht Hinsichtlich ihrer
allgemeinen Kennzeichen der Ordnung der Laufvogel,
unterfcheidet fich aber von der ztoeiten Familie (derjenigen
der Apterygier) durch den Schnabel, der stets wenig
langer als der Kopf, fonst ziemlich platt und an der
Spitze abgerundet erfcheint. Aeusere Flugel sind, toenn
auch im unvollkommeneren Grade, vorhanden und die
Fuse fehr Hoch.
I. Straufl. (Struthio.)
Gattungscharakter: Schnabel mittelgroh, ge-
rav, an der Spitze stumpf, platt gedruckt und mit
fchmalem ubergreifenden Haken verfeheit; Kiefern gleich-
groh, biegfam; Nasenlocher offen, in eine bis zur Mitte
des Schnabels verlangerte Furche auslaufend. Fuse
(Fig. 1771.) fehr stark und hoch; ztoei nach vorn ge-
richtete Zehen, die innere mit breitem und stumpfen
Nagel verfehene, kurzer als die ausere nagellofe. Flu-
gel zum Fluge ungeeignet, mit langen, toeichen, zer-
fchlitzten Schtoiitgfedern. Kopf kahl (Fig. 1770.).
I. Der Strautz. (Struthio camelus.) Fig. 1769 — 1776.
Es ist eine vielleicht nicht bedeutungslofe Thatsache,
das der Straus, der groste aller Vogel der Jetzttoelt,
dem felbst in tititergegangenen Schopfungen toenige
gleichkamen, ttttd den nur einer (Dinornis) ubertraf, der
einzige Reprafentant feiner Gattung ist. Das er, der
Riefe der befiederten Wirbelthiere, von den fruhsten
Zeiteit an die Ausmerksamkeit auf sich gezogen, fann
daher nichts Vertounderliches Habett; er lebte und lebt
ttoch hente im Vorzug in jenen Gegenden, die, toenn
sie auch zur Wiege ber jungen Menfchheit fich nicht
eigneten, minbestens an folche Lanber anstiehen, in
toelchen bie Volfer wohnten, toelchen toir bie attesten
gefchichtlichen, zur Halfte in Mhthen eingefleibeten
Nachrichten verbanfen. Die Verfaffer ber Bibel gebeitken
feiner Hattfig, so auch bie fpateren Griechen unb enblich
bie fur Naturbeobachtung toenig, ttoch weniger aber
fur Naturgenus gefchickten Romer, jette eiferiten, nur
fur politifche Fragen geeigitete Menfchen. Vermuthlich
hat einst bie Verbreitung bes Strauhes viel toeiter ge-
reicht als in unsern Zeiten; er mag bttrch ben Menfchen
ebenfo in bie Wttste verbrangt toorben fein toie ber
Lotoe unb anbere Thiere, von toelchen toir toiffen, bah
sie einst ztoifchen ben ersten bunn bevolkerten Nieberlaf-
fttngen unferes Geschlechtes hausten. Vielleicht mag
auch ber Umstanb, bah feit unvorbenklichen Zeiten ber
Menfch in feiner Versolgung ein Vergttitgett gefunben,
ben Strauh zeitig veranlaht haben, in ben einfamsten
Gegenben Zuflucht zu fuchen. Aus Aegypten unb ber
Berberei fchon lange vertrieben, betoohnt er bie Sahara
unb anbere von ben Eiiigeborenen nur auf Reisen unb
Streifzugeii beruhrte Gegenben bes norblichen unb mitt-
leren Asrifa's; toenn er in ber sublichen Halste besselben
Welttheils ben betoohnbareren Gegenben fich nahert
unb, bis vor toettigen Jahren, nicht toeit von ben
Meierhofen capifcher Grenzbauern angetroffen toarb,
fo betoeist biefes eben, bah er in jenen toeiten Fernen
zeither ttoch einige Sicherheit genoffen håbe. Vergleicht
titan bie feit ben altesten Zeiten vorhanbenen Nachrichten,
fo fann man freilich nicht in Abrebe stellen, bah ber
Strauh bie burren unb fonach baumlofen Gegenben
von jeher ben feuchten unb fruchtbaren vorgezogen Habe.
Ebenbaher ist auch bie in Arabien fast allgemein ver-
breitete Meinung entfprungen, bah er niemals trinke,
ober, wie Elbemiri, ein arabifcher Schriststeller, es miff,
bah er fogar mit Aengstlichkeit alle wafserreichen Orte
fliehe. Seine gefammte Organifation ist ubrigens fur
ben Ausenthalt in ber Wuste berechnet unb. erinnert an
bas Kameel; fagt boch felbst ber angest'ihrte Araber, bah
bie nieberen Volfselaffen Arabiens ben Strauh aus einer
unnatiirlichen Vermischung bes Kameels mit einem un-
befannten Vogel entfprungen Hielten. Es muffen auch
bie toestlicheren Volfer biefen Glauben getheilt haben,
iitbein bie griechifchen unb lateinischen Namen bes Vo-
gels (Struthos ber Griechen unb Struthio camelus ber
Romer) Solches anbeuten. Von hoheren GesichtSpunften
ausgehenb, halt AristoteleS ben Strauh fur ein Ver-
binbungsglieb ztoifchen ben Saugethieren unb Vogeln.
Wenit mit ber auherorbentlichen Lange von 7—8 Fuh
unb mit einem Korpergetoicht von 80 — 90 Psunb bie
Organisation eines gemohitlichen znitt Fluge bestimniten
Vogels sich nicht vertragen haben tourbe, so finbet ber
Strauh basur Ersatz in cin em ben schnellsten Laus zu-
lasfenben Baue. Den Verfummerten Flugeln gegenuber
erlangen bie Fuhe eine stautienstoerthe Enttoickelung;
ihre Oberschenkelknocheit (Fig. 1769.) ftnb im Verhalt-
nisse tnehr biejenigen eines grohen Saugethieres alS
eines Vogels unb toerben bttrch maffenhaste Musfeln in
Bewegung gesetzt. Die sehr grohe Lange biefer Glieber
erlaubt einen fast 4 Fuh langen Schriit, ber, toenn