Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
Mit 950 Ubbildungen
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242
V o g e l.
Sicbcntc Vrdnung.
Hohen fast senkrecht empor, um mit grohter Schnellig-
feit und unier eigenthunilich zitternder Bewegung der
Flugel und einem, wahrscheinlich daher entstehenden
summenden Geransche niederzufinken. Jm Fruhjahre
nimmt auch das Weibchen an diesen hohen Flugen Theil.
Das Rest liegt immer aus feuchtem Boden, gemeinlich
zwischen Sumpfgrasern und Binsen und perhalt fich wie
dasjenige der Bermandten. Die verhaltnihniahig grohen
grunlichweihni Vier stnd am stnmpfen Ende in verfchie-
denen Abstusung^n braun gefleckt. Wenn im August
die Jungen selbstft åndig geworden, losen sich die Ehen, und
die Schnepfen leginnen dann in kleinen Flugen oder einzeln
im Lande Herumzustreifen. In England setzen sic die-
ses Leben den ganzen Winrer hindurch fort, in Deutsch-
land verschwinben sie spat im October. Jhr Fleisch ist
bekanntlich eine sehr gesuchte Leckerei. — Die Heer-
schnepfe ist obenher schwarzbraun mit vier gelblichen
oder blahgrauen Langestreifen und vielen dergleichen in
die Datere gestellten Flecken und Federnspitzen gezeichnet,
untenher weih; der rostrothe mit schwarzen Duerban-
dern versehene 14federige Schwanz hat am Ende eine
weihe Einfassung; nuf dem Kopfe stehen zwei schwarz-
liche Langestreisen. Die Fuhe sind grunlichgrau; bie
Lange betragt 11 Zoll mit Einschluh des schwarzen, 3
Zoll langen Schnabels.
2. Die Moorschnepfe. (Scolopax gallinula.) Fig. 1895.
Die Moorschnepfe wohnt noch norblicher als die
eben beschriebene Heerschnepfe, behauptet in jenen un-
freundlichen Regionen einen grohen, ganz Sibirien be-
greifenden Bezirk, kommt aber im ostlichen Amerika
nicht vor und wird in Deutschland nur im ersten Fruh-
jahre und im October wahrend deS Zuges gesehen und
erlegt. Es muh aus einem Jrrihume beruhen, wenn
franzofische Ornithologen angeben, dah diese Schnepfe
in Frankreich zu jeder Jahreszeit anzutresfen sei und dort
niste. Jm Allgemeinen hat sie dieselbe Sitten mit der
Heerschnepfe, unterscheivet sich aber in einigen Punkten;
sie stiegt z. B. noch viel ungerner auf als jene und setzt
sich bisweilen der Gefahr aus, ertreten zu werden. Bei
dem Auffliegen bleibt sie stuinm und sucht sich in den
unzuganglichsten Gegenden der Ssimpse, zwischen Bin-
sen und Rohr zu verbergen. Jm Ganzen stiegt sie
weniger schnell, aber geradliniger als bie Heerschnepfe,
lebt gewbhnlich ganz einsam, vertauscht nur im atther-
sten Nothfalle ben einmal gewahlten Wohnort mit ei-
nem anberen und laht sich selbst burch osters wieberkeh-
renbe Jager Hierzu nicht leicht bewegen. Nest unb Eier
verhalten sich wie bei ber vorhergehenben Art. Die
Moorschnepfe ist bie kleinste ihrer Gattung, obenher
schwarz mit grunem unb purpurnen Schiller, untenher
weih; auf dem Rucken hat sie vier gelbliche Hauptstrei-
sen unb zahlreiche Duerstecke, eine tiefschwarze, rostroth
Punktirte Haube, rostfarbette Augenstreifen, 12 grau-
schwarze, rostroth gefleckte Schwaitzfebern. Sie Ntiht
9 Zoll mit Einschluh bes 1Vs Zoll langen Schnabels.
3. Bruchwaldschnepfe; Mittelschnepfe. (Scolopax media.)
Fig. 1896.
Die Mittelschnepfe vber, wie sie bisweilen genannt
wirb, bie grohe Suinpfschnepfe wirb zwar in Deutsch-
lanb aller Orten angetroffen, allein niehr in gebirgigen
als in ebenen Gegenven unb dabei niemals in groheren
Gesellschaften, sondern allezeit vereinzelt. Auch in Asien,
wo sie vom Altai bis zum Kaukasus nirgends felten sein
soll, beweist sie dieselbe Neigung zum einsamen Leben. In
Deutschland kommt sie im April an und zieht Ende
August davon, halt sich in bebuschten Sumpsen auf, be-
gnugt sich wie andere Schnepfen mit einem sehr unor-
ventlich aufgeschichteten Neste, legt 3—4 grunliche, vio-
lettbraun gesteckte Eier unb bebrutet biese Zur Paa-
rungszeit legt sie Sitten zu Tage, aus welchen man auf
polygamisches Leben schliehen Niochte; ttach ber Beob-
achtung von Greiff tind Bote Hat das Maitnchen einen
Tummelplatz, welchen es regelmahig besucht, sobald die
Nacht eingetreten; mit Herabhangenben Flugeln und
ausgebreitetem Schwanze beginnt es in Wunderlichster
Weise Herumzuspringen, steht endlich still, legt den Kopf
nach hinten und laht pfeifende, mit Schnabelklappern
begleitete Laute horen, die man fur gleichbedeutend mit
dem Balzen des Auerhahnes halten muh. In Norwe-
gen und Schweden brutet die Mittelschnepfe vorzuglich
an den Gebirgsabhangen und zwar bis an die obere
Granze der Birkenwaldung. — Das Kleid ist im Gan-
zen dem der andern Arten ahnlich, obenher schwarz-
braun mit den gewohnlichen rostgelben Langestreisen unb
ben rostrothen, quergestellten Flecken unb gebrochenen
Strichen, untenher gelblich mit braunen theils in die
Lange, theils in die Duer gestellten Flecken ; auf ben
Flugeln stehen schwarze unb weihe Duerstreisen, ber
Schwanz besteht aus 16 Febern, von welchen bie beiben
auheren weih ftnb. Die Fuhe sinb gelblichroth. Die
Lange betragt 11 Vs Zoll, tv o von 2Vs Zoll auf ben Schna-
bel kommen.
4. Die gemeine Waldschncpfe. (Scolopax rusticola.) Fig. 1897. 1898.
Uilter ben in Deutschlanb vorkommenben Schnepfen
ist bie gemeine Walbschnepfe als Gegenstanb einer eifrig
betriebenen Jagb uberall hinreichenb bekannt. Man
kaitn sie nicht zu ben wahren Zugvogeln rechnen, benn
gewohnlich bleibt sie den ganzen Winter uber bei uns
zuruck, indem sie aus einer Gegend in die andere streicht.
Wenn sie auch in Deutschland brutet, so scheint benn
boch bie Mehrzahl zu biesem Geschaste ben Hoheren Nor-
ben vorzuziehen unb in sosern wirklich zu ben Wanber-
vogeln zu gehoren. Solche norbwLrts zteheitbe Gesell-
schaften erscheinen bei uns im Marz, ruhen ktirze Zeit
aus unb setzen bann ben Weg fort, ohne jeboch ben Po-
larkreis zu uberschreiten. Jm Jnnern von Schweben,
in Finnlanb, bem norblichen Ruhlanb unb in Sibirien
bis Kamschatka verweilen sie bis in ben September, Wen-
ben sich gegen Suben, kreuzen Deutschlanb im October
unb nehrnen gewohnlich einen Theil ber Verwanbten
mit, bie im Fruhjahre bort zuruckgeblieben waren. Wie
auherorbentlich weit sie ziehen, um Winterguartiere attf-
zufinben, geht hervor aus ben Untersuchungen eines eng-
lischen Ornithologen, welcher nachweist, bah sie in ganz
Italien, Sftbspanien, Norbasrika, Griechenlanb, Klein-
asieit, Syrien, Aegypten unb sogar auf Mabeira unb in
Japan gesehen werben. Bis Jslanb gehen sie int
Sommer niemals. Mehrentheils giebt biese Walb-
schnepfe zum Ausenthalte solchen Gegenben ben Vorzug,
wo Sumpfe unb moorige Flachen mit Hochstammigen
Walbern wechseln, unb eilt fiber bie Wohlangebauten
Strecken Hin, bie ihr Weber Nahrung noch Mittel zur
Verbergung bieten. Sie sitzt nicht allein auf ber Erbe,
sonbern auch auf Baurnen, geht am Tage ungern aus
ihreit Verstecken hervor, verlaht biese nach Eintritt ber
Daminerung unb giebt fich schon bitrch bie sehr hoch nach
hinten stehenben, grohen unb kugeligen Augen als eigent-
lichen Nachtvogel zu erkenneit. Bom Dunkel gegen
ihre Feinbe geschutzt, besucht sie feuchte Wiesen unb selbst
Viehtristen, bohrt ben Schnabel in bas lockere Erbreich
unb erhascht Wftrmer, Nacktschnecken unb Jnsecten.
Bermoge einer besonbers starken Berbauungskraft ver-
zehrt sie sehr grohe Mengen solcher Thiere; ber Eng-
lanber Selby erzahlt von einer wahrscheinlich in Ge-
fangenschaft lebenben, bah sie in einer einzigen Nacht
einen Haufen Regenrourmer aufgefressen, ber einen grohe-
ren Blumentopf bis zur Halfte anfullte. Wahrenb ber
Paarungszeit verfolgen fich biese Schnepfen, inbent sie,
obgleich sonst burch Flugfertigkeit weniger ausgezeichnet
als anbere Arten ihrer Gattung, mit vieler Gewanbheit
zwischen ben Baumstammen bichter Walber Hinburch-
segeln. Sie beginnen bieses Spiel mit Eintritt ber
Daniinerung unb setzen es 1 — 2 Stunben fort, wobei
sie von Zeit zu Zeit einen scharfen, aber gerabe nicht lau-
ten, pfeifenben Ton ausstohen; ost streift auch bas Mann-
chen allein in ber Tiefe umher, bewegt babei bie Flftgel
langfam unb schwerfallig unb bringt ein krachzenbes
ober fchnarrenbes Gerausch hervor, welches mit bemje-
nigen eines Spinnrabes verglichen worben ist. Dieses
Herumtummeln bauert inbessen nicht langer als bie Pe-
riode der Fortpflanzung; ist diese verstrichen, so fliegen
die Waldschnepfen nur aus Bebursnih und lassen auch
jene beschriebene Tone nicht mehr Horen. Als Nest
bient eine mit Grasbalmen ausgefutterte Gtttbe, bie,
gemeinlich unter bem Schutze einer grohen Baumwurzel
angelegt, 4 blahgelblich weihe, an bem stumpfen Enbe
aschgrau unb in zwei Abstufungen braun gefleckte Eier
enthalt. Das Fleisch ist sehr wohlschmeckenb, unb ber
Jilhalt bes Darinkanals, ber theils aus verbaueten zum
Futter genossenen Erbrourmern, theils aus Eingeweibe-
wlirnlern besteht, mit welchen gerabe Schnepfen sehr
Heimgesucht sinb, gilt zufolge alten, aber eben nicht em-
pfehlungSwerthen Borurtheiles alS vorzfigliche Leckerei.
Die Oberseite bes Korpers ist rostsarbig mit braunlich-
grauen Duerbinben, bie Unterseite fahlgelblich mit brau-
neit Zickzackstreifen; auf bem Rucken stehen vier kleine
Langestreifen, vier Duerstreisen auf ben Flugeln unb vier
schwarze unb rostgelbe Duerstreisen auf bem Hinterkopse;
bie Spitze ber Steuerfebern ist weih. Die Lange be-
tragt 15 Zoll, wovon 3 Zoll auf ben Schnabel gerechnet
werben muffen.
VII. Pfaiienschuepfe. (Rhynchaea.)
Gattungscharakter: Schnabel langer als ber
Kopf, ziemlich bunn, nach vornhin leicht gekrummt;
Oberkiefer an ber Spitze etwas aufgetrieben, mit weicher
Haut bekleibet; Nasenlocher linienformig, in einer bis
vom reichenben Furche. Fuhe ber Schnepfen. Flftgel
kurz, etwas gewolbt; erste, zweite unb britte Schwing-
feber fast gleichlang.
1. Tic afrikanische Pfauenschnerfe. (Rhynchaea capensis.)
Fig. 1899.
In Jnbien, Subafrika unb Mabagascat giebt es
Wabvogel, bie von ben alteren Systematikern gerabezu
unter bie eigentlichen Schnepfen gestellt rourben, inbessen
burch bie angegebenen Charaktere sich unterfcheiben.
Korperumrifse unb Tracht erinnern an bie Walbschiiepien,
allein bie Farbung ist roeit glanzenber, unb auf Flugeln
unb Schwanz stehen zierliche Augenflecke. Darf man
von ber vorzuglich bekannten afrikanifchen Art auf an-
bere fchliehen, so weicht bie Gattung in ihren Sitten von
ben achten Schnepfen kaum ab. Die abgebilbete Species
gehort am Vorgebirge ber guten Hossnung zu ben ge=
meinsten BSgeln unb bilbet zahlreiche Fluge, bie an
Ufern sich nieberlassen, ein geroaltiges Geschrei inachen
unb vor benMenfchen roenig Furcht haben. Das Fleisch
soll sehr roohlschmeckenb sein. Die Farbung ist oben-
her blaulich schroarz, bie einzelnen Febern trageit gegen
bie Spitze schwarze, pfeilformige Flecke, auf bem Schei-
tel unb Hinter bem Auge steht ein rostgelber Streif; bie
rostfarbene Kehle ist gestreift, auf ber Oberbrust steht
ein schwarzes Duerbanb, welches auf bem Rucken in ein
weihes fich verlangert. Die Grohe verhalt sich etwa
wie bei ber Heerschnepfe, boch ist bie Statur schlanker.
VIII. Wassertreter. (Phalaropus.)
Gattungscharakter: Schnabel kurz, gerab,
ruiidlich, etwas plattgebruckt; Oberkiefer mit verbreiter-
ter, nicht empfinblicher, leicht gewolbter Spitze, an ber
Wurzel breieckig, fchwach; Nasenlocher in einer dis vorn
auslaufenben Furche. (Fig. 1900.) Beine kurz ; Bor-
berzehen burch Spannhaut vereint, am freien Theile mit
seitlichen gelappren Schwimmhauten eingefapt; Hinter-
zebe nur mit ber Krallenspitze auftretenb.
Der rtattf^ndbetige Wassertreter. (Phalaropus platyrhynchus^
Fig. 1901. 1902. '.
Mit bem Namen ber Wassertreter belegt man eine
Gattung sehr kleiner Wabvogel, bie ohngefahr bie
Statur eines Stranblaufers unb bie Fuhe eines Was-
ferhuhnes haben, attsnehmend gut schwiinmeii, sich ba-
Her bisweilen weit vom Ilfer entfernen unb beshalb fru Her
zu ben achten Schwimmvogeln gezahlt worben sinb. Sie
gehoren ber Hochnorbifchen Fauna an, benn nur gele-
gentlich kommen einzelne, burch Sturrne verschlagen, an