Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
Mit 950 Ubbildungen
Søgning i bogen
Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.
Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.
Digitaliseret bog
Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.
243
Wabvogel.
Vø ø c I.
die deutschen Kasten oder wohl gar in das Jnnere; in
Scandinavien und Island halt man sie nicht fur Zug-
vogel, sondern fur Strichvogel, die stch niemals weit vom
Meere entfernen, an dem Strande desselben ihre Nah-
rung finben und daselbst bruten. Als ;ehr merkrour-
dige Eigenthumlichkeit muh es gelten, bah nicht, wie
gewohnlich, die Weibchen die Ausbrutung der Eier Le-
sorgen, sondern dieseS vorzugsweis den Mannchen zu-
fZllt, die auch allein mit Brutefiecken versehen sind.
Vielleicht wird diese AuSnahme auch durch das Aeuhere
angedeutet, benn das Weibchen besitzt eine weit Hellere
und schonere Farbung als das Mannchen, was gerade
das Gegentheil des bei anderen Vogeln Gewohnlichen
ist. Man kennt mehrere Arten, von welchen nur zwei
unserem Welttheile, indessen auch Gronland angehLren.
Der schmalschnabelige oder graue Wassertre-
ter (Ph. anguslirostris) ist von der Grosie einer Hau-
benlerche, etmas langer als 7 Zoll, obenher dunkelgrau
mit gelbbraunen Federeinfaffungen gemascht, unten
weih; er hat auf den dunkleren Flugeln einen weihen
Streifen, ein rostrothes Halsband, blauliche Fusie,
rundlichen, an der Hinteren Halfte mehr hohen als brei-
ten, vorn dunnen und spitzigen Schnabel. (Fig. 1900.)
Der breitschnabelige oder braunrolhe Was-
sertreter mipt in der Lange 2 Zoll mehr, ist im Som-
merkleide (Fig. 1901.) obenher schwarz und gelblichbraun
geschackt, unten rostroth, hat graue, mit einem weisien
Streifen gezeichnete Flugel, schwarze Schwing- und
Stenerfebern, schwarzlichbraunen Kopf, Hinterhals
und Schulterfedern, gelblichgrune Fuse und einen in
seiner ganzen Lange platten, nach vorn mehr breiten als
hohen Schnabel. Im Winterkleide (Fig. 1902.) sind
Scheitel, Hinterkopf, Nacken und Rucken von reiner
Aschfarbe, Brust und Bauch weih, Flugel und Schwanz
schwarzlich. Dieser rothe Wassertreter bewohnt bie
Polarlanber beiber Halbkugeln nicht allein wahrenb des
kaum zwei Monate bauernben Sommers, sondern ver-
weilt dort, bis der Winter mit voller Heftigkeit eintritt;
gegen Kalte scheint er kaum empsindlich zu sein, denn oft
sieht man ihn zwischen ben Eisschollen schwimmen oder,
vom Lande weit entfernt, aus ihnen Herumlaufen. Sabine
erwahnt in seiner Geschichte ber Vogel von Grbnlanb,
dah er Schaaren bieses Wassertreters am 11. Juni unter
dem 68°.n. Br. zwischen Eisbergen, und 4000 engl. Mei-
len vom Lanbe entfernt, lustig herumschwimmenb gesehen
habe. Im October kommen diese bis nach dem Huron-
See, den norwegischen Kusten, dem Baikal und kaspi-
schen See, um zu uberwintern. Scheu ist dieser Vogel
durchaus nicht, vielmehr gesellig, Heiter und zulraulich;
er ffiegt gut, nahrt sich von kleinen Weichthieren des
Meeres, lebt in Monogamie und nister in der Nahe
susier Gewasser oder des Meeres, roomoglich zwischen
kurzem Grase, und legt 4 olivengrunliche, rothlichbraun
gefleckre Eier.
Funfte Familie.
Wasserhuhner.
In der letzten Familie der Wader steht eine Anzahl
von Vogeln, die ofsenbar den Uebergang zu der nachsten
Ordnung vermitteln. Schon in der Statur weichen
viele von dem Vorbilde ab, welches in voller Reinheit
die Reiher darboten, benn ihr Korper wirb schroerfalli-
ger, runbel stch nach ben Seiten ab, erhalt etwas
Entenartiges oder kommt minbestens bemjenigen ber
eigentlichen Huhner nahe, auch wirb starte Fettabsonbe-
rung gewohnlich, bie zumal ben achten Schwimmvogel
bezeichnet, unb enblich verlieren bie Fusie immer mehr
an Lange unb stehen nicht mehr im Schwerpunkte bes
KorperS, sonbern weiter nach hinten. Auch erhalt bas
Gefieber eine anbere Beschaffenheit-, eswirb bichter, unb
ein ber Haut zunachst liegenbes Dunenkleid bilbet gegen
baS Wasser eine unburchbringliche Decke. Doch bleibt
noch genug ubrig vom Bau ber Wabvogel, um bie
Anreihung an biese zur Nothwenbigkeit zu erheben.
Die Fusie z. B. sinb niemals so vollkommene Schroimm-
susie wie an Gansen, Schwanen u. s. w., sonbern haben
eine Bilbung, bie offenbar bie Bewegung auf einem
unstcheren Boben, bent tiefen, mit Wasser gesattigten
Moraste ober wohl gar ben breiten Blattern schroim-
menber Pstanzen, ermoglichen soll; ihre Zehen sinb zwar
in ber Regel burch eine langere ober kurzere Schroimm-
Haut verbunben ober auch mit ihr lappenartig eingefaht,
allein von ungewohnlicher Lange unb Dunne, Lisweilen
sogar noch mit sehr langen Krallen versehen. Die
Wafserhuhner leben baher auch vorzugsweis auf Sumpfen
ober sogar auf stehenben Geroafsern, bie anberen Wab-
vogeln nicht uberall zuganglich sinb, unb verbinben mit
der Fahigkeit sicheren LaufeS auf so trugerischer Unter-
lage auch die nicht minder nothwenbige des Schroim-
menS, Fliegens und Tauchens. Zur Nahrung roahlen
sie allerlei kleine Wasserthiere, aber auch Pflanzen-
theile und Samereien; sie sinb weniger gesellig, psianzen
sich monogamisch sort, nisten zwischen Schilfrohre, theils
sogar auf schwimmenben Pstanzen unb legen ziemlich
zahlreiche, meist gefleckte Eier, welche von beiben Gatten
abwechselnb bebrutet werben. Der Zahmung scheinen
sie nicht fahig zu sein. Ihre Verbreitung begreift bie
ganze Erbe; einige ber innerhalb ber Wenbekreise rooh-
nenben finnen wohl fur bie schonsten aller Wabvogel
gelten. Der Charakter ber Orbnung besteht wesentlich
in Folgendem : Schnabel kurz oder wenig langer als ber
Kopf, stark zusammengebruckt; Nasenlocher burchgehenb.
Beine niebrig; Fusie vierzehig, mit mehr ober minber
vollkommener Schwimmhaut, Hinterzehe aufliegenb.
I. Ralle. (Rallus.)
Gattungscharakter: Schnabel langer als ber
Kopf, gerab, an ber Spitze runblich; Oberkiefer an
ben Schneiben etwas eingezogen; Unterkiefer fast gerab,
ohne vorspringenben Kiniiwintel; Nasenlocher seitlich,
in einer weichen Haut, burchgehenb, nach vorn in eine
bis zur Schnabelmitte reichenbe Furche auslaufenb.
Beine start; Zehen frei. Flugel gewolbt, kurz, abge-
runbet; britte unb vierte Schwingfeber die lfingsten.
Schwanz zwilffeberig.
1. Tie Wasserralle. (Rallus aquaticus.) Fig. 1903.
Die Gattung der Rallen besitzt eine ungemeine Ver-
breitung, die nicht blosi gleichartige, sonbern burchaus
entgegengesetzte Klimate, z. B. Deutschlanb unb bie
Guineakuste, Canaba unb Brasilien, einschlieht. Trotz
dieser burchaus unahnlichen anheren Verhaltnisse glei-
chen sich bie Arten boch nicht allein in ber Lebensart,
sonbern sogar in ber Farbung. Mogen sie burch Grosie
wesentlich von einanber abweichen, inbem bie kleinsten
Species kaum einer Lerche in bieser Beziehung gleich-
kommen, gewisse tropische aber kleinen Reihern nicht
viel nachgeben, so tragen boch alle baffelbe, minbestens
durch Unscheinbarkeit ahnelnde Kleid von Heller oder
dunkelbrauner, graner oder schwarzlicher Farbe, auf
welchem ber scharfere Beobachter allerdings bisweilen
ungemein schone, roenn auch feine Zeichnungen entbeckt.
Unter allen Himmelsstrichen verhalten fie sich als eigent-
liche Sumpfvogel, als furchtsame, sogar feige, baS
Licht scheuenbe Geschopfe, bie nur, roenn anbere Mittel
nicht geblieben, fliegenb zu entfliehen sich entschliesien,
aber im Augenblicke von Neuem niebersallen, roo sie
zum unbeobachteten Lause unb znm Verbergen unter
ben Geroachsen des SnmpfeS Gelegenheit finden. In
Folge bieses Charakters leben sie einsam unb snchen
sich znm Anfenthalte bie unbnrchbringlichsten Platze
groher Moore ober snmpfiger Flnhufer. Die hohen,
aber biegsamen Fuhe unb bie anffallig starke seitliche
Znsammenbrncknng bes Korpers gestatten ihnen unter
bem verroachsenen Gerohrig so schnell Hinznschlnpfen,
ro ie nut eine Mans ober ein ahnliches Nagethier eS
vermochie, unb in ber Thai gelingt es ihnen bnrch biesen
eden so schnellen als lantlosen Lanf, ber nachsten Ge-
fahr stch leicht zn entziehen. Wo es Noth thut, schroim-
men unb tanchen fie mit gleicher Geschroinbigkeit unb
verkriechen sich am Enbe sogar in bas Loch, welches
irgenb ein am Wasser lebenbes Sangethier fur sich be-
reitete. Wenn Nichts sie stort, so haben sie bie anch
vom Rohrhnhne getheilte Gewohnheit, im Vorroarts-
schreiten nnnnterbrochen ben Schwanz anf- unb abzn-
schnellen. Unter allen Breiten besttzen sie eine lante
Stimme, bie oft anch bes Nachts ertont, sinb in kalten
Lanbern Zugvogel, pstanzen sich in einfacher Ehe fort,
nisten stets in ben sumpfigen, ohnehin als Wohnplatz
benutzten Orten, banen kaum ein eigeniliches Nest unb
legen zahlreiche Eier. — Die gemeine Wasserralle ent-
spricht vollkommen biesem Bilbe ber Gattung. Sie
bewohnt ganz Europa unb einen grohen Theil von
Asien, wirb in Jslanb nicht minber als im sublichen
Ungarn angetroffen unb ist, je nach Umstanben, 3ug -,
Strich - ober Standvogel. Im nordlichen Deutschlanb
kennt man sie wohl nur als Wanbervogel, welcher bes
Nachts seine Reise zurucklegt, vom Suben im Marz
ankommt unb im October roieber davon eilt. Sie stiegt
nicht besonbers, tancht unb schwimmt Hingegen mit
Leichtigkeit, weih sich und ihr Nest sehr gut zn verbergen
unb legt 6—19 gelbliche, mit feinen, blangranen Flecken
Lesaete Eier, welche, ebenso wie das Fleisch, sehr roohl-
schmeckend sein sollen. Die Jungen sind in den ersten
Wochen mit schroarzent, wolligen Flaunt bekleidet unb
schwimmen so gut wie bie Aeltern. Ausgefarbte Er-
wachsene haben olivenbrannen Scheitel, Nacken unb
Mantel, mit bunkleren Mittelstecken ber einzelnen Fe-
bern, schwarzen Hinterleib mit weihen duerbinben,
rothen Schnabel, brannlich fleischfarbene Beine; bie
Seiten bes Kopfes, Halses unb bie Brust sinb Hellgran.
Die Lange betragt 9 — 10 Zoll.
2. Die virginische Wafserralle. (Rallus virginianus.) Fig. 1904.
Nach Wilson Hat bie virginische Wasserralle bieselben
Sitten, roie bie gemeine europaische; sie bewohnt als
Zugvogel bie norblichen unb mittleren Gegenben der
Vereinigten Staaten, kommt dort im Mai an, entfernt
sich spat im October, jeboch nie vor Eintritt der Win-
terfroste unb verbringt den Winter in den sublichen
Staaten unb in Westinbien. Ihr Nest besteht aus los
aufgeschichteten Grashalmen unb Binsen unb enthalt
6 —10 milchroeihe, mit blah purpurrothen Flecken
gezeichnete Eier. Sie ist etwas kleiner als bie euro-
paische Art, in ber Farbung berselben ahnlich, aber
ohne Gran an Hals unb Brust. Auch sinb bie Zehen
im Verhaltnisse kurzer.
I1. Smnpfhtthll. (Crex.)
Gattungscharakter: Schnabel kurz, hoch, vorro
stark zusammengebruckt; Oberkiefer gegen bie Spitze ge-
bogen, auf ber Firste scharfkantig; Unterkiefer mit vor-
springenbem Kinnwinkel unb aufsteigenber Spitze; Na-
senlicher seitlich, burchgehenb. Beine grop, stark;
Lause zusammengebruckt; Vorberzehen lang, mit schnta-
lem Hautsaume; Hinterzehe schwach. Flugel kurz, ge-
wolbt; britte unb vierte Schwingfeber bie langsten.
Schwanz kurz, zroolffeberig.
1. DaS Wiesen . Sumpfhuhn; W.rchtelkénig. (Crex pratensis.)
Fig. 1905.
Die Sumpfhuhner zeigen im Aussehen unb in Sitten
nahe Verwanbtschaft ntit ben Rallen unb sinb von man-
chen Systematikern zu benselben gezahlt worben. Sie
bewohnen niebrig gelegene, aber fruchtbare Gegenben,
halten sich nicht immer in Sumpfen auf, sonbern be-
suchen auch feuchte, mit hohem Pstanzenrouchs ge=
schmuckte Wiesen unb vertiefen sich nicht felten in
Getraibefelber ober niebrige Buschwalbung. Aus natur-
licher Furchtsamkeit vermeiben sie stets solche Orte, roo
bas Verbergen unb unbeobachtete Herumlaufen nicht
moglich ist, lieben aber dennoch dustere, ber Sonne un-
zugangliche Stellen nicht. Sie bewegen stch mit Leb-
Haftigkeit, sinb klug unb vorfichtig, am Tage baher roeit
roeniger thatig alS beS Nachts, fressen Jnseclen, Wur-
31*
—