Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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V o g c l.
Siebente Oibnung.
mer, Schnecken, aber auch die Saameii maitcher Pflanzen,
zumal der Graser, vermehren sich monogamisch und
legen gelbliche, grunliche oder roeigliche, in Ler Regel
in angenehmen Farben gefleckte Eier. Man kennt meh-
rere Arten au8 verschiebeiien Welttheilen. Eine der
gemeinsten nitter den europaischen ist das Wiesensumpf-
huhn oder, mit dem volksthumlicheren Namen bezeichnet,
der Wachtelksnig, der als des Nachts reisender Zug-
vogel bei unS ungewbhnlich spat, im Mai, erscheint und
im September dadonzieht, ubrigens von der Breite
Mitteldeutschlands an bis nach Lappland, in ganz Rug-
land und Sibirien, aber nicht in Italien gefunden wird.
Im gemeinen Leben gilt er ost fur feltener, als er roirklich
ist, benn in der Kunst, sich so zu verbergen, bag gewbhn-
liche Beobachter von seiner Anroesenheit keine Ahnung
haben, ubertrifft er noch bie Wasserralle. Seinen Na-
men verbankt er theils ber Farbung, bie allerbings an
bie Wachtel erinnert, theils bent Umstanbe, bag er zur
Ernbtezeit in Gesellschaft ber Wachtel auf Getraibefel-
bern herumstreift; weil er viel groger ist als biese, bie
ihm sonst ganz fern steht, so hat bas Volksvorurtheil
in ihm eittett naturlichen Beherrscher berselben gesehett.
An Schnelligkeit unb Geroanbtheit ubertrifft er nicht
alleitt biese gerabe nicht fchroerfalligeren Huhttervogel,
sonbern alle anbere Waber unb selbst bie Rallen. Er
fchlupft mit ber Behenbigkeit einer Mans attt Boben Hin,
versteht es, jebe Unebenheit, jebett Grasbuschel ober
Baumwurzel unb zumal bas Gestrupp zu benutzen, roel-
ches an Walbranbern gewohnlich ist, Wiesen unb Gra-
ben einsagt ober an schlecht gehaltene Heckett anstogt,
verschwinbet vor ben Augen bes Beobachters in ost
ganz unbegreiflicher Weise unb fonimt in grogerer Ent-
fernung wieber zum Vorscheitt. Schnell lausenb ver-
mag er sich bttrch sehr kleine Oeffnungen zu zwangen
unb kriecht auf bent Bauche rasch tinter bicht zusammen-
gewirrten Brombeerranken unb fogar tinter Kornman-
beln Hin. Nur zufallig mag man ihm nahe kommen;
er ist so ausmerksam, hort so scharf unb roagt so wenig,
bag er bie Flticht ergreift, sowie er einen Menschen auf
40—50 Schritte Entfernung entbeckt Hat. Sein Leben
verbringt er ungesellig unb legt sein Nest nie in ber
Nahe von Gattungsverwaiibten an. Das Manitchen
verrath sich zur Fortpflanzungszeit burch weithin hor-
bare, knarrenbe Tone, bie titan mit ber mehrmals roieber-
Holten Sylbe „Knarp" verglichen Hat unb am Besten
soll baburch nachahnten koniten, bag titan uber bie Zåhne
eines starkerett, zwischen ein Paar Bretchen eingeklemnt-
ten Kammes mit einettt bunnen Holzstabe Hin - unb Her-
fahri. Die Paarung erfolgt im Mai, unniittelbar
nach ber Ankunft. Man weig nicht, od beibe Gattungen
bei bem Bane bes Nestes sich betheiligen, welches in
einer ausgetieften unb kunstlos ausgesutterten flachen
Grube besteht. Die 7—9 gelblichen, violettgrau punk-
tirten unb etwas gefleckten Eier roerben gegen 20 Tage
bebrutet unb vom Weibchen angstlich gehuthet. Die
Anfangs mit schroarzent, roolligen Flauttt uberzogeneit
Jungen folgen sogleich ben Aeltern unb erhalten bie
Flugfertigkeit mit Enbe ber sechsten Woche. Das Ge-
fieber ber Erroachsenen ist in seiner Farbung anspruchs-
los, obenher gelblichaschgrau unb gesteckt vermoge bes
bunkeln Mittelfelbes jeber einzelnen Feber; uber bie
Seiteit bes gelblichroeigen Bauches lansen zahlreiche
rothlichbraune Querbinben; bie Flugelbecken sinb rost-
braun, bie Beine rothlichbraun; ein aschsarbener Brauen-
streis zieht sich ziemlich roeit nach ginten. Der oben
braune, tinten roeigliche Schnabel migt 1 Zoll, ber
gatize Bogel 10 Zoll.
2. Das gesprenkelic Sumpfhuhn. (Crex porzana.) Fig. 1906.
Diese zroeite Art von Sumpfhuhn zahlen viele Orni-
thologen zu einer besonbern Gruppe, bie von Einigen
sogar als Gattung betrachtet roirb, bie sie Rohrhuhn
genannt haben, unb roelche burch langere Zehen, soroie
burch niebrigeren unb schlattkeren Schnabel abroeicht.
Die hierher gehorenven Arten halten sich vorzugsweis
an Geroaffern auf, mit Hochschilfigen Ufern unb einer
j kraftigen Vegetation breitbl^ttriger Wasserpstattzett. Sie
schroimmen gut unb aus freient Antriebe unb nicht,
roie viele anbere Wabvogel, nur bantt, roenn Verfol-
gung sie zroingt, tauchen vortrefflich, setzen sich zroar
roohl auf Zweige ber bem Waffer itahen Bauttte, ver-
tiesen sich aber nicht in Walber unb besuchen auch nicht
trockene Wiesen ober gar Getraibefelber. Zum Fliegen
entschliegen sie sich ungern, bewegen sich in ber Luft
mit unverkeunbarer Attstrengung, fallen nieber, sobalb
sich Gelegenheit bietet, lansen schnell unb gebtickt unb
verstehen es beinahe eden so gut als bie Rallen, burch
geschickte Verbergung sich plotzlich unfichtbar zu machen.
In Sitten, Wahl ber Nahrung unb in ber Art ber
Fortpflanzung gleichen sie ubrigens ben anberett Suntpf-
huhnern. Die abgebilbete Species, bie hin unb roieber
unter bem Namen ber Wiesenschnarre sehr bekannt ist,
beroohnt als Zugvogel im Sommer bas gemagigte Eu-
ropa, geht nicht norblicher als Subschweben, stnbet sich
aber in Sibirien unb Westasien unb verbringt ven
Winter in Subeuropa unb Norbafrika. In bergigen
Gegettben roirb sie nie gesehen, sonbern nur in solchen
Ebenen, roo groge Rohrteiche nicht fehlen. Zroischen
ber hohen Vegetation von Schilf, Rohrpumpen, Rieb-
gras unb Binsen verbirgt sie sich am Tage; ihre Thå-
tigkeit beginnt bes Nachts, benn eine sast schrankenlose
Furchtsamkeit kann sie sogar bahin bringen, eher Hunger
zu ertragen, als sich ber Gefahr bes GesehenroerbenS
auSzusetzen. Sie lauft geroanbt zroischen bem Rohre
unb Grase unb auf Wafserpstanzen Hertint, nickt babei
mit bem Kopfe unb schnellt ben Schwanz entpor, stogt
einen kurzen, mit „Quit" ober „Girk" verglichenen,
sehr unmelobischen Rus aus, fliegt nur im Nothsalle
unb mit Herabhatigeitben Fugen. Jhr Nest dauet fle
niemals auf trockenen Bobett, sonbern attfbie mit Wasser
umgebenen moorigen Rasen, roelche burch bie Wurzeln
ber Riebgraser unb Binsen mitten im Sitmpfe gebilbet
roerben. Sie unb ihre Verroanbte gébrauchen babei
bie Vorflcht, bie Stengel unb Blatter ber umstehenben
Sumpfpflanzen so itieberzuknicken, bag fie bett Bau ver-
bergen, ber ubrigens von ntehr Sorgfalt zeugt, als
sonst bei verwanbten Vogeln unb aus einer Art von
burchstchtigem, jeboch ziemlich festen Flechtroerke von
Schilfblattern unb allerlei Halmen unb Stengeln besteht.
In bas mit trockenen Sumpfpflanzen ausgefutterte
Jnnere legt bas Weibchen 9 — 12 rostgelbliche, roth-
lichgrau punktirte unb gefleckte Eier, roelche 21 Tage
bebrutet roerben. Die Jungen finb nicht allein, roie
biejenigen ber vorhergehenben Gatlungen, mit schroarz-
roolligent Flaum bebeckt, fonbern auch mit gleicher sruh-
zeitiger Beweglichkeil verfehen unb entroickeln fich schnell.
In Italien soll bieses Sumpfhuhn gleichfalls bruten,
tni Fruhjahre in Mettge mittels Netzen gefangen unb
als Leckerbiffen geschatzt sein. Es migt nur 8 Zoll in
ber Lange, ist obenher aus olivenfarbigetit Grunbe brautt
gesteckt, an Hals unb Brust grau mit vielett roeigen
Punkten gesprenkelt, an ben Seileti unb bent Burzel
bunkelgrau mit roeigen, schwarz eingefagten Querbinben,
auf bem Oberkopfe braun. Die Beine sinb roachsgelb.
Hl. Teichhtthll. (Gallinula.)
Gattungscharakter: Schnabel kurzer als ber
Kops, gerab, mehr hoch als breit; Oberfiefer in eine
nackie, in bie Stirn ubergreifenbe, unbefieberte Platte
verlangert; Nasenlocher spallformig, burchgehenb. Beine
mitlelhoch; Laus zusammeitgebrucki; Vorberzehen sehr
lang, ganz gelrennt; Hinterzehe kurz. Flttgel miltel-
grog, geroolbt; zroeite unb brille Schroingfeber bie
langsten.
1. Grunfupiges Teichhuhn. (Gallinula chloropus.) Fig. 1907.
Die Galltlng Teichhuhn ist ben vorhergehenben in
allen Beziehungen sehr verroanbl, naherl fich inbessen
ben e.genllichett Schroii>unvogeln noch roeit ntehr als
biese. Sie roirb in allen milberen Klimaten ber Erbe
burch Arten verlrelen, bie in ihren Sitten sehr uberein
kommen unb baher, roetin auch mit Unrechl, lange Zeit
fur ibentifch gehalten roorben finb. Von Mitlelgroge
unb burch runbe Korperformen noch ntehr sich auszeich-
itettb als bie anberen Waffethuhner, theilen sie nicht
bie Buntheit berfelben, sonbern haben in ber Regel
gleichartigere, obroohl nicht unangenehme Farbungen.
Der Bestimmung zum Leben aus grogeren, jeboch stillen
Wasserbecken enlsprechen sie burch ungemeine Ferligkeit
im Schroimmen unb Tauchen unb beroahren fich uber-
Haupt mehr als Schroimmvogel, benn hochst ungern
entschliegen ste fich zum Fltige, ber ihnen Beschroerbe zu
machett scheint unb balb roieber ausgegeben roirb. Auch
bemachtigen sie sich ihrer Nahrung, bie aus kleineren
Wafferlhieren besteht, nteistens nur schroimmenb, sel-
leiter inbettt sie langsam unb ohne besonberes Geschick
auf ber Decke von Suntpfntoofen unb Wasserpflanzen
bahinschreileit. Sie leben in Monogamie unb nisten
aus ben t'iber bas Wasser Hervorragenden Schilsbuscheln,
inbessen immer fern von ben bem Menschen trockenen
Fuges zuganglichen Stellen. — Das genteine Teich-
huhn beroohni immer noch einen sehr grogen Theil ber
Erboberflache, roenn auch aus ben genauen Unierstt-
chungen tteuerer Oritithologeu hervorgehi, bag bie
Teichhuhner ber enilegettsten Gegettben Asiens unb
Amerika'S, bie man fur ganz gleich achiete, fich als
Arten roirklich unterscheiben. Bonaparle hat sogar be-
roiesen, bag bie auf ziemlich gleicher Breite in Norb-
amerika lebenben Teichhuhner mit ben unferen nicht ver-
roechselt roerben burfen. Bei allen Diesem bleibt bie
Aehnlichkeit zroischen ben von ben Aniipoben in uttsere
Sammlungen gelangenben unb ben einheimischen Jnbi-
vibtien eine augerorbentlich groge. Das als unver-
anberliche Species erkanitle europaische Teichhuhn befitzt
einen sehr roeilem Verbreitungsbezirk, minbestens auf
ber norblichen Halfte ber alten Well. Von Portugal
bis Japan mag es keinen irgenb geeigneten Lanbstrich
geden, ben es vollkommen vermiebe, unb an ben tneisten
Orten gehort eS zu ben gemeinsten Suntpsvogeln. Im
Suben tritt es auf alS Stanbvogel, in Deuifchlanb alS
ein Wanderer, ber, beS Nachts feinen Weg burchmessenb,
im April unb Mai einzeln, nicht in Schaaren ankommt
unb noch vor Einlritt ber Winterfroste fich roieber ettt-
fernt. Mil Vorflcht roahlt es sogleich nach ber Ankunft
feinen Wohnort, nieinalS einen bem Austrocknen unter-
roorfenett Teich, fonbern immer tiefere Beckett, mit
klarent, roenn auch im Gefchtttack fumpfigen ober bra-
kischen unb obenher mit allerlei fchroimmenben Pflanzen
debecklen Waffer. Rings Herum mug aber hoheS
Schilf stehen unb, roo irgenb moglich, Einfamkeit Herr-
fchett. Mil vieler Aufmerkfamkeil beobachtet es stets
bie Umgebuttgen; balb verbirgt es sich im Schilfe, ober
es laucht, balb fchroimnit es roeit unter ber Oberflache
fort unb kommt in sicherer Ferne erst zum Vorfcheine,
ober es gebraucht roohl bie List, ben Korper ganz unter
bas Waffer zu verfenken, nur Hals unb Kopf Hervor-
ragen zu laffen unb itt folcher Slelluttg so underoeglich
zu verharren, bag eittem ungeublen Atige bie Enlbeckttng
fchroerlich gelingen kann. Neberrafcht am Lanbe, roo
eS mit zehn unb mehr Genvfsen ben Sonnenschein in
behaglichem Niebersitzen gerit geniegt, springt es auf,
enllauft mit groger Schnelligkeit unb sturzt sich Halb-
fliegenb in bas Wasser, uitt burch Tauchen bem Blicke
zu enlgehen. Wo es nie gestort roirb, erlangl eS Be-
rougtfein beS geroahrten Schutzes unb legt folche Zahm-
Heit zu Tage, bag es mitten unter ben Hausenten Herum-
fchroimmt unb bie Vorubergehenben kauin beachtet. Zur
Nahrung bienen ihm kleinere Wasserthiere aller Art unb
auf jeber EntroickelungSstufe; auf bas trockene Lanb
geht es nicht, um fein Futter zu fuchen. Seine Stimme
ist laut; feine Fortpflanzung gefchieht in schon erwahnter
Weife. Die Farbung ist ziemlich einfach , auf bem
Mantel olivenbraun, auf bem Kop fe, am Halfe unb an
ber Unterfeite fchiefergrau; bie Stirnplatte ist lebhast
roth, bie Fuge finb grun.