Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
Mit 950 Ubbildungen
Søgning i bogen
Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.
Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.
Digitaliseret bog
Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.
^inlcitung.
Vogel.
15
gegen Naturerscheinungen iiicht unempfindlichen Men-
schen erfreuet, zumal im Fruhlinge, der Anblick der ge-
schaftigen, mit Lebenslust erfullten Stigel, der einzigen
mit melobischer Stimme begabten Wesen, der einzigen,
beren Tone anch wir zum grohen Theile zu denten ver-
mågen. Keine Gegend ift schon, wenn jene Heiteren und
immer beweglichen Thiere ihr fehlen, in deren zartlicher
Kinderliebe und Hatislichen Sorgfalt wir gern ein Abbild
der eigenen Neigungen und Einrichtungen erkennen
mochten, weil wir das Bedurfttih fuhlen, die ubrige,
durch weiten Spalt getrennte Schopfung an uns Heran-
zuziehen, uns mit ihr zu befreunden.
Die systematische Ornithologie bietet bedeutende
Schwierigkeiten und Hat daher uiehr Umanderungen er-
fahren als die systematische Anordnung der Saugethiere.
Vogel unterscheiden sich von einander nicht durch eben
fo zahlreiche und dabei eden so ties begrundete phystolo-
gische Kennzeichen als die Saugethiere. Untersucht man
die letzteren mit Ausmerksamkeit, so erkennt man immer
in irgend einem eigenthumlich gebildeten Organe die Ur-
sache einer bestimmtett Lebensweise und die Nothwendig-
feit gewiffer Sitten. In der weit zahlreicheren Classe
der Vogel besteht ebenfalls zwischen der Vildung der
Organe und der Bestimmung des Individuums eine enge
Beziehung, allein diese in gewissen Hinsichten mit einander
stbereinkonunenden Geschopse bilden sehr grohe Abthei-
lungen, zu deren weiterer Sonderung leicht erkennbare
auhere Charaktere nicht Hattfig vorhanden sind. Niemand
Wird in die Verlegenheit kommen konnen, einen Raub-
Vogel mit einem Schwinimvogel zu oerwechseln, aber
zwischen gewissen kleinen Falken und den einer anderen
Ordnung angehorenden Wurgern besteht bereits eine
unverkennbare, auch in der Schnabelbildung angedeutete
Verwandtschaft; der Schlangen verfolgende Secretarfalk
Hat die hohen Beine eines Waders, die Geier sind huh-
nerartig, und ahnliche Uebergange finden sich von den
Wadern zu den Schwimmvogeln. Mag es nun der
Wissenschaft gelingen, die Hauptabtheilungen genau zu
begranzen, fo vermag sie dafselbe um so weniger mit der
Mehrzahl der Gattungen, weil die Kennzeichen nicht
allein schwieriger aufzufinden sind, sondern auch die
Menge der liberalt sich darbietenden Uebergangsformen
der verlangten Scharse des Begriffes Eintrag thut. Diese
Umstande zufammengenommen haben in die Ornithologie
unserer Zeit manche Unstcherheit und Verwirrung ge-
bracht, und unglucklicherweise ist die pedantische Eitelkeit,
welche in einer Vervielfaltigung der bereits ubermahig
angewachfenen Nomenelatur den Triumph des natur-
Historifchen Studiums sindet, im Gebiete der Vogelkunde
vorzugsweis thatig gewefen. Wenn man Hingegen, dem
Beispiele vorzuglich anerkannter deutfcher Forscher fol-
gend, fene der Wissenschaft schadliche, in England befon-
ders vorgenominene Zerfplitterung vermeidet, so erhalt
man ziemlich fcharf begranzte Ordnungen und Gattungen,
die auch aus der Beschreibung nicht allzufchwer zu erken-
nen sind, und deren allerdings unvermeidlicher Uinfang
durch Zerfårtuttg in kleine, wenn auch, der Beguemlichkeit
wegen, kunstliche Gruppen, vermindert wird. Der Zweck
des naturhistorischen Studiums ist niemals allein Auf-
stellung eines Systems, denn umstchtig getroffene und
auf moglichst erforschte Verwandtschaftsgrade begrundete
Anordnungen sollen das Gedachtnih unterstutzen, den
Gebrauch synoptischer Werke erleichtern, konnen aber
niemals vollkommene sein, weil die Natur ihre Wesen
nicht in dem Sinne gruppirt hat, den wir stets mit dem
Begriffe des Systems verbinden. Wie man auch die
Vogel auf einander folgen laffe, so liegen die maahge-
benden Bedingungen auch Hier vor Allem in der Be-
schaffenheit der auheren Werkzeuge der Ernahrung und
Bewegung, die bereits oben besprochen worden sind.
Geringere, den Familienbegrisf nicht aushebende Aban-
derungen diefer Organe begrunden in Gemeinschaft mit
anderen, minder wichtigen Kennzeichen die Gattungen;
die Arten beruhen mehrentheils auf der Farbung, auf
Bildung der Federn an einzelnen Theilen, der Lange
und Gestalt des Schwanzes, dem Vorhandenfein nackter
Hautsterten oder Fleischwarzen, der Lange der Laufe und
anderen, in der Regel auf das physiologifche Verhalten
des Thieres keinen Einfluh ubenden Eigenthumlichkeiten.
Die Bezeichnung der Farben Hat manche Schwierigkeiten,
indeni es an einer allgemeinen Terminologie noch immer
fehlt; unentbehrlich ist zur Artenbefchreibung Kenntnih
der Narnen, mit welchen die wefentlichen Theile des
Vogelgefieders, der Fuhe und des Schnabels belegt wer-
den. (Fig. 1175. Terminologie, a Oberfchnabel, b Un-
terfchnabel, c Nafenloch, d Fihte oder Schnabelrucken,
e Dillenkante, k Kiefernschneide, 12 Augengegend, g
Stim, h Scheitel, i Hinterkopf, k Nacken, 1 Ohrenge-
gend, m Kinn, n Kehle, o Brust, p Vorderbauch, q Un-
terleib, r Hinterleib, s Steih, t Vorderrucken, w Vor-
derrucken, w2 Burzel, x Steuerfedern, z mittlere Steuer-
federn, aa feitliche Steuerfedern) bb Oberarmfedern,
cc Flugelbug, dd Flugeldeckfedern erster und zweiter
Reihe, ee Schwingfedern, ff Schulterfedern, gg Unter-
schenkel, lili Lauf, i i Daumen oder Hinterzehe.) Jede
Familie bietet nun wieder befondere, wenn auch unter-
geordnete Umgestaltungen der Fuhe und Schnabel, deren
terminologische Erorterung am Zweckmahigsten den Ein-
leitungen zu den Ordnungen vorbehalten bleibt. Die
einfachste Eintheilung der Vogel ist folgende:
I. Unterfchenkel befiedert; Zehen srei ; Flugel vortstandig.
A. Zehen getrennt oder mit sehr kurzer Bindehaut an
der Wurzel.
a) Krallen krumm, spitzig; Oberfchnabel Hakenfor-
mig ubergebogen. . . 1. Raubvogel.
b) Beine und Krallen mittelmahig oder fchwach,
Schnabel gerade oder roenig gebogen, fchroach,
vielgestaltig...................2. H o cker.
B. Die auheren Vorderzehen bis zur Mitte ver-
roachsen.......................3. Hestzeher.
C. Zroei Zehen nach vorn, zroei nach hinten ge-
richtet..........................*. Jochzeher.
D. Zehen stumpfkrallig; Schnabel gerade oder roenig
gewolbt....................5. Huhnervogel.
II. Unterfchenkel befiedert; Flugel unvollkommen.
6. Laufvogel.
III. Unterfchenkel zum Theil unbefiedert.
A. Beine lang, Zehen meist frei. 7. Wadevogel.
B. Beine kurz; Zehen durch Schroimmhaut ver-
bunden......................8. Schroiin mvogel.
Erste Vr-nung.
Raubvoge l.
Die Raubvogel bilden eine vorzugsroeis kenntliche
und hinreichend fcharf von anderen getrennte Ordnung.
Alle haben bestederte Schienbeine, starke, kurze oder nur
mittellange Fuhe, vier Zehen, von welchen die drei vor-
deren durch eine kurze Bindehaut vereinigt (Sitzfuhe),
feltener bis zur Wurzel srei (Spaltfuhe), alle aber unten
rauhwarzig und mit grohen, krummen, scharffchneidigen,
zugefpitzten, ungleich langen Nageln bewaffnet sind
(Fig. 1178. 1188.). Am starken, iin Verhaltnifse kurzen,
an der Wurzel mit Wachshaut umgebenen Schnabel ist
der Oberkiefer gewolbt, mit der fcharsen Spitze Haken-
formig ubergebogen (Fig. 1187.), nach vorn leicht aus-
gerandet oder mit einem, feltener mit zwei fogenannten
Zahnen verfehen (Fig. 1211.), der Unterkiefer gerade,
an der Spitze abgerundet (Fig. 1197.), der obere und
untere Kieferrand gleich schneidend. Die Flugel sind
theils lang und zugefpitzt, theils abgerundet; von den
Schwingfedern ubertrifft bald die zweite, bald die dritte
und vierte, bald die vierte und funfte die ubrigen an
Lange. Der gedrangte Korperbau deutet stets auf den
Besitz anfehnlicher Krafte, das Ansehen ist ernst, die
Haltung imposant. Im Zustande der Ruhe erscheinen
Raubvogel toenig betoeglich, aber sie verlaffen fenen int
Augenblicke und ohne bemerkbare Anstrengung und sind
einer eben so anhaltenden als kraftigen Bewegung fahig.
Sie erreichen zum Theil eine ansehnliche Grohe; iitdeffen
giebt es auch einige etwa fechs Zoll hohe Arten. Die
Weibchen sind allezeit groher als die Mannchen, aber nie-
mals eben so lebhast gefarbt. An keiner anderen Ord-
nung treten die Eigenthumlichkeiten, welche den Vogel als
fliegendes Wirbelthier bezeichneti, eben fo deutlich Her-
vor. Lliii Skelett (Fig. 1101.) bemerkt man die unge-
meine Entwickelung des Brustbeines und der Flttgel-
knochen; geringe Abstufungen kommen auch Hier vor,
benn an ben weniger rasch und nie sehr anhaltend flie-
genden Eulen ist z. B. das Gabelbein zu fchwach, um
sehr kraftige Bewegungen der Flugel zu gestatten. Durch
die glasartig trockeuen unb sproden Rohrenknochen
vringt die Luft nach allen Richtuiigen. Die Schwing-
und Steuerfedern der Tagraubvogel zeichnen sich durch
Harte und Starrheit aus, diefenigen der Eulen durch
eine getoiffe, das Fliegen fedoch nicht Hindernde Weich-
heit, eiitgegengefetzte Beschafsenheiten, aus welchen sich
der raufchende oder fast gerauschlofe Flug diefer zroei
Familien zur Genuge erklårt. Die mehrentheils niedri-
gen Fuhe stehen mit den langen Zehen und befonders
mit den frummen Krallen in keinem das Gehen erleich-
ternden Verhaltnifse, sind aber zum Sitzen und nament-
lich zum Ergreifen unb Zerreihen der Bente geeignet.
Eine Allsnahme machen die gut schreitenden Geier unb ber
Hochbeinige Secretarfalk. Harte Schuppen oder Platten
uberziehen die vordere Seite des ttiiterfuhes, der bei wetti-
gen bis an die Zehen und noch seltener bis an die Krallen
befiedert ist. Die Ordnung der Raubvogel ist so arten-
reich, dah in den roesentlichsten auheren Organen eine
regelmahige Abstufung von der typischen Form, roelche
in dem systematischen Charakter angefuhrt wird, zu ein-
facheren, unbestimmteren und ben Ilebergang in anbere
Orbnungen bahnenben Bilbungen verfolgt roerben kann.
Der Schnabel mancher Geier beutet schon auf Attnahe-
rung an Huhnervogel unb ist nur im Allgemeinen bem
bes Ablers vergleichbar, unb selbst in ber Familie ber
eigentlichen Falken erkennt man viele Umgestaltungen
bes Schnabels unb begrunbet zum Theil auf biefelben
bie in tieneren Zeireti angettomttietien Oattungen. Der
Schlunb behauptet in arten Raubvogeln eine betråcht-
liche Weite ; bie Speiserohre erroeitert sich, ausgenommen
bei ben Eulen, zu einem Hautigen Kropfe, ber bei beti
Geiertl, zutnal roettn er mit Futter angefurtt ist, nach
auhen als nackte Halbkugel Hervortritt. Itu eigentlichen,
burch bunne, Hautige Wandungen ausgezeichneten Ma-
gen geschieht bie Verbauung bes geroisfermaahen zube-
reiteten Futters, roelches nur aus animalischen Stof-
sen besteht, bie theils lebenben, theils in Faulnih uber-
gegangenen Thieren entnommen sinb. Die Trennung in
Raubvogel, roelche nur lebenbe unb geroaltsam ergriffene
Thiere auffressen, unb in solche, die sich nur von Aas
nahren, ist nicht zu streng zu nehinen, denn selbst die-
jenigen Arten dieser Familie, welche dem Volksglauben
nach die edelsten und rortfonimenflen sind, die Adler,
verschmåheti, wenn ber Hunger sie quålt, auch verfaulte
Reste nicht. Gewohnlich verzehren bie Falken lebenbe
Saugethiere unb Vogel, einige schemen vorzugsweis auf
Reptilien angewiesen, bie wenigsten auf Jnseeten. Sie
zerstucken bie Bente mit Schnabel unb Krallen; nur bie
Eulen unb solche, beren Nahrung aus sehr kleinen Thie-
ren besteht, verschlingen bas Futter unzertheilt. Arte
sreffen viel auf Einmal; viele sinb so unmahig, bah sie
sich ubersattigen unb zur Bewegung unsahig roerben,
allein alle vertnogen auch ben Hunger geraume Zeit zu
ertragen. Die unverbaulichen Reste von Knochen, Haa-
ren und Federn tourgen sie toieder herauf und geben sie
gewohnlich des Morgens in Gestalt långlich runder Bal-
len von sich, roelche von den Jagern Geroolle genannt