Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Schwimmvogel.
V ø g c I.
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es, um fich burch ben Rumpf des SchiffeS gegen ben
Sturm zu betfen, ober, was roahrscheinlicher sein burfte,
um in ber bann sehr tief geoffneten Furche, welche ven
Weg bes Schiffes bezeichnet, bie kleinen Weichthiere unb
Ouallen zu erhaschen, bie ihnen vorzugsmeis zur Nah-
rung bienen. Sie ergreifen biese, inbem fie an berOber-
flache unter flatternber Bewegung ber Flugel Hinlaufen,
nicht aber im Schwimmen ober burch Untertauchen, roo-
zu fast allen bie Fahigkeit mangelt. Vor bem Menschen
haben fie keine Scheu, unb einzelne Arten mogen nicht
mit Unrecht fur ziemlich einfaltig gehalten werben. Der
riesige Albatros verschlingt ohne Mihtrauen ben an eine
Schnur befestigten Bissen unb laht fich ohne Wiberstanb
an Borb ziehen, obgleich eine einzige starke Bewegung
hinreichen wurbe, ben Angelhaken abzuschutteln, ber ge-
meinlich nur an ben Harten Kiefern festhangt. Trotz
ihrer grosten Gesrahigkeit finb fie harmlos unb ver-
traglich unb scheinen auch von anberen Seevogeln toenig
verfolgt zu toerben; vielleicht schutzt fie ber Umstanb, bast
fie viel weiter oom Lanbe fich entfernen. Jhren ganzen
Korper burchbringt ein bunnstusstger, sehr ubelriechenber
Thran, beffen AuSbunstung sogar an ben seit vielen
Jahren ausgestopsten Balgen bemerkbar bleibt unb bel
ben meisten bas schwarze unb zahe Fleisch ungeniestbar
macht, inbeffen von arktischen Volkern gesammelt unb
zu Hauslichen Zwecken verwenbet toirb. Alle eigentliche
Sturmvogel, ber Albatros ausgenommen, vermogen
ben in fich ansammelnben thranigen Saft aufihre Gegner
zu sprutzen; sie fennen keine anbere als biese ztoar un-
gefahrliche, inbeffen sehr ekelhafte VertheibigungSart.
Jhre Bruteorte liegen mehrentheils auf ben austersten
Klippen unb kleinen Kusteninseln, toerben von vielen
Paaren benutzt unb nehmen baher vielen Raum ein.
Das Weibchen legt ein einziges Ei. Im reisen Alter
gleichen sich autzerlich beibe Geschlechter, bie Jungen
Hingegen tragen sehr verschiebeneS, meist gesieckteS Ge-
fieber unb scheinen erst im britten Jahre fich vollkommen
auSzufarben.
I. Albatros. (Diomedea.)
Galtungscharakter: Schnabel sehr lang unb
stark, bick, gerab, zusammengebruckt; Oberkiefer mit
stark geroolbter, hakenformig ubergebogener Spitze; Na-
senlocher seitlich an ber Schnabeltourzel, in ber Furche
beS OberkieferS als kurze Rohren Hervortretenb. Laufe
kurz, stark; Fuste breizehig; Borberzehen lang, burch
sehr breite Schtoimmhaut verbunben; Hinterzehe fehlenb.
Flugel lang unb spitzig; erste Schwingfeber sehr kurz,
ztoeite sehr lang.
I. Tkr gkwohnlichk Albatros. (Diomedea exulans.) Sig. 1968.
Unter ben verschiebenen, meist erst in neueren Zeiten
entbeckten Albatros ist ber getoohnliche ober wanbernbe
ber grhhte. An Schwere fibertriffr er ben Schtoan, mistt
4 Fuh in ber Lange unb klaftert 10, bisweilen sogar 12
Fust. Man hat ihn nie im norblichen atlantischen Meere
gesehen, kann aber stcher sein, ihm zu begegnen, sobalb
man ben sublichen Wenbekreis passtrt, unb ztoar nicht
allein in ber Nahe bes FestlanbeS, sonbern mitten im
unermehlichen Oeean. Am haufigsten toirb er an ber
Subspitze Amerika's angetroffen, too ganze Schaaren bie
segelnben Schiffe umschwarmen ober benselben in ber be-
reitS erwahnten tiefen Furche halbfliegenb unb Hald-
schtoimmenb folgen unb Alles mit Gier erschnappen,
toaS ihnen zugeworfen toerben mag. Im vollen Fluge
auf eine mittlere Hbhe gelangt, bewegt ber Albatros fich
mit majestatischer Ruhe unb bennoch mit groher Schnel-
ligkeit, spielt gleichsam mit bem Sturme unb toeicht ihm
minbestens nicht auS burch zeitige Flucht. Von ber Was-
serflache erhebt er fich inbeffen mit einiger Schtoierigkeit,
inbem bie allzulangen Flugel ihn verhinbern; toie anbere
weit kleinere Sturmvbgel, must er ffatternb unb laufenb
eine Strecke auf bem Meere zurucklegen, um sich empor
zu schroingen. In toeiten Kreisen einem Raubvogel
ahnlich umhersegelnb, erkennt er jebe Beute, sturzt mit
unbeschreiblicher Gewalt unb Schnelligkeit fast senkrecht
Herab, verschtoinbet sur einige Augenblicke ztoischen ben
hochaufschaumenbem Waffer unb kehrt gemeinlich mit
einem Fische zurfick, ber ihm auch bann nicht zu schwer
ist, toenn er 4—5 Pfunb wiegt, sonbern ungetheilt
in einem Bissen verschlungen toirb. Nach Bennett's, vom
Capitain Grey bestatigter Anstcht macht ber Albatros
im Fluge keine sehr groste Muskelanstrengung unb ver-
mag beShalb viele Stunben nach einanber in ber Luft zu
toeilen; minbestens thut er keinen Flugelschlag, mag er
nun ruhig schtoeben ober mit reistenber Schnelle bas
Schiff umkreisen, sonbern scheint burch eine unsichtbare
Kraft vorwartS getrieben zu toerben. Seine Gefrahig-
keit erreicht bie finhersten Granzen unb bauert selbst in
ber Gefangenschaft unb nach Erhaltung schmerzlicher
Wunben unverminbert fort. Mit seinem Gefahrten scheint
er stets im besten Vernehmen zu stehen unb eben auch
anbere Seevogel nicht zu belastigen, sonst aber ziemlich
beschrankt zu sein. Auf bas Deck eineS Schiffes gebracht,
sucht er nicht zu fliehen, sonbern bie Gegner burch Schna-
belklappern abznschrecken. Seine laute unb unangenehm
rauhe, krachzenbe Stimme laht er felten Hbren. Zum
Brfiteorte erwahlt er niebrige, aber felfige Lanbzungen
unb kleine Jnseln unb legt bas einzelne weiste Ei in eine
naturliche Vertiefung bes Bobens; bah er ein grohes
Nest aus Halmen unb Seegras aufthurme, ist ein toiber-
legter Jrrthum alterer Berichterstatter. Sein Junges
nahrt er mit bem thranigen Jnhalt seines MagenS, ber
ihm auch als VertheibigungSmittel bient. Die Gatten
bruten abwechselnb unb finb so bumm ober so furchtlos,
bah sie herbeikommenben Menschen nicht auStoeichen, mit
Gewalt von bem Ei entfernt, entweber ruhig baneben
stehen bleiben, ober im Augenblicke fich toieber zum
Bruten Hinsetzen. DaS Fleisch ist Hart unb nicht ohne
Thrangeruch, toirb inbeffen von einzelnen Matrosen ge-
gessen. Wahrenb ber Albatros im atlantischen Meere
niemals norblich vom Aequator bemerkt toirb, gehort er
in ber Norbhfilfte bes grohen Oceans zu ben gemeinsten
Seevsgeln. Im Juni erscheint er schaarenweiS in Veh-
ringSstrahe, ztoischen ben Kurilen unb bei Kamtschatka,
too ihn bie Eingeborenen burch Angeln fangen unb seine
aufgeblasenen unb getrockneten Darme als Boien an bie
Netze binben. Ausgefarbte Jnbivibuen finb weih, auf
Kopf, Hals, Rucken unb Flugeln graulich, Haben
schwarze Schtoingfebern, gelblichen Schnabel unb fleisch-
farbene Futze; jungere finb braun, am Leibe weihgefleckt.
Man Hat in neueren Zeiten einige Arten unterschieben,
bie ehebem alS Alterstufen bes geroohnlichen Albatros
galten.
II. Movensturmvogel. (Procellaria.)
Gattungscharakter: Schnabel kurzer alS ber
Kopf, stark, Hart; Oberkiefer an ber Spitze zum starken
Haken ubergekrummt; Nasenlscher in einer aufber Firste
liegenbeu, burch eine Scheibewanb getheilten Rshre (Fig.
1969.). Fuhe breizehig; Hinterzehe angebeutet burch eine
mit Kralle versehene Warze. Flugel lang, spitzig; erste
Schwingfeber bie langste.
1. Der arktische Morensturmvogel. (Procellaria glacialis.) Sig. 1970.
Die Mhvensturmvogel bewohnen auf beiben Halb-
kugeln nur bie hoheren Breiten unb zwar als vollkom-
mene Seevogel, bie nur zur Fortpflanzungszeit bem
Lanbe sich nhhern. Sie fliegen ausnehmenb schnell unb
ausbauernb, begeben fich im Winter nach warmeren
Meeresgegenben, mehrentheils ohne im eigentlichen Sinne
zu wanbern, unb entsprechen sonst bem oben entworfenen
Gesammtbilbe ihrer Familie. Der arktische Moven-
sturmvogel gehort im Sommer zu ben gemeinsten Be-
wohnern von Baffinsbay unb Davisstrahe, von ber
Norbkuste Jslanbs, von Spitzbergen, von ben Kurilen
unb Aleuten, toirb sublich vom 63 ° in Nortoegen kaum
gesehen, verirrt sich selten bis an bie beutschen Kusten,
brutet Hingegegen auf ben Orcaben unb ben Shetlanb-
inseln. Von anberen GattiingSvertoanbten scheint er
fich baburch zu unterscheiben, bah er toirklich toanbert;
Sabine sah unter 71 ° n. Br. vom 25. Juni bis 3. Juli
Schaaren von Sub nach Norben ziehen, vie an Zahl
nur von benjenigen ber Wanbertauben ubertroffen toer-
ben. Diese Mengen finben selbst im Eismeer Hinreichenbe
Nahrung, inbem fie bie verschiebensten Dinge geniehen,
Weichthiere, Quallen, Krustenthiere unb Fische fangen,
aber auch baS Fleisch faulenber Walstsche unb Seehunbe
begierig verzehren. Nach James Roh' Berichte erweisen
sie sich ben Walfischfangern von grohein Nutzen. Sie
beuten biesen ben Ort an, too Wale in groherer Zahl
sich aufhalten, unb pflegen von allen Seiten Herbeizu-
eilen unb ba fich zu versammeln, too eineS jener Riesen-
thiere ber Oberflache fich genahert Hat. Die Schiffe be-
gleiten fie gern unb bemachtigen fich jebes uber Borb
getoorfenen Abfalles. Das grohte Fest bietet ihnen ber
zerfleischte Walfisch, ber, enblich losgebunben, seinem
Schickial fiberlassen toirb; benn tausenbtoeis fallen fie
auf ihn nieber, reihen mit bem krummen Schnabel grohe
Bissen ab unb fressen, bis sie unfahig toerben, fich flie-
genb zu erheben. Auf ber Bank von Neufunblanb um-
geben fie in unzahlbaren Mengen bie mit bem Stockfisch-
sange beschaftigten Schiffe unb lassen nicht ben geringsten
Theil ber weggetoorfenen Eingetoeibe verloren gehen.
Jhre Brfiteplatze liegen flets in ben einsamsten ober
boch ben unzuganglichsten Gegenben, besonbers an steil
abfallenben Felstoanben, an beren Fuhe fich baS Meer
bricht, unb beherbergen viele Hunberte von Paaren.
Der sfiblichste zu biefem Ztoecke benutzte Punkt ist bie
ztoar sehr kleine, jeboch in mehr als einer Hinficht merk-
tofirbige Jnsel S. Kilba an ber Westkfiste SchottlanbS.
Die thurmhohen Felsenrofinbe bergen bort an vielen
Orten solche Colonien, bie in bekannter Weise von Jn-
sulanern besucht unb geplfinbert toerben. Nicht Ueber-
muth ober Jagerlust, sonbern eigentliches Bebfirfnih
veranlaht sene kfihne Menschen zu so gefahrlicher Be-
triebsamkeit. Ihnen ist ber Movensturmvogel ein Thier
von groher Wichtigkeit, benn eingepokelt, mehrt er bie
ffir ben langen Winter bestimmten Vorrathe, giebt reich-
liches Oel, bas im rohen Zustanbe als Brennmaterial,
gereinigt als Zusatz vieler Speisen unb auherbem alS Salbe
unb Heilmittel bient, unb liefert enblich Bettfebern in
groherer Menge als irgenb ein anberer bort Heimischer
Seevogel. Die Fischer trauen ihm mit Recht fur Wit-
terungswechsel ein feines Vorgeffihl zu unb richten fich
nach ihm, benn toenn er bem Lanbe sich nahert, toirb
tangere Zeit ein Westwinb nicht zu ertoarten sein, ber
ficherlich balb eintritt, roenn er bie hohe See aufsucht.
Im Gegensatz zu allen anberen Sturmvogeln besitzt er
ein toeihes, zartes unb vom Thrangeruche ziemlich freieS
Fleisch; bie Jungen sollen an Wohlgeschmack Haushfih-
nern nicht nachstehen. Obgleich bas Weibchen nur ein
Ei legt, so haben anhaltenbe Verfolgungen boch nirgenbS
bemerkliche Verminberungen ber an bestimmten Orten
jhhrlich nistenben Schaaren hervorgebracht. Ein Nest
banen biese Sturmvsgel nicht; bas Weibchen legt sein
roeihes Ei in eine flache Grube bes sanbigen BobenS
ober in Vertiefungen ber Kfistenfelsen unb brfitet gegen
sechS Wochen. Kops, Hals, Unterrficken, Schwanz
unb Unterseite finb roeih, Vorberrficken unb Flfigel blau-
lich aschgrau, Schnabel unb Ffihe gelb. Die Sånge be-
tragt 16 Zoll. Die Jungen finb obenher braunlich,
unten roeih unb aschgrau.
2. Der antcirktische Movensturmvogkl. (Procellaria gigantea.)
Sig. 1971.
Die Spanier haben biefem nur in ber Sfibsee vor-
kommenben Sturmvogel ben Namen Quebranta huessoS,
Beinbrecher, beigelegt, um seine Starke, vielleicht auch
seine Lebensweise zu bezeichnen. In ber That nahert er
fich burch Sitte mehr ben Ablern als seinen eigentlichen
frieblichen Verwanbten. Die Offiziere ber englischen
Erpebition unter King sahen ihn an ber patagoni-
schen Kfiste auf Wasservogel Jagb machen unb unter
anbern nach langer Verfolgung burch einen Schna-
belhieb einen Taucher tobten, ber tauchenb unb fliegenb
ihm zu entkommen umsonst versucht Hatte. Dah er