Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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262
V o ge l.
Achte Grbnung.
sehr gefahrlich , benn tv o ihr nicht der entschiebenste Wi-
berstanb geleistet wirb, beraubt sie frembe Rester. Das
elgene legt sie aus hohen Felsen beS Stranbes unb auf
Meeresklippen an unb erbauet es ohne Kunst auS irocke-
nem Seetang unb ben wenigen Pstanzen, bie an ben
anhersten Kusten norblscher Lanber wachsen. Beibe
Gatten haben mitten auf bem Bauche einen grohen Bru-
tefleck, bebruien abwechselnb unb 4 Wochen lang bie
2—3 graugrunlichen, graubraun punktirten unb ge-
fleckten Eier. Die Jungen sinb auf weihem Grunbe braun
gefleckt unb haben shwarzen Schnabel, bie Alten messen
2% Fuh, sinb weih mit schieferschwarzem Rucken unb
Flugeln, bie jeboch weihe Spitzen haben unb ben Schwanz
kaum uberragen, unb haben gelben Schnabel, rothen
Augenring unb Kinnivinkel unb fleischfarbene Fuhe. Das
Fleisch schmeckt thranig; bie Febern werben int Norben
gesammelt unb in ben Haushaltungen verwenbei, kom-
men aber nicht in Hanbel.
2. Die Lachmove. (Larus ridibundus.) Fig. 1966.
Die Lachmove mag alS Beispiel einer zweiten Gruppe
ber Moven bienen, bie burch bie sehr vielen gemeinsame,
schwarze Farbung bes Kopses unb burch Kleinheit mehr
al8 burch scharf ausgepragie, korperliche Kennzeichen
ober abweichenbe Sitten von einer anberen, in Norbeu-
ropa zumal burch bie Manielmove repråsentirten Gruppe
sich unterscheibet. Sie bemohnt als bie gemeinste ihrer
Gattung nicht allein bie norbischen Meere beiber Halb-
kugeln, sonbern auch baS Jnnere ber Festlanber unb
breitet in Europa sich auS bis Ungarn, Italien unb bis
zum fchwarzen Meere. Jm Fruhjahre verlahi sie gern
bie Kusten, an welchen ste ben Winter verbracht, unb
zieht nach ben Seen unb Fluffen bes Binnenlanbes, wo
sie auch brutet, unb kann baher als wahrer Seevogel
nicht angesehen werben. Eben so wenig wirb sie zu ben
Zugvogeln zu rechnen sein, inbem ste unregelmahig
streicht unb im sublichen Europa auf Suhwassern, in Eng-
lanb unb Hollanb an ben Kusten uberwintert. Jn Norb-
beutschlanb trifft ste im Marz unb April ein unb macht
sich burch ihr heiseres, aber weithin horbares, kråhen-
artiges unb keinesweges bem Lachen gleicheubeS Ge-
schrei bemerkbar. Orte, von welchen ste einmal Befitz
genommen, verlahi sie ungern wieber unb meist nur, um
anhaltenben Verfolgungen zu entgehen; Walbern ist sie
zwar minber abgeneigt als anbere Vsgel ihrer Familie,
inbeffen bevorzugt sie solche Gegeuben, wo niebrige, mit
Binsen u. s. w. bebeckie Ufer grohe Seen einfassen unb
Baume fehlen ober nur vereinzelt stehen. Sie ift auher-
orbentlich unruhig unb babei gesellig unb liebt von fruh
bis Abenb sich Herumzuiummeln; ba Tausenbe neben
einanber leben, so ist ber Anblick ber unablasfigen Be-
wegung ber kommenben unb gehenben SchwLrme fur ben
Beobachter nicht unintereffant. Sie fliegt sehr leicht
unb gewanbt, schreitet behenber als ihre Verwanbien,
schwimmt jeboch weniger gut unb gehort uberhaupt mehr
ber Luft als bem Waffer an. Kleine Fische fangt sie
wohl Hin unb wieber, allein ihre Nahrung besteht meh-
rentheils in Jnsecten unb ihren Larven, bie sie theilS
schwimmenb ergreift, theils an bem Ufer aufliest. Nau-
mann war Zeuge, bah sie in ganzen SchwarmenBaume
umstog, um bie bort eben haufigen Maikafer wegzu-
schnappen. Dah sie im Winter von Aas sich nahre,
leibet keinen Zweifel, benn an Gefrahigkeit giebt sie an-
beren Moven nichts nach unb ist baher gleich biesen
unvertraglich. Die Paare gehen balb nach ihrer An-
kunft an bie Arbeit bes Nesterbaues unb erweisen sich
Hierbei vorzugSweis gesellig. Ihre Colonien bestehen
nicht selten aus vielen Hunberten, stellenweis, wie in
ben Marschen von Juilanb, auS Tausenben von Nestern,
bie, auf bem Boben angebracht, von unergrunblichem
Sumpfe umgeben unb burch Gerohrig bem Blicke eni-
zogen, nicht immer leicht entbeckt werben unb aus kunst-
los geschichteten trockenen Schilfstucken, Grashalmen
unb Stroh bestehen. DaS Weibchen legt 2—3 blah
grau- ober gelblichgrune, aschgrau punktirte unb ge-
steckle Eier. Die Galten bruten abwechselnb 16 — 18
Tage. DaS Gefieber ist obenher perlgrau, unten weih;
ben Kopf unb bie Kehle umgiebt eine braune Kappe, bie
jeboch im Winter weih wirb, Schnabel unb Fuhe sinb
roth, bie Hinterzehe entbehrt bie Kralle. Die Lange be-
tragt 14 Zoll.
IV. Raubmove. (Lestris.)
Gattungscharakter: Schnabel ber Mbven, vorn
stark zusammengebrucki; Oberkiefer an ber Spitze Hakig
ubergebogen, von ber Wurzel bis zur Mitte mit Harter
Wachshaut bekleibet; Nasenlocher am Vorberenbe ber
Wachshaut, ritzenformig, burchgehenb. Beine mittel-
groh, nicht stark; Hinterzehe kurz, bunn, niebrig einge-
lenkt. Flugel groh, lang, spitzig, erste Schwingfeber
bie langste. Schwanz zwolffeberig, miiiellang, abge-
runbet; bie beiben mittelsten Skeuerfebern sehr lang.
1. Die Schmarotzer . Raubmove. (Lestris parasitica.) Fig. 1967.
Die rauberische Natur ber Moven erreicht in ben
eigentlichen Raubmbven ben hochsten Grab ber Ausbil-
bung; man konnie bie letzieren mit ben wahren Raub-
vsgeln vergleichen, benn, wie ber oben beschriebene
amerikanische Fischabler, leben ste weniger burch eigene
Jnbustrie als baburch, bah sie geschicklen unb fleihig
fischenben Seevogeln ihre wohlerworbene Bente abjagen.
Selbst wenn bie letzieren burch zeitiges Berschlingen bes
ergriffenen FischeS sich vor Beraudung zu sichern suchen,
giebt barum bie Raubmove bie Bersolgung nicht auf;
ste qualt ben fliehenben Bogel burch Flugelschlage unb
Schnabelhiebe, bis bieser in Berzweiffung ben ver-
schluckten Fisch wieber Heraufwurgt, unb erhascht biesen
mit wunberbarer Schnelle, ehe er ben Wafferspiegel er-
reicht. Der krumme Haken beS Oberkiefers, bie scharfen,
gekrummten unb grohen Krallen unb ein auherorbentlich
gewanbter unb babei reihenb schneller Flug setzen sie in
Stanb, mit Erfolg bas Rauberhanbwerk zu betreiben.
Drei Arten bewohnen bie norblichen Meere unseres
Welttheiles; sie sinb sammilich groh, stark unb so mu-
thig, bah ste nicht blos anberen Seevogeln furchtbar
werben, sonbern sogar Abler nicht wagen, bie Orte zu
besuchen, wo sie gesellig bruten. Ernst unb streng von
Natur, leben ste nur zur Brutezeit gesellig unb zer-
streuen sich, sobalb bie Jungen erwachsen sinb. Eigeni-
lich gehoren sie zwar bem Meere an, inbeffen nisten ste
nicht immer an bem Stranbe besselben, sonbern nicht
ungern in ziemlichen Entfernungen lanbeinwarts. Sie
brauchen zwei Jahre bis zur vollen Reife unb Erlangung
angemeffen auSgefarbten Gefiebers, nahren sich von Fi-
schen, in beren Fang ste jeboch sich ungeschickt erweisen,
unb bie sie baher, wie schon erwahni, burch Beraubung
anberer Vbgel zu erlangen suchen, unb ubertreffen an
Flugfertigkeit bei Weitem bie Mbven. — Die Schma-
rotzer-Raubmove (Sirunimove) geht sublicher als bie
anberen unb gehort baher an ben beutschen Kusten zu ben
keinesweges feltenen Vogeln, wirb aber auch im norb-
lichsten Amerika unb Afien angetroffen. Sie brutet auf
ben Orkney - unb Shetlanbinseln, inbeffen nicht sublicher.
Nirgenbs in grohen Zahlen sich ansammelnb, gehort sie
mehr zu ben Strichvsgeln als ben Zugvbgeln. Die bis-
Weilen bis in bas Jnnere Deutschlanbs vorbringenben
Jnbivibuen sinb Junge besselben Jahres unb tonnen wohl
nur als Verirrte angesehen werben, benn in Englanb
unb Schottlanb fieht man fern von ber Kuste nur im
Herbste einzelne, bie ihrem Gesteber nach ber letzten Ge-
neration angehoren. Auch bie Alten wenben sich im Au-
gust subwarts unb uberwiniern an ben Kusten von Nor-
tvegen, ber cimbrischen Halbinsel, Deutschlanbs unb Eng-
lanbS. Auher ber Brutezeit leben sie nur auf bem Meere
unb Weit von ben Kusten, wo sie in beschriebener Weise
anbere Vogel qualen. Sie unterscheiben sich von allen
anberen Seevogeln burch bie sonberbare Gewohnheit, im
Borwartsfliegen eine sehr steil steigenbe unb fallenbe
Schlangenlinie zu beschreiben. Dennoch ist ihr Flug,
wo Noth ober Laune Beschleunigung gebietet, ein rei-
henb schneller unb wirb mit Kraft unb AuSbauer burch-
gefuhri. Sie nisten in kleinen, aus 30 —60 Paaren be-
ftehenben Gesellschaften, nicht am unmittelbaren Stranbe,
sonbern mehr im Jnneren kleiner Kusteninseln unb am
Hinteren Enbe jener weit in bas Jnnere bringenben See-
arme, welche Norwegen unb bas norbliche Schottlanb
barbietet, unb lieben Orte, wo Binsen, Riebgraser unb
anbere Pflanzen bie Halbgesalzenen Moore uberziehen.
Ein eigentliches Nest bauen sie niemals unb begnugen
fich mit bem burfiigen Pstanzenwuchse ihreS Bruieories,
ber, zertreten unb geebnet, ben Eiern als Unterlage
bient. Die zwei Eier sinb bunkel olivengrun, leberbraun
gefleckt unb werben von beiben mit zwei Bruieflecken
versehenen Gatten abwechselnb 4 Wochen lang bebrutet.
Ihre Jungen lieben sie mit groher Zartlichkeit, atzen sie
aus bem Kropfe unb vertheibigen bieselben mit Gewalt
ober auch burch List; im letzieren Falle versuchen sie
burch wunberliche Geberben ben Feinb fern vom Neste
zu verlocken unb stellen sogar, wie manche Wabevogel,
fich flugellahm ober sonst zur Flucht unfahig. Erwach-
sene Mannchen finb obenher graubraun, .unten weih,
Haben schwarzen Scheitel unb auf ber Brust einen braunen
Querstreifen, bie mittleren Schwingfebern sehr verlSn-
gert, schwarzbraunen Schwanz unb Flugel, blaulichen
Schnabel unb schwarze Fuhe unb messen gegen 18 Zoll.
Die Weibchen finb untenher braun gefleckt, bie Jungen
ganz braun.
Sechste Familie.
Sturmvoge l.
Der bieser Familie uberall gegebene Name Sturmvo-
gel scheint fich mehr auf einen seit uralten Zeiten uber-
lieferten Aberglauben als auf eine wirkliche unb zuver-
lasfige Naturbeobachtung zu begrunben. Dah Waffer-
vogel bie beginnenbe Aufregung ber Elemente, burch
welche zahlreiche fchwachere Thiere hilflos werben, be-
nutzen, um sich mit reichlicher Nahrung zu versehen,
kann bem ruhigen Beobachter eben nicht vermunberlich
erscheinen; ber gemeine Seemann, ber in vergangenen
Zeiten wohl mehr als Heutzutage Ursache haben mochte,
seinem Wiffen unb seiner Feriigkeit zu mihtrauen, sah
in jenen bie gunstigen Umstanbe benutzenben Vogeln
bie Boten ber furchibarsten Ereigniffe unb verbanb
mit ihrer Erscheinung noch manche anbere, hochst aber-
glaubische Voraussetzung. Man barf wohl sagen, bah
biese mit so vieler Scheu betrachteien Vsgel vor allen
anberen Seevogel zu heihen verbienen, inbem sie alle bie
Eigenschafien in hohem Grabe besitzen, bie zum Leben
auf bem Ocean unb fern von jebem Lanbe unentbehrlich
sinb. Sie bewegen fich in Luft unb Wasser unb nahen
ben Kusten selten unb meist nur, wenn ber Trieb zur
Fortpflanzung fie bazu zwingt. Der grohte Aufruhr
ber Elemente beruhrt fie wenig, benn sie erhalten fich
halbflatternb unb halbschwimmenb auf Wogen, burch
bie bas grohte Schiff herumgerolli wirb; bie kleineren
fliegen vor bem Siurmwinbe mit Pfeilesschnelligkeit, bie
groheren, unb vor allen bie Albatros, streben kuhn unb
erfolgreich ihm enigegen. Im Aeuheren erscheinen sie
fast noch anspriichSloser als anbere Seevogel, benn allen
ist ein busteres Gewaiib eigen von branner ober schwarz-
licher Farbung, ohne Glanz unb Schimmer unb irgenb
eine Auszeichnung. Ihre Stimmen stub noch uninelo-
bischer als biejenigen anberer Seevogel, unb ihr kurzer
Ruf klingt unheimlich genug, um ben Aberglsiudischen
mit Schrecken zu erfullen. Von manchen hort man kaum
jentalS einen Laut, unb Alles, was fie treiben, geschiehi
trotz ber grohen Lebhaftigkeit ber Bewegung, mit gei-
sterhafiem Schweigen. Unvermuthet erscheinen fie neben
bem segelnben Schiffe unb verschwinben eben so schnell
unb spurlos. Als Verkunber beS Sturmes tonnen fle,
streng genommen, nicht gelten, benn fie nahern fich ben
Fahrzeugen nie bei Heiterem Metier unb am wenigsten
wsihrenb anhaltenber Minbstillen, sonbern nur erst nach
Eintritt Heftigen MinbeS unb bei hochgehenber See, sei