Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Haubtiogcl.
Voge l.
35
Das erwachsene Mannchen mist 25 — 26 Zoll in der
Lange, klastert gegen 5 Fuh, hat lanzettformige, weih-
grauc, rostfarbig gemischte Kopfsedern mit schwarzen
Schaftstrichen, rostrothen Hals, schwarzbraunen Alantel,
dessen Federn weih eingesapt sind, rostrothe, mit schwar-
zen Schaststrichen versehene Unterseite, grope, schwarze,
theilweis mit Querbandern gezeichnete Schwingfedern,
einen der Korperlange gleichkommenden, rostrothen,
undentlich gnergestreisten Gabelschwanz, gelbe Fuste,
Wachshaut und Iris und Hornfarbigen Schnabel. Das
Wenig grostere Weibchen gleicht in der Farbung dem
Mannchen, ist aber durchgangig etwas Heller. Junge
Vogel sind wie junge Weibchen sehr helt gesarbt.
2. Ter bleifarbige Milan. (Milvus plumbeus.) Sig. 1241. 1242.
Die Stellung des in Nordamerika Heimischen bleisar-
benen Milans ist einigermaahen zweifelhaft; Vietlot,
der aus dieser Art eine besondere Gattung (Ictinia)
machte, rechnet sie noch zu den Milanen, Vigors zu der
nachstfolgenben Familie der Bussarde. 3m Fluge, in den
Sitten und der Wahl der Nahrung gleicht sie ganz den
Milanen. Die Farbung der Oberseite ist im Allgemeinen
aschblau und zieht an den Flugeln in das Kupfergrunliche;
Kopf und Unterseite sind weist, braun gefleckt, die Fuste
orangenroth; die Iris ist kirschroth.
xvir. Gabelfalk. (Elanus.)
Gattungscharakter: Schnabel und Flugel wie
im Familiencharakter. Lanse kurz, netzartig geschuppi,
bis zur Halste besiebert; alle Zehen bis zur Wurzel frei.
1. Der Weipe Gabelfalk. (Elanus furcatus.) Fig. 1243.
Alle nordamerikanischen Ornithologen, nitter welchen
Wilson und Audubon eine wohlverdiente hohe Stellung
einnehmen, haben mit unverkennbarem Antheil von dem
Gabelfalken gesprvcheu, der in der neuen Welt die Stelle
unseres Milans einnimmt, ihn aber durch Farbung, Ge-
stalt und Flugfertigkeit weit ubertrifft. Frostig wie die
eigentlichen Milane, vermeidet er die norblicheren Ge-
genden der Vereinigten Staaten, gehort in Pennsylva-
nien zu den grohten Seltenheiten, zeigt sich bisweilen in
Virginien, wird aber nach Sudwesten hin immer Hau-
figer und bewohnt in Menge die weit ausgedehnten
Savanen gegen die Blundung des Missisippi und die
ebeneren Kustengegenden des mericanischen Golfs. Als
Standvogel fann er nueb da nicht gelten, indem er im
April von Westen Her ans nnbekannien Fernen eintrifft.
Er wandert nicht in eigentlichen Zngen, indesien solgt
einer immer dem andern in so geringen Entferniingen,
dast Andiibon in einer Stunde gegen einhundert fiber
sich wegziehen sah. 3ni September verlassen alle das
nordliche Amerika. Znr Zeit jener Wanderungen legen
sie wenig Furcht vor dem Menschen zu Tage; Wenii sie
aus Ermudung, oder 11111 ihr Gefieder in Orbming zu
bringen und zu olen, sich niederlassen, kann sich ein ge-
wohnlicher Jager ohne Muhe an sie heran,chleichen; in
den ubrigen Monaten wurde dieses sehr schwer Halten,
indem sie nicht nur mit vielem Mihtrauen die Uingebun-
gen beobachten, sonvern aiich, fast immer fliegend, der
Erde sich nur nahern, um eine Bente zu erfaffen, die
eben auch in den Luften verzehrt wird. Znr Schlafstelle
erwahlen sie die Gipfel der hochsten Fichten und Cypres-
sen unzuganglicher Moraste und sichern sich Hierdurch
selbst gegen nachtliche Ueberraschungen. Man sieht sie in
ruhigen und warmen Tagen in erstaunlichen Hosten
schweben oder die sonderbarsten Wendungen vornehmen,
indem sie den langen Schwanz in durchaus eigenihuni-
licher Weise statt eines Steuers gebrauchen. Andere
Male streifen sie ruhig und mit geringer Schnelligkeit
am Boden hin, halten plotzlich einen Augenblick an und
steigen dann mit einer Schlange empor, die, am Halse
geschickt erfastt, im Fliegen zerrifsen und verschlungen
wird. Jhre Nahrung besteht hauptsachlich in grohen
Heuschrecken, Raupen, kleinen Eidechsen und anderen
Reptilien. Ueber dem Aufsuchen der ersteren vergessen
sie ihre sonstige Vorstcht und werden dann von einem
hinter Hecken oder Buschen verborgenen Schutzen leicht
erlegt, weil sie die Gewohnheit haben, im dichten
Schwarm und unter lautem Schreien den Gesallenen
zu umkreisen. Sie scheinen fast die Absicht zu haben,
diesen fortzuschasfen, und bieten dann ein sicheres Ziel.
Audubon versichert, er habe unter solchen Umstanden
bisweilen so viel Stuck erlangt, als er irgend wunschte.
Die Paarung beginnt sogleich nach Ankunst in den sud-
lichen Staaten Nordamerika's, und da sie fliegend einge-
leitet und die erste Bekanntschast in den Luften gemacht
wird, so ist der an sich gewandte Flug dann schoner
und kuhner als zu jeder anderen 3ahreSzeit. Das Nest
liegt gemeinlich auf dem hochsten Gipfel eines starken,
an einem Flustufer stehenden Baumes, hat das unordent-
liche Ansehen eines Geiernestes, besteht aus trockeuen
Aesten und ist mit sogeuanutem spanischen Moose (Til-
landsia usneoides) und einigen Federn ausgefuttert.
Mannchen und Weibchen losen sich ab im Bebriiten der
4— 6 grunlichweisten , am dicken Ende unregelinahig
braun gefleckten Eier und futtern sich gegenseitig. Nach
Nutall sriht der Gabelfalk eben so gern wie der Bienen-
bussard Bienen, Wespen und ihre Brul und greift diese
ohne Furcht in ihren Nestern an. Uarrell nimmt ihn
in das Verzeichnist der britischen Vogel darum auf,
weil ein verschlagener wahrenb eines furchtbaren Un-
wetters am 6. Septbr. 1805 in Vorkshire lebend gefan-
gen, zwei andere 1772 in Argyleshire in Schottland er-
legt worden sind. — Alte Mannchen haben einen glan-
zend schwarzen, in Blau schillernden Mantel, weisten
Kopf, Hals und Unterseite, schwarzblauen Schnabel,
Hellblaue Wachshaut, schwarze 3ris, Hellgrune Fuste,
weistliche Krallen und messen 2 Fust in der Lange. Die
Weibchen sind kaum verschieden, die Sungen Anfangs
mit brannen Dnneit bekleidet, nach der ersten Maiiser
weist und schwarz wie die Alten, aber ohne Metallschim-
mer, und erhalten, das vollkommene Gefieder am Ende
des ersten 3ahres. Der Anfangs wenig gespaltene Ga-
belschwanz erlangt zu jener Zeit seine eigenthumliche
Gestalt, indem die austeren Federn defselben sehr lang
werden und die mittleren um mehr als die Halfte uber-
ragen.
2. Dcr schwarzgeflugelle Gabelfalk. (Elanus melanopterns.)
Sig. 1244.
Vaillant gab znerst eine genanere Beschreibnng von
dem afrikanischen Gabelfalken, den er Blae taufte, der
aber nicht auf das Cap der guten Hoffnnng beschrankt
ist, sondern in ganz Afrika vorzukommen scheint. Man
hat ihn in Aegypten, der Berberei, wo er bei den Bedui-
nen Kuhieh Heistt, in Abyssinien und an der Guineakuste,
in Syrien, am Gauges und in einigen bergigen Provin-
zen Indiens, sogar in Nordamerika angetroffen. Erlegt
wird er nicht leicht, denn scheu und ausmerksam vermei-
det er am Boden zu verweilen und rastet nur auf den
hochsten Buschen oder den oberen Zweigen freistehender
Baume, verrath aber seine Gegenwart mit durchdringen-
dein, auch im Fluge ausgeftostenen Geschrei. Ungeachtet
der Fnrchtlosigkeit, die er anderen Vogeln gegenuber
verrath, greift er selbst die schwachsten nicht an, sondern
lebt von Heuschrecken, Mantis und anderen Jnseeten
derselben Familie und stostt auf Krahen und ahnliche
dasselbe Futter suchende Vogel allein in der Absicht, sie
zn vertreiben. Man glaubt, den ihm beiwohnenden star-
ken Moschusgeruch von jenen Nahrungsstoffen Herleiten
zu ntussen. Sein geraumiges, zwischen Gabelasten Hoher
Baume angelegtes Nest enthalt 4 — 5 schmutzigweiste
Eier. AN Groste gleicht er dem Sperber. Das Gefieder
zeichnet sich durch seidenartige Weichheit vor demjenigen
anderer Tagraubvogel sehr ans, ist auf der Oberseite im
Allgemeinen aschgrau, an den Schultern schwarz. Die
Unterseite und der grostte Theil des Schwanzes sind weist,
die Lanse gelb, die Jungen braun und gelb geschackt.
Funfte Familie.
Bussard e.
Die ini Vergleiche zn anderen Tagranbvogeln plump
gebaneten iinv daher schwersalligen Bussarde haben einen
schwachen Schnabel, an dessen Oberkieserrande der Zahir
enhueber abgerundet erscheint oder kantn zn bemerken ist,
dicken, runden Kopf, niastig starke, kurze, bisweilen ganz
befiederte Laufe, plumpe Zehen, groste, weder sehr scharfe
noch sehr gekruminte Krallen, mitte(lange, breite, abge-
rundete Flugel, an welchen die vierte oder snuste Schwing-
feder die langste ist, geraden, gleichsormigen Schwanz,
lockeres Gefieder. In ihren Sitten legen sie Tragheit zn
Tage, fliegen zwar nicht nngeschickt, ater nicht mit der
reistenden Schnelle der Edelfalken, vermogen nicht wie
diese senkrecht herabznstosten oder wie Milane fast nitbe-
weglich in der Luft zu schweben, tonnen zwar Kreise in
bedeutenden Hohen beschreiben, ziehen es aber vor, am
Boden Hinzilstreisen, haben nicht Geschick genug, u'm
fliegend eine Beute zn erhaschen, unb laitern auf Maul-
tourfe, Manse, Reptilien und Jnseeten, indem sie sich
auf Erdhngel oder andere niedere Gegenstande setzen.
XVIII. Bnssard. (Buteo.)
Gattungscharakter: Schnabel und Flugel wie
im Familiencharakter. Fuste befiedert oder nackt und
dann geschildet. Zugelgegenb mit dunn verstreneten Haa-
ren besetzt.
1. Der geineine Bussard. (Buteo communis.) Fig. 1245. 1246.
Der gemeine Bussard (Mause-Bussard) gehort nicht
nlir in Europa zu den gemeitisten Raubvogeln, sondern
sindet sich auch im grohten Theile des kalteren Asiens und
in den uordwestlichen Gegenden Nordamerika's. In
Schottland und dem norblichen Seandinavien wird er
felten gefehen. In Deutfchland erscheint er als Strich-
oder Zugvogel, als Standvogel nur, wenn mehrere
milde Winter sich gefolgt sind. Er zieht in starten Ge-
sellschaften im September davon, fehrt im April wieder,
bewohnt lichte Laubholzwalder und Berggegenden nicht
minder als Ebeneti uud wird gelegentlich gemeinsam
mit anderen jagend angetroffen. Zn trag, um fliegend
seine Bente aufznsuchen, sitzt er ruhig, den Kops zwi-
schen die Schultern gezogen uud fast buckelig aussehend,
auf niederen Aesten und martet, bis sich irgend ein klei-
nes Thier in der Nahe zeigt. Mit nicht zu raschem,
gleichmahigen und gerauschlosen Fluge begiebt er sich
nach der Stelle und erhascht die Mans mit den Krallen.
Maulwurse belauert er ruhig an der Erde sitzend und
ergreift sie in dem Augenblicke, wo sie den Erdhanfen
aufwerfen. Auch wird er tleineren, am Boden sich auf«
haltenden Vogeln gesahrlich, tann aber die raschfliegen-
den nicht einfangen, benn wenn er mit Tanben in ben
Krallen gefehen wird, so sind diese nicht erjagt, fondern
dem geschickteren Wanderfalfen abgenommen worden, der,
wenn auch ein besserer Flieger und sonst muthig und
traftig genug, dergleichen Ranbereien sich gefallen lastt.
3nt Winter leidet er bisweilen viele Noth und nahert
sich dann den Dorfern, um Aas zu fressen; im Sommer
verschmaht er Frofche, Kroten und andere Reptilien
nicht, wenn es an kleinen Saugethieren, die er vorzu-
ziehen pflegt, zu fehlen beginnt. In England klagt man
ihn der Verfolgung junger Haasen und Kaninchen an
unb todtet ihn, wo er sich blicken lastt; in Deutschland
hat man jebenfalls bie richtigere Aiisicht, inbem man ihn
als einen sehr nutzlichen Feinb ber verberblichen Felb-
manfe betrachtet unb nicht muthwillig wegschiestt. Ueberall
nistet er nur aus hohen Baumen in ben abgelegensten
Gegenben groher Walber, benutzt ost ein verlassenes
Krahennest unb erweist sich uberhaupt aus angestanimter
Tragheit abgeneigt, ein eigenes Rest von ansehnlicher
Grohe anfznbauen, sonbern laht es halbvollenbet unb
sorgt sur bir Sicherheit seiner Eier noch weniger als
anbere Raubvogel. Man will bemerkt haben, bah er
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