Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Hanhund.
Vogel.
47
Konigsgeier gleicht an Grose einer Gans, ntipt in der
Lange ohngefahr 2y8 Fus und klafkert gegen 5 Fus.
Seine Farbung ist bunter als bei irgend einent anderen
verwandten Vogel. Die nackte Haut des Kopfes und
Halses leuchtet in bunter Mischung von lebhaftem
Scharlach, Dunkelgelb und Violett; oberhalb des Auges
stehen verschiedene tiefe Ritiizeln, die weiterhin zu einer
am Halse schief Hinablaufenden Hantfalte werden; uber
die Wachshaut Hangt ein schlaffer, orangenrother Kanun
hinab, und die Angen umgiebt ein scharlachrother, von
der Perlweiseii Iris wunderlich abstechenver Ring. An
der Wiirzel des Halses steht eine zart Hellgraue Kranse
von weichen Dunenfedern. Das tibrige Gefieder ist von
sahlgelber, in das Weitzliche ziehender Farbung mit Aus-
nahnie der glanzend schwarzen, grohen Deckfedern, der
Schwing- und Steuerfedern. Einjahrige Vogel Haben
schmutzigblaulichen Rucken, iveisen Bauch und Seiten,
violetten Hals und grunliche Fuse; die zweijahrigen sind
braungrau und mit weisen Langsffecken gezeichnet; int
dritlen Jahre begiunt sich die zuerst besehriebene Farbung
des reiferen Alters zu zeigen, die mit jeder folgenden
Mauser mehr Vollkommenheit erlangt. Das Nest wird,
nach Azara, meist nur in hohlen Bnumen angetroffen
und enthalt zwei weise Eier.'
III.
UachtraubvogcI.
Die zweite grose Abtheilung der Raubvogel begreift
die nachtlichen, im gemeinen Leben tinter dem Gefnmmt-
namen der Eulen begriffenen. Alle zeichnen sich durch
das charakteristische Ansehen aus, welches als bekannt
vorausgesetzt wird, haben einen zwar kurzen, allein int
Verhaltnisse furchtbaren, steil sibergebogenen, mit sehr
scharser Spitze versehenen, an den Randern schneidenden
Schnabel, beweglichen Oberkiefer, grohen Kops, abge-
rundeten Schadel, ungentein grose Angen, grohe, von
besonders gebildeten Federn eingefaste Ohrettoffiiuitgett,
kurze, aber starke Zehen, von welchen die ausere als
Wendezebe nach hinten gerichtet werden kann, wenig ge-
krummte, aber sehr scharfspitzige Krallen und ein seiden-
artig weiches, meist duster gefarbtes, aber oft zart ge-
zeichnetes Gefieder. Die gesammte Organisation dieser
Vogel steht aus das Unverkennbarste mit ihrer Lebens-
weise in Beziehung. Sie sollen im nachtlichen Dunkel
gegen viele gleichfalls nachtliche Thiere denstlben nutz-
lichen Krieg fuhren, durch welchen der Tagraubvogel
dem Umsichgreistn anderer, nicht minder schadlicher und
das Soiinenlicht nicht scheuender Geschopfe wehrt. Jhr
Auge ist fur diesen Zweck vortrefflich eingerichtet; gros
und von eigenthumlichem starrenden Ausdrucke, vermag
es zwar das scharst Licht der Sonne nicht zu ertragen,
ist aber dennoch am Tage durchaus nicht so blind, wie
gewohnlich angenommen wird. Unter Eitiwirkung star-
ker Helligkeit schwindet die Pupille zu einent schmalen
Spalte, das Augenlid sinkt ties hinab, und die sehr be-
wegliche Nickhaut ist zum besseren Schutze fast bestandig
uber den Augapfel weggezogen. Ganz anders erscheint
dasselbe Ange bei Eintritt des Zwielichts; die Lider sind
daiin weit offett, die Nickhaut ist wie ein wenig nutzlicher
Vorhang in den Augenwinkel zuruckgeschoben, die Pu-
pille hat sich zum grosen Kreise erweitert, und grun-
licher Glanz leuchtet von der sehr eonveren Flache. Die
bereits oben (Einleitung S .7Sp.2) beschriebenen, kno-
chigen, den Augapfel umgebenden Ringe erreichen Hier
ihre hochste Vollkommenheit; sie sind nicht wie gewohn-
lich anserlich eonver, sondern eoneav und stellen tit Ver-
bindung mit der durch sie nach vortt umfahten durchschei-
nenden Hornhaut ein Gebild dar, welches in Gestalt und
Nutzlichkeit sich mit einer gewissen Art von Loupen ver-
gleichen last, welche viele Kunstler, zumal die Uhrmacher,
anwenden. Die nach vorit mehr gewolbte, nach Hinten
mehr abgeplattete Gestalt der Krhstalllinse (Fig. 1275.2)
und die entsprechend starke Wolbung der Hornhaut be-
nimmt dem Eulenauge zwar die Scharfsichtigkeit in wei-
tere Fernen und bei vermehrter Beleuchtting der Uittge-
buttgen, paht aber besser zum Sehett im Dunkeln. Das
Sehvermogen der Eulen verhalt sich wie dasjenige einer
gewissen Llrt von kurzsichtigen Personen, welchen iiiner-
halb bestimmter Granzen die Gegenstande mit ungenteiner
Klarheit und mit mehr Scharfe erscheinen als anderen,
mit normalen Augen versehenen. Ob Eulen in vollig
dunkeln Nachten oder in Gewolben und Rauinen, welche
jedein Lichtstrahle uiizugaiiglich sind, wirklich so scharf
sehen, wie man im gemeinen Leben eS vornussetzl, bleibt
iioch zu untersuchen ; dammerndes Zwielicht sagt ihneti je-
denfalls mehr zu als eigentliches Nachtdunkel, und daher
uben sie ihre Jagdthatigkeit vorzngsweis am Abend und am
fru(jetten Morgen, wenu Saugethiere und Tagvogel, im
Schlafe verfunken, ihr gerauschloses Nahen nicht ver-
nehmen. Der Horsinn unterstutzt sie bei diesent Geschaste
wahrscheinlich nicht minder als das Gesicht. Entfernt
man die Federn,.welche den Hinteren Nand des Schleiers
dilden (Fig. 1270. 1271.), so findet man die Mundung
des Gehorganges zu beiden Seiten durch eine Hantfalte
umgeben und fast geschlofsen, auf welcher die sehr eigen-
thumlich gebildeten, fein zerschlitzten, aber Harten Federn
(Fig. 1270. a) stehen, die in gleicher Art sich im Schleier
des Gesichts (Fig. 1275.) wiederholen. Die Bestimmung
dieser Federkreise bleibt im Ganzen an beiden Sinnes-
organen dieselbe; sie dietten, indeni sie das Auge iititge-
bett, zttr Auffangung der Lichtstrahlen, am Ohre zur
Auffangung des Schalles. Jette klappensdrutigen Hattt-
faltett fchiitzen, eng zusammengezogen, das sehr empfind-
liche Ohr gegen das verletzende und abstumpfenve Ge-
rattsch des'Tages; sie offnen'sich des Nachts so weit, das
die Mundung des Horganges kreisrund wird und jeder
Laut eindringen kann, der, wenn auch noch so leiser Art,
unt so deutlicher gehort wird, als zwischen den Knochen-
platten des Schadels weite zellige Schallhohlen liegen,
die, zur Resonanz dienend, mit dem Jnneren des Gehor-
ganges in Verbindung stehen. Das Trommelfell ist
nicht allein sehr dunn und vaher durchseheinend, sondertt
wird auch durch ein eittzelttes stielformiges Knochelchett
(Fig. 1276.), welches nach oben eine knorpelige, drei-
eckige Ansbreitung tragt, unterstutzt, ausgespanut und
erschlafft, indem dieses an seiner Spitze mit einem knor-
peligen, die Mitte des Trommelfelles erreichenden Fadett
in Verbindung steht. (Fig. 1269. Kopf einer jungen
Ettle; a blosgelegte Hirttschaale ; b Nasenlocher; c Hals-
wirbelsaule; d Auge; e hinteres Ende der das Ohr
faltig umgebenden Haut; fvordere Falle derselbett Haut;
g Theil des sogenannten Quadratbeines ; It Trommelfell.)
— Alle Flugbewegungen der Eulen geschehen ohtte Ge-
rattsch und sind statig, wenn auch nicht besonders kraftig
und grose Schnelligkeit oder Erhebung in hohere Regio-
nen gestattend. Die Federn des Korpers decken sich. An
den Schwingfedern ist die ausere Halfte der Fahtie sehr
charakteristisch, indem ihre Faserti, anstatt wie gewohnlich
an einander zu hangen und eine scharfe Schneide zu dil-
den, von einander so abstehen, das die Schneide gleich-
satil wie mit Sagezahneti eingeschnitten aussieht. Die
vom Flttgelschlage weggedrangte Luft sindet ihren Weg
durch die zahlreichen kleitten Zwischenrnume, und fontit
entsteht nicht jettes eigenthumliche sansende Gerattsch,
welches man an ttahe vortiberfliegendeit Vogeltt allezeit
wahrnimmt. Leicht und lautlos geht der Flugel der
Ettle nuf und ab, und keitt Laut Warttl das fchlafende
oder seiner Nahrung nachgehende Thier vor der Ankunft
des verderblichen Feittdes. Das folche Einrichtung einen
adlerartigen Slug nicht zitlafse, liegt auf der Hattd, in-
deffeti ist solcher der zur Nachtzeit am Boden und zwi-
fchen Bautnen jagenden Ettle ganz unttothig. In den
verschiedenen Gattungen der Eulen ist indeffett nicht
immer das Flugvermogen gleich gering; vielmehr zeich-
nett sich eittige durch unerivnrtete Schnelligkeit aus. Im
Ganzen bemerkt man an ihren an dem unteren Ratt^e
doppelt ausgeschnittetten Brustbeitten (Fig. 1274.) durch-
aus geringere Hohe des Mittelkammes und weniger
fcharfes Hervortreten desselben nach oben als bei Falkett-
vogeltt, auch ist der Gabelknochett deutlicher dreieckig,
seine Aeste sind dutttter und stehen nach oben minder
bogenfortnig hervor, der ganze Flugapparat erscheint,
mit einent Worte, zu kraftigen Bewegungen minder ge-
schickt. Zttr Nahrung tvahlen die Eulen nur srisch ge-
todtete Thiere; die starkerett verzehren Saugethiere bis
zur Grose rittes Haasett oder auch Vogel, die fchwnche-
rett leben von Mausett, Mnulwursen und allerlei Nep-
tilien, alle verschmahett todte oder gnr in Faulnis ttber-
gegangene Thiere. Jhr Hnutiger und weit dehnbnrer
Magen entspricht solchem Futter, dessett unverdnuliche
Reste als sogenannte Gewolle ausgeworfen werden. Mit
wenigen Austtahmett sehr lichtscheu, verbergett sie sich
am Tage in dunkeln Winkeln, pslegett selbst unter eiit-
nnder keinerlei Geselligkeit und nisten nn nhnlichen utt -
zugattglichen oder von Tagthieren vermiedenen Orteit,
in Felsspalten, Hohlen, dem Jnneren niter Baumstamme,
in verlaffenem Gemauer oder in uttbewohnteii Gebauden,
alten Thurnten u. s. tv. Int Nesterbane eittwickeln sie
ebett fettten Kunstsiitu und thun wenig zum Schutze ihrer
meistens weisen und durch kugelrunde Gestalt leicht
kenittlicheit Eier. Mehrentheils lassen sie des Nachts
eigenthumliche, bisweilen fast klngenve Laute horen, die
in Gemeinschaft mit dem unheimlichen Leben in der Eitt-
ode und der Nacht und mit der Wunderlichkeit der atttze-
rett Erscheinung zu vielett nberglnubischen Sagen oder
doch zu einer gewissen Scheu Veranlaffung gegeben
habett, welche die meisten, mit Naturgeschichte nicht Ver-
traueten bei ihrem Anblicke empfinden. Bei alteren
Systematikern bildeten sie eine eittzige Gattung; die
neueren zerfallen sie itt mehrere, indem sie nach Bor-
gange Cuvier's 511111 Princip der Eintheilung die Bil-
diittg des ausereti Ohres, die Umrifse des Schadels tind
zuletzt die Federbuschel erwahlett, welche im gemeinen
Leben Ohren gennnnt wordeit sind, aber ziemlich entfernt
von denfelben wnrzeln.
T. Schleterenle. (Strix.)
Gattungscharnkter: Kopf etwas stach, ohne
Federbusche; Ohrettoffmiiig (Ohrmiifchel) itu Halbkreise
von der Schnabeltvurzel fast auf den Scheitel reichettd,
nach vorn mit breiter Hantfalte umgeben; Schnabel ge-
streckt, nur an der Spitze nbergebogen; Augen mit ge-
fchlitzten Federn in weitein, dichten Kreise (Schleier)
umgeben (Fig. 1275.). Lnttfe befiedert; Zehen hanrig
(Fig. 1277.).
1. Die gemeine Schleiereule. (Strix ilammea.) Fig. 1278. 1279.
Ungenchtet ihrer weiten Verbreitiing titid Hnitfigkeit
in den gegenseitig entferntesten Gegenden verdient gernde
die gemeine Schleiereitle vor anderen, den Norden der
Erde bewohnendeti Verwandten den Preis nuserer
Schonheit. Seidenartige Feinheit titid Glanz des Gefie-
ders vereitiigeii sich nit ihr mit ungemein znrter Farbung,
wnhrend das grose, schwarze Auge einen itnchdenklicheit,
innit mochte sagen iitetischlich verstandigen Ausdruck be-
sitzt. Sie schenet sehr kalte Klininte, wird daher in
Schweden ebett so felten angetroffen, als in Schottland,
tomnit weiter fndlich, z. B. in England, Irland und
Deutfchland, immer haufiger vor und gehort in Mittel-
enropa und bis weit nach Asien zu den gemeinfien Vo-
geln. Ehedeitl vermuthete man sie auch itu Marineren
Amerika bis Brasilien, hat aber bei gennuer Unter-
suchung gefunden, das die ihr gleichgehnltene Enle eine
eigette, wenn auch ahitliche Art (Strix perlata) nusmacht;
am Cap der gitten Hoffitung und in Nordamerika ist sie
nicht minder gentein als in Europa und zerfallt dort in
ebett so znhlreiche Spielarten. Die menfchliche Nahe
surchtet sie nicht und last sich nicht felten iti der Mitte
groser und lebhafter Stadte nuf Boden oder in underen
wenig befuchten Orten groser Gebaude tiieder, roo sie
den Tag verfchlnft. Das Klima von Mitteldentschlaiid