Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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V o g c l.
59
das in der Grundfarbe aschgraubraune Gefieder wird
durch welhliche oder rostfarbige Flecken und stine Striche
sehr bunt; Rucken und Schulterstbern sind dunkler
und rostgelb eIngefuht; ein weitzer Fleck steht an der
Spitze jeder Schwingfeder; die Unterseite erscheint im
Ganzen Heller und gelblicher als die obere, zeigl aber
dieselben zarten Striche und Werben feine, wellenfor-
mige Querbander. Die Rachenspalle hal nicht die Weite
wie bei anderen Arten. Die Lange betragt 16 Zoll.
3. Der javanische Tagschlafer. (Podargus javanensis.) Fig. 1310.
Der javanische Tagschlafer hat im Allgernelnen eine
Helle, in Ledergelb ubergehende Rostsarbe; rings unt
den Korper ziehen wellenformige, dunkelbraune Bander;
ein breites, weisies, mit zwei dunkeln Streisen eingefah-
tes Halsband umgiebt den Unterhals und verlangert sich
uber die Schultern und bis aus den Mittelrucken; auf
der Brust und dem Unterleibe stehen verstreuete weisie
Langsstecken, auf dem abgerundeten Schwanze breite
dunkle Querbander. Die Fuhe sind rsthlich, die Kral-
len schwarz; der gelbliche Schnabel besitzt einen eigen-
thumlichen Glanz. Die Lange betragt 10 Zoll. Die
wenigen uber seine Lebensart vorhanbenen Nachrichten
stimmen ganz mit dem uber die ganze Gruppe dieser
Nachlvogel Bekannten.
4. Der langvarige Tagschlafer. (Podargus auritus.) Fig. 1309.
Iliiter allen Tagschlafern besitzen jedenfalls die auf den
indischen Jnseln heimischen, mit aufrichtbaren Wangen-
und Ohrfedern versehenen das abenteuerlichste Ansehen.
Diese Federbusche bestehen aus Harten und elastischen mit
zerzaserten Barten elngefuhten Schasten, die, au der
Spitze in Borsten auslaufend, wahrscheinlich nicht eine
blohe Zierde ubgeben sollen, sondern, durch Aufrichtung
wie Schirme hervorstehend, den llmkreis des Gesichts
Vergrohern und den Jnsectenfang erleichtern. Zu ihnen
gesellt sich die, gerade in dieser kteiuen Unterubtheilung
das Aeuherste erreichende Weite ver Ruchenspalte als
wesentlichstes Mittel, unt dem fliegenden Nuchtschmetter-
ling das Entkommen moglich zu machen. Im Uebrigen
wird aber Irrihunillch angenommen, dast Nachtschwalben
und Tagschlafer stets mit weit aufgesperrtem Rachen Her-
umjagen; sie hffneii ihn vielmehr nur in dem Augenblicke,
wo sie der fliegenden Beute nahe genug gekoinmen sind,
und sitzen sogur Haufig an der Erbe, unt Jnsecten eden so
ruhig und ganz in verselben Art aufzulesen, wie undere
auf gleiche Nahrung ungewiesene, aber mit sehr oerschie-
denem Schnabel versehene Vogel. Bienenfrefser, Schwal-
ben und undere im Sluge jagende Vogel offnen ebenfalls
den Schnabel nur daiin, wenn sie das Jnsect eben ergrei-
feu luolien. An allen Nachtschwalben nnd Tagschlafern
gewahrt man denselben Ban des Schnabels; stets sind
die Halsten desselben so gebildet, datz sie mit den Run-
dern sich gegenseitig umfassen. Das ganze Organ er-
scheint daher im geschlossenen Znstande weit flacher und
kleiner, als es wirklich ist. Die Natnr, welche niemuls
etwas umsonst thnt, Wurbe jenem Schnabel diese Ein-
richtnng nicht gegeben, ihn nicht hermetisch verschliestbar
gemacht haben, Ware es seine Bestimmung gewesen, beim
Aussuchen der Nahrung allezeit weit geofsnet zu bleiben.
— Der langohrige Tagschlafer bewohnt Sumutru und
gleicht im Allcwntelnen einer kleinen Eule durch den er-
staunlichen Unstang des Kopfes, die grosten Augen und
feine Zeichnung. Das Gefieder ist oben rothbraun, Weist
gesprenkelt, tinten weist; auf der rothbruunen Brust
stehen weiste Flecken. Die Federbusche wurzeln theils
auf der Ohrengegend und am Hinteren Rande der Augen-
spalte, theils auf dem Oberkiefer und gehen nach vom
in eigentliche ungefiederte Bartborsten uber.
Zweite Familie.
Mauerschwalbe
Die Mauerschwalben sind hinsichtlick .genieln-
Heiten den Bogeln der ersten Familie se' ,andt, un-
terscheiden sich uber wesenilich durch Klantinerfithe, In-
dem die Hlnterzehe ganz nach vorn gewendet und den
ubrigen drei Zehen parallel gestellt werden fann ; sturke,
sehr gekrnmmte Krallennugel erleichtern dus Anhacken an
senkrechte Waiibe und Felsen. Der Flugel ist sehr lang
und spitzig, der Oberurmknochen kurz nnd dick, das
Brnstbein ohne Ausschnitte, die ganze Bilonng aber auf
sehr schnellen und ausdauernden Flug berechnet. Mit
den Schwalben kommen sie austerlich uberein, konnen
aber der Fuhbildung wegen nicht zu denselben gestellt
werden.
IV. Mauerschwalbe. Segler. (Cypselus.)
Guttungscharakter: Schnabel klein, schwach,
plattgedruckt, hinten breit, bis unter die Augen gespalten ;
Oberkiefer mit kurzent, ubergebogenen Haken; Nasen-
locher der Firste parallel, eiforinig. Laufe dicht befiedert,
niedrig; alle Zehen dreigliederig.
1. Die gemeine Mauerschwalbe. (Cypselus apus.) Fig. 1312. 1316 d.
Die Stellung der Mauerschwalben im Systeme Hat
zu manchen Zweifeln Veranlaffung gegeben. Aeustere
Gestalt, gewisse Verhaltnisse des Knochengebandes und
llkahrung wnrden sie neben die Schwalben bringen, allein
manche Eigenthumlichkeiten des inneren Baues, beson-
ders der Weichtheile, entstrnen sie von jenen. Dah groste
Verwandtschast zwischen beiden bestehe, bewelstn gewisse
auslandilche Gattungen, die, den llebergang darstellend,
eben so gut zu der einen als der anveren dieser zwei
Gruppen gerechnet iverben konnen. Im Ganzen gehoren
sie zn den kleinen Vogeln; ihre scheinbare Groste ver-
dunken sie den erstuunlich lungen Flugeln, die zum Kor-
per und zu den sehr kurzen Fusten in demselben Ver-
haltnisse stehen, wie bei den Colibris. Sie fliegen mit
ausnehinender Schnelligkeit, schiehen geradlinig und fast
ohne Flugelschlage dahin, sind zwar gewundt, vermogen
indessen nicht die Richtnng des Fluges unter scharsen
Winkeln zu andern. Den Nanien Segler fuhren sie mit
vollem Rechte, indem sie wenigstens alle enropaischen
Vsgel im Fliegen ubertrefsen. Europa besitzt nur zwei
Arten, tinter welchen die abgebildete den weitesten Ver-
breitungsbezirk einnimmt, indem sie von Griechenlund
ttitb Sieilien bis in dus norbliche Norwegen vorkommt.
Sie begnugt sich inbessen nicht mit biesem weiten Raunie;
wemi ihr Temminck ben Aeguator zur Granze gab, so
toar es ihm vielleicht unbekunnt, bast sie, wie Montagu
iiachgewlesen, gegen Snben bis zum Eap ber guten Hoff-
itung streist. Anch in Mabeiru ist sie Hetmisch. Nach
Osten bringt sie ebensalls nngemein weit vor; zwar ist
sie, wie Barrel versichert, in Jnbieit niemals gesehen
worben, allein, bah sie aus ber Gegenb beS Buikulsees in
SammlnngenRnstlanbs gelangt unb bast sie tint Erzerum
in Armenien vom Mai bis September eben so gentein
sti als irgenbwo int Mitteleuropa, unterliegt burchuns
keinem Zweifel. JnDentschlanb mag es wenige mit hohen
Thiirmen versehene Stabte ohne eine Mauerschwalbe
geben; nur bie niebrigen, ganz ebenen Lanber unb bie
Dvrfer vermeibet sie, weil biese bie hohen Ptinkte nicht
barbieteii, auf welchen sie sich vorzugsweis gern aufhalt.
Sie fehlt auch in nnbewohnten Gebirgsgegenben nicht,
weim biese itur Felsen unb Walb barbieten, Halt sich
jeboch im Norben nie lunger als brei ober hochstens vier
Monate auf. Ihre Ankunft fadt tn Mittelbeutschlanb
unb selbst im milberen Englanb auf bie zweite Halfte
Llprils, ihr Weggang auf bie ersten Wochen bes August;
in Subeuropa scheint sie etwas langer zu verweilen,
brutet aber nirgenbs mehr als ein Mal. Dah sie, in
Winterschlaf verfallenb ^ tin Norben bie kalteste Jahres-
zeit verlebe, gehort zu ben Fabeln, bie weiterhin bei
Besprechung ber Schwalben erortert iverben sollen. Den
grohten Theil ber Zeit verbringt sie fliegenb ; man konule
sagen, bah bie Luft ihre eigentliche Heimath sti. Sie setzt
sich nie auf Baumzweige unb laht sich noch weniger auf
ben ebenen Boben nieber, weil ber Ban ber Zehen ihr
einen gesicherten Sitz nicht gewahrt unb bie Lange ber
sabelformig gekruntmten unb starren Schwingen bas
Auffliegen von ber Erbe austerorbentlich erschwert. Ge-
rath sie burch Zufall auf bie letztere, so nimmi sie sich
fast so ungeschickt wie eine Fledermaus, kriecht langsam
unb unter unoollkomnteneni Flattern vormarts unb kanit
nur nach Erreichung einer kleinen llnebenheit von ihren
gewaltigen Flugeln angenteffenen Gebrauch machen. Da-
fur klammert sie sich unt fo fester an Waiibe unb anbere
senkrechte Flachen an unb fliegt bis auf Viele Meilen von
ihrent Neste, ohne zu erntuben, unb ohne Lust zu bem
luftigen Spiele unb bem muthwilligen Heruntjagen zu
verlieren, in welchem sie, besonbers bei gewissen Witte-
rungszustanben unb bes Abenbs mehr als am Tage, sich
gefallt. lleberhaupt liebt sie bie Hitze unb bie grelle Be-
leuchtung ber Mittagsstunben nicht, sonbern bewahrt
sich als Mittelglieb zwischen ben Nachtschwalben unb
ben eigentlichen Schwalben, inbent sie ber Dammerung
ben Vorzug giebt unb noch zu einer Zeit rustig Heruitt-
streift, too alle anberen Tagvogel schon langer einen Ruhe-
platz aufgesucht Haben ober in Schlaf versunken sinb.
Das Fliegen scheint ben Mauerschwalben Vergnugen zu
gewahren, benn sie begleiten biese Bewegung, zitntal in
ben Morgen- unb Abenbstunben, mit lautem Geschrei
unb gaukeln, als wollten sie ber elgenen Geschicklichkeit
sich freuen, unt hohe Thurmspitzen in ben Wunberbarsten
Wenbungen unb mit immer gleicher Unermublichkeit.
Sie erlangen ihre Nahrung, trinfen unb sammeln bie
Bestanbtheile ihres Nestes unb geniehen bie Freuben ber
Eristenz im Fliegen. Die Weibchen luffen sich burch
mutterliche Pflicht von solchen Genussen nicht abhulten;
sie sitzen nicht anhultenb auf ben Eiern unb verlusseit sie
haufig unb ost auf langere Zeit, unt ihrer Nahrung
nachzujagen, bie aus solchen Jnsecten allein besteht,
welche bei ruhigent Wetter hoch oben Herumfliegeit unb
bem weiten Rachen ber Verfolger nicht leicht entgehen.
Bei sturmischent Wetter, wo Jnsecten am Boben Sicher-
heit suchen, jagt bie Mauerschwalbe ebenfalls in niebrigen
Regionen, schieht am Waffer hin ober tummelt sich uber
Sumpfeii mit geschickter Vernteibung aller Hinbernisse,
welche verwachstnes Buschwerf ober hohes Schilfrohr
bereiten. Jnt Nestbaue verrath sie nicht ben Kunstsinn
ber Schwalbe, benn sie begnugt sich mit lostn Stoffen,
wie Strohhaliiten, Huaren, Febern unb bergleichen, bie
sie in einer Hohle ober Ritze einer Wunb ober eines stel-
len Felsen uber elnanber aufschichtet unb nilttels elites
besonbers flebrigen Spelchelsaftes zusaiiiiitenlelntt, in
welchem schon ble Anbentung einer Elgenthiintlichfelt
Hervortritt, ble an ben inbischen, ble ehbaren Nester ver-
fertigenben Schwalben ihre volllge Ausbilbung erlangt.
Die Eler wechselit in ber Zahl von zwei bis vier unb
sinb sehr fenntlich burch ihre langgestreckte, fast chllti-
brlsche Gestalt unb rauhe Schaale. Ihre Farbe ist welh.
Die Jungen erhalten ihre Nahrung von ben Alten,
welche in bem sehr weiten Schlunbe eine Menge von
Jnsecten Herbeltragen, wachsen langsam eittpor unb wer-
ben sogar noch elnige Zeit lin Fluge gesuttert, wenn sie
schon bie Alten zu begleiten vermogen. Durch Verfol-
gung fliegenber Jnsecten wirkt bie Mauerschwalbe unge-
ntein nutzlich; bah sie burch ben Menschen toenig zu lel-
ben Hat, llegt jeboch nicht in ber Anerkennung jenes
Verblenstes von Seiten bes Volkes, sonbern in ber
grohen Schwlerigkelt, ihrer habhaft zu toerben. Jnt
Fluge spottet sie bes geubtesten Schutzen unb brutet
in bett unzuganglichsteit Hohen. Ihre Farbung ist ttbrl-
gens einfach braunschwarz ntit theiltoeiseni nietalllsch-
grunlichen Schininter; nur an ber Kehle steht ein groher,
reintoeiher Fleck. Die ben Laus bis weit nach unten be-
fleibenben Feberit gleichen ii*. Colorit benjenigen bes
Korpers. Die kurzen Zehen sinb brauitlich, bie Augen
groh unb braun. Die Lauge bes Korpers betragt 7—8
Zoll, eben so viel blejenige ber in ber Ruhe mit ben
Spitzen sich krenzenben Flugel; ble Steuerfebern sinb
burch Starrhelt nterkwurbig unb bleten ble erste Anbett-
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