Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Vogel.
Fwcite Vr-iiniig.
tiner in Deuifchlanb kaum bekannlen Strenge eingetreten,
zieht er sich fnblicher und verbringt die rauhe Jahreszeit
in Lfinbem, die von den meisten Hockern zeitig int Herbste
verlafsen werden. Selten fallt ihm audi der Winter
Dentschlanbs, Polens, Schwedens und Ruslands zn
Hart, und daher wird er im warmeren Frankreich, im
si'idlichen England und in Oberitalien ost in vielen Jahren
nicht gesehen. Er ist cin eigentlicher Betoohner des un-
freundlichen Norden, der bei uns int November ankommt
und schon im Marz wieder davonzieht, zu einer Zeit also,
too die Mehrzahl unserer Sommervogel noch nicht aus
dem Snden toievergekehrt sind. Selbst im kalten Deutsch-
land barf man ihn nicht alle Jahre ertoarten; gestaltet sich
der Winter sehr mild, so bleibt er im Norden, jenseits
der Ostsee, und im norblichen Asien, too er bis Japan
verbreitet sein solt. Langsdors traf ihn auch im nordwestli-
chen Amerika unterin 56° n.Br., Drummond an dem Alha-
bascaflnsse, nicht ferii von dem Felsgebirge, und Richardson
erlegte ihn im Mai am grvhenBarenfee unter dem 65vn.Br.
Wo er in Nordamerika uberivintere, ist nicht genau bekaniit,
indessen durste dieses sudlich vom 56° n. Br. kaum gesche-
Hen, da er toenigstens aus dem Gebiete der Vereinigten
Staaten noch nicht angetroffen toorden ist. Aus dem Zuge
von Suden kommend, erreicht er den grohen Barensee im
Mai und hat, nach Richarbson's Vermuthung, seine
Brnleplatze in den rauhen und einsamen Kalkgebirgen
unter dem 67 nnd 68° n. Br. Er erscheint in zahlreichen
Flugen, die unter lautem Ztoitschern auf Baumen sich
niederlassen, gerade nicht eilig zu sein scheinen, einige
Tage verweilen nnd sich von den vorjahrigen Fruchten der
Moosbeere, des Alpenerdbeerstrauches und der Heibel-
beeren nahren, die nach dem Wegthauen des Schnees
toieder sichtbar werden. Auch Hinsichtlich der Bruteorte
der in Enropa lebenden Seidenschtoaiize liegen altein Ver-
muthungen vor; ohne tristigen Grund verlegt sie Bona-
parte nach Centralasien. Der Seidenschtoanz ist nicht
allein sehr gesellig, sondern die Glieder desselben Fluges
sind auch mit unverkennbarer Neigung sich zngethan, vb-
gleich mit anderen Vogeln immerdar in Unfrieden. Sie
setzen sich gern Hart treben tinander auf denselben Ast und
vermogen geraume Zeit ihren Platz, mit einer unter Ho-
ckern feltenen Unbetoeglichkeit, zu behaupten. Ueberhaupt
ist der Seidenschtoanz ein ziemlich phlegmatischer, wenn
anch nicht nngeschickt stiegender Vogel, sonst von gutmu-
thigem, jedoch einfaltigen Naturelt, arglos und den Men-
schen nicht schenenb und daher leicht zu erlegen. In der
Gesangenschaft wird er sehr zahm, nimmt sich zutraulich
gegen seinen Psieger, wird aber bei Mangel gehoriger
Aussicht leicht unangenehm durch die Menge und den Ge-
ruch seiner Ausleerungen. Sein Gesang ist unbedeutend,
indessen sanft. 3nr toilden Znstande nahrt er sich von
Beeren einer grohen Menge einheimischer Bnsche und
Strauche und namentlich von solchen, beren Fruchte im
Winter sehr lange am Ztoeige hangen bleiben, toie Eber-
esche, Schtoarzriegel unb Kreuzborn. 3in Sommer mågen
bie im hohen Norben Haufigen Heibelbeeren, arktischen
Brombeeren unb Movsbeeren zur Nahrung bienen.
Schlehen unb Hagebutten verachtet er ebenfatts nicht unb
zeigt sich uberhaupt sehr gesrahig. Er gehort zu ben schon-
sten ber Deutschlanb betoohnenben Vogel, kann aber, ba
er bei uns nicht brutet, nicht zu ben einheimischen gerech-
net toerben. 3n ber Lange miht er 8—9 Zoll. Der
grohleTheil ber Oberseite ist råthlichgrau, gegen bie Brust
Hin sanft sitbergrau; bie Flugelbeckfebern sinb ettoas bunk-
ler als ber ubrige Korper, im Ganzen aber von bersetben
zarten Farbung, bie Schtoingfebern braungrau bis in afch-
grau, am Enbe ber Auhenfahne mit fcharfbegranzlein
toeiheii Fleck, bie Hinteren an ber 3mtenfahne schivarz unb
am Enbe ber Schafte mit lackrothen, spatelformigen Aus-
breitungen versehen, bie fur eigentliche Fortsetzungen ber Fe-
berschafte selbst gehalten toerben mnssen, einige Linien in
ber Langemeffen unb eine besonbere, in ber Classe berVogel
uberaus feltene Zierrath bilben. Der Schtoanz ist schivarz
unb Hat eine gelbe Enbbinbe; auf ben Schtoingfebern erster
Orbnung steht auf bre Auhenfahne ein gelber Langsfleck,
auf bent Scheitel ein gewohnlich nach Hinten liegenber,
sonst aufrichtbarer Busch von 1 — 1% Zotl langen, fei-
benartigen, an ben Fahnenrånbern ettoas zerschliffenen
Febern. Die Zugelgegenb, ein Streif burch bas Auge
unb bie Kehle sinb sammetschwarz. Die Weibchen
gleichen ben Mannchen bis auf bie geringere 3nten-
sitat ber Farbung, bie Kleinheit bes Feberbusches unb
ber Anhange ber Hinteren Schtoingfebern. Die Mau-
ferzeit fallt bei ben in Gefangenschaft gehaltenen auf ben
Monat August, also auf biejenige Zeit, >vo ber Seiben-
schwanz in seiner eiflgen Heimath bas Fortpflanzungsge-
schast beenbet haben toirb und sich auf den Zug nach dem
Suden zu beretten anfangt. Das Colorit der Sungen ist
aus begreiflichen Grunden ebenso unbekannt toie die Ge-
schichte der Fortpflanzung uberhaupt.
2. Der nordamerikanische Seidenschwam. (Bombycilla americana.)
Sig. 1350. 1351.
Obgleich im auhersten Norden der neuen Welt unser
Seidenschtoanz, toie oben ertoahnt, vorkommt, so fehlt
doch den sudlicheren Gegenden Nordamerika's eine beson-
dere Art nicht, die man lange Zeit nur als Spielart von
jener hat anerkennen wollen. Sie geht in den Vereinigten
Staaten uberall unter dem Namen des Cedervogels (Ce-
darbird), toeil sie vorzugstoeise gern die Fruchte der soge-
nannten rothen Ceder (des virginischen Wachholders, Iu-
niperus virginiana) friht. Viel toeniger auf kalte Kli-
mate angetoiefen, vermeilt sie das ganze 3ahr Hindurch
in den ziemlich milden norblichen und mittleren Staaten
und befucht die sublichen nur int Winter. 3hre norbliche
Granze scheint ungefahr unter dem 50°n.$r. zu liegen, benn
Say fah sie am See Winipeg; Richarbson glaubt, bah sie
niemals jenfeits bes 55° n. Br. beobachtet toorben ist,
unb bah sie im Sommer nur bie norblichen Kusten bes
Huron- unb Obernsees befuche. Nach Wilson fliegt ber
amerikanische Seibenfchwanz in 20 — 50 Individuelt be-
greifenbeit Flugen, bie fo bicht neben einanber auf einen
Ast sich nieberlasseit , bah ein tvohlgezielter Schrotfchnh
gemeinlich bie Halfte ber Gefellfchaft herabreiht. 3m
Sult unb August verfammeln sich bie Einzelnen unb eilen
nach ber mittelhohen Gebirgskette, welche unter verfchie-
benen Namen, inbesfen am Bekaniitesten unter bem ber
Alleghanies bie Vereinigten Staaten von Norben nach Su-
ben theilt. Dort uberziehen zahlreicher Arten von Hei-
belbeeren ganze Berge unb bieten reichliches Futter. 3m
Oetober toanbert ber Seibenfchwanz in unzahlbaren
Schwarmen in bas ebenere Lanb Hinab, um Baumfruchte
unb besonbers biejenigen ber Ceber aufzufuchen; ztoanzig
bis breihig umflattern nicht felten benfelben Baum, unb
ungezahlle Mengen werden den Sagern zur Bente und er-
fcheinen endlich auf bem Markt von Philabelphia unb
anberen grohen Stabten, wo man sie bes fetten unb wohl-
fchmeckenben Fleifches megen fchatzt unb bas Dutzenb mit
einent Viertel - Dollar bezahlt. Sie streifen ben ganzen
Winter Herunt, werbett aber erst gegen ben 25. Mai wie-
ber in groheren Flugen als arge Naitber ber Fruhkirfcheit
bemerkt, bie, ganz gefchickt, nur bie reifsten unb besten
Fruchte austoahlen. Nach Aububon kommen sie in Loui-
stana Anfang Novembers an unb gehett nårdlich in ber
ersten Wvche bes Marz. 3m 3unt, zu ber Zeit, wo bie
meisten Beerenfruchte reifen, werben fle ungentein fett unb
vertheilen flch paarweis uber bas Lanb, um zu bruten,
siebeln flch bisweilen auf einer rothen Ceber an, geten
aber gemeinlich einent Obstgarten ben Vorzug. Sie banen
ein im Verhaltnisfe zur eigenen Grohe viel zu umfangliches
Nest zwifchen Gabelaste von Apfelbaumen 10 — 12 Fuh
uber ber Erbe unb bebienen sich zur Herstellung ber
Auhentoanb allerlei trockener Pflanzenfafern unb Gras-
Haline; bas Snnere wirb mit gleichen, aber weit feineren
unb weicheren Stoffen ausgefullerl. Die brei bis vier
Eier sinb fchmutzig blauweihlich, verschiebentlich bunkel-
roth unb fchtoarz gefteckt, am stumpfen Enbe ziemlich bick,
am enlgegengesetzlen fehr spitzig. Etwa in der letzlen
Woche Suni's kommen die Sungen aus, welche Anfangs
mit kleinen Sufeelen, fpåterhin mit reifen Beeren gefuttert
iverden. Wilfon fetzt die befondere Bemerkung zu seiner
Schilberung bieses Vogels, bah er fo gut toie stumm sei,
nicht einmal zur Paarungszeit, bie sonst jeben Vogel mehr
ober minber laut toerben lasse, einen Ton von sich gebe,
und dah selbst die durch einen neugierigen Vefucher vom
Neste verscheuchten Aeltern keinen Ruf ber Klage ober ber
Angst erfchallen lasfen. Nach Aububon ist biefer Seiben-
fchwanz ein sehr geubter Sager von Fliegen unb ahulichen
Snfeeten, jedoch zu trag, unt bem Fange mit ungetovhn-
licher Energie obzuliegen. Er erhebt sich toohl von seinem
Aste unb solgt ber Bente einige Ellen toeil, allein er
scheint ben Fang eben nur zuiit Vergnugen unb nicht mit
Ernst unb Anstrengung zu betreiben. Nur gegen Anfang
bes Herbstes, toenn bie Beeren feltener zu toerben begin-
tten, wibmet er, zitmal in ben Abenbstunben, jenem noth-
wenbigen Gefchafte ettoas mehr Ausmerkfantkeit. Sn ber
Lange miht er gegen 7 Zoll. Das Gefieber ist eben fo
weich unb feibenartig toie an ber eurvpaifchen Art; bie
Farbung fehr ahnlich, am Bauche mehr in Gelb ziehenb,
am After toeihlich, am Burzel, anber Oberseite ber Steuer-
febern unb ben Schtoingen schieferblau. Die Schtoing-
febern sinb einfarbig ohne Gelb ober Weih. Der Feber-
bufch ist steifer unb fpitziger, bas Schwarz am Kopfe bis
zum Schnabelivinkel weih eingefahl. Das Weibchen ist
kleiner als bas Mannchen unb uberhaupt von bleicherer
Farbung.
3. Der jupamsche Seidenschwanz. (Bombycilla phoenicoptera )
Sig. 1352.
Man Hat in den neuesten Zeiten auf den japanifchen
Snfeln, namentlich in den Untgebungen von Nangafaki,
einen Seidenschivaiiz entdeckt, der sich von dem europai-
fchen und amerikanifchen durch unbedeckle Nafenlocher,
langen, theilmeis fchivarzen Federbusch und Mangel der
Anhange an den Schmingfedern fehr toefentlich unlerfchei-
det. Sm Allgemeinen ist die Farbung oben rothlich afch-
grau toie bei jenen; ein rolhes Band zieht uber die Milte
der aschgrauen, an der Spitze fchtoarz und toeihen Schtoing-
federn; die graufchwarzen Sleuerfedern haben rothe En-
den; Brust und Flugelbeckfedern sinb graubraun, die un-
teren Schtoanzdeckfedern kastanienbraun, die Fnhe fchtoarz.
Ein die Schtoanztourzel und die Augen umgebender
fchtoarzer Streif verliert sich in bie gleichfalls schwarzen
unteren Kammfebern. Ueber bie Sitlen bieses Vogels
fehlt es an Nachrichlen.
XVIr. Schmuckvogel. (Ampelis.)
Gattungscharakter: Schnabelkurz, ettoasplall-
gebruckt, hoher als breit, Hart, fest; Oberkiefer an ber
Wurzel breieckig, vor ber fchnell fibergekrummten Spitze
flach ausgeranbet; Nafenlocher an ber Schnabeltourzel,
seitlich, abgerunbet, von Borsten verbeckt. Fnhe millel-
mahig; Laufe so lang ober kurzer als bie Millelzehe, bie
feillichen bis zum ztoeiten Glieb burch eine Haut verbun-
ben. Flugel mitlellang; ztoeite Schivingseber bie langste.
1. Der feu-rrothe Schmuckvogel. (Ampelis carnifex.) Fig. 1353.
Alle Schmuckvogel beivohnen bas tropifche Subame-
rika unb verbienen ihren Namen mit vollem Rechle, benn
in teiner Gattung ist prachtvolle Farbung ein fo allgemti-
nes Eigenthum aller Arten. Scharlachroth, Purpur,
Violett, Lafurblau unb Blaugrun in ben ntannichfachsten
Abstufungen, theils auch in fcharsen Zufammenstellun-
gen, zieren ihr toeiches, seibengleich glanzenbes Gefieber.
Dieser Herrliche Schmuck entbehrt jeboch Daner, benn un-
mittelbar nach ber Paarung verlanscht bas Mannchen fetn
Hochzeitkleib mit einein busteren ober doch einfachen Ge-
toande. So schnell tritt diefer Wechfel ein, dah die
Feststellung des eigenllichen Charakters der Arten fehr
ungetoih toirb unb bie Systematiker, burch bie veranber-
liche Farbung verfuhrt, eine Menge von Species aufge-
stellt haben, bie toahrscheinlich nur auf Verschiebenheiten
bes Alters, ber Sahreszeit unb bes Geschlechts beruhen.
Die Schmuckvogel betoohnen nur Walber, vermeiben
vffene Gefilbe, leben von Fruchten unb Saanten, sind