Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
Mit 950 Ubbildungen
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V o ge l.
Zweite Ordttung.
Nogel sind jenem sehr ahnlich. Die Korperlange be-
tragt 4% 3ort. — Die lctzte der in Deutschland vor-
kommenden Baummeisen, die Haubenmeise (Partis
cristatus), wird zwar weitverbreitet und sogar in Nord-
amerika gesunben, indessen nicht uberall gleich Haufig.
In England gilt sie z. B. fur eine grohe Seltenheit.
Sie bewohnt Nabelholzer, zieht im Winter nicht fort,
Hat Sitten, Nahrung und Nesterbau der ubrigen und
zeichnet sich oor ihnen au8 durch eine zugespitzte Haube
aus schwarzcn, Weihgeranbeten Febern; sonst ist sie oben
gelblich aschgrau, unten weihlich, an der Kehle schwarz,
auf den Wangen weih und 5 Zolt lang.
5. Tie canadische Meise. (Parus atricapillus.) Fig. 1366.
Manche Ornithologen, unter ihnen Temminck, Haben
eine Meise, Welche Buffon nach dem Lande benannte,
von ivoher sie zuerst bekannt warb, mit der europaischen
Sumpsmeise fur identisch erklart. Gegenwartig steht es
fest, dav zwischen beideu Vogeln erhebliche Unterschiede
vorhanden und daher die Arten als getrennte anzusehen
sind. Die canadische Meise wird in ganz Nordamerika
und zwar von Florida bis in das traurige Land unter
dem 65° n. Br. angetroffen, Verlahl die nbrdlichsten Ge-
genden im Winter, bleibt jedoch iu den gemahigten das
ganze Jahr hindurch als Standvogel zurfick. Sie ist
uberall haufig und fast in jeder Hecke anzutreffen, felte-
ner allein als in Familien, welche larmend durch die
Walder streifen und mit einer anderen Art (der zwei-
farbigen Meise, Parus bicolor), den Baumlauferu und
Nuhhehern, durch dieselben Bedurfnisse getrieben, sich
zu grohen Gesellschaften verbinden. 3c nach der Jah-
reszeit andert sie ihr Futter, verlahl im September die
Waldungen, kommt zutraulich in die Obstgarten und
sucht wohl sogar in lebhaften Stabten die Nahrung,
welche ihr die Natur im Frelen versagt. Nor allen
anderen Saamen liebt sie die oligeii der Sonnenblumen,
Rudbeckien und ahnlicher Pstanzen mit zusammengesetz-
ten Blumen, als deren Vaterland recht eigentlich Liorb-
amerika erscheint, auherdem diejenigen der Nabelholzer.
Wie die europaischen Verwandten ergreift sie mit Ge-
schick diese Saamen mit den Zeheu und brudt sie Wah-
rend des Auspickens oder Enthulsens gegen einen Ast.
Bisweilen friht sie auch Wachsbeeren (Myrica cerifera),
liest Krumchen auf Fensterbrustungen zusaimneit, fucht
Spinnen, die Eier verwustender Motten und anderer
den Menschen verfvlgender Jnsecten aus den Fugen der
Breterverschalung landlicher Wohnungen, liebt aber
auch Fett und Abfalle des Haushaltes und sindet sich
gern ein, wo geschlachtet worden und vielleicht kleine
Fleischstttckett hangen geblieben sind. Wie die Kohluteise
fallt sie uber Heine Bogel und kranke Jndividuen der
eigenen Art her, spaltet ihnen durch Schnabelhiebe den
Kops und friht das Hirn. Im Winter nimmt sie, um
den Durst zu loschen, etwas Schnee und sindet es auch
in der rauhesten Jahreszeit nicht schwer, sich zu nahrett.
Die Fortpflanzungsperiode begiunt fur sie zeitig im
April und wird durch Hitzige Kampfe zwischen den
Mfinnchen eingeleitet. Das Nest besindet sich stets im
Jnneren sauter Stamme und besteht aus der Hohle
allein, die nicht mit sremden Gegenstanben ansgeffittert,
aber durch die faulen Holzsplitter, welche ben Boden
bedecken, weich und warm genug gemacht wird. Gegen
Ende April werden die 6 —12 weihen, rothbraun puttk-
tirten Eier gelegt. Die erste Brut erlangt ihre Reise
gegen den 7—10. Juni und die zweite gegen Ende Juli.
Die Jungen bleiben den ganzen Winter fiber bei den
Aeltern und bilden eine ganz ansehnliche Familie. Das
reife Mannchen ist oben bleigrau mit Nebergang in
gelblich, unten braunlich weih ; Scheitel, Nacken und
Kehle sind sammetschwarz, Schwingen und Schwanz-
federn schwarzgrau, weihlich eingefaht; ein von den
Nasenlochern entspringender weiher Streif zieht durch
das Auge bis an die Seiten des Halses hinab. Die
ganze Lange betragt 5% Zoll.
6. Die wei^slligelige Meise. (Parus leucopterus.) Fig. 1368.
Die weihflfigelige Meise vertritt in Sfidafrika die
europaische Kohlmeise, der sie zumal durch die Stimme
ahnlich ist. Sie besucht die Garten der Capcolonie sel-
tener, kommt aber daffir um so haufiger im Kafserlande
und besonders am Sonniagsstusse vor, bewohnt nur
Walder, flieht alle offene und baumlose Gegenden, nistet
in hohlen Stammen und tegt 6 — 7 reinweihe, nicht
punktirte Eier. Mit Ausnahme der schneeweihen gro-
hen und Heinen Flfigeldecksedern und des Wurzelenbes
der Schwingfedern ist ihr ganzes Gefieder dunkelschwarz
und, je nachdem das Licht auffallt, auch metallisch in Blau
schillernd. Der Schnabel ist schwarz, kleiner und aus
der Firste ntehr gekrfimmt als bei den europaischen
Waldmeisen, auch sind die granen Ffihe kleiner, die
Krallen kfirzer, breiter und ntehr gekrfimmt. Die ganze
Lange betragt 6% Zolt.
7. Tie Schwanzmeise. (Parus caudatus.) Fig. 1369—1372.
In der zweiten Abtheitung der Gattung (Rohrmeisen)
zog von jeher und vor allen bie Schwanzmeise Aufmerk-
samkeit aus sich, inbein sie alle gewohulichere Nogel Euro-
pa's durch dieKunst des Nestbanes fibertrifft und durch diese
Darlegung von Kunsttrieb nicht wenig beigetragen Hat
zu dem unerspriehlichen Streite fiber die Granzen des
Jnstinets und der Jntelligenz. So klein, niedtich und
zartlich sie auf den ersten Blick erscheint, so trotzt sie
doch ben verschiebensten Klimaten ; man Hat sie nicht
allein in Europa von Mittelitalien bis hoch nach Nor-
wegen unb Schweben, sonbern auch tn einem grohen
Theile von Norbasien unb sogar in Japan gesunben.
In ben Walbern von Deutschland ist sie gentein, in o ste-
nen , baumlosett Gegenden allerdittgs seiten. Auch sie
tritt als Stand-, Strich- unb eigentlicher Zugvogel auf,
bleibt in einzeltten Paarett selbst im Hartesten Winter
zurfick unb soll, nadi White, in Englanb unb Schott-
lattb auch burch bie grohte Kalte nicht bahin gebracht
werben konnen, Zustncht in ben Dorfern zu fuchett.
Anbere Beobachter haben bieser Angabe ntehr ober min-
ber wiberfprochen ; ein englischer Mitarbeiter ber Penny
Cyclopabia verfichert, eine ganze Familie bieser Meise
iu einem Hanbelsgarten in Mibblesser ittnerhalb wetti-
ger Ellen vom Wohtthause unb unmittelbar neben bem
Gewachshause angesiebelt gesehen zu haben; sie war so
wenig scheu, bah sie zahlreiche Besuche Neugieriger
burchaus nicht achtete. Mehr als Dieses wirb ffir ben
beutschen Leser Nauntann's Nersicherung wiegett, bah
biese Meise int Winter nicht allein in Dorfer, sonbern
bis in bie Mitte groher Stabte komme, theils allein,
theils mit Golbhahuchen, Baumlauferu unc anberen
Aieisen in ihretn Gefolge. Jut Somnter lebt sie in ben
Walbern, zumal ben mit Unterholz erffillten, unb ver-
laht sie ungern. Schon Pennant Hat bemerkt, bah sie
gleichsam zogernb von Bauttt zu Bautite fliegt unb nie-
mals weite Enifernuttgett auf Eintnal zurficklegt. Sie
Halt sich allerbings babei nirgenbs auf unb mag wohl
aus Furcht vor Raudvogeln ben geraben, ostenen Flug
vermeiben. Der letztere geschieht mit groher Schnelle,
aber in kurzen Bogen unb wahrscheinlich mit Anstren-
gung, inbein ber lange Schwanz, wenn eben ein starker
Winb Herrscht, ein Hinbernih abgeben muh. Die Nah-
rung besteht ausschliehlich in Jnsecten, welche aus ben
Risten ber Baumrinben Hervorgezogen ober aus Blåt-
tern unb Zweigen ergristen werben. Die Paarungszeit
fallt aus ben Marz. Das Nest, Fig. 1371. 1372., ist ein
wahres Muster von Nogelbaukunst unb wirb in Angriff
genemmen, ehe bie Battnte belaubt sind. Es verbindet
Zierlichkeit mit grohter Zweckmahigkeit, hat die Gestalt
eines ciforntigen, fiberall geschlosseitett und nur am obe-
ren Ende mit einer runden Seiteuofsnung versehenen
Beutels, ber 7—8 Zoll hoch, 4—5 Zoll breit ist. Die
sehr bichte Wanbung besteht aus sorgfaltigst durcheinan-
ber gefilztem Moose, Wolle unb Jnsectengespinnst unb
ist auhcrlich mit Baumstechten fiberzogen, bie burch
eingearbeitete Faden von Spinnen und Raupen in ihrer
Lage erhalten werden. Im Jnneren hansi das battende
Paar, dem die Arbeit an drei Wochett kosten kann,
Wolle, Haare und ahuliche weiche Stoste auf und be-
rettet ein Lager, welches bem Luftzuge, ber Kalte unb
Feuchtigkeit gleich unzuganglich ist. Um bas Nest vor
Erschfitterung unb Umanberung ber Gestalt zu schfitzen,
wirb es zwischen mehreren sich kreuzenben Aestett auf-
gehangt, bie ziittt Theil mit ber Wanbung so Verbunben
stub, bah man sie abschneiben muh, um bas ganze Kunst-
werk unverletzt zu erhalten. Zu ber Ausbrfitung ber
8—12 weihen, rothpunktirten Eier sinb ohngefahr 13
Tage erforberlich ; beibe Gatten stehen biesent Geschafte
abwechselnb vor. Die mit Raupen unb weichen Kafer-
larven grohgezogenen Jungen bleiben wahrenb beS ersten
Herbstes unb WinterS bei ben Aeltern, setzen sich, um
zu schlafen, bicht neben einanber aus einen Zweig, stråu-
ben bas Gefieber unb gleichcn zusaninten einem Balle
von Febertt. Verschiebene Laute erhalten Verstanbnih
unter ber zahlreichen Familie; ber gewohttlid'ste ist kanut
horbar unb zischenb, ber anbere scharfer unb zirpenb, und
der Lockton klittgt hell und pfeisend. An dem alten
Mannchen sind Kops, Nacken, Kehle und Unterkfirper
weih, ber Oberrficken unb bie sechs mittleren Steuer-
sebertt schwarz, bie drei attherett Steuerfebern mit weiher
Auhenfahne, bie Schwingen gran, Unterrficken unb Hin-
terleib rostrothlich; ber Schnabel ist kur;, hoch und
schwarz, dek Schwanz Halb so lang als ber 6 Zoll nies-
senbe Korper. Am ahnlichen Weibchen sinb alle Farben
matter.
8. Tie Bartmeise. (Parus biarmicus.) 8ig. 1373.
Die Bartmeise bewohnt einen grohen Theil von Eu-
ropa, jeboch nicht den Hoheren Norden, geht durch das
sfidliche Ruhland bis zum caspischen See, vermeidet die
Walder unb Berggegenden unb lebt vorzugsweis in
wasterreichen, mit Rohr fiberzogenen Niederuttgen. Sie
ist baher, wie auch Temminck versichert, in Hollanb
auherorbentlich gentein, stellenweis auch in Deutschland
haufig und bevolkert die sumpfigen Kfistenstriche Ita-
liens, die Maremmen von Livorno bis Ostia und die
Niederungen an ber West- unb ber Nordkfiste bes abria-
tischen Meeres. Im Charakter gleicht fie anberen Mei-
sen, in ber Lebensart besonbers ber Sumpsmeise. Sie
lauft nicht allein an ben Rohrstenaeln auf und ab, fott-
dertt sucht auch an ber Erde ober vielmehr aus ber Ober-
flache bes Sumpfes ihre aus Jnsecten und Weichthieren
bestehende Nahrung. Syles, ein englischer Ornitholog,
fand in dem einer Haselnuh an Grohe kauttt gleichkomt-
tnenden Kropfe einer Bartmeise zwanzig Berttsteittschite-
cken (Succinea amphibia), wovon einige von ganz an-
sehnlichem Umsange, und vier Tounchenschneckett (Ptipa
muscorum), bie genau auf einanber gepackt unb ttoch
unverbauet waren ; ber ungewohnlich utuskulose Magen
enthielt eine Menge von Schaalenresten berselbett Weich-
thiere unb viele scharfeckige Quarzkortter, bie zur Befor-
beruttg ber Nerbauung verschluckt worbett waren. Anbere
Beobachter erwahnen bieses Futter nicht, sonbern nentten
ben Saamett bes gemeinen Rohrs als gewohnliche Nah-
rung. Wie bei anberen Meisen tritt Verwechselung ber
animalischen Nahrung mit pflanzlicher je nach der Jah-
reszeit ein; verschwinden gegen den Herbst die Jnsecten,
so reisen die Saamen des Rohrs und anberer Sumpf-
pflanzen. Die Bartmeise liedt Geselligkeit nicht; bie
Paare ober Familien Halteit wohl zusammen, vereinigen
sich aber nicht mit anberen zu grohen Flfigett. Ihre
Fortpstanzuitgsgeschichte liegt mehr int Dunkeln als bei
anberen Arten, inbem sie ttur in ben unzuganglichstett
Rohrwalbern nistet. Sie bauet gleichsalls ein kfinstli-
ches, in Sammlungen seltenes Nest, welches mit bemje-
ttigen ber Beuielmeise haufig verwechselt worben sein
mag, jeboch ebenso burch Grohe als auheres Ansehen
unterschieden ist. In ber allgemeinen Gestalt bemselben
ahnlich, besteht es nicht aus Moos, sonbern aus Pflan-