Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Sodur.
Vo g r 1.
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zenfasern, welche in Sumpfen macerirt gefunden roerden,
entbehrt die lunere Bekleidung mit Baumflechten und ist
mit der Saamenroolle der Rohrpuntpe (Typha) ansge°
futtert. Narrel beschreibt in seiner Geschichte der briti-
schen Vogel ein solches Nest, welches nur aus feittett,
kunstreich verwebten Schilftheilen bestand und ein oder
zroei Fnh uber dem Boden an Binsen ausgehingt war.
Hey, ein anderer Bevbachter, sand, bap in England die
Bartmeise im April zu bauen beginnt; das Nest besteht
auswendig aus Theileu trockener Schilfblatter und aus
Binsen mit nntermischten Grashalmen und ist mit den
weichen Bluthenrispen des Schilfrohrs ausgefuttert.
Geroohnlich besindet es sich nahe am Boden zwischen
hohen Buscheln von Sumpfgrasern, bisweilen audi zwi-
schen niedergedruckten Schilfstengeln, niemals aber att
denselben fret aufgehangt, wie erzahlt worden ist. Die
Eingatigsoffitung liegt oben an der Seite und ist bis-
weilen doppelt. Nach Temminck sind die 6—8 rdthli-
chen Eier am stumpfen Ende braun punktirt. Das alte
Mannchen Hat perlgrauen Kopf und Nacken, Hellbrau-
nen Hinterhals und Vorderrucken, Vorderhals, Brust
und Bauch weih, weihlich rostfarbene Steuerfedem,
graue Schwingen und einen schwarzen, am Mundwinkel
beginnenden, an den Hals etwas hinabreichenben, aus
verlangerten Federn bestehenden Zwickelbart. Der Schna-
bel ist etwas gebogen und rostgelb. Dem Weibchen fehlt
der Bartstrich, am Kopfe steht ziemlich vieles Weisi, der
Scheitel ist rostbraun, der Rticken mit einigen dunkleren
Langsflecken versehen.
9. Tie Beutelmeise. (Parus pendulinus.) Fig. 1374.
Im ostlichen Europa und in Nordasien bis zum Jr-
tisch wird die Bartmeise von der Beutelmeise oder Re-
miz, wie sie in Polen heisit, vertreten. Sie gehort in
Deutschland nod) ntehr zu den Seltenheiten als jene,
wird jeboch an der Donau unterhalb Presiburg Haufiger
angetroffen und nimmt weiterhin an Zahl so zu, dasi
man sie in Ungarn und der Turkei als uberall einhei-
misch kennt. Jin westlichen Europa ist sie unbekannt
und von keinem britischen Ornithologen in den Ver-
zeichnissen englischer Vogel aufgefuhrt worden. Sie
scheint nirgends regelmahig zu wandern, sondern nur in
engeren Granzen hin- und her zu ziehen und der Bart-
meise hinsichtlich des Aufenthaltes zwischen hohem Ge-
rohrig und der Nahrung vollig zu gleichen. Lebhaftig-
keit, Fertigkeit im Klettern und Art des Fluges Hat sie
mit den ubrigen Verwandten gentein. Jhr Nest erbauet
sie an den am Schwersten zuganglichen und gut verbor-
genen Orten ausgedehnter Sumpfe aus Fasern der im
Wasser versaulten Pstanzen und feinen Grashalmen, die
mit der Saamenwolle von Meiden und Pappeln, Disteln
und Rohrpuntpe zu einent sehr festen Ganzen verwebt
werden, welches an Dichtigkeit einem groben Filz nicht
nachsteht und tutter den Erzeugnissen des Kunsttriebes
der einheimischen Vogel einen eben so hohen Rang be-
Hauptet als das Rest der Schwanzmeise. Stels ist es
mit dem oberen Ende, in dessen Nahe sich der Eingang
besindet, an einen Rohrstengel oder einen bumten Wei-
denzweig frei aufgehangt, durch vielfach umwickelte Fa-
sern wohl befestigt, ubrigens von etwas veranderlicher,
wenn auch im ^ffgemeinen der Eiform oder dem Spha-
roid sich annaherndeit Gestalt, die bisweilen, durch Ver-
långerung des Einganges zu einer Rohre, einer Flasche
gleicht. Es misit 7—9 Zoll in der Lange, 4—5 Zoll
in der Breite und enthalt 5 — 7 reinweisie, wie einige
sagen, ungefleckte, nach Anderen jedoch feiit rothpunk-
tirte Eier. Die Paarungszeit soll auf ben Juni fallen
unb baher nur eine Vrut jahrlich grosi gezogen toerben.
Das Mannchen ist auf Nacken unb Hinterhals weisi-
gratt, auf Vorberrucken unb Schultern rostbraun, auf
bem Hinterruckett ntehr rostgelb, an ber Kehle unb ber
ganzen Unterseite toeisi, jeboch an Brust und Bauch
rostgelb angeflogen, an Stim und Mangen schwarz.
Der Schnabel ist gerade, lang zugespitzt und ziemlich
dunn; der stumpfgal-elformige, brauttschtoarze, Hellge-
saumte Schtoanz misit ohngefsihr ein Drittheil der gan-
zen, 41/2 Zoll betragenden Lange. An dem etwas klei-
neren Weibchen treten bie Farben ntittber beutlich hervor.
XXIV. Spechtinetse. (Sitta.)
Gattungscharakteri Schnabel gerabe, keilfor-
mig ; Oberkiefer zugespitzt, born etwas zusatumenge-
brudt; Nasenlocher an ber Schnabelrourzel, runb, theil-
weis burch Borsten verbeckt. Zehen tinten mit starten
Ballen, bie anheren an ber Murzel burch kurze Haut
uerbunben, bie Hintere so lang ober langer als die mit-
telste mit langer, krummer Kralle. Schwanz zwolffede-
rig. Flugel kitrz; die drille unb vierle Schwingfeder
bie langsten.
Die europ^ische Spechtmeise. (Sitta europaea.) Fig. 1375. 1376.
Zwischen ben Meisett unb Spechlen einerseils unb
ben Baumlaufern anbererseits wirb bie Verbinbung
Hergestellt burch bie Spechlmeisen, bie mit ben letztge-
nannlen Familien Manches gentein haben, ohne im
eigentlichen Sinne zu ihnen zu gehoren. Sie klettern
ebett so geschickt Wie bie Spechte, jeboch entbehren sie
ben Harten unb steifen Schwanz, welcher biesen als
Stutze von grohent Nutzen ist, laufen fogar in verkehr-
ter Stellung, ben Kopf nach tinten, an ben Stammen
herab, was ihnen feitt anberer Klettervogel nachthun
latin. Diefe ungewohnliche Lage bes Korpers scheint
ihnen fo naturlich zu sein, bah sie dieselbe fogar in bem
Augenblicke annehmen, wo sie, nach kurzent Fluge, an
einem Baumstamme sich anheften. Naher verwanbt sinb
sie ben Baumlaufern, haben wie biese eine kurze unb
Hornige, vom fcharffpitzige Zunge, allein sie unterschei-
ben sich von ihnen ebenfalls burch weiche Schafte ber
Steuerfebern unb burch bie Auhenzehe, tvelche bei
Baumlaufern kurzer ist als bie Mittelzehe. Die Sitte
bes amsigen Hin- unb Herlaufens an Baumstantmen,
bie zum Klettern vortrefflich eingerichteten Fuhe unb bie
Form bes Schnabels unb ber Zunge verrathen fogleich
ben auf Jnseclennahrung angewiesenen Vogel. Mas
feitt fcharfes Auge erblickl ober ber Jnstinet wittert,
wirb fogleich ergriffen ober tinter ber Halbabgelosten
Borke Hervorgezogen ; bie knorpelige, nicht ausbehnbare,
einem Harpun zu vergleichenbe Zunge fpielt Hierbei eine
ebett fo wichtige Rolle als ber gleich Harte unb scharf-
spitzige Schnabel, beffen Hammern unb Pochen zwar
nicht fo laut fchallt, als bas vom fleihigett Spechte aus-
gehenbe, inbefsen in ruhigen Walbern beutlich verttom-
ttten wirb. Mit biesent Gerausch lafsen sie einen schttnr-
renbett Ton wechseln, ber, wie man meint, burch rasche
Reibiing bes in eine Holzfpalte verfenkten Schnabels
hervorgebracht wirb, auf 200 — 300 Schritte toeit Hor-
bar, einen weit groheren Vogel vermuthen laht. Die
toenigen ^lrten ber Gattung gehoren meist ber ttorbli-
chett Melt, einige ben ittbischett Jnfeln unb Neuhollanb
an, sinb satnmtlich kleitt unb in ber Farbung unbebett-
tenb. Die bekannteste Art, bie europaische Spechlnteise,
wirb im grohten Theile von Europa, jeboch nicht auher-
Halb ber roalbreicheren Gegenben unb kauttt im hoheren
Norben gefunben ; sie fehlt baher in Schottlanb unb
bem norblichen Schwedeti, Warb, wie Thompson ver-
sicherl, in Jrlanb ttie gesehen, ist aber in Deulschlanb
ziemlich gentein. Durch tinerntubliche Beweglichkeit,
das Fliegen von Baunt zu Bauitte und die ununterbro-
chene Jagd auf Jnseeten, durch Lebhaftigkeit und Zank-
sucht erinnert sie an die eigentlichen Meisen, deren pos-
senhaftes Mesett, Furchtlosigkeit und Neugierde sie
ubrigens nicht theilt. Gertt bleibt sie int Umkreise der
weiten Oeffnung eines Hohlen Baumstammes, ttttt die
zufallig Hervorkommenden oder durch das Hammern
unb einzelne laute und scharfe Stintmlaute erfchreckten
Jnseeten zu ergreifen. Wenn die vorgernckte Jahreszeit
die letzteren seltener werden laht, so sindet sie Hinrei-
chende Nahrung an den Saatnen der Rothbuche, der
Sonnenrose, des Hanfs und an Haselnussen, die sie
durch Einklentntung in eine Spalte befestigt und dattit
mit dem Schnabel pickend bearbeitet, bis eine hinreichend
grohe Oeffnung ben Kern bloslegt. Dah sie mit ben
Meisett bie Raubvogelgewohnheiten theile, mag wohl be-
zweifelt werben, jeboch friht sie eben so gem Talg und
thierisches Felt und wird mittels solcher Koder am Erstett
gefangen. In Deutschland Halt sie den Winter aus und
kantt hochstens als Strichvogel gelten, anderwarts sdieint
sie 511 wandern. Auch das kalteste Metter dertreibt sie
nicht aus den Malbertt, indessen verbringt sie bann viele
Zeit in Baumlochern verborgen. Gefangenschaft ertragt
sie nicht; obwohl sie mit vieler Gefrahigkeit bas vorge-
worfene Flitter zu sich nimmt, soerschopft sie sich balb burch
ebenso ununterbrochene als anstrengenbe Versuche, bett
Kafig zu burchlochern. Die Paare bauen int April ihre
Nester genteinschaftlich. Bisweilen nehmen sie Besitz von
einem verlaffenen Spechtloche; anbere Male vertiefen sie
eine Grube in bem Sinteren eines fattlen Batititstamines.
3ft bie auhere Oeffnung zu weit, so wirb sie mit Dattttti-
erbe ober zahem Lehnt soweit ausgemauert, bah sie nur bie
Besitzer ber Mohnung unb keinett groheren Vogel zulaht.
Auf bett mit weichent Moose bebeckteit Boben ber Hohle
legt bas Weibchen 5 —7 graue, mit rothett Punkten be-
sprengte Eier, welche von bem Weibchen allein bebrutet,
von beiben Gatten eiferfuchtig bewacht werben. Das bru-
tenbe Weibchen zischt wie eine Meise, toenn man bie Hohle
mit einem Stabchen sonbirt, laht sich eher ergreifen
als zur Flucht bewegen, bleibt treulick bei ber Brtit und
wirb vom Mannchen ernahrt. Die im Monat Mai aus-
kriechettben Jungen lohtten biese Anfopferungen keittes-
wegs burch lange bauernbeDankbarkeit, fonbern verlaffen
bie Aeltern, sobalb sie bie gehorige Reife erlangt haben.
Die Farbung bes alten Manndtens ist obenher blaulich-
gran, unten gelblich, in ben Weichen rostroth, an ber
Kehle weih; bie zwolf Steuerfebern sinb schwarz unb grati,
bie anheren vier an ber Spitze weih, bie Schwingfebern
schroarzlichbraun; ein schwarzer, vom Mtittbwittkel etit-
sprittgenber Streif geht bttrch bas Auge. Die Lange be-
tragt gegett 6 Zoll. Das Weibchen ist bem Mannchen
sehr ahnlich, feine Farbung ein roenig matter.
Sechste Familie.
Sanger.
Die Familie ber Sanger begreift eine anfehnlicheZahl
von kleinen unb zartgebauten, babei aber burch Starke unb
Annehmlidikeitber Stimme nicht felten sehr ausgezeichtteteit
Vogeltt, bie theils in Walbern unb Buschen, theils zroi-
schen Rohr, auf Ebetten nicht minber als auf Bergen,
balb in feuchten Nieberuttgen unb am Waffer, balb in
trockenen Gegenben sich aushalten unb im kalterett Europa
burchaus nur als Zugvogel vorkontnten, bie, gegett niebrige
Temperaturen empfinblich, spat int Fruhjahre eintreffen
unb zeitig int Herbste roieber roeggehen. Sie beleben im
Vorzuge vor allen anberen Vogeltt die nordische Landschaft
zu jener Zeit, roo bie Natur aus tangent Schlafe zu er-
roachen scheint. Sehr artenreid) unb in zahllosen Jnbivi-
buen vorhatiben, beinahe in feber Gegettb anzutreffen, balb
ntehr auf ben Hochroalb angeroiesen, balb bas Gebusch
-vorziehenb unb zum Theil sogar furchtlos neben ben Dor-
fertt sich ansiebelnb, begegntt si e bent Menfchen uberall
unb ftets in Heiterer Gestalt. Die Thatigkeit, mit welcher
sie ihre Nahrung suchen, ihre Vorsorge fur bie Nachkotit-
men, ihre Munterkeit und die Stimmen, die bald als
Zroitschern, bald als Gesaitg den granenden Biorgett be-
gruhen und roahrenb der Monate Mai und Juni in felten
unterbrochenem, taufendstimmigen Chor erfchallen, brin-
gen auf den unverdorbenen Menfchen einen tittt fo tieferen
Eindruck hervor, als feder, roenn auch unberouht, durch
das im Fruhlinge roiederkehrende Leben ergriffen unb zur
Aufnahme seiner Zeichen empfanglicher gemacht tvirb.
Ohne bie srohlichen Totte der kleinen, ihr Hauswesett be-
grunbendett Sanger rourde das srische Grun deS Lenzes
umsonst glanzen, bie Blunte umsonst bluhett und der
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