Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Snugethiere.
Vierte Vrdnung.
Eknigkeit mit einander; die letztere tragt 108 Tage,
und beide vertheidigen mit granzenloser Wuth ihre
Jungen, die, mit offenen Augen geboren, am Ende des
ersten Jahres die Grohe mittelinahiger Hunde Haden,
im dritten Jahre, soweit sie mannlichen Geschlechts
sind, die ersten Sparen von Mahnen entwickeln und
niit dem sechsten Jahre vollig ausgefarbt und erwach-
sen flnd. Die Lebensdauer ist betrachtlich; in Paris
haben mehrere Lowen 40 Jahre gelebt, und in London
starb 1760 der seiner Zeit beruhmte Pompejus, im Alter
von 70 Jahren; ein anderer, der von Gambia gebracht
worden war, wurde ebendaselbst 63 Jahre alt. Auch
bei bester Pflege behaupten Lowen der Menagerien
felten das schone Aussehen und die muskulose Gestalt
der wilden Jndividuen, sondern leiden durch Enge
ihrer Zellen und Mangel an Bewegung stets in Hohe-
rem oder geringeren Grade. Selten pstanzen sie sich
in der Gefangenschaft fort; indefsen erzahlt Lacépéde
die Geschichte eines Paares, welches, sehr jung ein-
gefangen, zusammen aufgezogen »vorden war und ineh-
rere Nachkommen hatte, die in den ersten Jahren ihres
Lebens, durch dunklere Querstreifen an den Seiten des
Rumpfes, jungen Tigern ausnehmend glichen und wie
Katzen miauten. Zufolge der von Friedr. Guvier in
der pariser Menagerie gesammelten Erfahrungen dauert
das Sangen sechs Monate. Bei aller Vorstcht will
es nicht gelingen, die in Europa geborenen Lowen
grop zu ziehen; sie sterben mit Anfang des zweiten
Jahres zu der Zeit, wo die Eckzahne sich entwickeln,
eine Periode, die mit vielen Sturmen verbunden ist
und selbst manchen der wilden Raubthiere todtlich zu
werden scheint. Dah Lowe und Tiger in der Gefan-
genschaft Bastarde (Fig. 362). erzeugen tonnen, ist un-
zweifelhaste Thatsache, denn solche wurden 1827 in
Atkins' Menagerie in Windsor, andere auch tit Deutsch-
land und Frankreich geboren. Obwohl in den ersten
Monaten kraftig und munter, schienen sie erwachsend
an Lebenskrast zu verlieren und starben nteistens vor
Ausgang des ersten Jahres.
2. Der Cougouar oder Puma. (Felis concolor.) Fig. 364. 365.
Wenn man die Gattung der Katzen nach der Far-
bung allein in Gruppen theilt, so muh der Cougouar,
oder Puma, wie er in Peru heiht, unmittelbar neben
den Lswen stehen, von welchen er jedoch durch feinere
anatomische Berschiedenheiten, namentlich durch Scha-
delform, etwas abweicht. Seit alten Zeiten tragt er
den Namen des amerikanischen Lowen, obgleich er
mahnenlos und weit kleiner ist und weder Hinsichtlich
der Starke noch des Muthes mit dem Lowen der
alten Welt verglichen werden kann. Die Aehnlichkeit
beschrankt sich auf ungefleckte, gleichsormige, aus dem
Rothgelben in das Silbergraue ziehende Farbung, die
nur am Bauche und an der Schnauze in Weihlich fiber-
geht. Die Umrisse des Korpers sind im Allgemeinen
nicht ohne Eleganz, allein die Glieder scheinen zu dick,
und die zumal am Wcibe hervorstechende Kleinheit
des Kopfes vertragt sich nicht mit dem Begriffe eines iut=
ponirenden Aeuheren. Die Lange des Korpers be-
tragt ohngefahr 4 Fuh, diejenige des mit einem Haar-
buschel nicht versehenen Schwanzes 2 F. Der Cougouar
ist das grohte der amerikanischen Raubthiere und von
Patagonien bis Canada verbreitet, wird aber in dem
Gebiete der Vereinigten Staaten jetzt nur selten an-
getrofsen und zieht in Sudamerika die kuhleren Berg-
gegenden den heiheu und Waldbedeckten Ebenen vor,
in welchen Hingegen die Onze sich aushalt. In der
Cordillera von Chile, Peru und Quito und in den
Hoheren Gebirgen von Brasilien ist er strichweis sehr
Hansig und den vereinzelten Ansiedlern sehr lastig, nicht
eben durch Angriffe auf die Menschen, die er furchtet,
oder welchen er mindestens ausweicht, aber durch die
Beraubung der Heerden. Obgleich er zum Klettern
im eigentlichen Sinne roenig geschickt feilt durfte, lauert
doch auf niederu Baumasten, die er durch einen Sprung
erreicht, und sturzt sich von dort auf das arglos vor-
ubergehende Wild. Uitahnlich dem Lowen, todtet er,
durch Mordlust befeuert, wo Gelegenheit sich darbietet,
weit inehr Thiere, als die Stillung des Hungers er-
fordern wurde, und richtet daher tutter unbewachten
Heerden furchtbare Verroustungen an. Einige Stucke
schleppt er indessen fort, unt sie als Vorrath in irgend
einem nnzuganglichen Orte zu verbergen. In den
Cordilleras Horen Reisende des Nachts seine Stimme
und gewahren roohl auch in unsicherer Ferne seine
Gestalt, jedoch haben sie fur sich selbst nicht zu sfirch-
ten und vermogen mit einiger Aufmerksamkeit ihre
allerdings bedrohten Maulthiere zu schutzen. Auch in
den weiten, aber tinter kalteren Breiten gelegenen
Pampas wird er Hausig angetroffen, indem dort die
Bewachung der Herumschweifenden Heerden kauin inog-
lich ist und diese dem Cougouar Nahrung darbieten.
Die halbwilden Landleute der Platastaaten, die Gau-
chos, verwegene, aber kraftige Menschen und die besten
Reiter der Welt, finden ein besonderes Vergnugen in
der Jagd des Puma oder Leon, wie sie ihn nennen,
hetzen ihn mit grohen Hunden und isdien ihn Wah-
rend dieses Kampses entweder mit den Bolas, den ost
beschriebenen Wurfkugeln, oder werfen ihm die ttie
fehlende Schlinge, den Lasso, uber und schleifen ihn
galoppirend zu Tode. Sir Francis Head, ein eng-
lischer Reisender, traf in den Pampas auf sonderbare
Weise mit einem Puma zusammen. Kopf und gan-
zen Korper in das Volkskleid, den Poncho, gehfillt,
suchte er eben kriechend in die Nahe wilder Enten zu
gelangen, als er eiu' knrzes Gebrfill vernahm und
sich berfihrt ffihlte. Schnell die Decke abschfittelnd und
aufspringend, sah er zu seiner nicht geringen Ueber-
raschung einen Puma auf Armslange vor sich, der,
nicht weniger erstaunt, ihn mehrere Secunden unbe-
weglich firirte, endlich langsam zehn Schritte zurfick-
ging, nochmals stehen blieb, jedoch daS Ansehen des
nur mit eitter Vogelflinte versehenen, aber ganz bewe-
gniigslosen Jagers nicht geheuer finden mochte und
sich endlich vollig entfernte. In Nordamerika Hat man
von jeher es zweckmahig gefunden, „den Panther", wie
man ihn dort heiht, durch Hunde auf einen Bauin
zu treibett, wo er danit dem Schutzen ein sicheres Ziel
darbietet. Audubon, der rfihmlich bekannte amerika-
nische Ornitholog, beschreibt mit vieler Lebendigkeit
ritte solche Jagd, die fibrigens erst dann endete, als
das lebenszahe Raubthier mehrere Kugelu in die edel-
sten Organe erhalten Hatte. Ein jetzt veralteter Schrist-
steller, Lawson, erwahnt in seiner Beschreibuitg von
Carolina, dah zu seiner Zeit das ganz weih und ein-
ladend aussehende Fleisch des Cougouar vieten Pflan-
zern als ein Leckerbifsen gegolten habe. Mancherlei
Aberglauben hat sich in Beziehnng auf dieses Thier
seit alten Zeiten unter den iiordamerikanischen Land-
leuten erhalten; noch jetzt glaubt man, dah es Tone
weinender Kinder oder den Ruf eines Zcichen geben-
den Jagers nachzuahmen im Stande sei und auf solche
Art Arglose und Unwisfende zu verlocken strebe. In
Sfidamerika kennt man den Puma befser, und Azara's
Bericht fiber ihn ist der Wahrheit ganz getreu. Ohne
Muth und rasche Entschlossenheit, kann er nur durch
schmerzende Wunden veranlaht werden, den Jager an-
zugreifen, und ist danit ein gefahrlicher Feind, roenn
gleich nicht in dem Maahe roie die Onze. Er ist nicht
schroer zu zahmen, zumal roenn jung eingefangen, ge-
horcht seinein Herrn, entroickelt Gelehrigkeit und ist
in Europa ost gesehen, sogar zu manchen mit der
Katzennatur nicht besonders Vertraglichen Kunststficken
abgerichtet roorden. — Spielarten von sehr abweichen-
der Farbung stud nicht bekanut; der nordamerikanische
„Panther" ist durchschnittlich etwas rothgelber als der
mit ihm identischc sfidamerikanische Puma, der in Chile
bisweilen von fast silbergrauer Farbung gefunden wird.
3. Der Tiger. (Felis Tigris.) Fig. 366.
Sowie der Lowe die erste scharf begranzte Gruppe
der Katzen darstellt, so steht auch der Tiger als Repra-
sentant der zweiten fast allein, denn der Nebelparder
(Felis ntacroscelis), der ihn auf eiuigen asiatischen Jn-
seln vertritt, ahnelt ihm zwar in der Zeichnung, macht
aber schon den Uebergang zu den Pantherkatzen mit
fleckigem Felle. Unt ihn von gelvissen kleitteren Arten,
den sogenannten Tigerkatzen, zu unterscheiden, nettut
man ihn wohl auch „Konigstiger". Durch Grohe
nahert er sich dem Lowen, Hat aber eitte ntehr ver-
langerte, schlankere Gestalt, kfirzeren und runderett Kopf,
ein obett Hellrothgelbes, an den Seiten mit schiefen
schroarzen Querstreifen gezeichnetes, am Bauche schwarz
quergestreiftes Fell, schwarz geringelten, 3 Fuh 3—5
Zoll langen Schtvanz, langen Backenbart, weihe llnter-
kinnladen und Lippen. Die Lange des Korpers betragt
mit Einschluh des Kopfes 5 Fuh 8—9 Zoll, indessen
kommen bisiveilett noch grohere Eremplare, selten eine
weihe Spielart vor, an welcher die sehr nebelhaften
Seitenstreifen nur unter gewisser Beleuchtuug bemerkbar
sind. Er gehort ausschliehlich Asien an und ist eine
furchtbare Geihel von Hindostan, Sumatra und den
aitderen grohett Jnseltt jettes Welttheiles, soll auch im
Silden von Chitta vorkommen und tvandert, tvie die
Forschungen Humboldt's, Ehrenberg's und der russischen
Behorden nachgewiesen, gelegentlich sogar bis in das
mittagliche Sibirien. Die Alten betrachteten Hyrcauien,
eine an den easpischen See stohende Provittz des alt-
persischen Reiches, als die eigentliche Wiege des Tigers
und schrieben den dort hausenden den hochsten Grad
von Furchtbarkeit zu. Ueberhaupt scheinen die Romer
und Griechen mit diesent Raubthiere genau bekanut ge-
wesen zu sein; sie gedenken mit besonderer Bewunde-
rung seiner ungemeinen Schnelligkeit und gewandten
Bewegungeit. Der Tiger gehorte Anfangs zu den sel-
tensten der bei grohen Festlichkeiten dem schaulustigen
Bolke vorgetuhrten Thiere, wurde ztvar, nachdem Indien
zuganglicher geworden, in groherett Zahlett Herbeige-
schafft, niemals aber in solcher erstaunlichen Menge
wie die Lowen, von welchen Pompejus, als er sein
Theater einweihte, auf eintnal sechshundert sehett lieh.
Gordian III. besah zehn Tiger, und Heliogabalus spannte
einst zwei gezahmte vor den Karren, auf dem er, mit
den Attributen des Bacchus versehen, sich dem von
seiner Hohe gesunkeneit romischen Volke zur Schau
stellte..
Der Tiger i ft das eigentliche Ideal eines reiheitden
Thieres, uitruhiger, uitternehmender, unersattlicher und
grausamer als der Lowe und tveit mehr zu sfirchteit als
dieser, well er mit gleicher Starke die grohte Tficke ver-
bindet titid zu alfen Zeiten, Raub suchend, Herumstreift.
Nichts tveniger als muthig, nahert er sich selbst dett
schwacheren Thieren, die er zum Opfer ausersehen,
nicht anders als durch schlangeitformiges Kriechen, ver-
ineidet vorstchtig jede Gefahr, weicht dem Kampfe aus
und wird erst dann zu einent wirklich furchibaren Geg-
ner, wenn der Hunger ihn qualt, Verzweistung oder
eine breititende Wunde seine Besonnenheit in tollkfihne
Wuth verwandelt. Solche Charakterzfige gehoren aber
keineswegs ihm allein an, sonderit sind nur diejenigen
der Gattung und in ihm in deutselben Maahe gestei-
gert, als er die fibrigen Arten an Grohe fibertrifft, die
aber in diesent Falle ein entsprecheudes Selbstgeffihl
nicht hervorbringt. Seine Wildheit und Gefahrlichkeit,
den Schrecken, den er einfloht, die Niederlagen, die er
unter Menschen und Thieren anrichtet, wird man zwar
nie mit zu lebhaften Farben itialeit, allein was titan
seit alten Zeiten fiber seineu Blutdursi, seine berechnete
Grausamkeit, seine Uneinpfindlichkeit gegen gute Be-
Handluttg und seine Nnzahmbarkeit erzahlt hat, gehort
in das Reich der Uebertreibungen und Fabeln, an
welchen die Naturgeschichte noch immer bedauerlicheu
Neberstuh hat. Jnt Gegentheil ist er nicht schweret