ForsideBøgerIllustrirte Naturgeschich…ierreichs : Erster Band

Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band

Forfatter: Eduard Pöppig

År: 1847

Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber

Sted: Leipzig

Sider: 312

UDK: St.f. 59 Pöp

Naturgeschichte der Säugethiere

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Side af 322 Forrige Næste
Uagethiere. Saugethierc. 123 meist ziemlich flach. Die Augenhbhle ist nach Hinlen nicht geschlofsen, die Zwifchetikieferknochen sind aus be- greiflichen Grunden sehr grosi, der Unterkiefer wird mit deni Schadel durch einen in die Lange gesteilten Gelenk- kopf dergestalt verbunden, dasi die Bewegung von hinten nach vorn allein moglich bleibt, die seitliche aber ganz verhindert wird. Die Augen stehen immer seitlich, am Meisten so bei Haasen und entwickeln sich im Verhaltnisi zur angewiesenen Lebensweife, sind daher sehr grosi bei nachtlichen Nagern, mittelmasiig bei den am Tage be- schaftigten, ftein bei den unterirdisch ledenden, bei Blind- mausen fogar mit einer dicken, nicht gespaltenen Haut uberzogen und durch Haare verdeckt. Das gleichfalls sehr veranderliche Ohr ist ohne ausiere Muschel bei gra- benven Arten, sehr eng und theils mit Klappen verschliesi- bar bei den im Wasser lebenden, um so grosier und ent- wickelter, je toehrloser und der Verfolgung ausgesetzter eine Llrt sein mag, inib erreicht daher die dedeutendsten Dimensionen bei Haasen, wo es zahlreiche Muskeln in die verschiedensten Stellungen legen und hierdurch das Auffangen des leisesten Gerausches moglich machen. Das Geruchsorgan zeigt nichts Besonderes, besitzt indek- sen bei vielen Arten eme grosie Scharfe titid scheint mit den Bartborsten, die z. B. an Ratten ungemein lang sind, den Haasen aber ganz fehlen, in Verbindung zu stehen. — Die physische Ausrustung der Nagethiere scheint, ver- glichen mit derjenigen der Raubthiere und Vierhander, gering und beschrankt zu sein. Mas Nagern an Jntelli- genz abgeht, ersetzt indessen ein scharfer Jnftinct, der, bei dem Bider besonders dewundernswerth, in Verfertigung kunstreicher Baue Hervortritt und den Hamster dei Anle- gung seiner mehrkammerigen Magazine unterstutzt, in welchen die Vorrathe trocken liegen. Ueberhaupl liefert der bei sehr vielen Nagern demerkliche, bei anderen Sau- gethieren ganz ungewohnliche Tried zur Herstellung von kunstreichen Nestern einen neuen Beleg zu ihrer schon er- Wahnten Aehnlichkeit mit den Vbgeln. Dieser Kunst- trieb tritt am Deutlichsten bei den mit Schtiissekbeinen versehenen Gattungen Hervor, verschwindet aber ziemlich vollstandig bei der entgegengesetzten Gruppe; Haasen schlafen in ossenen Lagern wie die Wiederkauer. Leb- Haftigkeit, theils mit Frohlichkeit, theils auch mit Muth- willen, selten, wie bei Ratten, mit Bosheit verbunden, bildet den vorherrschenden Charakter der ganzen Ordnung; das Gesuhl von Wehrlosigkeit und nie aushorender Ge- sahr giebt vielen Arten etwas besonders Schreckhaftes unv Scheues. Am Beschranktesten unter allen scheinen die schwimmenden Gattungen zu sein. Ueberhaupl ist es wohl moglich, Nager zu zahmett, nicht aber sie zu er- ziehen und zu unterrichten. Sie sind der wahren An- Hanglichkeit an die Menschen und der Dankbarkeit un- sahig. . Die Lebensweise und die Sitlen wechseln in dieser Ordnung im Verhaltnisi zu einer mannichfachen Orga- nisation. Die Nager fuhren durchschnittlich mehr ein Nacht- als Tagleben, wohnen unter dem Boden, theils im Wasser oder auch aus Baumen, sind Pstanzenfresser, die bald saftige Fruchte, bald Steinkerne, Saamenkorner, Zwiebeln, Baumrinden, junge Zweige oder Blatter ver- zehren, oder Omnivoren, die animalische Nahrung nicht' Verschmahen und gelegentlich wohl gar die Rolle kleiner Raubthiere ubernehmen, leben bisweilen nur gesellig, selten ganz einfam, fliehen theils die Nahe des Menschen, theils verfolgen sie ihn uber die Welt, drangen sich in seinen Haushalt ein und tonnen zitr gesahrlichen Land- plage werden, wenn sie in gewissen Jahren, aus noch unerklarten Ursachen, in unerhorten Zahlen Hervorkom- men. Sie bewohnen asie Klimate der Erde, vom Aegua- tor bis in die Polarlander, von den Sandtonsten Asrika's bis an die Schneelinie der Alpen. Die einzelnen Gruppen sind aus bestimmte Wohnsitze angewiesen, deren Granzen sie nicht uberschreiten ;- nur Ratten und Mause machen eine Ausnahme. Die geringste Zahl von Nagern, sechs bis acht Arten, begreift die Fauna von Neuhosiand; die Zahl der in Europa, Nordamerika und Sudamerika le- denden Arten ist ziemlich gleich; Afrika und Sudasien Haben fast gleich viele Arten aufzuweisen, indessen besitzt teiner dieser Welttheile so viele Nager, wie feder der erstgenannten drei fur sich allein. — An der systemati- schen Eintheilung dieser Thiergruppe haben sich viele Zoologen versucht, jedoch teiner mit entschiedenem Gluck, indem nur die Zerfallimg in viele kleine Stamme, nicht aber die Ausstesiung grosierer Gruppen moglich scheint. Die Trennung der gesantmten Ordnung in zwei Abthei- fungen, je nach Vorhaitdensein oder Mangel der Schlus- selbeine, wird jedoch immer Geltung behalten muffen, weil im Verhaltnisi zu der Vosikommenheit der vorderen Glieder auch die ganze Lebensweise der Nager sich aban- dern musi. I. Mit Schlnssetbrinrn verschene Unger. Erste Familie. Eichhorner. I. Eichhoru. (Sciurus.) Gattungscharatter: Obere Nagezahne mit keil- formiger Schneide, ungefurcht, die unteren zugespitzt; Backenzahne oben 5, nitten 4, mit geschlossenen Murzeln, uberall mit Schmelz uberzogen, auf der Krone stumpf- Hockerig (Gebisi Fig. 459.). Schwanz grosi, zweizeilig behaart. Vorderglieder vierzehig, init Daumenwarze ver- sehen. Die Eichhorner sind die Reprasentanten einer Gruppe, welche ausier ihnen twch die nachstsolgenden vier Gattiin- gen umsasit. Sie selbst kommen im Aeuheren sehr uber- eht, weichen in Grosie nicht sehr aiiffasienv von einander ab, gefallen durch meist lebhafte Farbung des Festes, durch grosie Lebhastigkeit und Schnesiigkeit der Bewegun- gen, leben aus Baumen, oder nisten mindestens auf deti- selben und fressen nur Fruchte. Jhre Stirn ist ziemlich breit, die Schnauze stumpf; Backentaschen fehlen. Der vorderste der oberen Backenzahne gleicht einem runden Stifte und fastt leicht aus. Zum Klettern befahigt sie im ausnehmenden Grade der Bau ihrer Glieder, die, ohne wahre Hande zu sein, sast dieselbeit Dienste leisten wie vollkommener gebildeten Ertremitaten den Llffen. Der Korperban ist schlank und begunstigt rasche tind behende Bewegungen. Das Weil'chen tragt zwar zwei Zitzen an der Brust und sechs am Bauche, indessen ist die Zahl der Jungen bei jedem Wurfe niemals bedetttend, bei dem einheimischen Eichhorn drei bis vier, niemals aber uber sechs. Die Gattung ist tnit Ausnahme Neuhoklands uber alle Welttheile verbreitet, indessen scheint in der Lebensweise der zahlreichen Arten, soiveit man einen Schlusi auf asierdings ost mangelhafte Nachrichten batten barf, keine erhebliche Verschiedenheit zu bestehen. Die Hohe der Hinteren Korperhalste und die uberhaupt bei Nagern gewbhnliche Eitiwartsdrehutig der Pfoten er- schwert Eichhornern die Bewegung auf ebenent Boden ; sie stichen dort durch kurze Sprunge fortzukommen, sind aber augenscheinlich nur nach Erreichung eines Baumes in ihrem angemessenett Elemente. Hanfig sitzen sie anf- recht, dett Schwanz uber den Rttcken aufwarts gebogen, stutzen sich aber auf dettselben wie auf einen dett Sprttng vermittelnden Hebel, sobald irgend etwas ihre Attfmerk- samteit rege macht, verlassen ungertt den einmal in Besitz genommetten engen Bezirk, batten, so weit sie kalten Klimaten angehoren, in hohlen Stantinett oder zwischen tiefett Gabeltheitungen der Aeste ein nicht unkunsttiches Nest, itt welchem sie, als unvostkommene ^interschlafer, ttitr die ratthesten und dunkelstett Wintertage, viesteicht nicht einmal in tiefett Schlaf verfenkt, verbringen, und gebett ntanche Beweise von einent tn ihrer Familie eben nicht gewohnlichett Scharfsinne utid, dem Jager gegett- ttber, selbst von berechnender List. Jhre Jungen lieden sie mit grosier Zartlichkeit, ein Zug, der bekanntlich die Mehrzahl der in Monogamie lebenden Thiere vor den polygamischeti auszeichnet, sind reinlich, putzen sich Hsiuficg und theilen nicht die Eigenschaft vieler Nager, einen ubeln Geruch um sich zu verbreiten. Die nordischen Arten begegnen dem Nahrungsmangel des Winters durch Auf- satnmlttng von Saatnen und Steinfruchten, die sie unter Bauntwurzeln oder itt Spalten tvie itt wohtverborgenen Magazinen lutterbringen und, auch wenn sie ties ver- schneiet sind, mit Sicherheit wiedersinden. Das Fest der tropischen Arten ist dunn und ost hart behaart, das- jenige einiger indischen fast dorstig, an Arten kalter Lan- der aber weich und im Winter nicht allein dicht, sondern auch von ganz anderer Farbung als itu Sommer, ein ttmstattd, der, nicht gehorig deobachtet, nitter underen die Zerfastung einer Art, unseres gemeinen Eichhornes (Sciurus vulgaris) in mehrere (S. scaudinavicus, 8. alpinus, 8. italicus) veranlasit hat. Dem Menschen sind Eichhorner nur da schadlich, tvo sie itt grosien Mengett erscheitten und geradezu die Aerndteu itt Gefahr bringen. Jhr Fleisch wird in Europa wohl ttitr selten gegessen, ist jedoch iveisi tind zart. Im Handel sind die Pelze der gemeinen europaischen und einer anderen ainerikani- schett Art nicht ohne Wichtigkeit; das bekannte Grau- werk der Kurschner ist das Winterkleid der Hochnordischen und siberischen Spielart tinseres gemeinen Eichhornes. Mit Nebergehung des letzteren, als eines zu bekaunten Geschopfes, bilden toir ttur eittige ausiereuropaische Arten ab. 1. Das weipohrige Eichhorn. (Sciurus leueotus.) Fig. 460. Nordamerika besitzt zwar eine nicht unbedeutende An- zahl von Eichhornarten, allein das Verzeichnisi derselben ist durch Verwechselung der Spielarten tttit wirklichen Species zur Ungebnhr vergrosiert wordett. Ztitttal gilt dieses von den zahlreichen granen Eichhoritern, die so abandern, dasi Individuelt von vollig schwarzer Farbung gerade keine Seltenheiten sind. Besonders haufig ist das abgebildete gratte Eichhorn des Nordens verkannt und mit anderen, im Sitren der Ver. Staaten lebenden grattett Arten verwechselt wordett. Es ist bon der Hudsonsbay bis Virgittien verbreitet, durch runde, auf beiden Seiten behaarte Ohrett, am Rande blaffer gefarbten, den Korper an Lange kautn ubertreffenden Schwanz titid weisilichen Banch unterschieden, aber in derselben Jahreszeit und an ganz gleichen Orten ebenso in graner als schwarzer Far- bung angetroffen worden. Seinen europaischen Ver- wandten an Lebhastigkeit tind Beweglichkeit gleichend, erwacht es mit dem ersten Gratten des Morgens aus dem Schlase, verbringt dattn 4 — 5 Stunden, unt seitte Nahrung aufzusnchett, die vorzuglich aus dett Fruchten eines wildett Nlisibatitnes (Shekbark der Amerikaner, Carya alba) besteht, zieht sich aber bei zunehtnender Hitze in sein aus einent Baume angelegtes Nest zuruck. Die Herstellung des letzteren kostet eittetn Parchen mehrere Tage hinter einander eine volle Morgenstuttde tind Wird mit vielem, in den stiklen Waldern weithin vernehmbaren Gerattsch betrieben, indem die Zweige, aus welchen es ztisammengesetzt ist, abgebrochen und Herbeigeschkdppt werden muffen. Das Jttuere diefes nicht kunstlofen Banes enthalt als Ausstitterung doppelte Lagen weiche- rer Stoffe. Den Winter verbringt diefes Eichhorn in tiefett Hohtiingen von Baumstammen, tvo bisweilen fogar Junge zur Welt kommen. Vorrathe fcheint es nicht aufzuhaufen, am wenigsten in dett sudkicheren Ge- genvett, wo mittels Auffcharrung des fetten von hohem Schnee bedeckten Baumtaubes eittige, wentigteich spar- fante, Nahrung getoonnen werden mag. Ileber Felver mit jungetit Waizett und unreifem Welschkorne fakt eS mit grosier Gefrasiigkeit her tind fugt denfelben beden- tenden Schadeti zn, ungeachtet der grosien Thatigkeit der Landleute und der von diefen tut Grosien betriebenen akgemeinen Verfotgungen. In manchen Jahren nehinett grant Eichhorner in Beforgnih erweckendem Maasie zu, fa in Pennfylvattieu i. I. 1749, too titan die auf einem alten Gesetze bernhende Zahlung eines Schusigeldes von drei engtischen Pence auf den Kopf eiitstellen inupte, nachdem man die im Verhaltnisi erstaunliche Summe 16*