Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Saugethiere.
Kcchstt Vrdnuitg.
Welttheile, der jetzt keine Bentelthiersorm aufzuweisen Hat.
Aus der Abbildung der Kiefern in naturlicher Grohe
von Thylacotherium Prevostii (Sig. 455.) und Phasca-
lotheriuni Bucklandii (Fig. 456.) ergiebt sich, bah diese
untergegangenen europaischen Beutelthiere nur von ge-
ringer Grohe gewesen sein tonnen. Die Gestalt des
Kieserknochens und der Zahne, die aus der vergroherten
Abbildung deutlich erkennbar ist, berechtigt zum Schlusse
aus die erwahnte Ableitung dieser Reste. Dennoch ist die
letztere lange Zeit Hindurch Gegenstand eines zwischen
mehreren beruhmten Anatomen gefuhrten ernsten Strei-
tes gewesen. — Grohes Aussehen crregten die vor eini-
gen Jahren zuerst bei Hildburghausen im rothen Sanb-
steine aufgefundenen Fahrten eines vorweltlichen Thieres
(Chirotheriuni) Fig. 457., welchcs, des abstehenden Dan-
mens wegen, anfangs fur einen Vierhander gehalten,
jetzt aber allgemein fur ein Beutelthier ertlart wird, das,
wie die Kangurus, auf den Hinterftthen stch vorzugsweis
bewegt haben muh und in der Nrzeit auf dem weichen,
fantigen Thone der Ufer groher Landseen Herumsprin-
gend Fuhtapfen zurucklieh. Jener Boden ist mit der Zeit
zu Stein erhartet. Glucktich spaltende Platten desselben
geben vertiefte Fahrten und aus der entgegengesetzten
Seite ihr Relief, ein Beweis, dah bei fpateren Fluthen
auf die bereits Hartgewordene Bodenflache neue Sand-
fchichten abgelagert worden stud. Die Abbildung ist ubri-
gcns viel unter der naturlichen Grohe. Fahrten ver-
wandter Thiere hat man spater auch in Nordamerika
aufgefunden.
Sechste Or-nnng.
NagetHiere.
Die Nagethiere oder Nager dilden eine zwar grohe,
aber sehr naturliche, scharf begranzte und daher mit ait-
deren nicht zu verwechselnde Gruppe. Ihr Name ist auf
die Anwendungsart der eigenthumlich beschaffenen Vor-
berzahne begrundet, die zugleich das wesentlichste der sh-
stematischen Kennzeichen ausmachen, indem fte melhelfor-
mig gebildet und mit sehr wenigen Ausnahmen nur zu
zweien in feder Kinnlade vorhanden sind. An der Stelle
der fehlenden Eckzahne erstreckt sich ein weiter leerer
Raum bis zu den verschiedenartig gebilbeten Backenzah-
nen. Fast alle Nager sind von kleiner Gestalt; man
kennt wenige, welche die Grohe eines jungen Schweines
erreichen, die Mehrzahl bleibt in dieser Beziehung Hinter
Eichhornern und Kaninchen zuruck. Ihr in der Schul-
tergegend verschmalerter Korper wird nach Hinten brei-
ter. Auffallend ist in ihrem anheren Bane das gegen-
feitige Verhaltnih der Glieder, indem bei den nteisten
Gattungen die Hinterfuhe ungleich langer sind und
der Gang hierdurch zum springenden wird, eine in den
Springmausen zur hochsten Entwickelung gelangende
Bildung, die in Verbindung mit der Gestalt der spitzig oder
schnabelartig verlangerten Kinnladen der Erscheinung der
Nager etwaS Vogelahnliches giebt. Der Ban der Zahne
ist Hochst charakteristisch. Die Vorberzahne, Hier Nage-
zahne genannt, siitd so lang, dah die zu ihrer Aufitahme
bestimmten Zellen im Oberkiefer bis in die Gegettd der
Stirnhohlen, im Unterkiefer, unterhalb der Backenzahne
sich fortsetzend, bis sehr weit nach hinten reichen, Haben
folglich eine mehr oder minder gekrummte Gestalt, er-
scheinen aber, soweit sie aus den Kieserknochen Hervor-
ragen, zusammengebruckt und am auhersten Ende mit
meihelsormiger, daher schief abgestutzter Zuscharfung
versehen. Sie sind nur an ihrer vorderen oder anheren
Flache mit einer starten Schicht von sehr Hartem Schmelz
uberzogen (Fig. 458 b), der das schneidende Ende in
gleicher Weise bildet, wie an Meiheln und ahnlichen
Wertzeugen die auf das weichere Eisen aufgelegte Schicht
Harten Stahls. Eigentlich wurzellos und am unteren
Ende offen und dunnwandig, wachsen sie wahrend des
Lebens in dem Verhaltnisse ununterbrochen fort, wie sie
durch sehr Hausigen Gebrauch am vorderen Ende sich ab-
nutzen. Diese Abnutzung geschieht theils durch die Harte
und den Widerstand der der Zernagung unterworsenen
Korper, theils dadurch, dah die oberen Zahne an den unte-
ren in schiefer Richtung vorubergleiten. Die Einlenkung
des llitterkiefers gestattet namlich keine seitliche, sondern
nur eine senkrechte Bewegung und einige Verschiebung in
der Richtung von Hinten nach vorn. Die sich balv mit der
inneren, bald mit der anheren Flache beruhrenden Nage-
zahne werden sonach niemals an den Seiten sich reiben
und hjerdurch rundlich und stumpf werden tonnen, son-
dern stets an einander abscharsen und theils aus diesem
Grunde, theils weil sie aus zwei Substanzen von sehr
ungleicher Harte bestehen, ihre meihelformige Schneide
behalteit mussen. Damit der Nagezahn diese nie endende
Abnutzung ertragen und forlwachsen konne, ist er an
seiner hohlen Wurzel mit einem Halbgallertartigen Kern
(Fig. 458 c) versehen, der fortwahrend Elfenbeinsubstanz
(Fig. 458 1 ) absondert, die in affen Beziehungen derje-
nigen eines Hauzahnes (vom Schweine) gleicht, den
grohten Theil des Zahnes ausmacht, bis an sein
Ende reicht und an ihrer vorderen Flache mit der schon
ertoahuten glasartig Harten Schmelzschicht (Fig. 456 b)
belegt ist, die jedoch nicht aus der Wurzel nachwachst,
sondern von einer feinen Gefahhaut (Fig. 458 e) ausge-
schwitzl und auf der Zahnsiache abgelagert wird. Die
Schneide der oberen Nagezahne ist in der Regel breiter
als diejenige der unteren, in manchen Familien pfriemen-
artig zugespitzten; jette bient mehr zum Schaben, diese
mehr zum Bohren oder Festhalten. Der Gebrauch der
Vorderzahne wird dadurch noch ausgedehuter, dah die
niemals vollig verwachsenen, sondern in der Mitte nur
durch elastischett Knorpel verbundenen zwei Halsten des
Unterkieferknochens nicht allein etwas von einander ent-
fernt, sondern auch so schief gestellt werden tonnen, dah
die beiden Nagezahne entweder von einander weichen,
oder aus ungleicher Linie ftehen, eine Einrichtung, die
im Nagen es sehr erleichtern muh, feine, fur beide Zahne
zufammen zu breite Oeffnungen zu treffen. Die Schmelz-
rinde ist von glaSartiger Harte, meist von gelber oder
sogar branner Farbe, anherlich entweder glatt oder mit
einer bis drei Langefurchen versehen. Aus dem nie
unterbrochenen Wachsthume der Vorderzahne ertlart
sich, warum diese monstros werden, sich nach oben wie
die Hauer eines Schweines umbiegen (was znmal an
Haasen bemerkt wird), sobald der die Abschleifnng be-
stimmende Zahn des entgegengesetzten Kiesers durch
irgend einen Znfall verloren gegangen ist. Mit Aus-
nahme der Familie der Haasen haben alle Nager nur
zwei Nagezahne im Oberkiefer ; Haasen haben hinter dem
vorderen ein zweites, sehr kleines Paar, dessen Bestim-
mung noch nnerklarlich blieb. Die Backenzahne sind
in geringster Zahl drei, in Hochster sechs, aber in den
zwei Hauptabtheilungen dieser Ordnung durch Bau und
physiologische Bedeutung sehr verschieden. In der einen
sind sie wie bei den Saugethieren aller bisher beschriebe-
nen Familien beschaffen, bestehen aus einer Krone, an
beten unterem Ranbe bas Zahnsteisch anwachst, unb einer
geschlossenen Wurzel, sinb ringsum mit Schmelz bekleibet
unb wachsen nach vollendeter Ausbilbung nicht weiter
fort. Bei ber Mehrzahl ber Nager sinb Hingegen bie
Backenzahne zufammengesttzte, b. H. sie bestehen aus
prismatischen Schichten von Knochen- ober Elfenbein-
fubstanz, burch welche Schmelzfalten in verschiebener
Richtung burchsttzen, bie, weil sie Harter sinb unb sich
langfamer abnutzen, auf ber Kauflache als fcharfe Kanten
hervorstehen unb baher bas Katten Harter Nahrungsstoffe
sehr beforbern. Solche Backenzahne sinb an ber Wurzel
offen unb wachsen nach Maahgabe ber nuf der Kauflache
geschehettben Abnutzung von unten fort. Nager mit
Backenzahneit ber ersten Clasfe sind z. B. Ratten; sie
nahren sich zum Theil auch von thierischen Sttbstanzen
unb sinb baher Omnivoren; Nagermit zusammengesetztett
Backenzhhnen suchett Hingegen ihre Nahrung nur itit
Pstanzenreiche. Die Munbossnung ist immer ziemlich
eng, ittbem bie Nahrung ttttr in zerkleinertem Zustanbe
aufgenommen wirb, unb vie Oberlippe tief gespalten,
baher auch ber Name Haasenscharte fur einen bekannten
angeborenen Bilbungsfehler bes Menschen. Der Gau-
men zeigt gueruber Falten, bei einer Galtung (Haafe)
an einigen Stellen bunue Behaarung. Nur bei Stachel-
schweinen finbet man auf ber fonft kleinen unb weichen
Zunge fcharfe Horntoarzchen. Backentafchen kommen
in vielen Gattungen vor unb bestehen ans grohen Han-
tigen Sacken, bie sich im Jnnerti beS Munbes, bei einigen
wenigen aber nach Auhen offnen. Sie reichen ost weit
aiit Halsehinab unb sinb Magazine fur bas eingesammelte,
entweber in Ruhe unb Sicherheit zu verzehrenbe, ober
zum Wintervorrath aufzufparenbe Futter. — Die Bil-
bung ber Betvegungsorgane steht naturlich mit ber Le-
bensweise unb Bestimmung ber Nager in Verbinbung;
wenn bie Mehrzahl burch sehr entwickelte Hintere Glieber
sich auszeichnet, so machen boch bie zu einer unterirbischen
Lebensart bestinimten, grabenbeit unb touhlettben, bie
Blinbmause u. a., eine Ausitahme unb erintterit burch
Starte unb Bilbung ihrer vorberen Glieber an ben
Maulwurf. Eine Abtheilung besitzt Schlusselbeine unb
baher freieren Gebrauch ber vorberen Glieber, bisweilen
sogar bas Vorrecht, biefelben fast wie Hanbe zu ge-
brauchen, mit ihneii bas Futtet zum Muttbe zu fuhren
unb zu kletterii. Die Schlttsselbeinlosen gleichen ben
Wieberkauertt unb tonnen sich ber Vorberglieber ttur
zur Ortsbewegung bebienen. Zehett sinb vorn gentein-
lich vier, Hinten funf vorhanden, nothwenbig aber von
sehr wechselnber Bilbung. Greifenbe Stager Haben vorn
einen kurzen Daumenstummel, tiefgespaltene Zehen,
krumme Krallen, grabeube, engverbunbene Zehen mit
grohen Grabenageln, Schlusselbeinlose, wenig freie, bis-
weilen mit hufahulichen Klauen versehene Zehen, bie bei
ben im Wasser lebenbeti, wie bem Biber, burch grohe
Schwitttmhaute verbuttben sinb, ober mit Reihett steifer,
kammartig in einanber greifenber Borsten gewimpert
Schwimmwerkzeuge barstellen. Die meistett Nager sinb
Sohlenganger; eine Ausnahme machen bie mit soitber-
barett breizehigen, an bie Vogelfuhe erinnernden Hinter-
gliebern versehenen Springmause, bie baher als eigent-
liche Zehenganger gelten muffen. Der Schwanz ist
gleichfalls von sehr wechselnber Beschaffenheit, fehlt nur
wenigen ganz (bent Zokor), ift ost sehr lang, zweizeilig
behaart bei Eichhvrttern, schuppig bei Maustit, bilbet ein
kraftiges, bas Sprittgett vermittelubes Werkzeug bei
Springhaasen unb Springmausen, wirb zum breiten,
platten Ruber ober Stener bei ben im Wasser lebenben
Nagern unb zum Wickelschwanze an ben Coenbus. Als
felten vorkommenbes Unterstutzungsmittel ber Bewegung
ist enblich bie weil behitbare Seitenhaut bes Korpers zu
ertvahnen, bie, an Flughoruchen zwischen ben Gliebern
ausgespanul, zwar Flugel nicht ersetzt, inbeffen einen
nutzlichen Fallschirm abgiebt. — Die Fortpflanzung ge-
schieht in gemohulicher Weise, inbeffen in so stattuetter-
regenbett Zahleiiverhaltnissen, bah Nager ben Menschen
aus manchen Gegenbett vertreiben tourben, hallen sie
nlcht unzahlige, in bauernber Verfolgung begriffene unb
sthr machlige Feinbe. Die Zahl ber Zitzett bes Weib-
chett toechstlt je nach ben Gattungen, betragt ztvei bei
Meerschtoeinchen, acht bei ber Ratie unb steht nicht im
Verhaltnisse zur Zahl ber Jungen, von tvelchen z. B.
bas Meerschtoeinchen acht bei jebem Wurfe gebahrt. In
einigen Gattungen, toie bei bem Eichhorn, werben bie
Jungen blinb geboren. — Das Hint ber Nager hat mit
bemjenigen ber Vogel hinstchtlich seiiieS Aeuheren unb
selbst burch feinere anatomische Beschaffenheit viel Aehn-
liches unb erlangt im Verbaltnih zur ubrigen Korper-
grohe keineit erheblichett Umfang. Der Schabel ist
, 'allezeit platt unb von vorn nach hinten genatt in ber
Krummungslittie ber oberen Nagezahne getoolbt. Stirn
unb Gesichtskitocheii gehen ohne ztoischenliegettbe Vertie-
fung in einander uber, und baher ist ber Gesichtstoinkel