Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Reutelthiere.
Saugethiere.
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Mutter von einem Lieutenant Vauderdale-Manie lebend
erhalien worden. In seinem Magen fanv man geronnene
Milch, aber selbst bel Vergroherung des Mageninhattes
keine Spur von anderer Nahrung. Der Mund des jun-
gen Thieres ist ubrigens so beschaffen, dah Aufnahme
festerer Nahrung zu den Unmbglichkeiten gehoren wurde.
Die Kiefern ragen noch nicht schnabelfOrmig vor, sind
rund, glatt, dick und sehr diegsam und augenscheinlich
zum Geschasi des Saugens geeignet, indeni sie das An-
pressen der weichen und runden Mauloffnung an jene
ebene Flache gestalten, welche an dem Weiblichen Schna-
delthiere die Milchdrusen enthatt. Auch die Zunge deu-
tet auf saugende Ernahrungj denn wahrend sie im er-
wachsenen Thiere weit hinten liegt, reicht sie im Jungen,
an Gestalt dem Stempel einer Saugpumpe vergleichbar, bis
an den Rand der Mundoffnung (Fig. 441. junges Schna-
belthier, ' Nasenlocher,° Augen," Ohren, ° Asteroffnung,
'Rudiment des Sporns, ^Rudiment der die Schna-
belwurzel umgebenden lederartigen Membran. Fig. 442.
Kopf von vorn gesehen, mit gleichen Buchftaben bezeich-
net wie die vorhergehende Abbildung; 11 die Zunge).
Das Norhandensein von milchabsondernden Organen
am Weibchen ist auher allem Zweifel. Sie liegen am
Unierleibe und sind auherlich als eine mit Haaren be-
deckte, rundliche Stelle (Fig. 443.) erkennbar, auf wel-
cher bei starkerer Vergroherung die sehr feinen Ausgange
(Fig. 444.) der unter der Haut verborgenen grohen,
buschelformigen Milchdrusen (Fig. 445.) sichtbar werden.
Das Schnabelthier ist noch nie lebend nach Europa
gebracht worden. Man verdankt den besten Bericht uber
ihn dem thatigen Bennett. Seine Bane (446.) legt es
in den uberhangenden Ufern der stehenden Gewasser an,
die ihm Nahrung liefern. Von dem nahe am Wasser-
spiegel befindlichen Eingang erstreckt sich landwarts ein
ost bis 50 Fup langer, gewundener Gang, der zuletzt in
eine mit trockenen Pflanzen weich ausgefutterle Kammer,
die Wohnung der Jungen, endet. Diese schlafen in man-
nichfachen Stellungen gewohnlich zusammengekugelt(Fig.
447.), knurren, wenn man sie ansgrabt und mit der Hand
deruhrt, lassen sich aber einige Zeit in der Gefangenschaft
erhalten und entwickeln dann eine Lachen erregende Lu-
stigkeit und eben so viele Neigung zum posstrlichen
Spielen unter einander, wie junge Hunde. Sie laufen
schnell und lebhast, lassen sich aber ungern anfassen,
strauben sich und entschlupfen um so leichter, als ihre
lose, faltige Haut sie festzuhalten erschwert. Die Hohe
Stellung des Auges scheint ihnen das Erblicken der in
Horizontaler Richtung befindlichen Gegenstande nicht zu
gestatten; sie ftopen uberall an und iverfen alle kleineren
im Zimmer befindlichen Gerathschaften um. Das nasse
Fell glatten sie mittels kammender Bewegung der Hin-
terpfoten, oder gebrauchen nach Art der Enten den
Schnabel zu diesem Zwecke. Die in Bennett's Besttze be-
findlichen jungen Schnabelthiere suchten stets, und zwar
schon nach kurzer Zeit, aus tieferen Wasserbehaltern zu
entkommen, in die man sie gelvorfen hatte, gefielen sich
aber ungemein in flacheren Gefahen, zumal wenn in
einem Winkel derselben ein Stuck Rasen oder Schilfbu-
schel angebracht waren. Dem Hellen Tageslichte abge-
neigt, wurdeir sie mil dem Eintritte des Zwielichts immer
lebhafter und schienen uberhaupt mehr Nacht- als Tag-
thiere zu sein. — Erwachsene Schnabelthiere erlangt
man nicht ohne grohe Schwierigkeit und felten anders
als durch einen Flintenfchuh, indem sie kaum an das
Ufer gehen, sich uur an folchen Orten der Gewasser anf-
Hatten, wo grohblatierige Wafferpstanzen eine dichte
. Decke dilden, und ungemein scheu sind. Man erkenni sie
allerdings leicht genug durch ihre dunkle Farbung, wenn
sie, gelegentlich den Kops eiwas hervorstreckend, uninit-
telbar unter dem Wasterspiegel hinstreichen, und kann
ihre Gegenwart aus den kreisformigen kleinen Wellen
errathen, die sie, in groherer Tiest schwimmend, aus der
Oberstache Hervorbringen, allein sie nahern sich der letz-
teren uberhaupt nur fur Auaenblicke, bemerken das. ge-
ringste Gerausch und jede Bewegung des Jagers und
tauchen den Kopf vorwarts und das Wasser um sich
werfend unter, um erst in groherer Ferne Wieder empor-
zusteigen. Ihre Bewegung ist so schnell und ihre Aus-
merksamkeit so groh,dafi das Anschlagen des Gewehrs allein
genugt, sie zu verscheuchen, und dah nur auf solche Jagd
ganz eingeubte Schutzen sie hinundwieder erlegen. Nur
nach schweren Verwundnngen sterben sie an der Ober-
stache; bei leichten, aus unsicherer Ferne beigebrachten
Verletzungen gehen sie fur den Jager verloren. Im
Magen und den Backentaschen frisch erlegter Schnabel-
thiere hat man stets nichts als Wasserinseeten, sehr kleine
Muschelthiere, Wurmer u. s. iv., mit Sand und Flufi-
schlamm vermengt, gefunden, niemals Theile vonWaffer-
pstanzen. Nach G. Mae Leay's Berichte sollen indessen
die Schnabelthiere aus Noth zur Pflanzenkost greifen,
wenn sie durch Zufall in Gewasser gerathen, die an Thie-
ren niederer Classen sehr arm sind. Jhr Fell erscheint
unter allen Umstanden glatt und reinlich, vbgleich sie viel
im Schlamme Ivuhlen und, wie erwahnt, in dem weichen
Uferboden lange Gange nushohlen. Die Behaarung
ist indessen so beschaffen, dah Weder Wasser noch Schmutz
sie durchdringen kann. Ueber das Wollhaar, welches
an sammetartiger Feinheit und Dichtigkeit demjenigen
des Maulwurfs nicht nachgiebt, ragen lange Grannen-
Haare, die an ihrer vorderen, freien Halfte glanzend,
glatt und wie am Seehunde verbreitert und plattgedruckt,
ubrigens unter einem Minkel dergestalt gebogen sind,
dah sie im Masser sich dicht an einander fugen und wah-
rend des Grabens, vermoge ihrer Krummung, mit den
Spitzen an die Korperstache so angedrucki liegen, dah
Erde und Schlamm zwischen ihnen nicht Hangen bleiben
kann.
Die Systematiker haben geglaubt, drei Arten von
Schnabelthier (0. rufus, 0. fuscus, 0. breviroslris)
annehmen zu konnen, die sich durch die theils mehr rost-
rothe, theils mehr in das Braune ziehende Farbung des
Felles und durch einige unbedeutende Abweichiingen in
der Stellung der Nasenlocher, der Breite des Schnabels
und der Haarbildung von einander unterscheiden sollten.
Sie sind indessen jedenfalls nur durch manche Nebergange
verbundene Spielarten, werden in ihrem Vaterlande,
Neusudwales und Vandiemensland, weder von den Ein-
geborenen, noch von den englischen Anstedlern unter-
schieden und von den ersteren Mallangong oder Tant-
brit, von den letzteren „ Wassermaulwurfe" genannt.
Ausgewachsene Eremplare messen 20 Zoll ohne den 4%
Zoll langen Sckstvanz. Der Schnabel ist 2*/å Zoll lang.
XV. Ameisenigel. (Echidna.)
Gattungscharakter: Zahne sehlen ganz. Kor-
per oben mit langen Stacheln bedeckt.
1. Der Ameisenigel. (Echidna Hystrix.) Fig. 451—453.
Der Ameisenigel ist zwar ein nicht weniger interessan-
tes Geschopf als das Schnabelthier, erscheint indessen,
mindestens dem Laien, auf den ersten Blick nicht ganz so
wunderbar, iveil seine auhere Gestalt und Bekleidung
einigermasien nu den Alten bekamtten Jgel erinnern.
Der Ban des Knochengerustes stettt ihn zu den Mono-
tremen; seine Fortpflanzung ist wahrscheinlich eben so
eigenthumlich wie bei den Schnabelthieren. Sein stark
gedauter, etivas schwerfalliger, fnhlanger Korper wird
von ungemein kurzen und dicken Fuhen getragen; die
plumpen, bis an die Spitze verwachsenen Zehen sind
auherlich nur durch funf grohe, breite und platte Grabe-
nagel erkennbar. Die Hinterfuhe stehen schief auswarts
gedreht, haben vier verwachsene Zehen und einen eiwas
Hoher stehenden, kurzkratligen Daumensiummel und sind,
wie am Schnabelthiere, mit einem starken, spitzigen, nach
Jnneii gewendeten Sporn belvaffnet. Den Schadel(Fig.
451.) zeichnet die stark gewolbte Hirnschaale und sehr
dunne und lange Kieferknochen aus. Das Schultergerust
verhfilt sich wie bei dem Schnabelthiere. Der verhalt-
nihmahig kleine Kopf verlauft in eine dunne, Weit vor-
ragende, schnabelartige Schnauze, die nur an ihrem
anhersten Ende mit kurzer Maulspalte und kleinen, ova-
len Nasenlochern versehen ist. Die kleinen, durch Vlane
Iris auffallenden Augen stehen tief an den Seiten des
Kopfes; auhere Ohren fehlen. Dichtgestellte, besonders
starke, sehr Harte und spitzige, mit Haaren untermengte
Stacheln bedecken die ganze Oberflache des Korpers und
nicht weniger den kurzen, dicken Schwanz. Sie liegen
gewohnlich ruckwarts, znm Theil eiwas schief der Rucken-
linie zugewendet, kreuzen sich auf den Rucken, sind bis
zlvei Zoll lang, weihlich und an der Spitze schwarz.
Das angegriffene Thier vermag sie dergestalt aufzurich-
ten, dah der Korper nach allen Seiten hin gleichsam durch
starrenden Lanzeit vertheidigt und fast unverwundbar
wird. Je nach Alter und Jahreszeit sind sie mit bran-
nen Borstenhaaren untermengt, machen ubrigens nur
auf Stirn und Oberkopf einer eigenilichen kurzen Be-
haarung Platz, verbergen aber ganz die weit nach
Hinten stehenden Ohren. Die plumpen, aber starken
Fuhe und die gewaltigen Krallen grabeit mit eben soviel
Kraft als Schnelligkeit, wahrend der Korper sehr ver-
langert wird und die in der Ruhe gewohnliche, gedrun-
gene und eiwas unbehotfene Gestalt ganz verliert. Mit
allen Fuhen zugleich arbeitend, ohne die Horizontale
Stellung zu verlassen, und den bewehrten Rucken jedent
Angriff entgegensetzend, versinkt ein Ameisenigel in we-
nigen Minuten in den sandigen Boden und vermag selbst
unter einem festen Pstaster oder unter den Grundlagen
einer Maner sich durchzuwuhlen, indem er ansehnliche
Sieine mittels seiner Krallen locker macht und zur Seite
schiebt. Die Nahrung besteht in Ameisen, welche das
mit sehr empfindlicher Haut uberzogene, schnabelartige
Maul tastend Herausfuhlt und die weit vorsireckbare,
klebrige Zunge ergreift. Die sehr kleinen Augen scheinen
zur Erkennung der Nahrung von geringem Nutzen, die
Sinne der Mehrzahl nach stumpf zu fetit, Jntelligenz
aber ganz zu fehlen. Ehedem war der ^lmeisenigel in
Neusudwales sehr gentein; gegenwartig findet man ihn
nur noch in den bInuen Bergen westlich von Sidney,
auf Vandiemensland und den Jnselit der Bah' Strahe.
Die Gefangenschaft ertragt er in stumpfer Gleichgiltig-
keii, vermag, >vie Reptilien, geraume Zeit, sogar drei
bis vier Wochen lang, ohne Nahrung auszuhalien, ge-
wohnt sich an ein Gemisch von Mehl, Zuckerund Masser,
verschmaht selbst eingeweichtes Brot nicht und wurde,
wie die franzostschen Reisenden Quoy und Gaimard und
die Englander Bennett und Breion einstimmig behaupien,
ohne grohe Schwierigkeit lebend nach Europa zu brin-
gen sein. Man hat zwei Arten unierschieden, die aber
jedenfalls nur Alierstufen andeuten. Der vollige Man-
gel an Zahnen, gleiche Siiieit und gleiche Art der Er-
nahrung wurden die Echidna neben den Ameisenfressern
(Myrmecophaga), also in die Ordnung der Menigzahnigen
stellen lassen, entsprache nicht der Ban des Knochengeru-
stes und das Vorhandensein der schon bei dem Schnabel-
thiere erwahnien Cloake dem Begriffe der Monoiremen.
Ueber die Fortpflanzung und Gestalt der neugeborenen
Jungen fehlt es noch an genauen Nachrichten; an der
Brust des Weibchen sollen zwei Zitzen stehen.
Vorweltliche Keutclthiere.
Man Hat lange Zeit gemeint, dah die Familien der Beu-
telthiere und der Vierhander in der untergegangenen
Schopfung fruherer Erdperioden nicht perireten gelv efeu
seien, allein vor Wenigen Jahren und fast zugleich fossile
Knochen beider gefunden ( s. S. 39.). Gegenwartig kenni
man nicht nur viele Arten solcher urweltlichen Beutel-
thiere, die, auf noch levende Gattungen zuruckfuhrbar,
in erstaunlichen Mengen in den Knochenhohleit der
Berge von Neusudwales anfgehaust gefunden wurden,
sondern auch Gattungen, welche in der Jetztwelt nnver-
treten sind. Sonderbarerweise findet man die versteiner-
ten Knochen derselben nicht in Neuholland, sondern im
Ooliihen-Kalk Englands (bei Stonesfield), auch in den
Tertiarschichten Frankreichs u. s. w., also in einem
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