Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Uagethiere.
SNUgetHikrt.
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Felber und fugt in manchen ©egenben benselben sehr de-
beutenden Schaben 511. Seine Sprunge fuhrt er nach
Art ber Springmause aus, legt aber bei jebem berselben,
bermoge fehier viel betrachtticheren Grofle und Starte,
20 — 30 Fus ohne Muhe zuruck. Das Futter fuhrt
er mit ben Vorberpfoten znin Munbe unb sitzt aufrecht,
schlaft anch in bieser Stellung, verbirgt aber babei ben
Kopf zwifchen ben Schenkeln unb brutft mit gekreuzten
Vorberpfoten bie langen Ohren nuf bie Augen. Das
Weibchen hat wie Beutelthiere eine Bauchtafche, in
welcher jeboch bie Zitzen fehlen, unb solt 3—4 Junge
Werfen. In minber bevolkerten Gegenben sinb Sprlng-
haasen bisweilen so zahlrelch, bas fle, ivie Burchell er-
zahlt, burch ihre Bane an ben schroffen Bergseiten
grofle Colonien bilben. Ob fte in Winterschlaf verfal-
len ober Vorrathe einfammeln, ist unentschieben; fast
fcheint bas Eine ober bas Anbere nothig zu feln, indeni
sie tit Gegenben leben, bie im Winter ziemlich ranh
sinb unb tangere Zeit Hindurch feine Pflauzennahrung
barbieten. In ber Gefangenfchaft werben fle sehr zahni
und lasfen keine andere Stininie als eine Art von
dumpfen Grunden horen. Von den Kaffern werben sie
fur sehr fchmackhaftes Wildpret erklart unb burch Ein-
giehen von Wasser aus ihren Banen getrieben. An
Grofle gleichen sie unserem Haafen, haben kurze, aber
sehr kraftige Vorberfuhe, einen muskulosen, 17 Zoll
langen, an ber Spitze schwarzen Schwanz, groven Kopf,
gewoll'tes, dunkles Auge, lange Ohren und weichen,
oben ruhfardenen, linten weitzen Pelz.
Vierte Familie.
Haasenmanse.
XI. Viscacha. (Lagostomus.)
Gattungscharakter: Obere Nagezahne lang,
fchmal, uniere gefurcht; Backenzahne uberall 4, die 3 vor-
deren aus zwei, der vierte aus drei Blattern zufammenge-
fetzt, miiSchmelz debeckk(Gedih und Skelett Fig. 489 ^").
Vorberfuhe kurz, viifzehig ohne Daumenwarze, Hinter-
fupe lang, dreizehig. Schwanz mittellang, langbehaart.
1. Die Viseacha der Pampas. (Lagostomus trichodactylus.) Fig. 490.
Neber bie einzige bekannte Art ber Gattmig Viseacha
Hat man erft in neuesten Zeiten (1814) zuverlafsige
Nachrichten erhalten, benn bie vor ohngefahr 60 Jahren
von Dobrizhofer unb spater von Jolis mitgetheilten
enthalten Wahres mit Falschem vermengt. Beibe Schrist-
steller waren Jesuiten, letten allerbings geraume Zeit in
ben Lanbern, bie jetzt als Provinzen, theils zu Para-
guay, theils zu ber Republik bes Platastromes gehoren,
unb gaben uber bieselben recht brauchbare Werke Her-
aus, witrben aber Hinsichtlich naturhistorischer Leiftun-
gen von dem baid auf sie folgenden Don Felir de Azara
sehr ubertroffen. Nach Dobrizhofer neniien bie Pantpas-
inbier bas Viseacha „Nehelaterek" unb treiben es burch
eingegossenes Wasser aus seinen Banen, bie an erhohten
Stellen ber grofen Steppen mit soviel Kunst unb so
zahlreich angelegt sinb, bah Regen in ihre Zugange nicht
einbringen kann unb sie Colonien zahlreicher Familien
bilben; am Tage scheinen sie unbewohnt, weil bie Vis-
cacha's nur am Abend ober in Hellen Monbscheinnachten
stch hervorwagen, unb geraume Zeit aufmerksam Horchenb
an ber Munbung ihret unterirdischen Gange sitzen dlei-
ben, ehe sie sich vollig sicher fuhlen unb zur Aufsuchung
ihres Futters aiisziehen. Konueii biese Nager Mais ober
Waizen erlangen, so lassen sie Gras unberuhrt, richten
in Ackerfelbern vielen Schaben an, ziehen sich baher vor-
zugsweis gern in bie Nahe ber spanischen Nieberlasfungen
unb sinb bafur um so seltener in bem Gebiete ber uonta-
bischen Ureinwohner, ber Guarani's unb Abipouer. Jhr
Fleisch ist wohlschmeckenb unb nur basfenige sehr alter
Thiere ungeniehbar. Sie gleichen im Aeuheren einem
Hansen, haben aber ben Schwanz bes Fuchses. Jolis er-
zsihlt, bah burch bie zusammenhangenben Baue ber Boben
ost eine Meile im Umkreise vollig untergraben sei unb
bah bie zahllofeii Zugange zu eben so vielen Hohlen
fuhren, bie theils nur von ben Aettern, theils ausschliefl-
lich von ber jungern Generation bewohnt werben. Die
Viscacha's sollen zwar vorzugsweis in hartem und bur-
reni, vollig nacktem Boden graden, indessen ihre Woh-
nungeit nie sehr weit von Buschen und etwns fruchtbare-
rem Lande nnlegeu, wo grunes Gras, znrte Wurzeln
und Baumrinden Nahrung darbieten. Vorsichtig und
des Nachts allein ausgehend, sollen sie zwar soviel als
moglich die Gefahren vermeiden, indessen im Nothfalle
mit Mlith unb vieler Wildheit sich gegen Hunde ver-
theidigen und sogar die Jager in die Filhe beiheu. Beide
Schriftsteller gedenken ber sehr besonberen Sitte ber Vis-
cacha's, eine Menge unbrauchbarer Dinge, irockene Kno-
chen, Holzspahne unb allerlei Abfalt zusammenzuschleppen
unb um bie Mundungen ilirer Hohlen nufzuhaufen. —
Die Reisenben, welche in schneller Folge nach einanber
in ben letzten Jahrzehnten bie Pampas burchzogeii unb
beschrieden haben, Schmidtmeyer, Proctor, Heab, Miers,
Hnigh u. n., stimmen uber bie Viscacha's zum Theil mit
jenen alteren Schriftstellern uberein, allein sie fennen
nicht bie Vorliebe berselben fur angetaute Lanbereien,
foubern fanben sie meiftens nur in ben einsamsten unb
wustesten Gegenben ber Pampas unb beschreiben sie als
fcheue Nachtthiere, bie,' ftntt einen Angriff mutflig abzu-
weifeii, in Vorstcht unb rechtzeitiger Flncht Rettung sucheii.
Die ganze Ebene von Bnenos Ayres bis San Luis be
la Punta ist bicht bevolkert mit Viscacha's, bie, Wenn sie
sich sicher nteinen, zumal in monbhellen Nachten in grohen
Haufeii zwifchen ben Munbungen ihrer Baue Herumlau-
fen, gntgelaunt mit einanber fpielen unb bann wie junge
Schweine grunzen. Stellenweis unterwnhlen sie ben
Boben fo tief unb weit, bah Reifen zu Pferbe, bie nach
Lanbessitte im Galopp ausgefuhrt werben, mit Gefahren
verdunben sinb, inbein bas mit ben Vorberfutzen burch-
drechenbe Pferb unfehlbar zum Sturze kommt. Man ver-
mag inbeffen bei einiger Vorstcht bie befonb»rs weit 1111-
tergrabenen Orte an ben bichten Ranken einer wilben,
bittere Fruchte tragenben Melone zu erkeunen, bie ent-
weder da vorzuglich gedeiht, wo Dungek ber Viscacha's
stch aufhalift, ober vielleicht diesen Flitter gewahrt und
sie zur Anlegung von Banen destimmt. Ihre Wohnun-
gen theilen bie Viscacha's mit einer weiterhin zu deschrei-
benden Art von Eule (Strix cunicularia), bie soivohl in
Nord- als Subamerika, jeboch nur in gemahigten Kli-
niaten gefundeii wird, auf ben Prairien sudlich vom
Missuri bie Hohlen ber Mnrmelthiere mitbewohnt, ober
biese z>lin Ausziehen zwingt, aber in Gegenben, wo ahn-
liche, steihig grabenbe Nager nicht vorkommen, ohne Bei-
stand eine elgene Hohle ausgrabt. Sle gehort deilaufig
zu den sehr Wenlgen am Tage fliegenden und jagenden
Arten und starrt den voruderziehenben Relsenben mit
lachenerregender Gravitat an. Die halbwilben Bewoh-
ner ber Pampas stellen ben Viscacha's eifrig nach unb
fangen sie zu Pferbe leicht ein, fobalb sie ans ber Nahe
ihrer Schlnpfwinkel vertrieben sinb. Jhr Fleisch ist un-
geniein fett, zart unb wohlschmeckenb. An Grofle kommen
sie bem Dachse sehr nahe, inbem ber Korper 1 Fuh 8
Zoll, ber Schwanz 7 Zoll miflt. Die Fardung ist oben
gran, unten weihlich, ber Pelz weich unb desonbers bicht
auf ber Rssckenlinie, berSchwanz grobbehaart, kastanien-
braun, bie Stirn grauschwarz; ein am Hinterhaupt be-
ginnenber, uber bie Backen bis auf ble Stelle, wo bie
Schnurrhaare stehen, verlaufenber Streif ist fchwarz.
Die Hinterfuhe sinb boppelt langer als bie Vorberfutze
unb erinnerii an blejenigen bes Kauffurn, sinb aber im
Verhaltnih weber so lang noch so bunn. Alle Zehentra-
gen auf ber Unterfelte undehaa^e, fchwlelige Kissen .unb
sinb mit Hufahultchen Nhgeln'verfehen.
XII. CihLlchilla, Wollmaus. (Eriomys.)
G attu ligscharakter: Nagezahne fpltzig. Biicken-
zahne uberall 4, aus brei Blattern bestehenb unb baher
auf ber Kaustache mit scheinbar sich krenzenben Schmelz-
falten verfehen, nur ble zwel vorberen bes Nuterklefers
von einfacherem Baue (Geblh unb Skelett Fig. 491.).
Vorberfuhe funfzehlg, Hiiiterfutze vlerzehlg. Schwanz
mittellang, behaart. Ohren grofl, runb, fast nackt.
1. Das grope Chinchilla. (Eriomys Chinchilla.) Fig. 492. 493.
Obgleich fchon bie Peruaner zur Zeit ber Jncas bas
feine Seibenhaar ber Chinchilla zu theuren unb fehr
gesuchten Stoffen verarbeiteten, Acosta im 16. Jahrhun-
berte unb Molina, ber Befchreider von Chile vor fast
60 Jahren, bieses Thier erwahnen, so Hat man boch erst
lim 1829 etwas genauere Keuntnifi von ihm erlangt,
viel fpater aber Hinreicheubes Material zur Untersuchung
unb zur Feststellung bes systematischen Charakters. Die
ersten Pelze erhielt man schon im vorigen Jahrhunberte,
unb zwar als grofle Seltenheit, uber Spanien, inbeffen
sinb sie zum gewohnlichen Hanbelsartikel erst geivorben
nach Vertrelbung ber Spanier aus Peru unb Chile.
Die Pelzhanbler kamen zeitig auf ben Gebanken, bah bie
aus Oberperu uber Arica unb bie aus bem norblichen
Chile ausgefuhrten Pelze nicht von berselben Art Her-
ruhren konnten, benn ble peruanlschen Felle sinb nicht
allein grofler unb weit weniger feln, sonbern entdehreil
anch ble zarte Fardung ber chilenischen. Die Zoologen
haben spater ble Richtlgkelt bleser Vermuthung anerkannt
unb zwel verschlebene Arten angenommen. Belbe sinb
Bewohner ber hoheren Thåler ber Anbes, wo bisweilen
ein ziemlich hoher Kaltegrab eintritt, unb baher mit einem
Pelze bekleibel, ber hinsichtlich seiner Dichtigkeit, feiben-
artigen Weichheit unb silderglanzenben, zarten Fardung
zu dekannt ist, um ber Beschreidung zu deburfen. Durch
Sitten nahern sie sich ben Viscacha's, wohnen gesellig
in grohen, vielkammerigen Banen, leden von Wurzeln,
desonbers von ben Zwiedeln ber in ben Anbes Hausigen
Liliaceen, scheinen ader weniger Nacht- als Tagthiere
zu seln. Den Winter verdringen sie in Warmen unb
wohlausgefutterten Hohlen, wahr scheinlich in tiefen
Schlaf versunken. Od sie Vorrathe eintragen, ist ganz
undekannt. Ehebem soil ble in ben norbllchen Provinzen
Chile's lebenbe, in ben sublichen ganz fehlenbe Art in
allen nieberen Bergen, seldst in ber Nahe ber Kuste an-
zutreffen gewesen sein. Unadlassige Verfolgungen Haden
sie indessen in bas Hochgedirge getrieben, wo zwar nicht
Kalte, aber Mangel an Wasser, Holz unb Wegen bie
Sagb erschweren. Dennoch ist bie Zahl ber nach Europa
gebrachten Felle keineswegs undebeutenb. In ber ©e-
fangenschaft sinb Chinchllla's ruhige, harmlose unb rein-
liche Thiere, sitzen aufrecht unb fressen nach Art ber
Eichhorner, zeigen nicht niehr Jntelllgenz als Kaniuchen
ober Meerschweinchen, entwickeln uderhaupt weber Led-
Haftigkeit noch Neignng zum Spielen, weber Dankdar-
keit noch Anhanglichkeit an Diejenigen, von welchen sie
ihr Futter zu erhalten gewohnt sinb. Im wilben Zuftanbe
foll bas Weibchen zwei Mal im Jahre 4—6 Junge wer-
fen. — Das Skelett (Fig. 491.) deweist, bah ber Ban
biefer Nager im Ganzen feln unb zierlich sei, aber Be-
fahigung zu grofler Kraftentwickelung nicht voraussetzen
lasse; Rippenpaare finben sich breizehn, bie Rohrenkno-
chen sinb bunn. Am Schabel failt desonbers bie Ent-
wickelung ber Knochenblase auf, welche einen Theil bes
Hororganes verdirgt. Die Gestalt im Allgemelnen eriu-
nert an bas Kaniuchen, zumal verhalt sich ber langde-
Haarte Kopf ganz wie dei einem jungen Selbenhaasen.
Die Schnauze ist kurz unb stumpf unb mit langen Bart-
borsten veriehen; ble Augen sinb grofl unb fchwarz, ble
Ohren oval, oden adgerunbet, ble Vorberfuhe mit voll-
ftanblgem Daunten unb wie ble Hlitterzehen mit klelnen
Krallen verfehen. Eine glelchmahig feine, flldergraue
Behaarung beckt bie Oderfelte bes Korpers. Bauch unb
Jiinenselte ber Glleber sinb welfl. Der Korper nilht 10
Zoll, ber Schwanz mit voller Behaarung 8% Zoll.
Die zweite Art, bas klelne Chinchilla (Eriomys
laniger) Fig. 494. fcheint nur ini norbllchen Chile vor-
zukommeit, nicht, wie bie erstere, anch uber einen Theil
von Oberperu verdreltet zu feln, ift etwas kleiner als
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