Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Saugethiere.
Scchstc cØrdnung.
Orbnnng eden nicht geroohnlichen Jntelligenz zu Tage
legen. Menige sind dem Menschen direct nntzlich, denn
nur der Hamster und die beiden oben genannten biber-
artigen Gattungen liefern ein brauchbakes Pelzwerk.
Einige, namentlich der ersten Gattung angehorenbe Ar-
ten, sind als kosmopolitische Thiere mertrourdig, denn
befahigt, sich den verschiedensten Klimaten anznpassen,
sind sie theils dem Menschen zu Land gefolgt, theils von
diesem in Schiffen verschleppt worden und baher, wie
Manderratten oder Mause, in allen Festlandern und
selbst auf abgelegenen, kleinen Jnseln des Meltmeeres
einheimisch.
I. Die Wanderratte. (Mus decumanus.) Fig. 520.
Die Wanderratte felt aus Persien oder Indien nach
Europa gekommen sein und hat in den meisten Gegenden
die gleichfatls fremde und gegen Anfang oder Mitte des
16. Jahrhunderts eingewanderte von Gesner (1551) zu-
erft beschriebene und abgebildete schwarze Ratte, theils
vernichtet, theils vertrieben. Neber ihr Erscheinen in
verschiedenen Lanbern fehlt es nicht an Aufzeichnungen.
Sie Wanderte (nach Palla's), aus den Steppen kommend,
i. I. 1727 in Astrachan ein, wurde in England zuerst
um 1730, in Frankreich um 1750, in den Ver. Staaten
(nach Harlan) um 1775 bemerkt, ist aber jetzt auf den
Falklandinseln, in den Platastaaten, Chile und Neuhol-
land gemein und sogar auf kleinen Koralleninseln der
Sudsee von Darwin gefunden worden. Unter gewissen
Himmelsstrichen weicht sie etwas von dem europaischen
Tppus ab, so unter anderen auf dem gropentheils mit
vulkanischer Asche und Laven uberschutteten Eiland
Ascensien, too eine aus wenigen Personen bestehende
britische Colonie in den letzten Jahren sich niedergelassen
hat. Ungeachtet ihrer Abstammung aus milderen Kli-
maten, hat sie sich bei uns ganz eingeburgert, und Hier-
durch eine int Thierreiche sonft nicht gewohnliche Bieg-
samkeit bewiesen. Jedermann weisi, bah nur der Mensch,
und vorzugsweis derjenige des kantasifchen Stammes,
vie Fahigkeit, sich den verschiedensten Himmelsstrichen
anznpassen, im hohen Grade besitze, wilve Thiere Hinge-
gen entweder ihr Stammland nicht verlassen, oder unter-
gehen, toenn Noth sie zu toeiten Austoanderungen zwingt,
Zufatl oder Absicht des Menschen sie versetzt. Dem
Thiere steht nicht der Verftand zur Seite, toelcher den
Menschen befahigt, die Eigenthumlichkeiten oder die
Nachtheile einer neuen Heimath schnett zu erkennen und
das passende Verfahren zu entdecken, um jene zu seinem
Vortheile zu benutzen, diese unschadlich zu machen.
Hilflos geht es daher nach fruchtlosen Anstrengungen zu
Grunde und kann auch selbst als Hausthier, vom Men-
fchen genahrt und beschutzt, nicht aller Orten die unge-
wohnten Einstufse ubertoinden und Heimisch toerden. Die
erwahnte, als Ausnahme erscheinende Biegsamkeit sener
Nager verliert das Wunderbare, roenn man erwagt, dah
sie keinesroegs eine voilkommene Unabhangigkeil geroahre,
denn Ratten und Manse roohnen unter frembartigen
Klim^tc,: nur als Begleiter des Menschen. Sie sichern
vie eigenc Eristenz, indem sie dieselbe an diejenige des
Menschen ketten, mit diesem leben und hierdurch gerois-
sermahen in das Verhaltnisi dersenigen Thiere treten,
fnr roelche man als nutzliche Hansthiere mit Anftnerk-
samkeit sorgt. Dah sie in tropischen, an Nahrung
reichen Landern als Arten fortbestehen rourden, auch
nach Verschroindung des Alenschen, dem sie dahingefolgt
sind, ist roahrscheinlich genng, allein in talten Landern
wurven fie. fid) uberlassen und auf. eigene Hilfsmittel
en. Die Wanderratte
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urde, aber sie fan in
^ufern ausgrub fie
r und vollige Siair-
^rend unsere
en ihr allezelt reichsie
sollen. Da aus den alteren Schriftstellern die Richtung
ihrer Verbreitung nicht abzunehmen ist, so roird ihr Ur-
'sprung, den einige der neneren in Mittelasien gesucht
haben, roohl nnaufgehellt bleiben. Gegenroartig ist sie
zwar uber die ganze Erde verbreitet, allein mehr in
roarmen als gemahigten Klimaten, und fehlt ganz in
talten Landern. Sie grabt zroar ebenfalls, scheint aber
diese Arbeit nicht mit dem Eiser der Wanderratte zn be-
treiben, und begnugt sich, roenn sonst Sicherheit genug
vorhanden ist, mit Nestern unter Zimmerdielen, ober in
Strohbachern, unb trifst, roo sie im ungeftorten Besitze
verlassener Gebaude ist, fast gar keine Vorkehrnngen.
Die Wanberratte ubertrifft sie zroar nicht burch Gefrahig-
keit unb Starte, roohl aber burch Muth unb selbst Wilb-
Heit, benn in bie Enge getrieben, setzt sie sich entschlossen
zur Wehr, tampst mit Katzen unb Hunben unb versucht
sogar bem Menschen in bas Gesicht zu springeu. Jun-
gen Hausthieren roirb sie sehr gefahrlich, roenn ber Hun-
ger treibi, nub friht bann ihre eigenen Genossen auf;
man roilt sogar von ihren Angriffen auf unberoacht schla-
senbe Sanglinge erzahlen. Die Neberzeugung von bie-
sem grimmigen unb gransamen Naturelt unb ber Ver-
bruh uber bie Verronstnugen und Beraubungen, die
man durch sie erleidet, haben veranlaht, dah man sie
nicht allein mit anherstem Widerroillen, theils auch mit
Furcht betrachtet, sondern dah auch eine ziemliche Menge
aberglaubischer Sagen uber fle im Nmlaufe sind. Eine
der betanntesten ist die von bem sogenannten Raitento-
nige (Fig. 521.), ber, uberhanpt roohl selten gefunben,
nichts anberes ist als eine Gesellschaft junger Ratten,
bie, in einem Neste mit zu engem Ansgange geboren,
ober burch anbere Znfalligkeiten gefangen, nothroenbig
zusammenbleiben muhten, unb mit ben langen Schroan-
zen sich verroirrten. Eine an biesen Theilen eintretenbe,
bem Weichselzopfe vergleichbare, tlebrige Ausschroitznng
trug bazu bei, ben Zusammenhang ber Gruppe noch nn-
lbslicher zn machen. Der Aberglaube. Hat sich bieser
ungerobhnlichen unb tranthaften Erscheinuiig bemachtigt,
in ihrer Ansfinbung schreetenbe Vorbebeutungen Ver-
muthet unb einen Rattentonig erschaffen, ber seinen Staat
beherrschen unb auf jeiier verroachsenen Gruppe wie
auf einem Throne sitzen sollte. Solche aus lebenben
Wesen zusammengesetzte Throngestelle tommen in manchen
alten, znmal morgenlanbischen Mythen vor, unb eine
burch apokalyptische Thierbilber genahrte Einbilbungs-
;trast koniite baher den verroachsenen Ratten leicht eine
gleicheDentung unterlegen. Eremplare des Raiienkonigs
eristiren in manchen alteren Sammlungen. Der abge-
bildete rourde 1772 bei Abtragung eines alten Kloster-
gebandes in Erfnrt entdeckt.
3. Die Hausmaus. (Mus musculus.) Fig. 522. 523.
Mit Ausnahme einiger Arten aus ber Familie ber
Mause giebt es in bem ganzen roeiten Bereiche ber hohe-
ren Thierroelt tein Geschopf, welches, ohne eigentlich
unterroorfen zn sein, seine Eristenz an biejenige bes
Menschen getettet hatte. Aber auch selbst unter senen
roenigen Nagern ist in genannter Beziehung eine Abstu-
fung nnvertennbar, benn bie gemeine Hausmaus, bieses
roohlbetannte unb baher ber Beschreibnng nicht beburf-
tige Thier lebt ausschliehlich mit unb bei bem Menschen
unb roirb nie auher bem Hause besselben angetroffen,
wahrenb bie oben beschriebenen Ratten zroar ohne ben
Menschen ebenfalls nicht eristiren konnen, inbessen, znmal
in heihen Lanbern, z. B. in Westinbien, noch Haufiger
i in ben Zuderrohrselbern als in ben Gebanben sich ans-
Halten. Eine so vollige Anschliehung Hat manches In-
teressante. Sie roirb unter anbern bie Fraze vetantassert
muffen nach bem nrsprnnglichen Anfenthalte unb nach ver
Lebensroxise ber Ma"s in ber llrzeit unb vor ber voll-
Nahrung bicten. Sie ist nicht genothigl geroesen, zu irgend
einer neuen Betriebsamkeit zu greisen, und Hat sie ihre
Natur vielleicht etroas verandert, so kann dieses nur in
Beziehung auf ihr Mihtrauen, ihre Scheu und List ge-
schehen fein, die im Verhaltmh zu unseren unablassigen,
aber nie ganz ausreichenden Verfolgungen geroacksen
sind.
Die Wanderratte ist groher als vie gemeine schwarze
Ratte, und roird ohne den 6 Zoll messenden Schwanz
8 —9 Zoll lang. Sie ist oben brannlich gran, indem
das einzelne Haar an der Wurzel schiefergrau, an der
Spitze braun ist; die untere Kbrperseite erscheint Hell-
grau. Amerikanische oder indische Eremplare roeichen
nicht selten in der Farbung etroas ab und sind daher ge-
legentlich als besondere Arten beschrieben worden, indessen
tommen diese klimatischen Spielarten fast immer uberein
durch das Langenverhaltnih des Schroanzes zum Korper
und durch die Zahl (210) der den ersteren umgebenden
Schuppenringe. An Behenbigkeit steht die Wanderratte
unter dem Eichhorne, aber uber Muruielthieren und
ahnlichen schroerfalligeren Nagern, lauft, klettert und
schroimmt mit ziemlicher Schnelligkeit, grabt und ronhlt
mit einer den Korperverhaltnissen kaum entsprechenden
Aitsdauer und Kraft, und vermag durch diese schadliche
Thatigteit selbst die Grundlagen unserer Hanser und
zwar um so leichter in Gefahr zu setzen, als sie fast nie
allein,' sondern in grohere oder kleinere Gesellschaften
v^reint arbeitet. Sie verzehrt mit gleicher Gierigkeit
sowohl pflanzliche als thierische Nahrung, spielt bistoei-
len die Rolle des Raubthieres und zerfleischt, roenn Un-
terhalt zu mangeln beginnt, junge Huhner und anderes
Hausgeflugel, schleppt ihre Nahrung, um sie beqnemlich
zu verzehren, in ihre unterirdischen Locher, Hanst aber
in denselben keinesroegs Wintervorrathe auf, sondern
beroeift sich als fremdes, unsern Winter nicht kennendes
und d;hvr nicht vorsorgendes und auf den Menschen und
semen Fleih angewiesenes Geschopf. Wie sehr viele der
mit Schlusselbeinen versehenen Nager bedient sie sich der
Vorberglieber, um die Nahrung zum Munde zn fuhren;
sie trinkt leckend. Ihre Fruchtbarkeit ist unter begunsti-
genben Umstanden sehr groh, benn sie roirft 2—3 Male
in einem Sommer 6— 10 blinde Junge. Durch anhal-
tende Verfolgungen gedrangt, roandert sie endlich aus,
ost bis in ansehnliche Entfernungen, und zeigt sich dann
auf einmal in Gebanben, die bisher verschont geblieben
roaren, behalt aber so viele Anhanglichteit an ihren ur-
sprunglichen Wohnort, dah sie, roenn die Nachstellungen
bald aufhoren, dorthin zuruckzukehren versucht.
2. Die schwarze Natte. (Mus Rattus.) Fig. 521.
Auch die schwarze Ratte ist, roie schon erwahnt, eigent-
lich ein Fremdling auf enropaischem Boden und von
teinem Schriftsteller vor dem 16. Jahrhnndert erwahnt
worden. Sie scheint in dem ersten Jahrhnndert nach
ihrer Einwandernng eine rasch zunehmende und grohe
Plage geroesen zn sein, gehort aber jetzt in vielen Gegen-
den zu den Seltenheiten und ist ans einigen vollstandig
verschronnden, indem die grohere unb starkere Wander-
ratte seit ihrer Anknnft gegen sie einen grimmigen Ver-
tilgnngskrieg gefnhrt hat. Dah dieser nicht ans einem
angestammten Hasse und sonach ohne anhere Veranlaf-
silng entstauden sei unb manche hierher gehorenbe Fabeln
keinen Glauben verbienen, bebarf nicht der Erorterung.
Der Hunger erzengt allein diese Kampfe, in roelchen die
muthige, aber schwachere schwarze Ratte unterliegt. Wo
Nahrung im Ueberstufse vorhanden ist, sollen beide Ar-
ten friedlich neben und unter einander roohnend angetrof-
fen roorden sein. Neber ihr eigentliches Stammland
herrschen manche Zroeifel, denn da ihre Erschechung in
Enropa kur; auf die Entdecknng Amerita's folgte, so
haben Linne, Pallas und andere Zoologen nicht
standen, sie als ein schlimmes Geschenk der nenet
anzusehen. JebsnfallS i st sie bort roe^ S'
ber ostlichen Halbtugel, mit Ausn»
Persien, roo ihre Mengen an bas Abes