ForsideBøgerIllustrirte Naturgeschich…ierreichs : Erster Band

Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band

Forfatter: Eduard Pöppig

År: 1847

Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber

Sted: Leipzig

Sider: 312

UDK: St.f. 59 Pöp

Naturgeschichte der Säugethiere

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Side af 322 Forrige Næste
Wenigza'httige. Snugethiere. 155 setzen ihren Feinben Geduld und Lebenszahigkeit ent- gegen, vennogen uicht deuselben durch schnelle Flucht zu entkommeil und bedienen sich ihrer oft fnrchtbaren Krallen uicht als Waffen, sondern allein zum Festhalten und zum Graden. Sie sind Bewohner Heiher Klimaten; nur Einige halten unter einem Himmel nus, der, wie derjenige der Pampas oder Sudafrika's, hinsichtlich der Warmeverhaltnisse dem italienischen ziemlich gleichkommt, erreichen sehr verschiedene, doch Hochst felten dedeutende Gropen, und dilven eine im Verhaltniffe kleine, artenarme Ordnung. Man theilt sie in die Familien der Faulthiere, Gurtelthiere, Ameisenfreffer und Schuppenthiere, die in der Regel nur eiue oder zwei Gattungen enthalten. Die Gattungscharaktere sind sonach meistens zugleich biejeni- gen der Familien. I. Faulthier. (Bradypus.) Gattungscharakter: Vorderzahne fehlen ; Eck- zahne uderall einer, konisch, lang; Backenzahne oden vier unten drei, walzenformig, mit Schmelz uderzogen. Vorderfutze sehr verlangert, zwei- dis dreizehig; Hinter- fithebreizehig; alle mit langen zusammengedruckten Kral- len. Schwanz sehr kurz. 1. Das drkizehige Faulthier. (Bradypus tridactylus.) Fig. 581 — 583. Die auhere Bilbung und das Benehmcn der Faul- thiere sind schon den ersten Beschreidern der amerikani- schen Thierwelt ungewohnlich erschienen und haben manche Fadeln veranlaht. Man steht dergleichen Jrr- thumer oder Uebertreibungen gern jenen Mannern nach, die, von der Neuheit der meisten Erscheinungen uber- rascht und durch vielseitige Kenntnisse nicht unterstutzt, uns dennoch in ihren Werken Beweise des redlichsten Strebens und uncrmublichen Eisers hinterlassen haden. Hingegen suhlt man eine Anwanblung von Unwissen, wenn fin Mann wie Buffon, um eine rhetorische Ab- Handlung liefern und die Wirkung der Rede kunstreich steigern zu konnen sich gestattet, senes Thier fur Phantasti- sches Spiel der Natur zu erklaren, es darzustellen als deladen und heimgesucht mit zwecklosen Unvollkommen- Heiten, als geschaffen sur Leiden und selbst des geringen Erleichterungsmittels der Klagetone beraubt. Derglei- chen Ausspruche sind des grunblichen Forschers unwur- dig, weil er die in der ganzen Natur waltende Gerechtig- keit fennen und sich nicht hinreifien lassen soll zur Beur- theilung der Freuben und Leiden der Thierwelt nach oderflachlichen Zeichen, oder gar nach dem menschlichen Maahstabe. Das Faulthier ist fur die ihm gewordene Bestimmung so vollkommen organisirt, das der mensch- liche Scharfsinn in seinem Bane weder Fehlendes zu entdecken, noch durch Besseres das Vorhanbene zu ersetzen vermag. Ein eigentliches Baumthier, welches nie das Be- burfnih der Bewegung aus ebener Erde, mindestens nicht fur grohere Entfernungen haben kann, muh nothweudig anders gebauet sein, als der grabende Nager oder das stuchtige Raubthier, um nuf seine eigene Art uud sonach zum eigenen Gluck eristiren zu konnen. Es laht sich die Wahrheit dieses Satzes am Skelett der Faulthiere (Fig. 578 —580.) uberzeugend nachweisen. Die Vorderglieder siud doppelt langer als die Hinterfuhe und, wie diese, mit gewaltigen, Hakenformigen Krallen verfehen. Die Sohle oder Handstache aller Glieder steht schief und kann nie- mals platt aus den Boden gesetzt Werdeu, weil die be- fannten Mittelfuhknochen (Metatarsen) vermoge ihrer besonderen Stessung diefes nicht gestalten ; nur der auhere Raitd des Fuhes beruhrt den Boden (Fig. 578.). Die Oberschenkel stehen ungewohnlich entfernt von einander, weil das fast wie bei Vogeln beschaffene Beckeu (Fig. 579.) eine ansehnliche Breite besttzt; selbst die Uuter- schenkel konnen einander nicht vosskommen genahert werden, weil sie in ihrem ganzen Verlaufe stark nach auhen gekrummt sind. Dem Kopfe des Oberschenkelkno- chens fehlt zur starren Befestiguug das sogenanute runde Band, welches auch dem Orang Utan mangelt. Wahrenb hierdurch die Hiuterglieder eine beini Klettern sehr nutzliche und bedentende Beweglichkeit erhalten, werden die Vorderglieder verstarkt durch eine eigenthum- liche und sehr feste Verbindung des Schluffelbeines mit dem Schulterblatte. Mit dem Zwecke des kraftigsten Festhallens und der Bestimmung, die Last des schwebend ausgehangten Korpers allein zu tragen, wurde Elastici- tat und Beweglichkeit der Zehen uicht vereinbar gewesen seiu. Daher stud diese nicht allein kurz und fast bis zum Ende in eine gemeinsame, derbe Haut gehusst, sondern auch weuig biegsam, nach innen gekrummt, aber mit langen, sehr starken Sichelkralleu versehen und daher in allen Beziehungen einem einfachen Haken vergleichbar. 3m reiferen Alter, und bei zunehmender Schwere des Korpers, erhalten diefe Fuhenben dadurch noch grohere Festigkeit, dafi die Zehenkuochen zu ganzen Stucken ver- wachsen, ein Proceh, der dann auch in den Halswirbeln eintritt, von welchen, merkmurdigerweise, nicht wie bei anderen Saugethieren sieben, sondern neun vorhanden sind. Muskeln, welche fast unglaublicher Kraftauherun- gen fahig sind, fugen sich an sene Knochen und gestatten dem Faulthiere, seine ganze Last an einem Arme aufzu- Hangen, um mit dem andern, langausgestreckten, nach einem entsernteren Aste zu greifen und ihn herbeizuziehen, wenn er Fruchte oder Blatter zur Nahrung bietet, oder zur Fortsetzung des Weges benutzt werden kann. Findet sich in diesem Bane der Bewegungswerkzeuge Alles dem Baumthiere Nothwendige in grohter Vollkommenheit vereinigt, so ist nicht minder sur Mittel gesorgt, Sturze unschablich zu machen, die bei asser Kraft der Glieder dennoch vorkommen konnen. Die Hirnschaale besteht nicht aus einer dichten und daher leichter zu zertrum- merndeil Schicht, wie bei der Mehrzahl der Saugethiere, sondern aus zwei sehr Harten Platten, die, wie bei den Vogeln, durch Knochenzellgewebe und geraumige Lutt- zessen getrennt sind, und das verhaltnihm^hig sehr kleine Hirn bei Fassen vor Verletzung schutzen. Endlich besitzen die Faulthiere eine solche Lebenszahigkeit, dah sie die heftigsten Sturze und selbst grohe Wunden, die anderen Thieren unfehlbar tobtlich sein wurden, ertragen, und gleichen Hierin den Eidechsen, welchen das zweizehige Faulthier auherdem durch die Zahl seiner Rippenpaare (23) ahnlich ist. Die Bildung der Glieder beweist, dah das Faulthier nie bestimmt gewesen ist aus ebenein Boden Herumzu- laufen, und dah sein ungeschicktes Benehmen aus bemsel- ben und der dann sichlbare Ausdruck des Mihbehagens,; eben so wenig als die Hilflosigkeir des aus dem Masser genommenen Fisches, fur Zeichen einer von der Natur ihm erwiesenen Vernachlassigung angesehen werden darf. Die Gestalt und Grohe der Krallen deutet ubrigens an, dah dah Hinlaufen an den Aesten nicht in gewohnlicher, sondern verkehrt hangender Stessung geschehe, wie es der Beschreiber Surinam's, Stedtmann, ganz richtig ab- bildete (Fig. 581.). Um sicher und beguem zu schlafen, legt sich das Faulthier mit dem Rucken auf einen breiten Ast, umfafit mit den Vorderarmen einen Hoheren Zweig, rosst sich fast zur Kugel zusammen und laht den Kops auf der Brust rusten, deren langes Haar das Gestcht vor den Myriaden von Jnsecten beschutzt, welche die Urtval- der bewohnen. Es ist keineswegs so ganz vertsteidigungs- los, wie utan gemeint hat; seine Arme sind gewaltige Waffen, denn, auf dem Boden angetroffen und angegriffen, wirft es sich auf ben Rucken und erfaht den Gegner mit feinen Krallen. Man weih, dah es Hunde durch diefe Untfaffung erstickte, indern es bei der Lange seiner Arme vor Bissen sicher blieb, und sagt, dah es auf gleiche Meise die grohen Schlangen todte, die ihm besouders nachstellen sollen. Mie groh aber auch die Gefahr und wie heftig der Angriff sei, so zeigt doch das Faulthier niemals Spuren von Erregung, laht schwerverwundet feinen Ton horen, verliert zu teiner Zeit sein hochst me- lancholisches Ansehen, scheint feinen Gegenstand, ausge- nommen die Baume, zu welchen der Jnstinct ihn kitet, zu bemerken, verrath in der Gefangenschaft nie die ge- ringste Aufmerfsamkeil und scheint uberhaupl mit auherst geringer Julelligenz ausgerustet. Zur Nahrung dienen ihm Baumblatter, die es langsam abweibet; den Norzug giebt er dem Trompetenbaume (Cecropia peltaia), der enilang den Flussen Subamerika's eine ununterbrochen gleichsormige Einfassung bildet, gewissermahen die Wei- benbaume knlterer Zonen vertrill, und nur da dem Hoch- stammigen Urwalde tveicht, wo der Boden eine festere Beschaffenheit erlangt und nicht blos aus neu attge- schwemmten Sande und Fluhschlamm besteht. Ein dunner, inwendig hohler, aufien weiher Stamm von 30 — 40 Fuh Hohe, wenige Horizontale Aeste, gewaltig grohe, gelappte Blatter geben ihm ein sehr charakteristisches Ansehen. Ohne den Boden zu beruhren, geht das Faul- thier langsam von einem Wipfel zu dem andern uber, vertauscht feinen Aufenthalt jedoch nicht, so lange es ;Knospen und junge Triebe in der Naste finden fann, fustlt tein Bedursnih zum Trinken und begnugt sich wahrscheinlich mit den Thautrckpfen, welche des Morgens an den grohen Blattern hangen bleiben. Es pfiegt sich nur bei dem Fressen zu bewegen, ist daher nicht leicht von den ahnlich gefarbten Aesten zu unterscheiden und lebt ganz ungesessig. Die Fortpflanzung verhalt sich wie bei anderen normal gebildeten Saugethieren; das Meib- chen Hat zwei Brustwarzen, bringt aber nur ein Junges, welches sich fest an die Mutter anklammert und lange Zeit von ihr Herumgetragen wird. Sein Gebih gehort zu den einsachsten der ganzen Saugethierclasse, indern die Schneidezahne fehlen, die Eckznhne den Backenzahnen sehr ahnlich' sind; der innere Ban dieser Zahne ist von Owen ntikroskopisch unterfucht worden und hat viel Eigenthumliches. Matt hat von jeher zwei Arten von Faulthieren nach der Zahl der Zehen der Vorderftthe unterschiedett, das dreizehige aber in tteuesten Zeiten in drei Arten gespalten, bie sich nur in Farbung unterschei- ben unb vielleicht nicht asse haltbar sein burstett. Das breizehige Faulthier Hat nuf bettt runben Kop fe gefcheitelt Herabhangenbes Hnnr, gelbliches, sehr butttt behaartes Gesicht, ist mit weiher Stirnbinbe unb nuf bettt Rucken mit grohett, brnunen unb weihett Flecken gezeichnet; nit Bnuch unb Brust schmutzig weihlich. Die Lange betragt 17 Zoss. Das Haar gleicht mestr trockenem, an ber Sonne verschrumpsten Grase nls eigettl- lichem Haar, ist grob, start, an ber Spitze abgeplattet, aber gcgen bie Wtirzel faunt stalb so bick wie ein Mett- schenhaar. Spielnrten stub uicht selteti, inbettt bie Flecke ! an Grohe ungemein abanbern, bisweilen ganz fehlen unb einer uberass gleichen granen Farbung weichett. Das Halsbanb-Faulthier (B. torquatus) Hat schwar- zes, nnckies Gesicht, tttinber plattes unb Heuartiges Haar; Vorberkopf, Kintt, Kehle, Brttst stub mit rostbrnunem, etwas fraufett Haar bebeckt; ber ubrige Korper ist gelblich grau; um ben Hals zieht ein breiter, schwarzer Streifen. Beibe Arten gesten unter bettt Namen Ai, ber von bettt Tone ihrer felten zu Horenbett unb nicht besonbers lattten Stimme hergeleitet worben ist, unb bewohnen Brasilien. Das zweizehige Faulthier ober Unau (B didac- tylus, Sfelett Fig. 580.) wirb gegen 2 Fuh lang, Hat einen sehr kurzen, Hockerformigen Schwanz, einfarbig braunrothliches Fell unb ivirb nur in ben einsamsten Walbern bes norblichen Brasilien unb Guyann's ange- troffen. II. Riesenfaulthier. (Mylodon.) Fig. 584 — 588. Derselbc Welttheil, ber noch jetzt bie ausschliehliche Heimath ber meisten Ebentaten ist, wnr in ben Zeiten, welche ben letzten grohen VeranberRigen ber Erbober- stache vorausgingen, von Thieren berselben Familie be- wohnt, bie jeboch in ihren riestgen Korperverhaltnissen sich zu ben Ebentaten ber Jetztzeit verhalten, wie ber ausgewnchsene Mann zu bent neugeborenen Kinbe. Die weiten Ebenen von Buenos Ayres unb Patagonien, bie in ihrer geograpstischen Bilbung ben jungsten Formatio- nen angehoren, bergen eine Alenge Knochen unb fogar ganz vollstanbige Skelette von gewaltigen Thieren, bie 20*