Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Saugethicre.
Sicbeitte tØrbnung.
fle utzborsichtig genug sind, uber die mit Ameisenhugeln
bebeckien wusten Flachen zu galloppiren. Die Gestalt
des Ameisenscharrers deutet nuf ansehnliche Starte; der
Korper ist zwar ettoas in die Lange gezogen, alleln die
kurzen, dicken Glieder sind groHer Kraftausierung fahig.
Ein knochiger Panzer fehlt, wird aber durch ein unge=
toohnlich dickes, zahes und Hartes Fell ersetzt, auf toel-
chem borstenahiiliches Haar dunnverstreuet steht. Der
vorzugstoeis bfinnbehaarte Kops endet in eine berlan-
gerte, fast rufselformige Schnauze; daS Maul ist sehr
kleiu und toenig ausdehnbar, die Zunge Hingegen um
so langer; besondere Drusen ergiehen auf sie einen kle-
brigen Speichel. In das Jnnere der Ameisenhaufen
versenkt, toird sie in kurzer Zeit mit den geschaftig Her-
beieilenden Jnseeten bedeckt und stellt daher ein eben so
einfaches als sicheres Werkzeug der Ernahrung dar.
Die Augen sind klein toie bei atten unterirdischen Thie-
ren, die Ohren ungemein grosi, anfrichibar tind geschickl,
den leisesten Schatt aufzufangen. Die Grabenagel zeich-
nen sich bnrch beispiettose Grosie und Starte aus und
sind ganz geeignet, den Boden der sudafrikanischen Wfi-
sten auszutouhlen, der in der trockenen Jahreszeit eine
steinartige Harte und Festigkeit erlangt. Der dicke
Schtoanz misit 2 Fusi, der Korper 4 Fusi ; die Farbung
ziebt in das Rothlichgraue, an den Gliedern in das
Schwarzbraune. Das Getoicht eines vollig ausgetoachse-
nen Thieres sott bisweilen einen Centner betragen.
Vil. Ilmeisenfresser. (Myrmecophaga.)
Gattungsch arakter:Zahnefehlen ganz. Schnauze
russelformig, mit sehr kleiner Mundofsnung. Zunge sehr
lang, fast tourmformig, sehr vorstreckbar. Borderfusie
ztoei- bis vierzehig, mit sehr starten Grabekratten; Hin-
terfusie vier- bis funszehig.
1. Tik grofe Ameisenfresser. (Myrmecophaga jubata.) gig. 821.
Bei oberflachlicher Beschauung Linn ein Ameisen-
fresser toie eine Zusammenstettung der tounderlichsten
Anomalien erscheinen, bei genauer Untersuchung Hinge-
gen erfeunt man in seinem Bane und seiner Ausrustung
eine Ztoeckmahigteit, die mit anderen Alitteln enttoeder
gar nicht, oder mindestens nicht auf gleich einfache Art
zu erreichen getoefen sein tofirbe. Die Einrichtung der
Glieder ist zumal hochst eigenthumlich, denn sie bezieht
sich attsschliesilich auf die Bestimmungen eines grabenden
Thieres, toelches naturgemasi seine Nahrung am Boden
finben und diese ergreifen sott, ohne zu raschen oder all-
gemeinen Betoegungen geztoungen zu fein. In der gnu-
zen Borberhalste des Korpers enttoickelt sich eine den
Hinteren Theilen mangelnde Starte; die sast durchaus
gleichbicken Borderglieder gleichen mehr Armen als
eigentlichen, zur Ortsbetoegung dienenden Fusien, schei-
nen ini Ellbogengelenke unbetoeglich oder doch steis und
beruhren keinestoeges mit dem unteren Ende den Boden
auf getoohnliche Art, sondern sind vielmehr dort so
scharf eintoarts gedreht, dasi sie nur mit dem ausieren,
ein dickes Schtoielenkissen darstettenden Rande sich auf-
stutzen. Die Zehen sind nicht affein sehr turz, sondern
auch toenig betoeglich und teint Gange geschlossen, toie
die geballte Hand. Sotoohl sene verdrehte Stettung des
Fusies als diese Einschlagung der Zehen beztoecken die
Schonung der grohen Kratten, die, nicht zurfickziehbar
toie bei den Katzen, im Gange bald abgenutzt toerben
musiten, lagen sie am Ende einer platt austretenden
Sohle gerade ausgestreckt und mit dem Boden in Be-
ruhrung. Die Kratten der Borderfusie sind bei dem
groheit, vierzehigen Ameisenfresser bon ungleicher Lange,
aber ungemein start, gekrfinimt, an den Ranbern schnei-
benb und hart; dieienigen der in atten Beziehungeu
fchtoachen und in getoohnlicher Art austretenden Hin-
terfutze sind im entsprechenden Berhaltnisse klein und
unbedeutend. Da die Nahrung der Ameisenfresser Zer-
kleinerung nicht bedarf, so sind die Kiefern nicht nur
vollig zahnlos, sondern auch oberflachlich eingelenkt und
mit flachen und schmalen Kaumuskelu versehen, toah-
rend die Munboffnung einen engen Spalt darstellt und
Hierdurch der Kleinheit der zur Nahrung dienenden
Jnsecten entspricht, die aus einem weitgeLssneten Rachen
leicht entkommen koniiten. Auch die langgestreckte Ge-
stalt des Kopfes ist nicht ohne Bedeutung; sie gestattet
das Eiiidriitgen desselben in enge, von Ameisen bemohnie
Oeffnungen. Das Fell der grohen Arten ist von vieler
Dicke und Festigkeit und mit rauhen, borstenartigen Haa-
ren betoachsen; in Berbindung mit einer attgemeinen
und nitter Sangethieren beispiettosen Lebenszahigkeit, setzt
es diese sast vertheidigungslosen Thiere in die Lage, Ber-
letzungen ohne groheit Schaden zu ertragen. Die aus
toeiligen Arten bestehende Gattung toird ubrigens gleich
den vorhergehendeu allein in Sudamerika angetroffen.
Der grosie oder gemahnte Ameiseiisresser betoohnt
einsame, sumpfige Urivalber von Paraguay bis Guyana,
scheint aber nirgends gentein zu sein. Er ist schou den
alteren Beschreiberit Brasiliens bekanut getoefen und
nteistens ettoas ubertrieben geschildert toorden, denn
toenn er anch vier Fuh in der Lange misit, fo ist er
dårum itoch tein Riesenthier, dem selbst die Onze aus-
toeicht, toie alte Berichte anfuhreii. Schomburgt bemerkt
sehr richtig, dasi er in der Ferne uberhaupt groher er-
scheine, als er toirklich sei, toeil er die lange Mahne
sast ausrecht und den Biischschtoanz horizontal ausge-
streckt trage. Er lauft in furjent Trott, jedoch keines-
toeges fo unbeholfen, toie ehedem gesagt tourde, und
toird von Menschen nicht leicht eingeholt, vermag viel-
mehr in der Noth schnett und ausdauernd genug zu
lansen, um auf ettoas betoachsenem Boden einem Rei-
ter zu entkommen. In die Enge getrieben, kehrt er sich
gegen den Berfolger, richtet sich auf den Hinterfusien
auf und ertoartet mit ausgebreiteten Armen den Angriff.
So moglich es atich ist, dasi er den einntal erfahten Hund
'durch die ungeheure Krast seiner illrine erbrficke, so ist
es doch nicht toahrscheinlich, dasi die getoandte und nicht
minder starke Onze sich dieser Umarmung preisgeben
oder ihr erliegen toerde, indeni sie durch einen einzigen
Schlag ahrer furchtbaren Tatze den unbeholfenen Geg-
ner todt niederstrecken konnte. Ganz unglanblich ist
es, dasi unvorsichtig angreifende Menschen von dem
Ameisenfresser erdrnckt toorden selen, denn, ohne Behen-
digkelt und ohne bemerkliche Jntelllgenz, vertheldigt sich
dieser durch eine elnzlge, maschinenartige Betoegung,
vermag aber einem veranderten Angriffe nicht zu ent-
gehen und unterllegt zuletzt immer dem getoandteren
Felnde. Seine toesentliche Nahrung besteht lu Termiten
oder sogenannten toelhen Amelsen, die er mit der langen,
klebrigen Zunge fangt, nachdem er den ost manushohen
und kegelformigen Bau derselben mit seiiien getoaltigen
Krallen zerrissen hat. Aeltere und tienere Reisende, unter
den letzteren Schomburgk, sprecheu mit gleicher Berivnn-
derung von der autzerordentlich raschen Wechselbetoeguug
der Zunge, die in einer Minute bis fnnfzigmal Herans-
geschuellt und zuruckgezogen toird, indessen nicht in das
Jnnere des Terniitenbaues eindringt, sondern nur fiber
die blosgelegten Flachen desselben Hingleitet. Ertoagt
man die Schnelligkelt dieser Betoegung in Berbindung
mit den unsaglichen Mengen der gebrangt umhertoim-
melnden Termiten, so sindet man es nicht langer toun-
berbar, dah ein so ansehnliches Thier von kleinen Jnsec-
ten allein leben kann. Uebrigens versahrt der Anieisen-
fresser haushalterisch mit selnen Borrathen und zerstort
niemals einen ganzen Termitenbau aus einmal, sondern
eben nur ein zu seiner Satllgung hinreicheudes Stuck.
Bemerkt er, dasi die Termiten an der Oberflache des
Banes und in der Nahe der eingerlsseuen Stelle desselben
abnehmen, um in groherer Tiefe Sicherheit zu suchen,
so richtet er keinestoeges sogleich nene Zerstorungeu an,
sondern ergreist die grosieit abgelosten Brocken des Banes
mit den Kratten des einen Fusies, zerkleinert sie mit
denjenigen des anderen und sucht die vereinzelt znrfick-
gebliebenen Jnsecten auf. Zugleich mit den letzteren
verschliugt er eine ansehnliche Portion des Banes selbst,
der, aus unzahligen Schichten und Blattern von der
Dicke eines starken Papiers znsammeugesetzt, aus sein
zernagten, durch eine Art von Leint zusammengehaltenen
Holztheilchen besteht und hierdurch einige Aehnlichkelt
mit den Nestern getolsser, unter der Erboberflache barten-
der Wespen oder Httutmeln verrath. Der Ameisenfresser
scheint dieseii pflauzlichen Zusatz zu seiner gemohulichen
Nahrung absichtllch auszuuehmen, denn bie in bent Ma-
gen ber anatomirten Jnblvlbuen angetroffene iNenge toar
immer so grosi, bah man nicht anuehmen konnte, sie sei
burch Zufatt allein in benselben gelangt. Wahrscheinlich
mag ble Belmlschung solcher nicht thierischer Stoffe bie
Berbanung bes Jnsectenfutters erleichtern, toelches an
scharfer Ameisensaure so reich ist, bah ble Amelsenfresser
atter Arten bis tn ihre innersteu Theile mit bent Geruche
berselben burchbruugeu siub, ber selbst ben trockenen Bal-
gen geraume Zelt anhangt. Uebrigens lebt ber grohe
Llmeisenftesser nicht ausschliehlich von Ameisen unb Ter-
ntiten , toie man ehemals annahin, sonbern scheint auch
anbere Jnsecten unb selbst Wurmer zu verzehren, voraus-
gesetzt, bah ihre Grohe ber engen Munboffnung entspricht
unb bah sie mit ber betoeglichen Oberlippe ergriffen toer-
ben kouueii. Schomburgk fanb in bem Magen finger-
lange Julits, tourntformige, vielfuhige, mit Harten Korper-
rlngen versehene Glleberthiere, bie zumal in ben fetich-
ten Urtoalbern Anterlka's in vielen Arten vorkontmeu;
berselbe Relsenbe tvarf einem gefangeueit 'Ameisenfresser
Stucke von sehr klein gehacktem Fleische vor unb be-
nierkte, bah sie mit vielein Appetite verzehrt tourben.
Nach alteren Nachrichten hat man basselbe Thier bis-
toeilen mit elngetoeichtem Brote unb toeichgekochten
Hulsensruchten ernahrt; schtoerlich tolrb aber eine von
ber naturlichen so abtoeicheube Nahrung lange Zeit
vertrageu toorben sein. Schomburgk besah ein zahines
Weibchen, toelches sogar kleingeschnittene Fische srah,
ganz zahin tourbe, jeboch nur sehr gerluge Jntettlgenz
verrieth, ubrigens seine Borberpsoten recht geschickt
brauchte, mit benselben Gegeustaube ergriff unb aushob
unb, im Wiberspruche gegen Berichte alterer Beobachter,
schnett und gemandt kletterte. Es schlief in sitzender
Stettung, srah, indeni eS, toie auch Ziegen oft thun, am
die Borderfuhe niederknieete, und zeigte keine Neignng,
sich eine Hohle oder besondere Schlafstette zu graben.
Auch im toildeit Zustande legt der grohe Ameisenfresser
keine unterirdische Behausung an, sondern schfitzt sich
gegen das Wetter mit seinem dichibehaarten, biischigen
Schtoanze. Das Weibchen Hat ztoei Brustzttzen, toirst
ein einzelnes Junges, tragt dasselbe auf dent Rucken, be-
halt es ein vottes Jahr bel sich und vertheldigt es
niuthig durch nicht gefahrlvse Faustschlage. — Die
Lange betragt 4 Fuh ohne den (mit der Behaarung) 3
Fusi langen Schtoanz. Die etivas plumpe Gestalt des
von uledrigeit und dicken Gliedern getragenen Korpers
sticht sonderbar ab von dem gestreckt kegelforutigen, sehr
verlaugerten, bont sein zugespltzten Kopfe, mi desseti
ausierstem, abgestumpften Ende die Mundoffnung steht,
bie, ausgebehnt, kanin elnet Zott im Umfange Hat
und mit betoeglichen Llppen umgeben ist. Die ganze
Haltung deutet auf Mangel an Jntettlgenz unb voltige
Theilnahinlosigkeit; ber Kopf tolrb ulebrlg getragen,
unb ble Nase streist spurenb ant Bvbeit hin. Der Ge-
ruchsinn scheint vorzugsiveis enttoickelt unb tit bestan-
biger Thatigkeit unb mag bas toesentlichste Organ ber
Wahruehuiung sein, Inbeut bie Augen zunt Sehen tut
toetten Unikreise nicht gunstig gestettt unb im Berhaltnisse
eben so klein siub, toie bie abgerunbeten Ohren. Ant
Kopfe liegen bie Haare blcht unb glatt an, auf bent gan*
zen ubrigen Korper, zumal auf bem lllacken unb Rucken,
too sie eine 4 ■— 8 Zoll lange Mfihite bilbett, Hangen sie
lang unb unorbentlich Herunter. Sie siub rauh unb bt'trr
anzuffihlen; vie ben Schtoanz bekleibenbett erscheinen bei
genauer Untersuchung platt gebruckt, Hangen zu beibett
Seiten fuhlaug herab unb schleifen bel bem Gehen ant
Bobett hin. Die Farbung ist am Kopfe, Gesicht unb
Wangengegenb aschgrau, auf bem Rucken bunkler, an ber