Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Saugethiere.
Achte Gr-iiunti-
die Makayen Kuda-Ayer, d. H. Fluspserd, nannten, und
das er sur villig unbekannt Hiell, Iveil er nicht toagte,
die von einem niederlandischen Beamteten, Wahlfeldt,
um 1772 gegebene Notiz uber einen in den Flusinunbun-
gen Suinatra's vorkonnnenden Hippopolamns auf den
wiedergefundenen Tapir zu beziehen. Gegentoarlig ist
dieser nicht allein genau bekannt und osters nach dem
Leben gezeichnet und anatomisch zuerst von Home unter-
sucht, sondern auch zu mehreren Malen lebend nach
Europa gebracht toorden. In Gestalt gleicht er dem
amerikanischen, ist aber groser und durch scharfe Gegen-
satze der Farbung nicht allein von jenen unterschieden,
sondern macht durch dieselbe eine merktourdige Aus-
nahme von der Regel, das Saugethiere selten sehr bunt
und mindestens nicht grelt und abstechend gesarbt sind.
Der Korper ist theils schtoarz mit Purpurschimmer, theils
toeip, Farben, die, ohne in einander uberzugehen, sich
scharf scheiden und, toie die Abbildung es am besten ver-
sinnlicht, vertheilt sind. Das Junge ist bis zum vierten
Monate nrit Flecken und Streifen schon gezeichnet, die
auf dem Rucken rehsarben, am Bauche toeis sind, jedoch
spater dunkler toerden und mit dem sechsten Monate ganz
verschwinden. Sitten und Lebensweise entsprechen, soviel
man rveitz, ganz den auf die bekanntere Geschichte des
amerikanischen Tapir begrundeten Voraussetzungen. Das
asiatische Thier ist im gleichen Grade amphibisch, fuhrt
dasselbe harmlose Waldleben und nahrt sich ebenfarts von
Pflanzen der verschiedensten Arten. ES soll nicht cigent-
lich schwimmen, sondern unter dem Wasser toie ein Nil-
pserd hin- und hergehen. In Indien Hat ntan vorgeschla-
gen, den Tapir zum Hausthiere zu erziehen, und Hofft
manche Vortheile durch ihn zu erlangen, denn obgleich
sein unangenehmes und trockenes Fleisch zur Speise nicht
taugt, so kann er als Zugthier um so nutzlicher toerden,
indem er mit groser Krast viele Gelehrigkeit verbindet.
Die Lange des Korpers betragt 6Vs Fus, die Schulter-
hohe 3 Fils. Merktourdig ist es immerhin, das ein
Thier von so bedeutender Grose, toelches obenein in
Malacca, Borneo und Sumatra gar nicht selten ist, so
lange ubersehen toerden konnte. Diejenigen Naturfor-
scher, toelche es nicht fur uninoglich halten, das manche
der fur erloschen gehaltenen Saugethiere in der Jetzttoelt
noch eristiren und dereinst in jetzt unzuganglichen Wild-
iiissen aufgefunden toerden bursten, haben in der spaten
Entdeckung des indischen Tapir eine ihren Satz unter-
stutzende Thatsache erblickt.
In der vortoeltlichen Schopfung sind Thiere von Ge-
stalt des Tapir und von unverkennbarer Vertoandtschaft
mit demselben ziemlich Hflufig getoesen. Man hat ihre
Reste in mehreren Gegenden von Frankreich und Wur-
temberg entdeckt, allein die alteste und reichste Fundgrube
bietet der grofientheils aus Gpps bestehende Montmartre.
Cuvier sammelte dort eine auserordentliche Menge von
Knochen und unternahm es, diese verstuminelten Ueber-
bleibsel mehrerer Hunderte von Skeletten, die toenigstens
ztoanzig verschiedenen Thierarten angehorten, zusaminen-
zusetzen. Das Gelingen dieserAufgabe ivar einTriuinph
der Wifsenschast und betoies, das fle die in der Natur
geltenden Gesetze richtig erkannt Hatte. Die Deutung und
Zufammenfugung sener Denkmaler einer untergegangenen
Schopfung konnte nur einem in vergleichender Amtomie
sehr Ersahrenen gelingen und setzte vollstandige Auf-
fafsung der Harmonie und Angemefsenheit voraus, die
ztoischen den einzelnen Organen eines jeden Thieres
herrscht. So bildet unter anderen fene enge Verbin-
dung ztoischen der Einrichtung der Betoegungswerkzeuge
und den Organen der Nahrungsaufnahme einen der ein-
sacheren Lehrsatze der vergleichenden Anatomie, auf toet-
chen an mehreren Orten diefes Werkes die Ausinerksam-
keit bereits gelenkt toorden ist. Es toird tein Verstan-
diger Fusknochen, die augenscheinlich einem Husthiere
angehort haben, mit Gebissen in Verbindung bringen,
die sich verhalten toie bei den groseit Katzen den Wolfen |
oder Baren der Jetztzeit, die aber allesammt und bunt
durcheinandergetoorfen in derselben Gebirgsschicht liegen.
Dem Anatomen sind aber eine grose Menge von gerin-
geren Verschiedenheiten bekannt, die an den Knochen ein-
zelner Thiergattungen vorkommen, sich auf relative
Berhaltnisse der Lange, der Ausbildung oder Verkunt-
merung einzelner Fortsatze, Vorsprunge, Gelenkkopse
tuid Kanten der Knochen beziehen und ihni die Mittet
zur Deutung von fogar unvollkommenen Bruchstucken
darbieten. Gestutzt auf diese und eine grose Menge ahit-
licher Erfahrungen, barf er von dem Borliegenden und
Bekannten aus das Fehlende um fo eher und sicherer
schliesen, weil bie Natur zu teiner Zeit launenhast und
toirtkurtich zu Werke gegangen ist, sonderu stets die noch
fetzt geltenden Gesetze der Organisation streng beobach-
tete. Lange fortgefetztes Arbeiten in diefer Richtung der
Naturforschung verleiht einen Hohen Grad von Schars-
sinn, und so durste Cuvier toohl von sich sagen, das er
nur eines Zahnes und einiger Knochenirtmuner eines ihm
ganz unbekannten Thieres bedurse, um ohne viele Muhe
bie Gestalt unb Lebenstoeise bes letzteren mit Richtigkeit
zu solgern. Seine Leistungen aus diesent Gebiete sind in
der That staunenstoerth, und ihm bleibt das Verdienst,
zuerst den Weg der Forschung betreten zu haben, aus
toelchem ihm spater viele Andere gesolgt sind. Zu feinen
glanzendsten Entdeckungen gehort eine ganze Rcihe von
vortoeltlichen Packydermen, die in mehrere Gattungen
getrennt tvorden sind und verhaltnismasig viele Arten
umsaffen. Unter diefen befinden sich die Palaothe-
rien (Palaeolherium), bie dem Tapir nahe vertoandt
getoefett sind und ztoischen diesem und bent Rhinoceros
in ber Mitte gestanben haben. Man kennt ztools Arten,
bie Cuvier zuerst im Montmartre entbectte. Sie sinb
von sehr verschiebener Grose; theils geben sie bem Rhi-
uoeeros unb Pserbe nichts nach, theils kommen sie nur
bem Schtoeine gleich. Gelebt haben sie, wie man burch-
aus nicht zweiseln fann, nach Art bes Tapir unb ver-
toanbter Pachybermen an ben Ufern groser Fluffe unb
Lanbfeen, benn bie Gesteinarten, bie ihre Reste enthalten,
fchliesen zahtreiche Sustoaffermuscheln ein. Die Aehn-
lichkeit bes Skelettes (Fig. 694. 695.) mit bemfenigen
bes Tapir ist nicht zu tierfennen; bie Nafenbeine sinb
ebett so gebilbet (^chabel Fig. 696.) toie an biefent unb
laffen aus eine ruffelartige Bilbung ber Nase fchliesen.
Cuvier Hat, auf solche Vorlagen gestutzt, bie Untrisse
ztoeier Arten enttoorsen (Fig. 697. 698.). Die Palåo-
therien befahen ubrigens beutliche Eckzahne, bie von ben
Backenzahnen burch einen freien Raum getrennt toaren.
Backenzahne (Fig. 699. 700.) sinb jeberfeits oben unb
unten sieben tiorhanben ; sie sinb viereckig unb aus der
Kauflache mit Hatbinoubsormigen Schmelzsalten versehen.
— Von einer ztoeiten, Lophiobou genanuten Gattung,
deren Knochen in beufelben Sustoaffernieberschlagen ber
Erbrinbe gefunben toerben, toelche bie Reste ber Palao-
therieu enthalten, Hat Cuvier nicht toeniger als sunszehn
Arten entdeckt. Sie liegen um Argenton, Montpellier,
Montabufsard, Vuchsweiler u. s. tu. in einer Schicht, bie
tion sehr hohent Alter feip mus, toeil eine anbere, mit
Seethieren ersullte uber ihr lagert. Da bie Schichten,
toelche Mammuth-unb Mastobonknochen enthalten, gleich-
salls ber Oberflache genåherter liegen, so i si man zu bem
Schtufse berechtigt, bas bie Lophiobon gelebt haben unb
ausgeftorben sinb,' ehe jene grosen Thiere austraten, beren
Trummeru man allein im ausgefchtoemmten Boben an-
trifst, unb bah sie bie altesten ber uns bekcmnten vorwelt-
lichen Saugethiere sinb. Ihre Eristenz fartl in bie seru-
stett Zeiten, benn ber Theil bes europaifchen Cvntinents,
toelchen sie betoohnten, ist spater vom Meere unb ziuar
wahrenb einer fo langen Periobe bebeckt toorben, bas sich
eine Felsschicht von untierfeunbar neuerem Urfpruuge
auf iHin nieberfchlagen fonnte. Die Reste tion Lophio-
bon sinb nicht gut erhalten, sehr tierftreuet unb mit ånde-
ren von Sustoafserschildkroten, Krokobilen unb fogar
von Lanbthieren untermengt, beren Ebenbilber in der
jetzigen Schopfung ganz sehlen. Die Korpergrose eini-
ger Arten muh erstaunlich getoefen sein, namentlich fo
im Rieseu-Lophiobon (Lophiodon gigantens), ben man
bei Argenton zuerst auffanb. Dargestellt ist unter
Fig. 701. einer ber Hinteren Backenzahne bes Unterfiesers,
unter Fig. 702. einer ber oberen Backenzahne, unter
Fig. 703. ein Eckzahu, unter Fig. 704. ein paar Border-
zahne ber genanuten Art.
VII. Bifamschwein. (Dicotyles.)
Gattungscharakter: Vorberzahne oben unb
unten rier; Eckzahne uberall einer, zufammengebruckt,
fpitzig, gerabe, nicht auftoarts gebogen; Backenzahne
uberall sechs, mit stumpfhockeriger Kauflache (Gebis
Fig. 705 — 707.). Aus bem Hinterrucken eine nach
ausen geoffnete Drufe. Vorbersuse mit vier, Hinier-
suse mit brei Zehen, toovon vorn ztoei, hinten eine Asier-
zehe. Statt bes Schwanzes ein Stummet.
I. Das rociplirrige Bisamschw-in. (Dicotyles labiatus.) Sig. 708.
Die Bifamschweine gleichen ztvar nicht durch Grose,
soubern burch allgerneines Ansehen unb Befleibung mit
Borstenhaar bem gemeinen Schtoein, unterfcheiben sich
aber toefentlich burch Manget an Schtoanz, burch gerabe,
niernats hauersormig gekrununte Eckzahne unb befonbers
burch bie Bilbung ber Fuse. Nur bie beiden toahren
mit kleinen Husen versehen Zehen beruhren ben Boben,
bie Asterzehen stehen von bemsetben entfernt; am Hiti-
terfuse ift nur eine solche, nicht ein Paar vorhanben toie
bei bem Schtoeine. Die Mittelsusknochen ber Vorber-
zehen sinb nicht ungetrenut toie an bem letzteren, soubern
in einen Knochen verwachseu, verhatten sich alfo toie bei
ben Wieberkauern, mit welchen bie Bifamschweine, bie
ubrigens einen mehrkammerigen Magen besitzen, offenbar
vertoandt sind. Die Glieder sinb im Verhaltniffe niebri-
ger unb bunner als bei ben Schtoeinen ber osttichen Hatb-
fugel, ber Kops ist bicker unb kurzer. Ztvar sinb mehrere
Schtoauztoirbel vorhanben, allein sie treten so toenig
hervor, bah ausertich uur ein tteiner platter Stummel
bemerkbar toirb. Der aus bem Krenze gelegene Dru-
fenbeuiet enthatt eine satbeuartige, sehr unangenehm
riechenbe Feuchtigkeit, bie burch eine Oessnnng von bem
Durchmeffer eines Feberkiets abstiesi. Wirb biefer Theil
nach bem Tobe nicht sogteich ausgeschnitten, fo theilt
sich ber uble Geruch bem Fleische mit unb macht es
vottig ungeniesbar. Die Bisamschtoeine (Nabetschtoeine,
Pecari ober Tafaffu) sinb uur in Subamerika Heimisch,
in ihren Sitten, ihrer Nahrung unb ber Wahl ihrer
Ausenthaltsorte ben ubrigen Schtoeinen sehr ahnlich unb
furz nach ber Entbeckung fenes Weltiheites in Europa
bekannt toorden. Man unterscheibet ztvei Arten. Das
toeislippige Bifamschwein erreicht die Lange von 3 Fus,
i ft einsarbig fchtoarztich braun, au der Unterkinulade
toeis; feine Borsten sind am unteren Theile gran, gegen
bie Spitze schtoarz, auf bem Rucken befonbers lang und
platt. Es Halt sich stets mit anderen in 50— 80 Stuck
zahlenben Heerben zufammen, bie unter ber Leituug eines
alten Ebers bie Walber larmend burchstreiseu unb auf
leben Feinb lossturzen, sobalb sie ihn getoahren. Men-
fchen, Hunbe unb felbst die Onze unterliegen in biefent
ungleichen Kantpse unb toerben, toenu sie sich nicht aus
einen Baunt zu retten tiemtogen, von ber touthenben
Menge in Stuckeu zerrisfen. Glucklichertoeise besitzen
biefe Thiere toeber scharses Gesicht noch viete Schnertig-
keit und vertieren baher teicht bie Spur bes Ftiehenben.
Die Jubler hulen sich vor gerabent Zufammen tressen
mit fotchen Heerben, beschteichen sie aber ober verber-
gen sich an bestintmlen von fenen haufig befuchten Orten
ober besteigen hohe Baunie unb tobten banit mehrere
mit ihren geraufchtos fliegenben Gistpseiten, ehe bie
ganze Gefellschaft bie Niedertage getoahrt unb entfliehl
ober, toie bistoeiten gefchieht, toulhenb ben Baunt unt-
stetlt. Solche Betagerungen forten dann nicht felten einige
Stunden, inbessen nie uber Sounenuntergang bauern.
Ztoischen Jubivibuen verfchiebeneit Gefchlechts ift ein