Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Saugethiere.
Achte Gr-nung.
und bie jetzt zu ben Seltenheiten gehoren. In Indien
allein finden diese Jagden noch jetzt im grofiartigsten
Maahstabe Statt; Hunderte von ausgebotenen Landlen-
ten versammeln sich am Rande der dichtverwachsenen
Waldnngen, dringen regelmafilg vorwarts und treiben
durch furchtbares fiårmen und Schreien die Wildschweine
den berittenen Jagern entgegen, die zuerst die Rnckzugs-
linie abschneiden und dann zum Angriffe vorrucken. Es
wird hierzu sehr viel Geschicklichkeit und taltes Blut
erfordert, denn die Waffe besteht in einer langen Lanze,
welche der Jager eben so bei rascher Versolgnng als zur
Abwehr in nachster Nahe zu branchen verstehen mufi.
Viele Pserde weigern sich, auf den wilden Eder loszu-
gehen; andere werden schen, denehmen sich ungeschickl,
tragen schwere Verletzungen davon und suchen dann den
Reiter adzuwerfen, der unfehlbar verloren ist, roenn er
in der Nahe des routhenden Gegners zu Boden fallt.
2. Das zahme Schwein. (Sus Scrofa domesticus.) Fig. 714— 716.
Die Abstammung des zahnren Schweines von dem
wilden ist zwar unzweiselhast, allein die Zeit der ersten
Unterjochung liegt in grositer Ferne. Die altesten un=
. serer geschichtlichen Urkunden sprechen von diesenl eben
so nntzlichen als verachteten Thiere wie von einenr von
jeher bekannten nnd allgernein verbreiteten. Wie Hero-
dotus erzahlt, bestand unter den Aegyptern die religiose
Verpflichtung, dem Bacchus bei jedem Vollmonde vor
der eigenen Hausthure ein Schwein zu opfern; der Kor-
per wurde sogleich dem Verkauser zuruckgegeben, der,
als Schweinehirt fur unehrlich geachtet, in ben Tempeln
keinen Zutritt sand und selbst unter den niedrigsten
Kasten des Voltes niemals eine Fran erlangen komite.
Jedermann weifi, wie streng die mosaischen Gesetze den
Genus des Schweinefleisches verbieten und sogar die
Beruhrung des Thieres fur eine Verunreinigung erkla-
ren. Die nicht unerheblichen diatetischen, den Gesetzgeber
bestimurenden Grunde blieben dem Volke nnbekannt
oder unbegreiflich, welches, wie die von ahnlichen Verbo-
ten beschrankten Mohammedaner, das in den Heiligen
Buchern nur mit Verachtung erwahnte und als Sinn-
bild des Schandlichen gebrauchte Schwein fortan mit
allgemeinem Abschen betrachtete. Schweinehirten schei-
uen bei den alten Griechen und Romern eine verach-
tete Classe gebildet zn haben, und der rustige Eurnaos
der Odyssee macht vielleicht die einzige Ausnahme von
der Regel. Beide Volker liebten nbrigens das Schwei-
nesteisch, und ein junges, nngetheilt gebratenes Ferkel
galt ihncn, wie noch jetzt manchen Nationen Europa's,
fur ein leckeres Gericht. In Asien und 'Afrika Wechseln
in jener Beziehnng die Ansichten, je nachdcm die mahom-
medanische Bevolkerung vorwiegt. In Indien verwerfen
fowohl Braminen als Mahommedaner das Fleisch der
Schweine, dulden aber diese in einenr halbgezahmten
Zustande auf den Strafien und gestalten ihnen, sich von
den Abgången der Haushaltungen zu nahren. Sykes
bemerkte in den Dorfern von Deccan ganze Heerden sol-
cher Thiere, aber zugleich auch den volltommensten Ab-
scheu gegen den Besttz derselben. Manche Negervolker
Afrika's halten solche, obgleich ihre Glaubenssatze mit
mahommedanischen gemischt sind; andere, die zu den
Fetischanbetern gehoren, theilen mit den Abyssiniern
und Cophten den Herkommlichen Widerwillen gegen die
Schweine. Die Chinesen haben sich Hingegen von den
mahommedanischen Vorurtheilen nicht anstecken lassen;
sie Halten nicht allein grohe Heerden von Schweinen,
sondern selbst die zahlreichen auf Flosien nnd grosien
Kahnen geborenen und ledenden Familien ziehen stets
einige dieser Thiere des Fieisches wegen nitf. Adgesehen
von der nur in lropischen Gegenden, dei besonderen
Menschenstammen und in Folge zu haufigen GennsseS
deurlich Hervorlrelenden nachlheiligen Wirkung des Flei-
fches, liegl kein eigenllicher Grund vor zur Entschuldi-
gttng deS Abschenes, der die Schweine unverdienler
Weise lriffl. Wie alle Pachydermen lieden auch sie die
Feuchligkeil und wålzeit sich gern im Schlamme, 11111
ihre dnnnbehaarte nnd sehr empsindiiche Haul gegen Jn-
seclenstiche zn schutzen, allein keineswegs ist der Kolh
ihr eigentliches Element, in welchem nnverstandige Land-
wirthe, sei es aus Nachlassigkeit oder wohl gar aus dem
Vorurtheile, dafi derarlige Pstege zum Feltwerden bei-
lrage, sie bisweilen Hallen. Sie fressen allerdings Viel,
indessen im Verhaltnisse nichl inehr als Pferd und Ochs,
die sie beilanfig an Jnlelligenz weil iibertreffen, obgleich
an Zahmdarkeil nichl erreichen. Die Neigung, alles
irgend Verdanliche zu fressen, fuhrl sie freilich oflmals
zur Wahl der widerwartigsten Stoffe, indessen mag
diese Ekel erregende Gefrahigteit zum grosien Theil aus
dem Leben im zahmen Zustande entsprungen sein; dasi
sie vom Landwirthe selbst gefordert wird, der kein ande-
res zugleich so eintragliches und verhaltnisimahig wohl-
feil zu erhaltendes Hausthier besitzt, weisi Jedermann.
Die Ernahrung und Fettbildung geht bei Schweinen
schnelter von Slatten als bei irgend einer anderen San-
gethiergattung, pstanzenfrefsende Walthiere ausgenonr-
men; die sogenannte englische, die jutlandische und see-
landische, besonders uber Niederdeutschland verbreitete
Rasse liefert Stucke von 1200 Pfiind Gewicht. Es ist
Hier nicht der Ort, die mannichfache Nutzbarkeit dieses
Thieres, die leichte und flchere Aufbewahrung seines
Fleisches, Specks und Fettes, seine Fruchtbarkeit und
leichte Erhaltung anseinanderzusetzen, indessen sind die
statistischen Angaben vielleicht nicht ohne Interesse, dah
der grosite Handel mit Schweinefleisch zu Cincinnati im
nordanrerikanischen Staate Ohio seineir Sitz hat und
die Flotten Amerika's nnd viele Colonien von dort ans
nrit ihrem Bedarfe versorgt werden, dasi Frankreich, un-
geachtet einer starken Zucht, ans Deutschland nnd Bel-
gien jahrlich an 175,000 Schweine und von dort und
aus Ruhland 400,000 Pfund Borsten einfnhrt nnd
Paris allein 90,000 Schweine in einenr Jahre verbraucht.
Bis zu welchem, fast Ekel erregenden Grade die krank-
hafte Fettabsonderung (Cacherie) durch ubertriebene
Pstege gesteigert werden konne, beweist die Abbildung
(Fig. 731.) eines aus Brasilien nach Paris gebrachten
und dort in die Menagerie des Pstanzengartens abge-
gebenen monstrosen Schweines. Anf Minorca sind die
Schweine zum Ziehen des Pstnges abgerichtet, und nach
Pennant gebrauchte man sie ehedenr in Schottland zu
gleichen Zwecken. Physiologisch sind sie durch eine mit
ihrer ungewohnlichen Ernahrung zusammenhangende
Neigung zu Ausartungen und Misigeburten ausgezeich-
net. Die Sinne des Riechens, Schineckens und Horens
besttzen sie in grosier Nollkommenheit nnd nicht minder
die Fahigkeit, Wetterveranderungen vorznempfinden.
Aufmerksanie Beobachter errathen ans dem Geschrei,
der Art des Umherlaufens und der Unruhe der Schweine
den kommenden Sturnr.
Die Rafseir der Schweine sind weniger untersncht und
festgestellt, als diejenigen der meisten anderen zahmen
Saugethiere. Man findet daher bald mehrere, bald We-
nigere unterschieden, die aber alle dnrch gewisse Charae-
tere, z. B. durch lange, schlafs herabhangende Ohren,
durch Borsten, die dunner stehen und biegsamer sind als
beim Wildschweine, und durch schmutzig Weisie Grund-
farbe ubereinkommen. Im Verhaltnisse felten sind die
ganz schwarzen oder schwarz gefleckten. Einige tragen
Warzenformige Hautlappen an den Kinnbacken und er-
innnern Hierdurch an das Warzenschwein (Phacochoe-
rus). In entlegenen Weltgegenden mag es noch manche
unbekannte Spielarten geben, denn kein Hausthier Hat
sich so weit verbreitet noch so befahigt erwiesen, die ent-
gegengesetztesten Klimate zn ertragen. Man kann kanm
sagen, woher jene kleine 9(rt zaHiner Schweine stammte,
welche die ersten Entdecker Polyneflens im Besitze der
Eingeborenen und zwar als die grosite der dort bekann-
ten Saugethiere antrafen. Bei der Entlegenheit der
Festlander und der voltigen Absonderung mehrerer Jn-
seln ist an gradweise Verpflanzung nicht zn denken, son- |
beim anjunehinen, basi biefe Thiere schon vor ber Zeit
als gezahmte vorhanben gewesen sein muffen, roo ein
gewaltiges Naturereignih ein grosies, wahrscheinlich mit
Asien zusaminenhangenbes ' Festland zertruinmerte, in
Jnseln verwanbelte unb ben grositen Theil ber Bevolke-
rung vernichlete. Dergleichen zoologische Entbecknngen
beweisen, roenn sie gehorig mit anberen wohlerkannten
Thatsachen in Verbinbung gebracht roerben, bas hohe
Alter bes inenschlichen Geschlechtes. — Unter den be-
kannteren europaischen Rassen unterscheidet man etroa
folgende:
1. Die englische. Sie ist durch die besondere
Sorgfalt sehr veredelt roorden, die man im Norden von
England der Schiveinezucht zugeroendet hat, zeichnet sich
durch gestreckten Korperbau, bis 4 Futz hohe Statur,
feinere Knochen, Neigung zuin Fettroerden und sehr
lange hangende Ohren vor den Rassen des Festlandes
aus unb erreicht ein Geroicht von 1200 Pfund. Man
hat durch kunstliche Kreuznngen Mittelschlage Hervorge-
bracht, welche die guten Eigenschaften der verschiedenett
Stamnithiere in sich vereinigen, auch dnrch Einfuhrung
des chinesischen Schweines (Fig. 714 °) und des Hochbei-
nigen neapolitanischen die Zucht wesentlich verbessert;
zu den geschatzlesten dieser Unterrassen gehorte das Suf-
Ifolk-Schwein (Fig. 714 r), von gedrangterem Korper-
bane, Weisier Farbe und breiter Brust, das Esser- und
Buckinghatn - Schwein (Fig. 715.). Das erstere ist fast
Haarlos und schwarz,
2. Die franz0 si sch e, diewiederum in die Schlåge
der Normandie, des Poitotl und von Perigord zerfallt,
wovon die erstere charakterisirt wird durch kleinen, spitzi-
gen Kopf, schmale Ohren, Hangen und dicken Korper,
weniges weisies Haar, feine Fusie, dunite Fusiknochen,
die zroeite durch starkeren Kopf, vorstehende Stirn, ge-
rades Profil, grohe, hangende Ohren, verlangerten Kor-
per, grobes Haar, dicke Beine, starke Knochen, die dritte
(714 c) durch schwarzes, rauhes Haar, kurzen, dicken
Hals, gedrangten Korperbau.
3. Die sudeuropaische. Sie hat einen sehr kur-
zen Kopf, Hautfalten unterhall 'der Augen, dicke Kie-
fern, kurzen Hals, breiten Rucken, langgestreckten Kor-
per, fast ganz gerade Ohren, dnnnverstreuete Borsten.
Man trifft sie am hanfigsten in Suditalien imb selbst
auf ben Strahen von Neapel; in Subfrankreich wirb
ihrer Zucht viel Alifmerksamkeit zugewenbet, benn sie
liefert bie beruhinteti Schinken von Bayonne.
4. Die turkische. Das sudostliche Europa besitzt
syte bnrch kurzen schmalen Kopf, gerabe, spitzige Ohren,
bunne unb sehr niebrige Beine, gekrauseltes Haar von
eisengraner, bisweilen braun unb schwarzer Farbe aus-
gezeichnete Rasse, bie bei mittelmaHiger Pstege in weit
kurzerer Zeit als alle anbere fett wirb unb bas Gewicht
von 400 Pfunb erreichen soll. Der Uinstanb, bah bie
Jungen gestreift sinb, bringt auf ben Gedanken, basi
zivischen bem turkischen unb bent Wilden Schweine bie
Verwanbtschaft naher sein musse, als zivischen anberen,
vom Urthpus viel mehr abgewichenen Rassen.
5. Die chinesische (Fig. 714 6) gehort zn ben
kleinsten unb rourde in Europa werthlos sein, Hatte
man sie nicht atiwenben tonnen, tim bnrch K»euzung
mit besonbers grosien Rassen einen nntzlichen Mittel-
schlag zu erhalten; sie ist bunnhaarig, sehr kurzbeinig,
langgestreckt, Hat hangenben, fast am Boben schleifenben
Baiich, sehr kurzen Schwanz, wenige Borsten auf bem
Hinterrucken unb kleine Ohren.
Nach Anberen rourden bie meisten europaischen
Schweine nur Mittelschlage einer und derselben Rasse,
und zwar der grohohrigen sein (Fig. 714 " 716.),
die in verebelter Form (Fig. 714 d c) eine ansehnliche
Grosie erreicht, in Ruhland und Polen ubel gehalten
.wird, ziemlich klein bleibt, indessen besonders brauchbare
Borsten liefert und sonst noch tinter dem Namen der
jutlandischen, seelandischen und bayerischen Rasse bekaunt
ist. Die Fruchtbarkeit der verschiedenen Rassen ist nicht