Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
Mit 1100 Ubbildungen
Søgning i bogen
Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.
Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.
Digitaliseret bog
Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.
218
Saugethiere.
ttrunte cØrdiiung.
Hand noch fehlen, fo muh man, um gu einer Ansicht
uber die wahrscheinliche Gestalt des Dinolherium gu
gclangen, nach Analogie des in der Jetztwelt Gewohn-
lichen und Betannten auf das Unbekannte der fruheren
Schopsung zuruckschliehen. Da das Dinotherium min-
destens funfzehn Fuh lang gewesen sein muh, daher zu
den grohten Saugethieren gehorte und den Mastodonten
und Elephanten nichts nachgab, so muhte es, vorausge-
setzt, dah es ein Landthier mar, in der Bildung seiner
Glieder diesen Vorbildern geglichen, wie diese kurze und
saulenartige Fuhe und moglichst wenig getrennte Zehen
besessen haben. Allein dem Ausenthalte auf dem Fest-
lande widerspricht die schon erwahnie, an keinem Land-
thiere vorkommende Schadelbildung, und daher wird es
mehr als wahrscheinlich, dah die Korpergestalt und der
Gliederbau sich vcrhalten haben werden wie am Walroh
oder dem Manati, und dah die Bewegung im Wasser
darch breite, aber kurze, ruderartige Fuhe vernu ttelt wor-
den sei, das Hintere Fuhpaar vielleicht sogar fehlte oder
doch, wie bei Seehundeu, zu einem endstandigen Schau-
felruder verwachseu war. Beschastigt haben sich mit die-
sen Fragen, auher dem Entdecker des Thieres, Buckland,
Blainville, Dumeril u. A. Buckland halt das Dinothe-
riunt fur einen nahen Verwandlen des Tapir, und auf
diese Ansicht grundet sich ein von demselben entworfenes
Jdealbild (Fig. 793. 794.) des untergegangenen Thieres ;
die genannten franzostschen Naturforscher stimmen Hin-
gegen fur die Verwandtschaft mit dem Manati. Kaup
endlich glaubt, dah das Dinotherium wie das Megathe-
rlnm nur «uf deni Vande lebte, mit den Stohzahnen aus
der Erde allerlei Wurzeln und Knollen zur Nahrung
Hervorwnhlte, aber derselben sich kaum bedient haben
wird, um wie an Haken die Korperlast vorwarts zu
ziehen(Fig. 796 — 800.). Er sieht als zum Dinotherium
gehorig gewisse gespaltene Nagelglieder eines Fuhes an,
die, an denselben Orten ausgegraben, mit denjenigeu der
noch lebenden Gattung Schuppenthier viele Aehnlichkeit
haben und daher von Guvier gcradezu fur Reste eines
vorweltlichen Riesenschuppenthieres (Manis giganten)
erklart worden sind. Gehorten diese Fuhknochen wirklich
dem Dinotherium an, so wurde man nicht anstehen dur-
fen, diesem seinen Platz unter den wunderbaren Eden-
talen der Vorwelt, von welchen oben (S. 155. 158.)
umstandlicher gesprochen worden ist, anzuweisen und
anzunehmen, vah es gleich den Faulthieren und Amei-
senfressern weder ein Zehen - noch ein Sohlenganger ge-
wesen sei, sondern aus die auhereu Rander der Fuhe ge-
stutzt einherging.
In die Nahe des Dinotherium wird ein anderes
Thier aus der Familie der im Wasser lebeudeu Pachy-
'dermen zu stellen sein, der Torodon (Fig. 801—807.),
von welchem Darwin am Flusse Sarandi, in der Banda
oriental, durch Zufatl einen Schadel erhielt. Ein unge-
wohnlich hoher Wasserstand hatte einen Theil des Fluh-
ufers eingesturzt und einige Knochen zu Tage gebracht,
die den Knaben der Landleute zum Spiel dieuten und
bis auf den allerdings auch verstummelten Schadel nach
und nach verloren gegangen waren. Der nach London
gebrachte Schadel (Fig. 801.) enthielt trotz seines Hohen
Alterthiynes noch sodiel thierische Stoffe, dah kleine,
an einer Spiritusstamme erhitzte Splitter nicht nur einen
auffallenden Geruch derbreiteten, sondern sogar mit
Flamme brannten. Er koinmt an Grohe demjenigen
deS Nilpferdes gleich, miht 2 Fuh 4 Zoll in der Lange
und 1 Fuh 4 Zoll in grohter Breite, ist von verlangerter,
platter Gestalt (Fig. 802.) und Hat als Zeichen eliter
ticfen Schlafengrube und entsprechender Kanmuskcln
abenteucrlich grohe uitd starke Jochbogen. Am Hiiiter-
haupte und zumal an seinen Gelenkhugeln (Fig. 803.)
bemerkt man ziemlich denselben Ban, der als bedeutsam
bei der vorhergehenden Gattung erwahnt wurde. 3nt
obereu Theile des Schådelgewolbes liegen geraumige
Hohlen und Zellen, die, indeni sie den Raum des Hirnes
beschranken, dem Kopfe auherlich dasselbe trugliche
Ansehen von Umfanglichkeit der Hirnhohle geben wie
am Elephanten. Vorderzahne sind oben 4, unten 6 vor-
Handen (Fig. 804.), anstatt der Eckzahne zeigt sich ein
leerer Raum, Backenzahne finden sich uberall 7 (Fig. 805.),
also zusammen 38 Zahne. Der Anatom Owen hat diese
einer sehr genauen mikroskopischen Untersuchuug unter-
worseu und bcsonders auf die abweichende Befchaffcn-
Heit der Backenzahne aufmerksam gemacht, die, eigent-
lich wurzellos, also nachwachsend wie bei den Nagethie-
ren, auf der Kaustache Hervorragende Schmelzsalten ge-
wahren lafsen tind in der Lange stark gekrninmb'stnd
(Fig. 806. 807.).
Noch schwerer zu entrathseln sind die in den Stein-
bruchen des Montmartre entdeckten, eben so feltenen als
unvollkommenen Ueberrefte eines vorweltlichen Thieres
dieser Familie, welches von Guvier den Namen Adapis
erhalten hat. Man kennt von ihm wenig mehr als drei
Schadelbruchstucke, von ivelchen man zivar aus eine ge-
ringe Korpergrohe schlieht, die aber keineu Anhalt zur
Beurtheilung der Korpergestalt darbieten. Aus dem am
Besten erhaltenen dieser Fragmente (Fig. 808.) ergiebt
sich, dah in jedeiit Kiefer vier scharfschneidige Vorder-
zahne, einfache konische Eckzahne und auf jeder Seite
oben und unten fteben ziemlich plattkronige Backenzahne
vorhanden gewesen sind. Die Zahl der wegeii groher
Unvollstandigkeit der Reste noch sehr unvollkommen
bekaunten vorweltlichen Pachydermen ist uberhaupt sehr
ansehnlich. Maren sie alle vollig deutbar, so wurde das
Verzeichnih der untergegangenen Arten, welches schon
jetzt viel gro her ist als dasjenige der lebenden Species,
einen erstaunlichen Umfang erlangen. Sogar in Neu-
Holland, dem sonderbaren Welttheile, in welchem viele
Saugethierfamilien gar nicht vertreten sind und die vor-
Handenen niemals eine bedeutende Grohe erlangen, selbst
dort haben eiiist Pachydermen, die an Grohe dem Masto-
dou und Dinotherium nichts nachgaben, nicht gesehlt.
Man hat durch den kuhueii Erforscher der australischen
Mufteu, Sir Thomas Mitchell, Knochen (Fig. 809. bis
811.) eines dieser Geschopse erhalten, welche beweisen,
dah dort die auherordentlichsten Verånderungen des
Klima's und der Bodenbildung Statt gesunden Haben
muffen. Riesenthiere aus der Familie der Pachydermen
Hatten nicht leben konnen unter dem Himmel des gegen-
Wartigen Neuhollaiid, den bisweilen in zehn Monaten
keine Regenwolke uberzicht, und wo in den trockenen
Kiesbetten. breiter Fluffe oft faunt eine durftige Pfutze
von Masser anzutreffen ist.
Neunte Or-nung.
Wiederkane r.
Die Ordnung der Wiederkaner erscheint als eine der
naturlichsten und einfachsten der gangen Saugethierelasse.
Die Uebereinstimmung der gu ihr gehorenden Thiere ist
in Hinsicht auf Bildung der wesentlichen Organe fo groft,
dah man die vorherrfchende Grundform nicht allein
uberall wiedererkennt, sondern dah auch die Trennung
einer so gleichmahig beschaffenen Gruppe in Gattungen
bisweilen eigenthumliche Schwierigkeiten Hat. Zu den
Wiederkauern gehoren alle sene Saugethiere, welche, mit
weiiigen Ausnahmen, sich auherlich schon durch Mangel
von Vordergahuen im Oberkiefer und durch gespaltene
Klanen, d. H. durch zwei nach vorn gerichtete, hart nebeii
einander liegende und mit Hufen umgebene Zehen, unter-
scheiden, ubrigens aber durch eine phystologische Eigeit-
thumlichkeit, die ihnen den Namen derlieh, von allen
ubrigen Saugethieren abweichen. Sie sind mehrentheils
von ansehnlicher Grohe, Wenige nur von der Statur
eines Schaafes, und in einer Gattung allein, bel den
uberhaupt abweichenden Moschusthieren, erscheint zwerg-
Hafter Ban als bezeichnende Ausnahme. Jhre Gestalt
Hat bei aller Massenhastigkeit in der Regel nichts Uiiaii-
genehines; in vielen Gattungen Verbient sie recht eigent-
lich den Namen einer verhaltnihmahigen und Hochst zier-
lichen und gefallt durch das Ebenmaah der eingelnen
Haupttheile nicht milider als durch den feinen Bau der
Fuhe. Nur das Kanieel ist ivirklich hahlich, tveil in
!ihm eckige Umriffe mitplumpen und unverhaltnihmahigen
Formen in Verbindung stehen. Die Giraffe fallt minder
unangenehm auf, obgleich ihre Gestalt einen wunder-
lichen Widerspruch gegen die an verwandten Sauge-
thieren nachweisbaren Gesetze des Ebenmaahes bildet.
Diesen entgegen bieten die grohen Familien der Hirsche
und der Antilopen wahre Miister der Schonheit und
Symmetrie und scheinen des Lobes nicht untourbig, wel-
ches ihnen durch Dichter, gumat des Orients, reichlich
gespendet worden ist. Selbst in der Gestalt der Ochsen
liegt eine gewisse Schonheit, die sreilich sich anders zei-
gen wird als am Hirsche und anders aufgefaht iverben
muh, aber als Ausdruck inwohnender Starke und eines
furchtlosen, ernsten Gharakters Beachtung verdient. Ein
eigenthumliches Ansehen erhalten die Wiederkaner durch
die an den Vorderkops befestigieit Horner oder Geweihe,
die bisweilen eine gang unverhaltnihmahige Grohe er-
langen, andere Male durch Gestalt, Drehuitg oder Scul-
ptur ihrer Oberstache zur Zierde werden, Haufig als ge-
fahrliche Maffen dienen und nur wenigen fehlen, die
dafur fcharse Vorderzahne oder Hauerartige Eckzahne er-
halten haben. Die Farbung Wechfelt je nach den Arten
und i ft meist angenehm; in nicht feltenen Fallen, g. B.
bei vielen Antilopen, gefallt fte durch fymmetrifche Bunt-
Heit. Das Haar liegt theils fchlicht an, theils wird es
zur Wolle entwickelt und verhullt dann die eigentliche
Korperform; verhaltnihmahig felten tritt es zur Mahne
oder zum zierenden Buschel gufammen. Im Allgemeinen
erregen Wiederkaner durch ihre auhere Erfcheinung keine
Furcht, denii wenn man einigen auch Muth, Enifchlof-
fenheit und die Fahigkeit ansicht, in grohe Muth gu
gerathen, fo bemerkt man gugleich an den meisten eine
gewisse Gutmuthigkeit, zum Theil wohl fogar Phlegina
oder entschledene Furchtsamkeit und fann, auf Erfah-
rung gestutzt, annehmen, dah sie ohne vorhergehende
Reizung oder plotzlichen Schreck sich kaum fogleich
gegen den Meiifchen ivenden werden. Jhr friedlicher
Gharakter entfpringr aus der Leichtigkeit, mit welcher
sie ihre Nahrung auffinden und ohne einen nothwen-
digeu Kampf sich aneignen konnen; sie sind aus eben
diefem Grunde auch vorzugsweis gefellige Thiere. Un-
ter sich gerathen sie, da anbere die thierische Selbst-
sucht aufstachelnde Ursachen fehlen, nur der Fortpstan-
zung toegen in Kampf. Jhr Leben vergeht ihnen, toenn
dergleichen uberhaupt von Thieren gefagt werden fann,
noch einformiger und reizungslofer als vielen anderen
der groheren Saugethiere, indeni sie nur die Zwecke
friedlicher Selbsternahrung und der Fortpflanguiig Ver-
folgen, in die Ockonomie und das Treiben anderer Hohc-
rcn Thiere weder storend noch vermittelnb clitgreifen,
ohne bringende Vcranlaffung nicht wandern und im
Gangen sich gleichgiltig verhalten. Die letztere Rolle
durchgufuhreit, wird ihnen um fo leichter, als fte, ivenn
irgeud die Wahl freisteht, sich aus bewohnten Gegenden
weggiehen, theils von den ungnganglichsten Gebirgen,
theils von ausgedehnten Waldern oder von einfatnen
Ebenen, bislveilen bisweilen fogar von den burren Wu-
sten tropifcher Lander Besitz nehmen. Meistens hat die
Natur an folchen Orten fur sie freigebig geforgt und sie
der Muhe weiter Wanderungen und wenig lohnenden
Auffuchens der Nahrung uberhoben. Diejenigeii Gat-
tungen, welche vorguglich auf das Bewohnen menfchen-
leerer und im urfprunglichen Zuftande daliegender Wu-
ften angewiefen und daher periodifch eintretendem Mangel
ausgefetzt sind, haben fo leichte Formen unb fo grohe
Fluchtigkeit erhalten, dah sie in wenigen Stunden gus
durren und iiahrungsarmen Orten sich auf beffere Wei-
den verfetzen konnen. Manche konnen als die fchiiellsten