Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Wicticrkiiucr.
Saugethiere.
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aller Saugethiere gelten und entgehen den durch nic er-
schlaffende Wachsamkeik entdeckten Gesahren, luahrenv
anbere, durch Grose und Starke besahigte von lhren na-
turlichen Wafsen Gebrauch machen und dem angreifenden
Feinde muthigen Widersland leisten. Der sudafrikanische
Buffel scheuet den Kamps nicht mit dem Lswen und
bestegt nicht felten diesen sogenannten Konig der Thiere.
Wie in allen anderen Abtheilungen des Thierreiches
entdeckt man bei genauer Erwagung anch in dieser die
zwischen Bestimmung und naturlicher Besahigung be-
stehende Harmonie. Am Skelette (Kig. 812. 813.) be-
merkt man zwar die Zeichen einer im Vergleich mit
anderen Saugethieren geringeren Slarke und Festigkeit,
geringeren Gedrangtheit und Fahigkeit zu mannich-
fachen und zusammengesetzten Betoegnngen, allein es ist
so eingerichtet, dah Gang und Laus anhultend und mit
ansehnlicher Schnelligkeit sortgesetzt werden konnen und
hierdurch dem Bedursnisse vollkommener Ortsbewegung
entsprochen toird, welches bei einem grusenden Thiere
eines der ersten und wesentlichsten ist. Wie nin Pserde
stnd die bei der Geburt getrennten Mittelfustknochen
(Sig. 814 ') zu einem durch eine Nath verbundenen
Rohrenknochen verwachsen; wenn durch )olche Ber-
schmelzung der Slarke der Fuste Eintrag geschiehi, so
toird durch sie eben so wie durch die Lange des Fersen-
knochens die Schnelligkeit des Laufes besordert. Von
den mit wenigen Ausnahmen zweipaarigen Zehen steht
das eine Paar (die mittleren Zehen begreifend) nuch
Dorn, ubertrifft das undere Paar, die nach hinten ange-
brachten, hoherstehenden Afterklauen, nm ein Bedenlen-
des an Groste nnd ist mit Hufen eingehulli, die an der
inneren Seite, too sie sich eng beruhren, senkrecht abfallen,
einzeln fast dreieckig gestaltet stnd, neben einander stehend
einem einfachen, aber tief gespaltenen Huse ahnelit und
den alteren und nicht ganz richtigen Namen von Thieren
mit gespaltenen Klanen erklareit. Diese Theilnug mag
nutzlich stin, wenn der im morustigen Boden tief einge-
snnkene Fust herausgezogen toerden soll, und sehll dem
Kameel, dessen Zehen durch eine gemeinsame, schwielige
Sohle verbunden sind und daher selbst in tiefen Flugsand
nicht einstnken. Afterklauen gehen manchet Gattungen
ab; bei den Schaafen erscheinen fte austerlich unter der
Gestalt schivieliger, nnbehaarter Austreibungen, an toel-
chen man naturlich keine Gelenke ausstndet. Die ver-
haltnistmahig fleinen, dreieckigen Schulterblatter, der
stitlich zusammengedruckte Brustkasten itnd der Mangel
an Schlusselbeinen verrathen auf den ersten Blick, dast
Wiederkanern die Fahigkeit zum Greifen ganz verfagt
fet, und dast ihre Fuste ausschliehlich als Betoegungs-
werkzenge dienen sollen, die fedoch kanm vollkommener
gedacht toerden konnen, indem nicht allein die beschriebe-
itett Verhaltnisse der Knochen, sondern auch die Einrich-
tung der Gelenke die hochste Betoeglichkeit nnd Elasticitat
moglich machen, ohne der allgemeinen Festigkeit Eintrag
zn thnn. Daher vermogen viele Wiederkatier Sprnnge
auszufnhren, die der Schwere und Groste des Korpers
unangemessen scheinen konnleit nnd von denjenigen anders
gebaueter Thiere, z. B. der Katzen, dadurch unterschieden
stnd, dast bei dem Niederfallen der Schiverpunkt des Kor-
pers nicht hinten, sondern vorn liegt. Der Hals steht
stets im Verhaltnisse zu der Schullerhohe; er ist immer
lang genttg, um dem Thiere zu gestatten, das Maul bei
dem Grafen der Erde zn nahern ohne Einknickung der
Vorderftthe. Dentlich tritt dieses bei jedent Hirsche Her-
vor. An der Giraffe (Fig. 815.) ist dasselbe Verhaltnist
erkennbar, obgleich sie eigentlich nicht am Boden ihre
Nahritng sucht, sondern die niedrigeren Aeste der Battine
ubtoeidet. Der Schadel ist allezeit grost und gewichtig;
er getoinnt an Schwere durch lange Horner oder viel-
astige Geweihe nnd erheischt Unterstntzung, die ihnt durch
vorznglich entwickelte, an den Hoch Hervorragenden Dorn-
fortsatzen der Wirbel befestigte Muskelit getoahrl toirb.
Diest Fortsatze nehmen nach tinten an Lange zu unb
bildeit auf bem Widerrist eine Halbkreisformige, austerlich
leicht wahrnehmbare Erhohung, auf welcher bisweilen,
wie bei dem Zebu - Ochsen, itoch ein aus Zellgewebe und
Felt bestehendes Kissen liegt. Der Schadel Hat (ein ge-
ivolbtes, fondern ein ziemlich senkrecht anfsteigendes Hin-
terhanptbein (Fig. 816. 817.), weil an der Flache sich
angemesseit starke Mnskeln anfugen foden; fcharf Her-
vorfpringende Knochenleiften bienen eben bort zu Best-
ftigungspunkten ber fehr berbett, ben Schadel mit dem
ersten Halswirbel vereinigendeit Bander tind verleihen
jettern die zum kraftigen Stoste unentbehrliche Unerschnt-
terlichkeit. So grost auch der Schadel stin mag, so Hat
die eigeiitliche Hirnhohle niemals bedeiitenden Uinsang,
indem ansehnliche Stirnhohlen vielen Rattin wegnehmen
und uberhaupt die Knochenplatten deS Schadelgetuolbes
durch zellige Schichten geschieden werden. Eigenthumlich
ist endlich die lange Nath, toelche die zwei Halflen des
Stirnbeines verbindet.
Das Gebist (Fig. 818.) nnd vor Allem die Ver-
danungswerkzeuge entsprechen bent nur aus Gras und
Blattern bestehenden Futter, melches ntehr ubgernpst
als abgebissen werden mttst und ohne eine genatte Zer-
kleinerung nicht verdaulich stin wurde. Den eigentlichen
Wiederkanern mangeln flets obere Vorderzahtte, die
durch eineit knorpeligen, scharfen, uber den Kiestrbogen
vortretenden Ranv ersetzt werden. Die die Zahl 8 nie
uberfteigenben Vorberzahne des llnterkiesers gleiten ntit
ihreit scharf schneidenden Randern vor jenern Kissen vor-
uber, erfassen genau die Grasbuschel und Blatter und
reisten sie los. Beivegliche, dicke Lippett erleichtern bei
vielen Wiederkanern dieses Geschast. Die normal gebil-
deiett haben hochst selten Eckzahite, sonderit enten toeiten,
freien Raunt, der die Vorderzahtte von den Backenzahnen
trenni. Diest uberschreiten selten die Zahl 24 und sind
gleichmastig vertheilt. Die vorderen drei feder Seite sind
Milchzahne ttnv werden ein Mal gewechselt, die Hinteren
drei sind bestandig nnd falleit nur im Witter oder durch
Krankheit aus. Aetiherlich sind sie mit einer braunen,
bisweilen inetallisch schillernden dunnen Riiide uberzogen,
deren Entstehung nnd Endzweck itoch nicht genan bekanut
ift. Jhr hervorftehender Theil hat meiftens eine viereckige
Gestalt, fedoch keitie vollig Horizontal abgeplattete, fon-
derit etwas geneigte Kanflache, auf welcher Halbitiond-
forntige Leisteit Harteit Schmelzes zweipaarig Hervor-
rageit. Diest Leisteit sind die oberen Enden -ider die
Querschnitte der Schmelzfalten, die in gewnndener Ge-
stalt die Kitochenfubstanz des Zahnes durchsetzen nnd, in
den oberen Zahnen nach innen, in den unTeren nach
austen gekrummt, eine Reihe von Rauhheiten bildelt, die
gegen einander wirken, wie die kunstlich zngerichteteit
Oberflachen von Muhlsteinen. Erhebliche Abweichungen
von der beschriebenen Gebistfornt finden sich unter den
ungehoruten Wiederkanern, den Kameelen unb Moschns-
thieren, indesstn beftehen diest Verschiedenheiten weniger
in der Structnr der einzelnen Zahne, als in dem Vor-
Handeusein von Eckzahnen, oberen Schneidezahnen tind
acht statt stchs Backenzahnen aus feder Seite eines fedeit
Kiefers. Unterstutzt lutre das Gebitz in feiner eigen-
thuntlichen Thatigkeit vurch die Beweglichkeit des Unter-
kiefers, welcher dergeftalt Hin- und Hergeschoben toerden
kann, dast beitit Kanen die Zahiikronen, Kreife beschrei-
bend, sich an einanderreiben. Ungeachtet diefer grohen
Vollkommeiiheit des mahlenden und zerreibeiideit Ge-
bisses tvird das Pstanzensutter nicht hinreichend zerklei-
iiert, tint zur voltigen Verdattuiig geeignet zu fein. Der
im wildeit Ziiftaiide von zahlreicheit Feinden umriiigtc
Wiederkauer vermag nicht immer mit vdllkontmener Ruhe
fein Futter einziinehinen tind Stunden auf das lang-
farne Kanen dessetben zu verwenden, fondern »ttist sich
haitfig daniit begiingen, fciiten Hunger schnell zu befrie-
digen und dann die Flucht fortzufetzen. Liegt Hierin die
Nothwendigkeit eines fpateren, zweiten Zerkauens der
aufgenommeneii Nahrungsstoffe, fo erheifchen diefelben
auch eine Durchweichung, die in der Muudhohle selbst
nicht vollstandig geschehen kann und um so nothwendiger
ist, weil Gras und Pflanzenblalter bei grostem Volumen
verhaltnistmastig wenig nåhreude Antheite enthalten unb
diese nur durch eineit sehr vollkontnteiten Verdauungs-
procest ausgeschiedeu toerden konnen. Das sonach zur
Eristenz fener Thiere unabtueislich nothtoendige Wieder-
kauen setzt eine besondere Einrichtung des Magens vor-
aus, den man als eineit Sack mit vier eng zusammen-
Haitgenden Llbtheilungen zu betrachten hat, indem die
iin gemeinen Leben umtaufende Ansicht, ivetche Wieder-
kauer zn Thieren mit vier Magen stempelt, eine unrich-
tige ift. Die umsangtichste Abtheilung Heistt der Pausen
(Fig. 819. 820 c), ninintt nach der linken Seite des llit-
terleibes hin aiisehnlichen Ranin toeg und i ft auf feiner
inneren Oberflache mit kegelforntigen, Harteit, toeit vor-
ragenden Warzcheit bedeckt. Die ztoeite Abtheilung (d),
Haube, Mutze oder Netziitagen genannt, ist toeit kleiner,
liegt auf der rechten Seite der Speiferohre und vor dem
Panfen, von toelchent sie auf den ersten Blick einen An-
hang auszuniachen scheint. Die sie inivendig ausklei-
deitde Schteimhaut erhebt sich in Falteii, die, auf man-
tiichsache Weife gekreuzt, zahlreiche Mafcheit oder vieleckige
Zelleit bitden, die denjenigen der Bienen, abgefehen von
ihrer Groste, nicht unahnlich sind. Die dritte Abtheilung
(°) bteibl hinter der ztoeiten an Untfang zuruck, liegt
rechts vom Panfen, heistt Falteii- oder Blatterniagen,
Kalender, Buch oder S6fer; sie ist ziemlich kuglich und
intoendig mit zahlreicheit, dichl neben einander tiegenden
Langssalleit ausgekteidel, die, von regelutapig abnehinen-
der Groste und fe nach den Galtungen ntehr oder'toetti-
ger zahlreich (40 bei dem Schaast, uber 100 bei dem
Ochsen), mit den Blattern eines Buches verglichen toorden
sind. Die vierte Abtheilung, der Laabmagen (f), Halt
hinsichtlich der Groste das Mittel ztoischen dem Pausen
und dem Netziitagen, Hal eine verlaugerte Gestalt, liegt
toeit rechts und ist auf der inneren Oberflache uuregel-
mastig langsgefaltet. Seitter Structnr nach gleichl er
den getoohnlicheit einfachen Magen anderer Saugethiere.
Intoendig ivird er stets durch den fauern Magensast an-
gefeuchtel, toelcher Milch zum Geriititen bringt und die
Antoendung einzelner Magenstucken fur landtoirthschaft-
liche Zrnecke erklart. Am Ende dieser letzten Abtheilung
besindet sich in Gestalt einer Verengerung der Pfortner
(s), und fenstits desselben begiitnl mit dem Ztoolffin-
gerdarttte (b) der Darmkanal. Die Speiserohre (1)
lauft zwar in ziemlich gerader Richtuug nach dem Pau-
sen Hiltab und mundet in denselbeit ein, allein sie stelli
nicht bis zu ihrem uniersten Ende eine vollig geschloffene
cylindrische Rbhre dar, soitdern ist von der Stelle an, too
sie in den rechten oberen Theil des Pausens eintritt, nu
der Seite gespalten tind erscheint, toenit man sie ausdehnt,
ivie eine flache, mit ztoei Lmigstoulsten eingeschlosstne,
der Wandung des Pausens aiigeiuachstite Ninite (Fig.
820b), die in minder deutlicher Fornt sich bis in den
Blatlerntageu forlsetzl. Da diest Wulste aus Muskel-
fafern und nicht atis einer iiachgiebigen Schteimhaut
allein beftehen, fo besitzen sie eine gewisfe Festigkeit und
Widerflandskrast und tieg en im getoohnlicheit Zustande
einander genaherl. Die Folge der Schliehung des Spal-
tes litust fein, dast auch der unterfte Theil dxr Speiferohre
oder, toie man diefen bereits innerhalb des Magens be-
findlichen Theil nennt, der Schlundrinne eine gefchlof-
fene bis zur letzten Magenabtheilung fortlaufende, mit
den ersten beiden Magen gar nicht in Verbindnng ftehende
Rohre darftellt. Wenn nun groblich zerkauetes, alfo
elivas ungesuges Futter in groheit Bissen verschlungeii
toird, so drangl dieses aus mechanische Weise die toulsti-
gen Rander des beschriebenen Spaltes von einander und
gleitet tir den Pansen; toenn Hingegen die verschlungeiten
Substanzen sehr tveich, breiarlig oder dunuflussig sind, so
fadt diefes Offeudrangen des Spaltes tveg, und die beiden
letzleit Mageuablheilungen, oder die letzte allein, nehmen
das Verschlnngene auf. Es wird sonach von der Beschas-
feuheil deS Futters selbst abhangen, in toelche Abthei-
lung des Magens es gelangen soll. Das halb zerkauele
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