Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Vierhandcr.
Saugethiere.
11
^ir nicht Weifer vom Tschimpanse, benn so sehr Waren
^zwischen Handel und Schifffahrt verfallen, bah man
Wohl sagen kann, es sei erst im 15. Jahrhunbert die West-
kuste Afrika's mieder entbecft worden. Einer der Zuver-
^ssigsten unter den frnheren Reisenden, der Englander
Andreas Battel, der 1589 in Gefangenschaft gerieth
und viele Jahre in Congo ledte, deschreidt zwei Thiere,
ben Pongo und den Engeco, den ersteren als einem
®«nne an Hohe gleichkommend, an Umfang ihn jedoch
bbertreffend, den anderen aber als viel kleiner. Der
Pongo soll tiefliegende illugen, an den Seiten des Kopfes
langes Haar haden, im Gesicht, an den Ohren und Hånden
^aarloos, am ubrigen Korper ader dunn dehaart sein.
Bon dem Menschen unterscheide er sich durch Mangel an
Waden, indessen gehe er aufrechteinher. Stets ernst und
fogar traurig zeige er nicht einmal in der Jugend Heitere
Aeigungen, sei ader schnell und dehend iind schleppe dis-
Dellen Heine Negerkinder davon. Er soll sich Laubhutteir
banen und in denselben schlafen, von Fruchten, Nussen
und Wnrzeln sich nahren und so stark sein, dah er zehn
Mannern erfolgreich Widerstand leiste. Den Korper des
Gestordenen sollen die Nederledenden mit Blattern und
Zweigen bedeckeu: —^osmann, Troger, De la Brosse
und Andere erzahlen, der Tschimpanse sei eden so stark
als muthirprmd lede in Gesellschaften, die sich gegen bie'
Rnubthiere vertheidigen itniTsogar den Elevhanten zu Ver-l
treiden vermogen ; Bosmann fuhrtunter Anderem an, dah
ein solcher Haufen einst zwei Sklaven angegriffen und desiegt
Hade, und eden dabei gewesen sei ihnen die Augen ansznguet-
schen, als Hilfe anlangte. Dah dieTschimpanses Negerinnen
mit sich in die Walder schleppen und dort einige Jahre dei
sich behalten, wird von Allen erzahlt; ein Fall ist sogar zur
Personlichen Kenntnih von Dela Brosse gekommen. Ma-
thews, Lieutenantder britischen Kriegsmarine, der sich 1785
bis 87 in Sierra Leona anfhielt und Briefe uder dieses Land
1788 heransgab, schildert die Tschimpanse edenfalls als ge-
felligeThiere, die gemeiniglich in der Nahe'eines verlassenen
Dorfes ihren Aufenthalt wadlen, luo die Papaya (Carica
Fapaya), deren Fruchte fte sehr lieden, in Menge wachst.
Sie dauen ihre Hatten nach dem Mnster der N eger, dedecken
sie mit Blattern, bestimmen fle aber nur fur bie Weibchen
unb bie Jungen, inbem bie Mnnnchen stets anherhald
schlafen. Wird Einer ans ihrer Zahl erschossen, so ver-
folgen die ubrigen sogleich den Jager, der nur dadurch
ihrer Rache entgehen kann, dah er sein Gewehr wegwirft,
Welches die Affen mit undeschreidlicherWuth zerbrechen unb
daruder bie Berfolgung aufgeden. Dah bie Tschimpanse
am Boben unb nicht nuf Banmen leden unb biese nur ber
Fruchte wegen ersteigen ober tint sich umzusehen, destati-
gen udrigens auch anbere Beodachter, z. B. Lieutenant
Henry K. Sayers, welcher 1839 einen in ber Lanbschaft
Bullom erlangten jungen Tschimpanse ledenb nach Eng-
lanb drachte. Die Eingedornen sagen, bah sie mit neun
ober zehn Jahren ausgewachsen unb vier dis fnnf Fnh
Hoch sein sollen; ein in ber Rahe von Freetown geschoffe-
Ner Tschimpanse maah wirklich 5 Fuh 4 Zoll (engt.) unb
bror so schwer, bah zwei Manner an ihm genitg zu tragen
Hatten. Ihre Starke soll anherordentlich sein; Eingedorne
Mollen gesehen haden, wie ein Einzelner mit grohter
Leichtigkeit Aeste addrach, welche bie vereinte Starke zweier
Manner kanin gekrummt haden wurde. Wahrscheinlich
kommen bie Tschimpanse in ber ganzen Ansbednung vom
Gamdia dis Congo vor; nach Mathems mirb bie Lanb-
fchaft Bullom (an ber Nordkuste bes Sierra« Leona-
Flusses) von grohen Schaaren Heimgesucht, bie stets mit
Stollen dewaffnet wandern, sehr Machsam sein unb sich
durch ein Geschrei, chelches bem Hilferuf eines in Todes-
gesahr gerathenen Menschen gleicht, von ber entbellten
Gesahr unterrichten sollen. , So laut ist bieser Schrei,
bah Mathems einst bas vielleicht breihig Schritte entfernte
Thier in feiner unmitteldaren Nahe vermuthete. Der
degleitenbe Neger verrieth bie grohte Furcht unb Marnte
Mathews, ben Weg in berselden Richtung zu ver-
folgen. Wirklich erschienen dalb barauf bie Baumgipfel
deledt von Tschimpanses, bie jeboch nur eine Art von
Hunbegedell horen liehen, isidem nur berjenige ben
ermahnten grausigen Ruf ausstosit, ber zuerst bie Gefahr
entbeckt. Die Neger pstegen zwischen ihre Reisfelber
Bananen unb anbere Fruchtdaume zu pstanzen unb lollen
so, ohne es zu mollen, bie Tschimpanses Herdei, bie sie
ader bennoch mit aderglsiudischer Furcht detrachten unb
sur fahig halten „Menschen zu deheren". Die in Ver
Nachdarschaft von Sierra Leona ledenben Neger heihen
ben Tschimpanse, wahrscheinlich ein englisches Wort ver-
berdenb, „Badu". Den Namen „Pongo" fennen, nach
Mathews' Behauptung, an ber Westkuste wenigstens bie
Eingedorenen nicht. Es ist zu vermuthen, bah Pongo
eine portugiesisch-inbische Bezeichnung ungeschmanzter
Affen ist unb von ben portugiesischen Seefahrern, bie
lange bie einzigen Entdecker an diesen Kusten dlieden, bem
Flusse (liio de Pongos) gegeden luurbe, an beffen Ge-
staben sie ungewohnliche Haufen von Affen demerften.
Man hat in neuesten Zeiten ofters junge Tschimpanse
nach Englanb gedracht, allein sie haden nie lange geledt,
soime benn uderhaupt alle Affen von bem norbeuropaischen
Klima so affieirt toerben, bah man Hochst felten einen
gestordenen offnen wirb, ohne Zeichen von sehr meit vor-
geschrittener Lungensucht zu entbecken. Das bem ntensch-
lichen sich nahernde Ansehen, bie Jnlelligenz, bie zulrau-
liche Art unb bie Beweglichkeit bieser Thiere haden zu
manchen Erzahlungen Beranlassung gegeden. Die unter
Fig. 12. gegebenen Addilbungen stellen eineuTschimpanse
bar, ber ein volles Jahr (1835—36) in ber Menagerie
ber zoologischen Gesellschaft zu Lonbon ledte. Die Ge-
lehrigkeit unb bie Sanftmuth bieses Thieres waren aller-
bings merftourbig, allein hochst wahrscheinlich gaden sie
nur Belege zu bem oden Gesagten von ber jugenblichen
Zahmheit ber Affen uderhaupt; im reiferen Alter luurbe
basselde Thier sich vermuthlich eden so wilb unb roh ge-
nommen haden, als irgenb einer seiner freien Stammge-
noffen in ben Walbern Afrika's. Seine Gestalt war im
Allgemeinen kurz unb bill; berBauch vorhangend; Stirn
zuruckliegeub; Nase platt; Lippen guergerunzelt, sehr be-
weglich; Ohren groh, undehaart, adstehenb; Augen tief-
liegenb, ledhaft, draun; Hals kurz; Arme dunn ader
muskulos, bel aufrechter Stellung bes Thieres 4;enau
unter bas Knie reichenb; Haar elwas grot unb strnff,
ganz schwarz, oben bichl, unten bunn, ruckwartsstehend
am Vorberarm; Gestchtshaut schwarzlich; Ohren unb
Hanbleller mehr braunrothlich; ganze Hohe zwei Fuh
euglisch. Die Hinteren Ertremitaten beuten toeniger nuf
bns Leden zwischen Baumkronen nls dei bem Orang,
jedoch waren die Sohlen schief nach Jnnen gewendet und
die Kniee nuswarts gedogen, wodnrch bas Thier indessen
nicht ganz verhindert wurde, platt nuf den Boden aufzn-
treten. Der Gnngwnr ungeschickt ader schnell, und geschah
nuf den Knocheln der eingeschlngenen deiden Vorderfingér;
der nufrechte Gang verhielt sich anders als dei dem Men-
schen, denn anstatt den linterfith im Knochelgelenk zu de-
Wegen, die Ferse vom Boden zu entfernen unb einen
Augendlill auf den Zehen seldst zu stehen, trat der Tschini-
pnnse gleichsam stampfend mit dem ganzen Plnttfuhe
(Hand) auf, den er senkrecht niederfalten lieh.
-Es scheint, dah das Alter einige Fartenveranderung
der Haare am Tschimpanse Hervordringt, oder dah Spiel-
arten vorkommen, denn man hat in England ein verstum-
meltes Fell eines erschossenen Thieres dieser Art gehabt,
dessen schwarze Behaarung am Unterrucken, Huften unb
Schenkelu mit grauem Hnnr unterinengt war.
11. Der iOraiig-Utau. (Simia.)
Gattungscharakter: Schnauze vorstehenb, vorn
abgerundet; Stirn aufsteigenb; Gesicht bnher pyramidal;
Schadel mit vorspringenden Knochenleisten; Gesichts-
winkel 30°, dille fleischige Schwieleu auf den Wangen-
knochen. Arme fast dis an den Boden reicheud; Dnumen
der hinteren Hande ohne Naget.
1. Der roslfarbene Orang-Utan. (Simia Satyrus.) Sig. 1. 13—18.
Eine nicht geringe Verwirrung herrscht in Hinsicht
dieser Affenarl, die je nach Alter und Geschlecht des Jn-
bividuums sehrverschieden erscheint. Bor nicht langer Zeit
tewies Owen (Osteologie der Tschimpanse und Orang
in den Trans. Zool. Soe. I.) dah, wie Cuvier schon
vermuthet Hatte, Linne's Simia Satyrus nur ein junger
asiatischer Pongo, d. h. Wnhrer Orang iltan sei. So
anherordentlich ist der Unterschied in Gestalt und Ver-
haltnissen zwischen dem Schadel des jungen und des er-
wachsenen Orang, dah die Jrrthumer derjenigen Zoolo-
gen, welche eine Folgereihe solcher Schadel nicht vor sich
Hatten, eten so erklarlich als zu entschuldigen sind. Der
Schadel eines Erwachsenen (Fig. 1.) zeichnet sich aus
durch die Entwillelung der Gesichtsknochen, die Breite
und Starke des llnterkiefers, die Hervorragenben Knochen-
leisten ber Hiruschale, ben schmalen Vorberkops, bas flallie
Hinterhaupt, bie starken Zcihne und zumal bie enormen
Ellzahne. Der Schadel bes jungen ist in allen Stullen
verschieben unb bem menschlichen sthnlicher. Noch ist
man riter bie Zahl ber vorhanbenen Arten ungetoih.
Auf Borneo giett es zwei, einen grohen von ben Einge-
torenen gefurchteten Orang (Simia Wurmbii) unb einen
kleinern (Simia UorioM die Owen schon mittels ihrer
Schadel unterschied, und eine dritte grohe, der ersten
nhnliche Art (Simia Abelii) scheint auf Sumatra zu
leben. Sie unterscheidet sich durch Uinrisse des Schadels
unb ben Mangel an jenen grosien fleischigen Schwieleu,
bie ben erwachsenen mnnnlichen Orang von Borneo (Fig.
17.) sehr hahlich machen unb wirklich auf ber ^bti^bung
fehlen, bie Abel vom sumntranischen Orang (Fig. 15.)
lieferte. Da Abbildungen oft fehlerhaft sind und auf
die nugebliche Farbenverschiedenheit — der sumntranische
Orang soll mehr hellbraun sein als derjenige von Bor-
neo — fein Gewicht zu legen ist, inbem der Borneo-Ornng
ohnehin variirt, so bleibt jene Art vor der Hand unsicher.
Der sumatranische Orang soll groher sein; nach Abel's
utertrietener Angabe maah ein nn der Nordwestkuste
der Jnsel getodtetes Mnnnchen 7 Fuh in der Hohe, die
Weite der nusgebreiteten Arme tetrug 8 Fusi 2 Zoll,
5te Lange der Hinterhand 14 Zoll. Ein in der Samin-
lung der zoologischen Gesellschaft zu London aufbewahrtes
Weibchen ist hoch 3 Fuh 6 Zoll, Hat Armweite 7 Fuh
2 Zoll, Hinterhande ioy2 Zoll lang. Nach Temminck
Haten auf Borneo die Hollandischen Naturforscher Orang
von 5 Fuh 9 Zoll erlegt. Die in europnischen Sanint-
lungen vorfommenden sind nie langer als 4y2 Fuh vom
Scheitel bis zur Ferse.
Vermoge seiner Organisation ist ber Orang wesentlich
ein Baumthier. Er tewegt sich auf ebenent Boben noch
ungeschickter nls ber Tschimpanse, benn nicht nur sind
seine hinteren Glieber kurz unb nach initeit gebreht und
ihre Hande ' zu schief gestellt, um plntt auftreten zu fon-
nen, sondern sie sind weit weniger fest unb sicher einge-
lenft, bn bem Sckenkelkopfe bas runde Band (Ligamen-
tum teres) nbgeht. In ben gewaltigen Forsten seines
Vaterlanbes tefinbet sich ber Orang freilich in einer gun-
stigeren Lage, benn otwohl nicht schnell in seiiten Bewe-
gttngen, vermng er boch mittels seiner langen kraftigen
Arme sehr entfernte Aeste zu ergreifen unb sich von einem
auf den anbern fortzuschwingen. Die beschriebene Bildung
ber Hinteren Glieber unb bie grohe Beweglichkeit bes
Hnftgelenkes sind wichtige Hilfsmittel beim Ersteigen
eines hohen Baumstammes, benn sie erleichtern bas An-
pressen ber umklammernben Hande, wie ein nach bem
Leben gezeichnetes Bilb (Fig. 14.) zeigt. Die Hanbe er-
halten bttrch ihre Lange unb Schmalheit fast bns Ansehen
von Haken; bie Hinteren sind vom menschlichen Fuhe
anherordentlich verschieden sowohl in Gestalt als anato-
mischem Bane (Fig. 16.). Dennoch haben gelehrte Sou-
derlinge die der Wissenschaft unwurbige Behauptung
aufgestellt, dah je nach Getrauch unb Zeitbauer bie
Hinterhand bes Orang die Beschaffenheit bes menschlicku
Fuhes erlangen konne.