Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
Mit 1100 Ubbildungen
Søgning i bogen
Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.
Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.
Digitaliseret bog
Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.
lUieberkauer.
Saugethiere.
223
Backenzahne uberall sechs, bisweileit oten sleben, der
erste von den ubrigen entfernt in einer Lucke stehend,
spitzig, einem Eckzahne ahnlich; Fuse undeutlich zwei-
spaltig, Zehen verwachstn, mit eiibstanbigen Hufen. Ein
bis zwei Ruckenhocker. Schwanz mittellang.
Die meisten Zoologen stellen die Gattung Kameel an
die Spitze der Ordnung der Wiederkauer, toeil ste allein
mehrere auf Verwandtschaft mit den Pachydermen Hin-
deutende Charaktere besitzt. Sie weicht ab von der Ord-
nung, zu toelcher man fle gesellt hat, durch dicke Haut,
einfacheren Magen, FuHbau und Gebih (Fig. 821.).
Die den anderen Wiederkauern fehlenden Vorderzahne
des Oberkiefers sind nicht allein vorhanden, sondern er-
langen dadurch ein besonderes Ansehen, dasi die zwei
mittleren zcitig ausfallen und nur die seitlichen stehen
bleiben, die so scharfspitzig sind, dasi man sie leicht fur
Eckzahne nehmen kann. Die eigentlichen, stark enttoickel-
ten Eckzahne bienen als Waffen und sind wie bei allen
anderen Saugethieren einfach, benn was man irrthum-
lich fur einen zweiten Eckzahn angesehen hat, ist nichts
Anberes als ein vorberer, einwurzeliger Backen- ober
Luckenzahn von hakenahnlicher Gestalt. Da bie flutzeren
ober Hinteren Borberzahne bes Unterkiefers bieselbe Form
annehmen, fo erhalt bas Kameelgebisi ein fast furchtbares
Ansehen unb erinnert an basjenige ber Ranbthiere, mit
welchen ubrigens bas friebfertige Kameel sonst nichts
gentein Hat. Die Fusie (Fig. 822. 823.) Haben keine
Afterzehen, unb bie zwei vorberen Zehen sinb bis fast
nach vorn burch eine gemeinsame Hornige Sohle verbun-
ben unb beruhren im Gange ben Boben nicht mit ben
Spitzen, sonbern mit ben weichen Ballen. Llach vorn
sinb sie nicht mit eigentlichen Hufen, sonbern mit einer
Art von Kuppennageln eingehullt. Die grosie Breite
bes Fusies erweist sich im Gehen uber ben Flugsanb ber
Wuste sehr nutzlich, inbem sie bas Einsinken verhinbert,
unb bie Zahne stehen in Beziehung ztt bent aus bornigem
unb zahen Gestrupp, Mimosen, Disteln, Artemisien unb
bergleichen zttsammengesetzten Futter, toelches nur mittels
einiger Anstrengung abgerissen toerben kann. Bon ber
tief gespaltenen Oberlippe.kann jebe Halfte fur sich unb
von ber anberen unabhangig bewegt unb gebraucht toer-
ben, uiit tnftenb bie Beschaffenheit beS Futters zu prufen,
basselbe zu erfassen unb geschickt in bas Maul zu forbern.
Die fpaltformigen Nafenlocher konnen geoffnet unb zti-
fammengezogen toerben, je nachbem reine Lust einzn-
athmen ober ber fcharfe Wnstenftanb auszuschliehen ist.
Im Magen finbet sich eine defonbere, ben Aufenthalt ober
minbestes bie Wanberung burch wasserarme Gegenben
erleichternbe Einrichtung. Der Panfen zerfallt in zwei
burch eine muskulose Langsfalte geschiebene Abtheilun-
gen; bie linke enthalt in ihrer Wanbung eine Reihe tieser
Zellen, bie vier bis suns Maah Wasser ausnehmen ton-
nen-, bie Zellen ber rechten Abtheilnng bilben eine kur-
zere Reihe unb fassen elton ein Maasi Wasser. Da eine
jebe Zelle willturlich geschlossen toerben kann, burch Zu-
sammenziehung bes bie Munbung untgebenben Muskel-
ringes, so ift zufallige Vermengung ihres Jnhalts mit
bent Futter nicht moglich. Der Netzmagen enthalt ztoolf
Reihen sehr tiefer Zellen, welche burch sich kreuzenbe
Muskelschichten getrennt unb Fig. 826. in neunmaliger
Verkleinerung bargestellt sinb; er scheint nur 5ur Anf-
betoahrung bes Wassers bestinimt zu fein unb niemals
eigentliches Futter aufzunehmen, welches als wieberge-
kaueter Brei vermittels einer starten Zitsammenziehung
ber Schlunbrinne unmittelbar in ben Magen ubertritt.
Bei bem Trinken fullt sich, nach Home's Beobachtungett,
ztterst bas Zellenshstent bes Netzmagens, nachher bas-
jettige bes Pattsett an, unb bie Fahigkeit, bie einzelnen
Zellen ztt offnen unb ihrett Jnhalt ansfliehen zu lassen,
finbet erst bann sich ein, wenn bas Kanteel gezwungen
gewesen ist, mehrere Tagereisen ohne Genusi von Wasser
zuruckzulegen. Ob bie letztere Angabe auf genauen Un-
tersuchungen beruhe, mag beztoeifelt Werbeti, inbeffen ift
fo viel gewisi, basi Kameele, wenn sie mitten in ber Wuste
an einen Brunnen gelangen, wstannliche Mengen von
Wasser ztt sich nehmen, von welchen man toahrenb ber
erften Tage in ben beschriebenen Behaltern einen bebett-
tenbett Theil vvrsinbet. Eine alte Sage lasit bie bem
Berschinachten nahen Araber zum Tobten ihrer Kameele
als zum auhersten Mittel greifen; nach ben bie Wahr-
scheinlichteit fur sich Habenben Berichten neuerer Reifen-
ben ist jette Flufsigkeit aber so schleimig, bitter unb tibel-
riechenb, basi sie nur burchgeseihet genossen werben komite
unb kanut geeignet ware, ben Durst zu loschen. — Die
ansiere Gestalt ber Kameele ist burchaus unschon. Ein
groher unb plump gebaueter Rnnips, ein langer, ge-
krummter Hals, Hoch Hervorragenbe Ruckenhocker, eckige
Umrisse, kurze Ohren, vorstehenbe, ausbruckslose Augen,
hohe, bunue unb knochige Glieber, unbehaarte Schwie-
len an Brust unb Fusien, schlechte Haltung unb unge-
sichickter, wenn auch schneller Gang vereinigen sich ztt
einem Bilbe wahrer Hahlichkeit. Es gehort bie Partei-
lichkeit unb bie Phantasie eines Arabers bazii, tint an
einem so gestalteten Geschopfe Reize zu entbecken unb
biese zu bichterischen Gleichnissen anwenbbar ztt finbeii.
Was inbessen bent Prufenben Auge mihfallt, ift barum
nicht absichtslos unb ohne Nothtoenbigkeit so geschaffen,
unb gerabe an bem Hasilichen Kameel, „bent Schiff ber
Wuste", ist bie Hochste Zweckntahigkeit bes Banes unb
ber Ausrustung beutlich uachweisbar.
t. Das einiuåetige Jtameet; Dromedar. (Camelus Dromedarius.)
Fig. 827 — 835.£
Griechett unb Romer kannten bereils zwei Arten von
Kanteel, bie sie nach ben Heimathslanbern bas arabische
unb bas baktrische benannten. Aus ben Schriften .bes
Ariftoteles unb Plinius ergiebt sich^ bah man febon bei=
utals mit ber Naturgeschichte l'eiber Arten^hr vertranet
gewesen unb richtige Ansichten fiber bieselbe besessen Hade.
Manches Jahrhunbert spater tant man anf ben auch von
Btiffoit vertretenen Jrrthum, beibe Kameele als einer
unb berselben 9(rt angehorenb zu betrachten, weil sie,
zufolge eines alten Berichtes, sich vermischen unb eine
fruchtbare Nachkommenschaft erzeugen sollten. Dia Ka-
meele stellen inbessen zwei Arten bar, bie einanber aller-
bings sehr ahnlich, allein speeifisch verschieben flnb ,unb
entiveber sich nicht vermischen, ober hochstens unfrucht-
bare Bastarbe erzeugen. Das wesentliche Kennzeichen
besteht in ber Zahl ber Ruckenhocker unb ist, streng
genommen, von teiner sehr wissenschastlichen Bebeutung,
weil jene Hocker einer Hoheren phystologischen Beben-
tung ertnangeln, allein es ist bas einzige zur Begrun-
bung bes Unterschiebes zwischen zwei sich ahnlichen, aber
von ber Natur als Arten getrettuten Thieren. Das
arabische Kanteel ober ber Drontebar ist etwas leichter
gebauet als bas baktrische unb Hat nur einen Rncken-
hocker, inisit von ber Schnauzenspitze bis zum After
7'/a Fusi unb steht an ben Schultern unb bem Kreuze fast
gleich hoch, namlich 4 Fusi 7 —8 Zoll. Schon in ber
Urzeit zum Hausthiere gemacht, ist es tinter ber Leitmig
bes Menschen von Nnbiett bis Syrien, von Persien bis
Inbieit unb fiber einen grosien Theil bes norblichen Afrika
verbreitet luorben unb, wie manche anbere nnserem Ge-
schlechte vållig untertoorfene Art, aus ben Reihen ber
toiIben Thiere vollig verschtounben. Nieinand vermag
seilt eigentliches Baterlanv anzugeben, benn bie altesten
Geschichtschreiber gebenken seiner nur als eines brauch-
baren, aber von jeher bienstbaren Geschopfes. Lange vor
ben Schriftstellern ber Griechen unb Romer erwahnt
Moses bas Kanteel als ein Geschenk, welches Pharaoh,
ber Konig ber Aegypter, bent Abraham machte, unb von
jener Zeit an finben toir es mit ber Geschichte ber Pa-
triarchen vertooben unb erblicken in ihut bas Mittel,
durch welches junge, burch Wusteit getrennte Volker in
Berbinbung traten. Bei tintsichtiger Ertoagting seiltes
Battes ttnb seiner phystologischen Eigenthumlichkeiten
erkennt utatt itt ihitt bas ztittt Lltifenthalte in ber burren
Wuste vorzugsweis befahigte Geschops ttnb kommt zu
ber Ueberzeugtmg, bah bie eigentliche Heintath bes ver-
schwunbeueit toilben Urthieres in ben grogen Sanbebenen
ber Zahara, vielleicht auch Arabiens gelegen haben muffe.
Wie alle ber Cultur unb ber menschlichen Eintoirkung
stit unvorbenklichen Zeiten untertoorfene Thiere ist auch
bas Kanteel in so Nele Rasstit zerfallen, dasi man uber
seine ursprungliche Gestalt durchaus keine Bermuthung
anfstellen kann. Lille Rassen haben diefelben Hasilichen
Umriffe; fie unterscheiden sich nteistens nur durch gering-
fugige Abanderungen in der Farbe, Grosie und Starke
und kommen uberein durch die anstallige Zusammen-
ziehung oder Berengerung des Unterleibes in der Becken-
gegend, die auch die nahe vertoandten amerikanischen
Lama's auszeichnet und zur Berschonerung der ausierett
Erscheinung nichts beitragt. Manche dieser von den
ostlichen Bolkern anerkaunten Spielarten besitzen nicht
einmal ansiere Kennzeichen, sondern erhalten Namen
unb Werth in Berucksichtignug ihrer grotzeren Schnelle
ober Fahigkeit zum Lasttragen, ihrer vorzugstoeisen Ge-
tovhnung an kaltere Lanber oder an heihe Wusten und
ihrer eben daher entspringenden verschiedenen Antoend-
barkeit. Die Enropaer fennen diest Rassen toeniger als
die Araber und haben sie toenigstens ttie zum Gegen-
stande der toissenschaftlichen Forschung in bem Maasie
erhoben, wie bie arabischen Pferberassen, toeil sie an
ihiten, als itt Europa nur Hinttubtoieber unb nirgenbs
int Grosien antoenbbaren Thieren, naturlich viel toeniger
Interesse nehmen konnten. Die turkische Raffe ubertristt
bie anberen ztoar nicht burch Grosie, allein burch starke-
ren unb gebrangteren Ban unb burch bie Fahigkeit, in
masiigem, aber ausbauernben Gange lange Tagereisen
schwerbelaben zuruckzulegett unb niebrigere Temperaturen
ohne Schabeti ztt ettragen. Jhr Fell ist mit bichterer
unb langerer, rothbrauner Wolle bekleib'et; auf bem
Nacken, bem Hocker, bem Scheitel, an bem Schtoanze
unb ben Borberfusien steht sehr langes Haar, unb am
Halse Hatigt eine grohe Hautfalte (Wanime), bie nach
oben einen langen Bart tragt. Die agyptifche Raste ist
leichter gebanet unb toirft bei ber im Frithsommer ein-
tretenben Harung ihr Kleib vollstanbig ab, ivelches
nicht aus weicher, langer Wolle, sonbern aus ziemlich
schlichtem, Hellgrauen Haar besteht, eine Farbe, bie man
toeit hoher schatzt als bie braune, toeil sie bas Zeichen
besserer Abstammung unb eblerer Eigenschasten sein soll.
Den Hochsten Werth legt man ben in ber arabischen Pro-
vinz Ouian gezvgenen Kameelen bei, von toelchen bie
Eingeborenen sich fast eben so ungerit trennen, mie von
ihren Pferben, unb bie man einheimischen Fursten als
tourbige Geschenke barzubringen nicht ansteht. Sie sinb
bie eigentlichen Dromebare alterer Schriftstekler, tragen
in Arabien ben Namen Maherri ober Heiri, heisieif in
Norbafrika Sabayi unb ubertreffen als Reitthiere burch
Schnelligkeit unb Ausbauer alle anbere. Wahrenb man
in Aegypten ein getoohnliches Lastkameel mit 30 — 50
spanischen Thalern bezahlt, stehen achte Heiri's in Vter-
fach hoherem Werthe, unb Burckharbt sah ein solches
zu 300 Thalern verkaufen. Wahrscheinlich giebt es noch
manche geringfugige Abanberungen, bie zuin Theil burch
Bertoilberung entstehen ober absichtlich Hervorgebracht
toerben, wie in Jnbien, wo bie britische Regierung be-
bacht ist, gute Zuchtthiere aus ben norbtoestlichen Grauz-
laubern Herbeiznschaffeii. Wenn auch sehr zu bezweifeln
stiii mag, bah, wie bie Neger erzahlen, im Sinteren von
Afrika Kameelheerben im Herrenloseu, bem wilbeu nahe
oerwanbten Zustanbe Heruniziehen, fo ist es boch auch
wahrscheinlich, basi nicht alle Bolksstamme bent Kanteel
gleiche Sorgfalt wibmett, unb basi Hierburch Rasstit ent-
stehen muffen, bie titan zwar nicht gettau kennt, bie aber
von benfenigen ber civiliflrteii Lanber sehr verschieben
fein mågen. Burckharbt fah in Nubiett grohe, nur beS
Fleisches unb ber Mileh roegen gehaltene unb ber Auf-
uterksamkeit kanut gewurbigte, ztiitt Lasttragen ober Rei-
ten fast niemals angewenbete Halbroilde Heerben, bie bei
ber AnnaHerung von Menschen unb beladenen Kameelen
erfchreckt bie Flucht ergriffen unb von weiher, einer in