ForsideBøgerIllustrirte Naturgeschich…ierreichs : Erster Band

Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band

Forfatter: Eduard Pöppig

År: 1847

Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber

Sted: Leipzig

Sider: 312

UDK: St.f. 59 Pöp

Naturgeschichte der Säugethiere

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Side af 322 Forrige Næste
230 Saugethiere. Aeuilic Vr-nung. toilleiilofer Hingebung und stumpfflnniger Tragheit, den man am Kameel toahrzunehmen glaubt, villig verfchtoin- det. Wesentliche Unterschiede liegen in der Bildung des Futzes, Gel'isses und selbst des Magens. Der erstere (Fig. 840.) besteht aus zwei ties gelremiten, elastischen Zehen, bie, durch eine Sohle nichtdereinigt, unten mit ran- hen Kissen, am Ende mit krallenartigen, etwas gekrumm- ten, oben scharfkantigen, seitlich zusammengedruckten und unten platten Hufen versehen sind und das zum Leben ztoi- schen felsigen Gebirgen bestimmte Thier bezeichnen. Die Vorderzahne stehen etwas entfernt von einander und gleichen bereits den Eckzahnen, die sich nur durch Grotze unterschei- den ; die Backenzahne dilden, wie bei anderen Wiederkauern, eine regelmatzig fortlaufende Reihe. Von den letzteren sind zwei im Oberkiefer, einer iin Unterkiefer einwurzelige Luckenzahne. Nach alteren Angaden sollte der Magen feine Spur des bei dem Kameel beschriebenen, zur Auf- Hewahrung von Wasser bestimmten Banes zeigeit; der schottische Anatom Knor Hat indessen in nettesten Zeitett am Lama eine ahnliche, wetttt auch etwas abgeanderte Einrichtung nachgewiesen. Er sand in der kurzeren Ab- theilung des Pansen 16 Reihen von s/4 3oK breiten, an der Mundung engen Zelleu und ebett so viele, aber grohere Zellett in der langeren Abtheilung, sowie im zweitett Magen eine noch weit betrachilichere Anhaufung ahnlicher, wie Dachziegel uber einander liegenden Behalter. Alle entbehrten aber eigentliche Schliehrnuskeln, enthielten fem Wasser und waren dem Speisebrei zuganglich. Lama's scheinen ubrigens felten Wasser ztt bedursen, mindestens sieht titan fle im zahntett Zustande und bei reichlichem, grnnen und saftigen Futter niemals trinfen. Es scheint, dasi die in den Pflanzen vorhandene Feuchtigfeit sur fte Hinreicht, weil fte auch ohtte Wasser ftets eine fehr reich- liche Mettge von Speichel abfondern, den sie bei wirklichen oder ttnr vermeinten Beleidigungen auf Personen spritzett, und dem man ehedem mit Unrecht atzenbe Kraft zuschrieb. Die Lama's und verwandten, derselben Gattung att- gehorendett Thiere bewohnen allein die kalteren Regionen des westlichen Sudamerifa vom Aequator bis nach dem Feuerlande, Halten sich in Peru und Chile ausschliehlich in den Hochsten Ketten der Andes nahe an der Schiteelinie auf und fteigen, wie die Pflanzen, gegen den talten Sudpol in die Ebetteit Hiitab. Darwin fah auf den oden Steppen Patagoniens, ttitd zwar bis an das atlantifche Meer, ganze Heerden dieser Thiere, welchen man in Chile nicht niedriger als 8000 Fusi uber dem Meere, in Peru sogar itttr senseits 10,000 Fusi absoluter Hohe begegnet. Wie viele wirkliche Arten es gebe, und durch welche feste Kennzeichen diese zu unterscheiden seiett, ist eine altere und noch immer ungelofte Streitsrage. Die erften Be- fchreiber und Chronisten Sndamerifa's haben stch zwar fast alle uber bie Lama's verbreitet, bie sie „einheimifche Schaafe" nennett, allein Verwechselungen und Misiver-- standniffe in Menge veranlasit. Bei der eiserfuchtigen Verschliehung der Coloniett bttrch die Spanier toar es unmoglich, genane Kunde einzuziehen, und Bitsson erhielt zuerst eiiieit befferen Bericht durch dcu Abbe Beliardi. Linne und Bnsson itahmen nur zwei Arten an, die man lebend in Europa gefehett hatte, allein der in Chile gebo- rette und als Jesuit vertriebene Molina, der mehr aus dem Gedachtnisse als nach eigentlichen Borlagen die Na- turgeschichte seines Vaterlandes schrieb, fuhrte funf an- geblich verschiedeite Arten ein. Den nettesten Forschungen zusolge ist es hbchst wahrscheinlich, dah ttur zwei eigent- liche Arten vorhanden sind, und tvas soiist tinter man- tiichfachett Namen ausgesuhrt wird, ztt den Spielarten gerechnet roerben muffe, bie in einem, seit sehr entfernten Zeitett bettt Menschen unterthanen Thiergeschlechte in Amerika ebett so entstanben sittb, wie sie in anberen, glei- cheit Bebingungen unterroorfenen Gattungen in Europa sich erzeugt Habett. In Europa Hat bie Verivirruitg, zu- ntal ausierhalb ber Kreise ber tvissenschastlichen Zoologen, in ben letzten Jahren baburch eiitett fast unbeschrankten Untfang gewonnen, basi man balb aus Zutgemeinter Absicht, balb aus ubelberathener Speculation Lama's tiiib ihre Spielarten mit ansehnlichen Kosten aus Peru eingestthri und tinter 9?amen verkauft Hat, die theils itn- redliche Getvinnsucht, theils Unwissenheit der in den ante- rikanischen Kustenstadten angesiedelten Kausleute zu geben sur gut fand. Das Guanaeo, das eigentliche Stammthier, die roilde Form des nttr gezahmt vorfommenden und je nach Land tind Klima in viele Spielarten zerfallenden Lama, macht die am meisteti verbreitete der zwei Arten der Gattung aus. Ob es bis in das nordliche Peru reiche, ist unbe- kannt, benn bort herrscht bie anbere Art, bas Vicuna, vor, allein von Bolivia bis zur Magalhaensstrasie ist es nirgenbs selten. Je heisier ber Sommer, je armer an Wasser ttitb Pstanzetiwitchs bie nieberen Regionen roerben, tint so hoher steigl es in bie Gebirge entpor, ttitb ber Win- ter allein faun es zroingett, in tiefer liegenben Thalern Schtttz ztt sucheit. Die fublichen ttitb sehr rauhen Corbil- leras Verlaht es gatiz tvahreitb ber kalteren Jahreszeit, um sich uber bie burch starke Regen zum Ergrunen gebrachten Wusten Patagoiiiens zu verbreiten. Geroohnlich Halt es sich in Heerben von 12 — 30 Stuck zusammen, boch sah Meyen in Bolivia Heerben von 100, Darwin am Flusse Santa Crtiz in Patagonien sogar Schaaren von 500 Stuck. Stets stellen biese in ber Nahe ihrer Weibeplatze Wachen aus, bie von einem Hoheren Stanborte tnittels ihres eben fo fcharsen Gehors als Gesichts jeben Feinb schon in ber Ferne entbecken ttitb burch ein scharfes Geschrei, ivelches von manchen Berichterstattern bent Wiehern eines Fohlens verglichen roirb, bie unbesorgteii Gesahrten toar- nen. Bei lauterer Wieberholung bieses Zeichens setzt sich ber ganze Trupp in Beroegung, trabt scheinbar ge- machlich, in Wahrheit aber mit ansehnlicher Schnelle bie steilsteit Bergfeiten ffinauf, verschroinbet vielleicht bettt Blicke ttitb roirb zuletzt immer auf einem utterreichbaren Felskamme toieber sichtbar, von tvo er neugierig auf ben getauschten Verfolger Hinabschauet. Diese ben Jagern in Chile toohlbekannte Neugierbe toirb einzelnen ober in kleineit Hausett uberrafchten Guanaco's ost sehr verberb- lich, bie ben unerivartet vor ihnen erscheinenben Menschen mit Verrounberung betrachten, sich einige Schritte eni- sernen, nochinals stehen bleiben ober ihn sorschenb um- kreisen, zumal wenn er bie List antoenbet, burch allerlei ungetoohuliche Beroegungen, z. B. burch Hinlegen aus ben Boben unb gleichzeitiges Umherschlagen mit Armen ttitb Futzen, ein bent Guaitaeo unbegreifliches Schauspiel aufzufuhren. Der Jager getoiitnt babei Zeit zu einem unb fogar zu mehrereti Schussen, bie keitten Schreckett ver- urfachett unb, roie es scheint, von bent Wilbe fur Theile ber intereffanten Scene aitgesehen roerben. Darroin unb feiite Begleiter uberlisteten auf solche Art nicht nttr mait- che ber sonst sehr sch etten Guanaco's, sottbertt toarett sogar Zettgett, roie einzeltte bie annahernben Jager nicht allein mit wiehernbent Geschrei empfiiigen, sonberti ihttett tinter ben lacherlichsten Lustfprungeit, gleichsam Heraus- attsforberitb, entgegen gingen. Sie sinb ubrigens ganz roehrlos, versuchen niemals sich zu vertheibigen ttitb glei- chett in manchen Stucken ben Schaafett, benn ein einjiger Jagbhunb genugt, um bas grosite Guanaeo festzuffalten bis zur Ankunst bes Jagers, unb gleichzeitig von ntehreren Seiteit her erscheittenbe Reiter bringen ganze Heerben so sehr um alle Bestnnung, basi sie, anstatt bttrch bie Ztoi- fchenraume bes Kreises zu entfliehen, sich auf einem Puiikte zusammetibrångett unb enblich eng einschliesien laffen. Die patagonischen Jitbier hallen auf ihren Ebenen ost ber- gleichen Treibjagbeit ttitb tobten bie Eingefchloffenett bttrch Wttrse mit ber Schleuber, ben Bolas ober betit Lasso. Auf ber Flucht fcheuett Guanaco's bas Wasser nicht, ftur- zen sich unbebenklich in breite Fluffe unb felbst in Mee- tesarme. Das Salzroaffer surchten sie tint fo weniger, als sie baffelbe ztt trinfen pstegen; einige Offiziere ber englifcliett, von Fttzroy commanbirten Erpebition nach bettt Feuerlanbe fahen Guanaco's bas fehr fcharfe Wasser ber grotzen natiirlichen Salzbecken um Cap Blanco begierig trinfen, unb Byron beobachtete vor achtzig Jahren bas- felbe. Fiittermangel fcbeint sie bisweilen ztt grotzen ge- meinschaftlichen Wanberungeti unb zwar nach Gegenben zu veranlasfen, in roelchen sie fonst fast niemals gefehen werben. Dartvin fah unsern Baffia Blanca in Patago- nien bie Sparen eines starfen Zttges, ber aus groper Ferne gerabe auf bie Kuste losgegangen unb bei Entbeckung bes naffeit Meeres mit grotzter Regelmatzigfeit eine Schwett- ftitig gemacht unb parallel mit seiner ersten Marschlinie zuruckgefehri roar. Sie haben ubrigens bie noch titter- flarte, roie nran fagt, auch ben Vicuna's eigette Getoohii- Heit, ihre Ausleeruiigeit itttr an bestiinntten Orten abzu- fetzen. Der genannte britifche Naturforscher fanb Duit- gerhausett von acht Futz Durchmeffer, bie, wie fchon Fre- zier bemerkt, in Holzarmeii Gegenben ben Jnbiern eiitett willfommenen Brettnstoff liefern. Eine anbere ffochft nterfrourbige Sitte ber Guanaco's ist bie Wahl befott- berer Orte, um ztt sterben. Am Fluffe Santa Crtiz fanb man beschrankte, mit ihren Skeletten unb einzelnen Knochen bicht bebeckte Platze. Die gute Erhaltung ber Knochen, bie nicht bettagi noch zerbrochen waren, verbet zu verinuthen, batz an biefett Tiellen bas Lager eines feine Bente zufatnmenfchleppenben Raubthieres sich befunben habe. Auch attt Fluffe Gallegos hat man folche Sterbe- Platze gesunben unb uberhaupt beobachtet, bah bie von ben Jagern verwunbeten Guanaco's an bie Fluhufer zu gelangen fuchten. Das Lama (Fig. 844—846.) i ft sicher itichfs Anberes, als bie gezahntie, verhaltnihmahig nur menig geanberte Form bes fvweit befchriebettett wilbett Guanaeo. Zu welcher Zeit es zu einem Hausthiere gemacht worbett fe i, ist nicht mehr nachweisbar, weil bie uberhaupt tnystische Gefchichte ber Peruaner bieses Ereignitz in bie fruheste Periobe verlegt unb mit ber irbifchett Erscheinung ihrer Halbgotter in Verbinbung bringt. Die zuerst lanbettbett Spanier fanben uberall attfehnliche Heerben von Lama's, bie man zum Lasttragen benutzte, beren Fleifch, Fell unb Wolle in ber Oefonomie ber Peruaner tint fo wichtiger war, als biefe ein grotzeres Hausthier nicht befatzen. Gregorio be Bolivar fchatzte im 17. Jahrhunberte bie 3ahl ber zum Tragett ber Silbererze von Potost ange- Wenbeiett Lama's auf 300,000 unb glaubte, batz jahrlich vier Millionen bes Fleifches roegen gefchlachtet tourben. Die vielfeitige Nutzlichfeit entging felbst ben rohett Er- oberertt nicht, unb baher sprechen alle Chrottistett unb Befchreiber Peru's, bie sonst an Naturgeschichte toenig Aiitheil itehmen, mit Interesse von ben Lama's, verwech- feltt aber bie Naiitett ber verfchiebeneti Spielarten mit einanber. Noch Heutzutage bienen biefe Thiere zur For- beruttg geringerer Lasten, allein ihr Gebrauch ist toeit eitt- gefchranfter als vor 300 Jahren, toeil inztoifchett bie ort- lichen Berhaltniffe, bie Art bes Ackerbaues und des Han- dels eine vollftandige Untfehrung erfaffren haben und das toeit nutzlichere Maulthier allgetuein verbreitet toordett ist. Der Jitdier der hochsten Gebirgsgegetiden Halt allein noch Lama's, toeil fte toohlfeil ztt haben stud, tvenige oder feine Abtoartung erheifchen und ihre Sutterung feine Kosten verurfacht; er begnugt sich mit der geringen Ein- nahrne, bie ihm feine Heerbe baburch gewahrt, batz sie Erze von ber Grube nach ben Antalgamirtoerfen bringt ober fonft fleine Dienste verrichtet, fann aber nie mit bein toohlhabenbereit Maulthiertreiber in Concurrenz treten, toeil feine Lama's nie uber 80 Pfuitb Labttng nehnten, taglich hochstens brei beutfche Meilen zurucklegeit unb in Heitzeren Nieberungen ihre Brauchbarfeit verlieren. Am Starfsten toirb bie Zucht auf ben Hochebenen von Bolivia getrieben, too bie inbifche Bevolkerung voriviegt, ange- stantmte Sitten sich am Langsten erhalten haben unb bas ausnehinenb unfreunbliche Klima ber Maulthier- unb Pferbezucht fehr ungunstig ist. Ttotz ber fehr niebrigen Temperatur ber oft 10—13,000 Futz uber bem Meere ge- legenen Flachen kommen bie Lama's niemals in einen Stall, fonbern berøringen bie Nacht auf einem mit rittg- formiger Steintoanb eingefatzten, offenen Platze, ben Tag