Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Wicberkiiuer.
Snugethiere.
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in diesem Falle Lerloren gegangen oder vielleicht die
Umanberung durch Cultur so bedeutend gewesen, bah
man in den wilden Arten, unter »velchen man zumal auf
die Jemlahziege Thibets und Stepals hinweist, das Ur-
thier nicht mehr erkennt. Die Zahl der gegenivartig
vorkommenden Varietaten ist zumal in Warmeren Lan-
dern ausiiehmend groh. Zu den bekanntesten oder doch
»vichtigsten gehort die Kaschmir-Ziege (Fig. 949.),
welche uber Thibet und von da bis in die Steppen der
Kirgifen norblich vom caSpischen See verbreitet ist und
ben Stofs zu den beruhmten Shawls liesert, die seibst
in den fabricirenden Landern Asiens cinett ungemein
hohen Werth haben und ost nicht fur Geld feil sind.
Eine einzige dieser Ziegen liesert durchschuittlich drei
linjen feiner Wolle, von ivelcher das Psund in Thibet
eliva funf englische Schilliuge kostet. Zur Herstellung
eines Shawls von vier Fusi im Quadrat ist die Wolle
von zehn Ziegen erforberlich, welche, in Thibet geschoren
und gewaschen, in Kaschmir Eingangszoll zahlt, dort,
nach Spinnung und Farbung, erueuete Steuern erlegt,
zuletzt, 5uni Shawl verwebt, mit grohen Abgaben be-
schwerk ivird, die besonders bei Ausfuhrung nach In-
dien die unertraglichste Hohe erreichen. Sie drohen den
armen Weber zu ruiniren, der obenein fur seine Waare
alle Gefahren zu furchten hat, welche bie Versendung
uber bie Hochsten uub unzuganglichsten Gebirge unb burch
Gegenben voll rauberischer Eintvohner mit sich bringt.
Rechuet man Hinzu, bah fowohl in Jubissn als auch in
Persien unb ber Turkei alle Zollamter von ben Shawls
iieue Abgaben erheben, so wirb bie Seltenheit unb bie
erstaunliche Theurung jenes Gegenstanbes orientalischen
Lurus auf europaischen Markten sehr erklarlich. Man
hal baher versucht, bie Kaschmirziege in Europa einhei-
misch zu machen. Zuerst brachte A. Jaubert eine fur bie
sranzosische Regierung im Kirgiseulaube unter 52° n.
ær. angekaufte, 400 Stuck zahlenbe Heerbe nach Europa.
Die geriuge Menge ber von ben Einzelnen gelieferten
Wolle dewies balb, bah ber Versuch minbestens unter
kaufmauiiischem Gesichtspunkte ein verfehlter war, in-
befsen kam Polouceau auf ben Gebanken, burch Kreu-
zinig ber Kaschmirziegen mit ber Augoraziege eiue Veson-
bere Rasse zu erzielen. Der Versuch gelaug, unb man er-
Hielt Thiere, bie nicht nur bas Klima besser ertrugen,
sonbern anstalt ber gewohulichen brei linjen bei feber
Scheerung breihig linjen Wolle gaben, bie burch Lange
unb seibenartige Feinheit bie eigentliche Kaschmirwolle
weit ubertraf. Die Zucht gebeiht zwar, inbessen geht bie
Vermehrung langsam von Statten. Dieselbe nicht auf-
munternbe Erfahruug Hat man 1824 auch in England
mit einigen Ziegen bester Rasse gemacht, welche Tower
in Thibet aufgekauft unb auf ein Lanbgut nach Esser ge-
bracht hatte. Ein unternehmenber Laubbesitzer in Nen-
snbwales, Riley, kaufte 1831 von Polonceau zehn Zie-
gen unb brei Bocke uub brachte bieselben uber Lonbon
glucklich nach Australien. Ob sie bort gebiehen unb sich
vermehrt haben, ist nicht bekaunt worben. Man Hat
ubrigens, aber mit llnrecht, zwischeu ber Kaschmir- unb
ber Thibetziege einen llnterschieb gemacht unb sie als
eigene Varietaten hingestellt. Sie weichen von einanber
nur burch Lange bes Haares unb Farbung etwas ab unb
'tonnen hochstens als Rassen gelten. — Diesen seiben-
ober wollhaarigen Ziegen gegenuber stehen bie grob-
vber kurzhaarigen, bie in noch zahlreichere Spielarten
zerfallen. Die unverebelten Ziegen Europa's geben nicht
fetten ein ziemlich langes, aber allezeit harsches unb zu
feineii Geweben ungeeignetes Haar. In Italien ist bieses
von jeher ber Fall gewesen, benn Virgil unb Varro ge-
benken bes Ziegenhaares als gering unb allein geeignet
zu grobem, bem Seemanne willkommenen ober zur Be-
beckung groher Kriegsmaschineu brauchbaren Zeuche, unb
ini sublichsten Europa kleibet sich bie niebrigste Volks-
classe, bie Halbwilben Hirten Albaniens unb bie Bauern
Slavoniens unb ber Nachbarlanber noch jetzt in solche
Gewebe. Glatthaarig sinb unter anberen bie sogenannten
Zwergziegen, bie ursprunglich aus Westafrika gekommeu
unb jetzt in Subamerika unb Westinbien sehr verbreitet
sinb, haufig keine Horner, aber lange, aufrechte Ohren
babeu unb mit ben europaischen Rassen maiiche Mittel-
schlage erzeugten. Auch in Europa kennt man ungehornte
Rassen, z. B. in Schweben unb Spanien, wo fle von
weiher Farbe fliib. Aubere zeichnen stch burch Lange ober
besonbere Drehung ber Homer aus, wie bie Ziege von
Wales, beren Horner bis zur Halfle ber brei Fuh betra-
genben Lange gerab aufsteigen unb bann Horizontal seit-
warts gebreht sinb. Charakter unb Sitten ber Ziegen
sinb zu bekanut, uni Erorterung zu erheischeu. Jhre
Zucht bietet zwar bem Laubmanne manchen ansehnlichen
Vortheil, wirb aber burch Oertlichkeit sehr beschrankt,
inbeiil zwar Witterungswechsel von Ziegen ungleich leich-
ter ertragen werben als von Schaafen, aber Kalle, suinp-
figer Boben uub bie biesem entsprossenen Pflanzen ihnen
sehr schablich sinb. Jhre Milch sagt nicht Jebermaun zu.
Die Haut liesert ein fur besonbere Zwecke sehr geschatz-
tes Leber. Die Fortpstanzung fallt auf ben Herbst; bie
Ziege wirft nach 21 Wochen ein bis brei Junge, bie
schon im zweiten Monate Horner bekommen. Die Lebens-
baner betragt gegen 12 Jahre.
VIII. Schaaf. (Ovis.)
^iattungscharakter: Hbrner spiral vor- unb
ruckidarts gebreht, Geflchtslinie conver, Kiiin bartlos.
1. Der Mufflon. (Ovis Musimon.) Fig. 953. 954.
Schaafe unb Ziegen sinb so nahe verwanbt, bah bie
Gaituugscharaktere auf sehr unerheblichen Zeichen be-
grunbet werben muhten, bie nicht einmal scharfe unb
stehenbe sinb, sonbern Uebergauge barbieten. Schon bei
ben Alten galten baher bie Schaafe fur Bastarbe, Welchen
man verschiebenen Ursprung unterlegte, unb bie man zum
Theil von eiiter Vermischung ber Ziege mit bem Mufflon
Herleitete. Man will in verschiebenen LAnbern Bastarbe
bes gemeinen Schaafes unb ber Ziege gesehen haben, ein
Vorkommeu, welches allerbings bie reine Abstammung
bes Schaafes sehr zweifelhaft machen wurbe, inbessen
fehlen Hier bie genauen wissenschaftlichen, allein Zutrauen
verbieneuben Beobachtungen. Wahrscheinlich hat man
vernachlassigte Schaafe, an welchen bie Wolle bisweilen
zum schlichten Haar ausartet ober sehr kurz unb rauh
bleibt, verkannt, benn wo Schaafe in Gesellschaft von
Ziegen sich ganz uberlaffen sinb, nur bes Fleisches wegen
gehalten werben, unb wo fur ihre Verebelung uichts ge-
schieht, Wie auf ben Pampas von Subamerika unb in
Westafrika, behalten sie allezeit ein gewisses typisches
Anseheu unb liesern minbestens keine neuen, in ber Mitte
stehenben Weseii. So gering auch im Ganzen bie Ilnter-
schiebe zwischeu ben beiben verwanbten Gattungen sinb,
so zeichnen sich bie Schaafe immerhin burch ihren Habi-
tus aus. Die ivilben Arten haben abgerunbete Korper-
forinen, anliegenbes Haar, unter bemselben eine kurze,
seine, aber bichte Grunbwolle, bunne Fuhe, sehr grohe,
mehr ober weniger eckige, weihliche, spiralgebrehte uub
seitlich gewenbete Horner. Die Bocke ubertreffeu ben
Steinbock au Grohe, bie weiblichen Jubivibueu kommen
uur ber Hausziege gleich unb haben kleine, zugespitzte,
fast seukrechte ober auch gar keine Horner. Die Farbe
ber unbezweifelt wilben Arten ist rolhlichgrau ober zieht
in Dnukelrehfarben. Verbreitet ist bie Gattung uber
alle Welttheile, Neuhollanb ausgenommen. Alle Arten
halten sich heerbenweis zusammeu, Vewohnen bie unzu-
ganglichsten Gebirge unb liesern hierburch ben Beweis,
bah sie hinsichtlich ber Starke uub Abhartung nicht unter
ben Ziegen stehen. Eine Art kommt sogar auf ben kat-
ten Kurilen vor, wohin sie uur auf schwimmeuben Eis-
scholleu gelangt sein kanu. Sie stub im Allgemeinen
furchtsame Thiere, allein gleich vielen anberen Wieber-
kauern neugierig uub keineswegs so bumni, wie bas
Volk von bem zah?ieu Schaafe meint, sonbern mit In->
stinet ausgerustet, bessen Aeuheruugen ost wie Folgeu |
einer Art von Ileberlegung erscheiueu. Au Muth uber-
treffen Schaafbbcke bie Ziegenbocke. Sie kampfeu mit
einanber um ben Besttz ber Weivchen, legen in ben Stoh
so grohe Kraft, bah ber Besiegte bisweilen in ben Ab-
grunb gesturzt wirb unb selbst ber Ochs bas Felb vor
ihnen raunil, unb scheueu sich nicht, Hunbe uub Fuchse
anzugreifeu, bie sie bisweilen sogar tobten. In Lanbern,
wo man bie zahmen Schaafheerben stch mehr selbst uber-
lahl als in ben bichtbevolkerten Gegenben von Mittel-
europa, eutwickelu Schaafe eine Entschlossenheit, bie man
ihnen kaum zutrauen inochte.
Als Stammthier bes gemeinen Hausschaafes, minbe-
stens bes europaischen, sieht man gemeiniglich ben Muff-
lon an, ber ehebem uber ganz Subeuropa verbreitet ge-
wesen sein mag, gegenwartig aber nur noch auf Sarbi-
uien uub Corstca vorkoiumt, wo er sich am Laugsten
erhielt, weil er nicht von Wolfen unb anberen Raublhie-
ren in Gefahr gebracht wurbe, sonbern bie menschliche
Verfolgung allein zu vermeibeu suchen muhle. Dah er
in Murcia gleichfalls wilb sei, wirb zwar in vielen Schrif-
ten angefuhrt, inbessen beruht biese Augabe allein auf
bem Zeugnisse von Bort) St. Vincent unb hat keine spa-
tere Bestaligung erhalten. Geuauere Nachrichten Haven
gefehlt, vis Bonaparte, Furst vvn Musignano, ber um
bie Kenntnih ber italienischen Fauna hochverbiente For-
scher, sich lebenbe Stucke verschaffte unb auf Sarbinieu
selbst Kunbe einzog. Der Mufflon, bessen sarbinischer
Naine Muffioue jebenfalls burch Verberbung aus bem
griechischen, bas Wilbschaas bezeichnenben Worte Ophiou
entstanben ist, bewohut bie hochsten Rucken ber kahlen
Gebirge von Corstca unb Sarbinieu uub halt sich in
Heerben von einhuubert unb mehr Stutten zusammeu,
bie unter ber Leitung eines alten Bockes stehen. Er ist
furchtsam, aber so scharfsiniiig, bah er bie Aunaheruiig
eines Jagers fast immer rechtzeitig benierkt unb allein
burch Kunstgriffe, zumal burch nachgeahmtes Bloken,
herbeigelockt werben kanu. Er lanst uub spriugt mit ber
Leichtigkeit bes Steinbocks, sturzt sich, ohue Schaben zu
nehmen, von grohen Hohen auf bie Fuhe, nicht aber auf
bie Horner herab, wie ber åltere Bericht Cetti's besagt,
unb Hat in Sitten unb Benehmeii viel Aehnlichkeit mit
ber Ziege. Die Brunstzeit fallt ausDecember unb Januar
unb zieht Harte Kampfe unter ben Bosten nach sich. Die
ini Mai ober Juni zu zweieu geborenen Jungen sinb im
Staube, nach wenigen Tagen ihren Mutteru zu folgeu,
uub werben von bieseu mit Muth unb Kraft vertheibigt.
Sie erreichen bie volle Grohe erst im britten Jahre, fchei-
nen aber, ebeu so wie bie zahmen Schaafe, vorzeitig unb
zwar schon ini achtzehuten Monate bie Fahigkeit zur
Fortpstanzung zu erhalten. In neueren Zeiten Haven
grohe Menagerien, nanientlich bie pariser, nicht felten
niehrere Mufflous zugleich besessen. Nach Fr. Cuvier's
Beobachtmig bewirkte bie Gefangenschaft keine Ilmaii-
beruitg ihrer intellectuellen Fahigkeiten, sonbern brachte
sie zur Erkenntuih ihrer Starke unb uiachte sie unbanbig.
Zuchtigungeu besserten sie nicht; sie griusten nicht niinber
ganz Frenibe als ihre Warter an, erlangteu niemals Zu-
trauen, bewiefen niemals irgenb eiue Art von Auhaiig-
lichkeit unb erschieneu souach in ungunstigerem Lichte
als bie eutschiebenst reihenben Thiere, bie zuletzt sich
immer gewohnen, eine gute Behanblung mit Dankbar-
keit zu erwibern. Einen fast gerabe eiitgegeugefetzteu Be-
richt giebt allerbings Bonaparte uber Mufflons, bie
viel spater in seinem Besitze, inbessen ganz fnug einge-
fangen worben Waren. Der Euglauber Blyth, ivelcher
uber bie Schaafe eine Monographie Herausgab, will au
bie Abstammung bes Hausschaafes vom Mufflon nicht
glauven, gesteht zwar, bah biefer in ber Gefangenschaft
mit bem ersteren Junge erzeugt, fetzt aber hinzu, bah
man von wilben Mufflous erzeugte Bastarbe, welche
unter bem Namen Unibri au niehreren Orteii erwahnt
luerben, keineni neueren Zoologen vorgekouinien seieu,
obwohl bie Mufflon auf ben Bergweiben ihrer Jnseln
sich nicht felten unter bie Heerben Halbwilber Hausschaafe