Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Floffensiisier.
Saugethiere.
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Grundlagen beruht, und die daher nicht allgemein aner-
kannt worden sind.
I. Robbe oder Seehund. (Phoca.)
Gattungscharakter: Obere Vorberzahne sechs
oder vier, unten vier oder ztoei; Eckzahne langer als die
Vorderzahne, nicht Hervorragenb; Backenzahne jederseits
oben sechs oder funf, unten eben so viele, zusammeitge-
druckt, schneidend, zackig (Gebisi Fig. 1012.). Ohr ohne
ausiere Muschel.
I. Der gemeine Seehund. (Phoca vitulina.) Fig. 1013. 1014. 1015.
Der gemeine Seehund oder das Meerkalb bewohnt fast
alle Meere der nordlichen Halbkugel von den deutschen
Kusten bis Spitzbergen und vielleicht weiter, schwerlich
aber die sudlichen Oceane, too er mit anderen, ahnlichen
Thieren vertoechselt toorden sein mag. In teiner Gat-
tung von Saugethieren ist die Kenntnih der Arten so
unvollkommen und die Veranderlichteit der Farbung je
nach Alter und Umstanden so grosi und daher noch so
viel zu sichten als unter den Robben. Selbst die Ge-
schichte der angefuhrten, toeitverbreiteten und alljahrlich
selbst an den deutschen Kusten Haufig getddteten Species
ist keinestoegs imKlaren. Jhr systematischer Begriff steht
erst seit toenigen Jahren fest; lange tousite man nicht,
toas Linne unter dem oben angefuhrten lateinischen Na-
men verstanden hat, bis Nilsson die Ztoeifel beseitigte
und nachwies, dasi man mehrere, freilich nicht von allen
Zoologen anerkannte Arten zufammengetoorfen und ver-
toechselt hatte. Der gemeine Seehund toird Hochstens 5
Fusi lang, 1 Fusi dick, ist nitf dem Rucken dunkelgrau-
grun, unregelmahig schtoarz gefleckt, andert aber im
Leben nicht nur die Farbe, je nachdem er nasi oder vollig
abgetrocknet sein mag, sondern toird ausgestopft durchaus
graugelblich und ungefleckt. Am Bauche bleibt ev unter
ailen Nmstanden gelblichtoeisi ; in der Jugend (Fig. 1015.)
ist er stets schwarzlich, am Bauche toeisi und ohne be-
merkliche Abzeichnungen. Wahrscheinlich bringen Alter
und Geschlecht noch andere Wechsel der Farbung Hervor,
aus welchen die Vertoirrung in alteren Beschreibungen
sich erklaren lassen tourde. Um die Schnauze stehen
lange, gewellte oder getoundene, sehr steife Bartborsten.
Die Stirn ist ungemein breit, das Auge grosi und rund
mit zugespitzter Pupiile, gegen das scharfe Tageslicht
sehr empfindlich, die Braue kahl, die uiedrigstehende
Mfinbuitg des Gehorganges mit eittent schntalen, drei-
eckigen Satttn umgeben. Die schwarzen Nagel der Vor-
derfusie fibertreffen diejenigen der Hinterfutze durch Lange
und Dicke. Die Behaarung toird jahrlich ztoeimal ge-
wechselt und verhall sich am neugeborenen Thiere fast
wie eine grobe Wolle, die aber nach einigen Tagen aus-
failt, tint durch gewohnliches rauhes Haar ersetzt zu
toerden. Wo der Seehund durch Verfolgungen nicht zu
sehr Heimgesucht ist, erscheint er als geselliges Thier,
toelches ettoas felsigen Kusten den Vorzug vor dem
niedrigen und sandigen Strande giebt und es liebt, im
toarmen Sonnenscheine ausgestreckt feilte Ruhe zu ge-
niehen oder zu schlafen, allein nirgends sich vollkomme-
ner Sorglvstgkeit Hingiebt, sondern von Zeit zu Zeit den
Kops erhebt, um schnfiffelnb die Luft zu prufen. Sind
mehrere versammelt, so sucht stets einer als Wache einen
ettoas hoheren Felsen zu erklimmen. Wo Jager Hsiusig
ihn verfolgen, toie auf Helgoland und an anderen Orten
der deutschen Kusten, toird er selten in grosiereu Gesell-
schaften angetroffen; feder sorgt da fur sich selbst, und
viele scheinen ein ganz einsames Leben zu fuhren. Ani
Lande fiberrascht, sucht er vor allen Dingeu durch unge-
schickte, aber schnelle Betoegungen, vft auch dadurch, dasi
er sich uber die schroffen Klippen Herabrollt, das schutzende
Meer zu getoinnen; abgeschnitten, bedroht er den Gegner
unter dumpfem Knurren mit dem starken Gebisse und
darf nicht mit allzugroher Kuhnheit oder Unvorsichtig-
keit angegriffen toerden, indein sein ansehnliches, bistoei-
len zu ztoei Centner ansteigendcs Getoichl ihn befahigt,
den Menschen umzutoerfen, dem er aber, froh, entkom-
men zu konnen, sonst kein anderes Leid zufugt. Seine
Stimine klingt toie das Grunzen eines Schtoeines und
toird unter den Schmerzen einer Wunde zum besonderen,
Mitleid erregenden Klagelaute. Unter dem Wasser kann
er ohngefahr funf Aiiiiuteit ausdauern; er fchtoimmt so
schnell, zuinal toettit er erschreckt ist oder verfolgt wird,
dasi er in der angegebenen Zeit leicht die Entfernung
einer Viertelstunde zurucklegt. Zur Nahrung toahlt er
nur Fische und giebt den Schollen und anderen Platt-
fischen, die viel zu langsam sind, um ihm entgehen zu
konnen, den Vorzug. An den schottischen Kusten, beson-
ders an der Mfinbuitg des Tees, ist er den Fischern
ausierordentlich verhasit toegen der Verheerungen, die er
dort nitter den schmackhaften und gut bezahlten Lachsen
anrichtet. Ueber seine Jntelligenz giebt es eine Menge
Nachrichten in alteren Schriften, die jedoch nicht alle
unbedingten Glauben verdienen. Jedenfalls ist er abricht-
barer und zutraulicher gegen seine Marter als alle anderen
Thiere, einige Affenarten vielleicht ausgenommen. Die
in getvohnlichen Menagerien vorgezeigten und gemeinhin
zu allerlei Posten und Unnatfirlichkeiten eingeschulten
Seehunde gehoren ohne Unterschied der in Rede steheit-
den Art an. Sein Horstnn ist nicht allein scharfer, als
man bei einem, den grohten Theil des Lebens im Master
verbringenden Thiere voraussetzen mochte, foitbern auch
durch musikalische Tone angenehin zu beruhren, eine
Eigenschaft, die bei keinem anderen Saugethiere sich wie-
derfindet. Laing erzahlt in der Schilderung einer Reise
nach Spitzbergen, dasi das Spielen einer Violine aus
Deck stets Heerden von Seehunden Herbeigelockt Habe.
Wo er haufig ist, bildet er den Gegenstand einer nicht
unbedeutenden Jagd. So unter Anderem toahrend des
Herbstes tit Schottland und auf den Hebriden und Orca-
den, too man schmale und nicht tiefe, von Seehunden be-
tovhnte Meeresarme und Buchten mittels grosier Netze
schlieht, indessen auf solche Art nur die Jungen einfaiigt.
Die Alten fiberrascht man des Nachts, indeni man auf
Boten in die Spalten und Hohlen der Kustenselsen ein-
dringt; erschreckt durch das plotzliche Geschrei der Rude-
rer und geblendet durch das Licht zahlreicher Windfackeln,
toerfen sich die Seehunde in das Wasser und toerden da
von ben an passenben Orten ausgestellten Posten in
Menge erschlagen. Der Werth besteht in bem reichlichen
Thrane unb ber Haut, bie theils als Leber, theils auch
mit bem Haare bekleibet vielfache Antoenbung finbet.
Das schwarze, thranige unb ubelriechenbe Fleisch ist nur
arktischen Volkern geniesibar. Die Paarungszeit fallt,
minbestens in der Ostsee, auf den Julimonat; das Weib-
chen bringt im Marz oder April ein, selten ztoei Junge
zur Welt, welche, nachdem sie schon zu schmimmen ver-
inogen, noch einige Zeit gesaugt toerden.
2. Der graue Seehund. (Phoca grypus.) Fig. 1016.
An den Kusten von Schottland und Irland koinint
ausier der vorhergenaitiiten, toeit genteineren eine ztoeite,
grohere, starkere und ben Jagern leichter gefahrlich wer-
benbe Art vor, bie, ztoar seit langerer Zeit bekannt, erst
vor einigen Jahrhuitberten genauer beschrieben unb iinter-
schieben toorben ist. Dieser im Sommer blasi aschgraue,
bistoeilen schwarzlich gesteckte unb rauhhaarige, im Win-
ter toeisie, toeich unb lang behaarte Seehuitb totrb gegen
12 Fusi lang, hat konische, ruckivarts gekrunimte Zahne,
platte, in der Mitte gewellte Bartborsten, an den Vor-
derfuhen lange und krallende Ragel und giebt nicht sel-
ten nu 20 engl. Gallons guten Thranes. Er schwinimt
und taucht mit nuherordentlicher Fertigkeit, wird aber
dennoch oft erschossen, da er die Gewohnheit hat, sowohl
im Schwimmen als bej dem Ruhen aus festem Lande den
Kopf haufig zu erheben und mit Neugierde und gespann-
ter Aufmerksamkeit die ihm fremden Gegenstande zu be-
trachten. Er legt keine Jntelligenz zu Tage, ist nicht
zahmbar und gill, nach der Verstcherung Newmng's,
eines fleihigen Beobachters, an der Kfiste von Irland,
ziimal bei Cunnemara, wo er ungemein haufig ist, fur
eben so stark als entschlossen tind wild. 3nt sudlichen
Irland scheint er nusgerottet zu sein. Die angegebene
auherordentliche Lange macht ihn zum grohten nller in
den europaischen Meeren vorkommendeii Seehunde; im
Hasen von Homth toard einer von 5 Centnern Getoicht
getodtet. In der Ostsee komint er, nach llkilsson's Angabe,
gleichfalls vor, erreicht aber dort toeder die angegebene
Grosie, noch ist er fiberhaupt haufig, dabei nicht gefertig
und immer nur vereinzelt angetroffen ivorden.
3. Der gronl^ndische Seehund (Phoca groenlandica.)
Fig. 1018. 1019. 1043.
Pennant hat die Bemerkung gemacht, dasi im hohen
Norden der Erde, da, too das Leben der Pstanzentoelt
fast erstirbt und selbst das masiige unb genfigsame Renn-
thier nicht zu bestehen verning, Seehunbe bie Heerben
ber Volkerschaften bilben. Mag nun auch nach europai-
schen Begriffen ber Ersatz kein lockenber sein, so genugt
er, toeittt anbers jene Betoohner ber untoirthbarsten Erb-
gegenben mit ihm zufrieben stub. Der Gronlanber er-
kennt im Seehunbe eine ber toichtigsten Wohlthaten ber
Vorsehung unb erhebt ihn zum Gegenstanbe von Ge-
sangen, bie ztoar einen uns frembartigen, aber utigekfiii-
stelten Anstrich tragen unb bie innigste Ueberzeugung
ausbriicken. Alle Reisenbe, zuinal biejenigen ber alteren
Zeiten, haben sich barin gefallen, bie Hifsmittel zu schil-
bcrn, toelche jenes arktische Volk von seiuen Robben er-
halt, beren Fleisch unb Thran einen Hauptantheil ber
getoohnlichen Nahrung ausmacht, beren thranige Reste
im tangen Winter bas Fener zu unterhnlteii bienen,
beren Sehnen zu Nahzwirn, bie ausgespannten Haute
bes Darmknnals zu toasserbichten Kleibern verarbeitet
toerden, unb beren Felle zu Segeln unb Zeltbecken Au-
toenbuiig finbeii. Sogar bie Knochen gehen nicht ver-
loren, sonbern liesern allerlei Gerathschnften, unb so Hilst
bnsselbe Thier ben mnnnichfaltigsten Beburfnisseit ab.
Um seinen Fang unb seine Benutzuitg breht sich baher
ber Gebanke unb bie Thatigkeit bes Gronlanbers, ber,
fruhzeitig zum kuhnen Seefahrer erzogen, bie Gefahren
nicht furchtet unb sogar in ihrer Aussuchung Vergnugen
finbet unb, toenn bie Jagb reichlich Velohnt toirb, sich
ubernus glucklich suhlt unb gegen alle Beschreibungen
bes milben, aber ber Seehunbe entbehrenben Sfibens ber
Welt gleichgiltig bleibt. — Der ausgetoachsene gr6it«
lanbische Seehimb misit 6—8 Fusi in ber Lange, ist ge-
streckter gebauet als vertoanbte Arten, im reisen Alter
toeisi, an ber Stirn, ost auch fiber ben ganzeii Kops
schtoarz. An feber Seite bes Korpers steht ein grosier,
halbmonbformiger, schtoarzbrauner Fleck. Die Behaarung
ist kurz unb glanzenb. Die mit weichem, toolligen Hnar
bebeckten Jungen sinb Anfangs ganz weisi, toerben spater
braunlich, erhalten am toeihen Bauche schtoarze Flecken,
spater auch auf bem Rficken eine Menge bunkler Langs-
streifen unb farben sich langsam aus. Dieser Farben-
wechsel binbet sich so regelmahig an bas Alter, bah man
bieses leicht aus bem ersteren abnehmen kann unb bie
Gronlanber fur bie verschiebenen Stufen bestimmte Na-
men haben. Aus Unkenntnih bieser Veranberungen haben
Zoologen bie systematischen Verzeichnisse mit maticheit,
burchatts nicht haltbaren Species vermehrt, bie spaterhin
toieber eingezogen toerben musiten. Ovgleich bie eNvach-
senen Jnbivibuen bas Eismeer nicht verlassen, so kom-
men boch Junge gelegentlich bis an bie englischen unb
norbfranzostschen Kfisten. Ein nn ben letzteren gefange-
nes toarb von Friebrich Cuvier abgebilbet (Fig. 1019.)
unb lebte einige Wochen in ber pariser Menagerie. Es
entwickelte viele Gelehrigkeit, tourbe sehr zahm unb be-
freunbete sich sogar mit ein Paar kleinen Hnnben, ver-
trug sich aber nicht mit einem nnberen, Rauiii unb Mahl-
zeiten mit ihm theilenben Seehunbe ber gemeinen Art.
— Dem Gebisse nach zu itrtheilen, gehort zu ben achten
Seehiinben (Phoca) auch ein unter bem Nattten ver
krabbett fressenbeit Robbe (Phoca carcinophaga,
Fig. 1021 ° 1022.) von ben Naturforscherii ber letzten
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