ForsideBøgerIllustrirte Naturgeschich…ierreichs : Erster Band

Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band

Forfatter: Eduard Pöppig

År: 1847

Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber

Sted: Leipzig

Sider: 312

UDK: St.f. 59 Pöp

Naturgeschichte der Säugethiere

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Side af 322 Forrige Næste
Walthiere. Saugethiere. 291 Erscheinung aus der erstaunlichen Menge von Blut, wel- ches alle Cetaceen enthalten, und welches im Ausstromen das Meer in grotze Entfernungen farbt. Trotz der ange- messenen Grotze der Gefatze durste diese gewaltige Blut- menge die Unterbrechung des Athmens wahrenb lange- ren llntertauchens nnmoglich gemacht haben, bolen sich nicht in grohen Gefatzerweiterungen und zumal in den sogenannten Wundernetzen geraumige Magazine dar, in welchen sie einige Zeit, ohne Schaden fur die thierische Oekonomie, aufbehalten bleiben kann. Dicse schon von Hunter 1787 enldecklen Gefatzverzweigungen zeigen sich besonders am Brustkasten in Hochster Ausbreitung; sie fiberziehen vie inuere Seite der Rippen und der Wirbel- saule (Fig. 1093.). Eben so wie die Schlagadern bilden auch die Venen grotze, zu ahnlichen Zwecken bestimmte Retze oder Sacke an verschiedenen Theilen des Kirpers, besonders im Unterleide. Die pflanzenfreffenden Cetaceen besitzen von dieser sehr zusammengesetztcn und abweichen- den Organisation nur geringe Spuren; sie entbehren fibrigens auch die Spritzlocher und haben gewohnliche, weit nach vorn stehende Nasenlocher. — Ueber das Nervensystem und die mit demselben zusammenhangenben Thatigkeiten sehlt es gar sehr an genugenden Untersuchun- gen. Laniantine und Delphine haben fin im Verhaltnisse ungemein grotzes Hirn; gerade das Gegentheil sindet Statt bei Walfischen und Cachalots, deren Schadel (Fig. 1079 — 1082.) in der Hauptsache aus Gesichts- und Kieferknochen zusammengesetzt ist, und an welchen disweilen noch eine merkwurdige Beschrtznkung des dem Hirn bestimmten Raumes gestinden wird, indem oben ausliegende, mit thierischem Oel erfullte Kaminern den Umsaiig des Schadels beengen. Geruchsnerven schei- nen den meisten Walthieren, wo nicht allen, zu fehlen. Die Organe der ubrigen Siiiue verhalten sich wie bei den anderen Saugethieren, haben jedoch die von dem Wasserleben gebotenen Abanderungen ersahren. Nur an den grasfrefsenden Cetaceen wird das Auge durch ein ver- tical stehendes Lid oder eine Nickhaut geschutzt; die ubri- gen Walthiere haben einfache Lider, an deren Randern kleine Drusen eine salbenartige Materie absetzen, welche stalt der Thranenflussigkeit zur Schlupsrigmachung des Augapsels dient. Das Auge ist im Verhaltnisse unge- mein klein und wie dasjenige der Fische zum Sehen in einem dichteren Elemente durch die Abplattung der Horn- Haut und die minder kugelige Gestalt der Krystalllinse ge- schickt gemacht. Die von keiner Ohrmuschel umgebene Mlindnng des Gehorganges kann mittels eines beson- deren Muskelapparates gegen das eindringende Masser geschlofsen werben; das Trommelfell soll, wie Einige behaupten, von knorpeliger Beschaffenheit sein. Beide letztgenannte Sinne besitzen ungeachtet jener scheinbaren Unvollkommenheit des Banes gewifse Scharse. Die Wal- sischffinger versichern, datz sie bei der Annaherung an den nitter dem Wasser befindlichen Walfisch die grotzte Bor- sicht anwenden mussen, weil dieser einen Ruf oder einen unge>chicklen Ruderschlag sogleich vernimmt und schnell eiitflieht. Autzerhalb des Massers soll er so schlecht horen, datz er nicht einmal durch deu Knall einer Kaiione in Schrecken gesetzt wird. An Lamantinen erklarten mehrere Anatomen den Bau der Zunge fur sehr voll- kommeii lind fein ; an einem scharfen Schmeckstnne durste Hingegen bei Delphinen Wegen des Mangels der eittweder becherformigen oder konischen Marzchen, welche sonst auf Sangethierzungen sich finden, zu zweiseln sein. Die Osteologie des Schadels ist einfacher, als sie auf den ersten Blick dem Laien erscheint; dieselben Knochen, welche den Saugethierschadel bilden, sind auch am Walthiere vor- handen, aber in ihren gegenseitigen Verhaltniffen ent- weder geandert oder, wie bei Delphinen, wenigstens im Gesicht soweit verschoben, datz dieses asymmetrisch wird. Die Haut, der Sitz des allgemeinen Ffihlsinns, ist bereits vielen genauen Untersuchungen unterworsen worden. Sie besteht aus den gewbhnlichen Schichten, wie bei anderen Saugethieren, ist aber von weit grotzerer Dicke. Die Oberhaut allein hat am gemeinen Walfische den Durchmeffer von 1 Zoll. Uitter ihr, zum Theil in sie eindringend, jedoch der Lederhaut angehorend, liegen zahl- reiche weihliche Faden, die ehedem fur unentwickelt ge- bliebene Haare galten, von diesen aber bei mikroskopi- scher Untersuchung hinsichtlich des Baues sehr verschieden befunden worden sind. Das Fell der Delphine und Wal- fische ist glatt, ausgenommen die zahlreichen, aber zufal- ligen Unebenheiten, welche auf dem Korper der letzteren durch sehr viele parasilisch sich ansiedelnde Meeresthiere entstehen. Delphine zeichnen sich nicht felten durch spie- gelude Glatte ihrer Bedeckungen aus. Laniantine, Du- gong und Borkenthier trngen einzeln verstreuete, kurze und rauhe Haare. Diese und die eigentlichen Walfische sind dunkel und einfach gesarbt, Delphine hingegen zeich- nen sich ost durch Buntheit aus, die aber nur durch den grellen Gegensatz von reinein Schwarz oder von Silber- weitz entsteht, Farben, die in grotzen, regelmahigen Flecken oder in Streifen oder nur nach Maahgabe der unteren und der oberen Korperhalfte vertheilt sind. Llnch Hin- flchtlich der Fortpfianzungsorgane Herrscht Verschieben- heit zwischeu den zwei Hauptabtheilungen der Cetaceen. Bei den Grasfreffern stehen die Zitzeii an der Brust, bei den Delphinen und Walfischen am Hinteren Ende des Unterleibes, da, wo bei vierfuhigen Saugethieren die Leistengegeiid sich besindet. Die in reichlicher Menge vor- Handene Milch soll, mindesteiiS bei dem Walfische, von angenehmem Geschmack und sehr fett sein. Da das San- gen, weil es eine Entleerung der Mundhohle von Lust voraussetzt, unter dem Wasser nicht wohl von Statten geheii kann, so ninunt man an, datz die Milch von der Mutter in das Maul des Jungen gespritzt werde. Ana- tomische Untersuchungen haben in der That auch an den Zitzen Muskelbundel nachgewiesen, die solchem Zwecke zu bienen scheinen. Ueber die Tragezeit sehlt es an ge- nauen Nachrichten, die ubrigens auch in diesem Falle schwerlich jeinals zu erlangen fein dursten. Sie soll bei Walfischen zehn Monate dauerii. Die neugeborenen Jun- gen sind im Verhaltnisse groher als bei irgend einer an- deren Saugethierfamilie. Ein menschlicheS Kind wiegt zur Zeit der Geburt etwa Van des Mutterkbrpers, Hin- gegen, nach Eschricht, das junge Meerschwein % des Ge- wichles seiiier Mutter. Wie grotz neugeborene Walfische sind, weih man zwar nicht, jedoch steht so viel fest, datz die als Sauglinge ihre Mutter begleitenden riesengroh gefunden werden. So grotze Thiere bringen niemals inehr als ein Junges bei jeder Geburt zur Welt und er- reichen naturgematz ein sehr hohes Alter. Ihre erstaun- liche Korpergrohe ist die Frucht eines langsamen Wachs- thuiiis, andererseits eine in der Bestimmung zum Leben im Meere begrundete Nothwendigkeit. Datz warmblutige Thiere von der Kleinheit eines Hundes oder Kaninchens im Eismeere nicht hatten eristiren konnen, ergiebt sich, roenn man erwagt, datz so kleine Korper nicht im Stande gewesen sein wurden, die zum Leben in sehr kalten Ge- wassern erforderte inuere Warme durch organische Tha- tigkeit zu erzeugen oder die erzengte zusammen zu Halten. Junge Walthiere durften in der letzteren Beziehung nicht begunstigter und gegen Kfilte eben so empfindlich sein tvie alle junge Thiere und kommen daher wahr- scheinlich in einer milderen Jahreszeit oder in flacheren und daher minder kalten Buchten zur Welt. Die Ledensgeschichte der Walthiere liegt noch tveit inehr im Dunkel als ihr Ban, benn kleinere Delphine Haben sich haufig ber anatomischen Untersuchung dargeboten, unb selbst riesengrotze Walfische sinb hiniinbroieber an Kfisten gestranbet, roo befahigte Beobachter in ber Nahe tveilten. Alle Versuche, bie Sitten unb Oekonomie ber lebenben zu untersuchen, scheitern an ber Unzugtznglich- keit ber Tiefen, in welchen Cetaceen bie Mehrzahl ihrer Hanblungen vornehmen, ober an ber Unwirthbarkeit ber geographischen Breiten, unter welchen gerabe bie grohten unb merkrofirbigsten sich aufhalten. Die Schriftsteller bes Alterthumes haben uns in jener Hinsicht eben nut eine Menge sehr unsicherer, ost unglaublicher Anekboten Hin- terlassen, unb in neueren Zeiten erhielt man in ber Regel bie Nachrichten nur burch Walfisckfanger, bie theils nicht gehorige Vorkenntnisse noch Zeit unb Berus zu tieferen Forschungen besahen unb sich in ber Regel nur uber bie bei ihren Jagben vorkommenben, allerbings sehr wohl- bekannten Erscheinungen verbreiten. Ob man Wagen bfirfe, von ber Abstufung ber Jntelligenz in solchen, so schwer zu beobachtenben Thieren zu sprechen, steht sehr bahin, inbessen gelten gewohnlich bie Delphine in bieser Beziehung fur bie am meisten begfinstigten. Die Ueber- lieferungen bes Alterthumes mogen auf bas Fortbestehen bieser Anstcht niehr Einstutz gefibt haben, als bie Neueren zuzugeben geneigt sinb. Die Griechen betrachteten ben Delphin fast wie ein geheiligtes Thier unb verwechseln ihn in ihren Berichten offenbar mit eigentlichen Fischen, wah- renb einige ihrer Schriftsteller, wie aus ben auf uns ge- kommenen Werken Hervorgeht, nicht angestanben haben, ben Zeitgenossen bie fabelhastesten Dinge aufzubinben, von welchen sie selbst Zeugen gewesen sein wollten. Laug- nen latzt es sich inbessen nicht, batz gerabe bie Delphine unter allen Cetaceen bie grotzte Lebhaftigkeit, Neugierbe, selbst Muthwillen unb List zu Tage legen. Wenn sie in gebrangter Heerbe einem Schiffe auf hoher See begegnen, so ttmgeben unb begleiten sie es, finben offenbares Ver- gnfigen an ber feltenen Erscheinung unb tragen burch ihr lustiges, babei aber nie ganz argloses Spiel nicht Wenig zur Erheiterung ber gelangweilten Seereifenben bei. Schon ihre Ernahrungsart als gefratzige unb sehr fchnelle Raubthiere latzt eine grotzere Entwickelung vor- aussetzen, bie ubrigenS auch bent schon erwahuten bebeu- tenben Umfange ihres Hirnes entsprechen wfirbe. Konitte man ihiieii in bie bunkeln Tiefen bes Oceans folgen, fo wfirbe man wahrfcheinlich Zeuge von Hanblungen fein, bie auf nicht geringere Berechnung Hinbeuteten als bie- jenigeii vieler auf bem Lanbe lebenber, allgemein als in- telligent betrachteter Raubthiere. Die ffir beschrankter gehaltenen Walfische erkennen leicht unb schnell Gefahren, fuchen ihnen burch List zu entgehen, unterscheiben ihre Feinbe, unb einige, wie ber Walfisch ber Sfibsee, sinb fo rachfuchtig, datz sie von den Walfischfangern fehr geffirchtet unb allein unter gfinstigen Verhastnissen angegriffen wer- ben. Alle Cetaceen erweifen sich im auffallenbsten Grade als gefellige Thiere; Heerden von einigen Hunbert Del- phinen werden in dem atlantifchen und dem grotzen Ocean oftmals angetroffen, und selbst die grotzten Walfische hal- ten sich zusammen, wenn auch in minder zahlreichen Ge- sellschaften oder in geschloffenen Familien. Die als Paare zufammengetretenen Jndividuen verschiedenen Gefchlechts bewahren gegenseitige und dauerhafte Anhanglichkeit, von welchen sie, den Walfischfangern gegenuber, Hausige und rfihrende Beispiele gegeben Haben. Ihre Jungen lie- ben sie mit vieler Zartlichkeit und scheuen in ihrer Ver- theidigung keine Gefahr. Auch von dem Lamantin ist Aehnliches bekannt. Ungereizt sind alle Cetaceen Harm- los und mindestens bem Menschen nicht gefahrlich. Die- sem gewahren sie Vortheile von vieler Bebeutung burch ihren Thran unb Fischbein unb werben baher bis in bie entlegensten Meere unb zwar mit solchem Eiser verfolgt, batz ihre grotzeren Arten felten zu werben beginnen, eine (bas Borkenthier) fogar innerhalb ber letzten 70 — 80 Jahre vollkommen ausgerottet worben ist. Die Orbnung ber Cetaceen begreift, wie schon er« wahnt, Thiere, welche burch Bau unb Ernahrungsart sehr von einanber abweichen unb baher in bie Familien ber Pflanzenfreffer (Lamantine), Fleischfresser mit Zfih- nen (Delphine) unb Bartenwale (Walfische) zu theilen gewesen sinb. Erste Familie. Pflanzenfreffende Walthiere. Die artenarme Familie ber pftanzenfreffeiiben Wale entspricht zwar in ber autzeren fischformigen Korperge- stalt bem Begriffe ber Orbnung, allein theils bietet schon 37*