Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Walthiere.
Saugethiere.
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Erscheinung aus der erstaunlichen Menge von Blut, wel-
ches alle Cetaceen enthalten, und welches im Ausstromen
das Meer in grotze Entfernungen farbt. Trotz der ange-
messenen Grotze der Gefatze durste diese gewaltige Blut-
menge die Unterbrechung des Athmens wahrenb lange-
ren llntertauchens nnmoglich gemacht haben, bolen sich
nicht in grohen Gefatzerweiterungen und zumal in den
sogenannten Wundernetzen geraumige Magazine dar, in
welchen sie einige Zeit, ohne Schaden fur die thierische
Oekonomie, aufbehalten bleiben kann. Dicse schon von
Hunter 1787 enldecklen Gefatzverzweigungen zeigen sich
besonders am Brustkasten in Hochster Ausbreitung; sie
fiberziehen vie inuere Seite der Rippen und der Wirbel-
saule (Fig. 1093.). Eben so wie die Schlagadern bilden
auch die Venen grotze, zu ahnlichen Zwecken bestimmte
Retze oder Sacke an verschiedenen Theilen des Kirpers,
besonders im Unterleide. Die pflanzenfreffenden Cetaceen
besitzen von dieser sehr zusammengesetztcn und abweichen-
den Organisation nur geringe Spuren; sie entbehren
fibrigens auch die Spritzlocher und haben gewohnliche,
weit nach vorn stehende Nasenlocher. — Ueber das
Nervensystem und die mit demselben zusammenhangenben
Thatigkeiten sehlt es gar sehr an genugenden Untersuchun-
gen. Laniantine und Delphine haben fin im Verhaltnisse
ungemein grotzes Hirn; gerade das Gegentheil sindet
Statt bei Walfischen und Cachalots, deren Schadel
(Fig. 1079 — 1082.) in der Hauptsache aus Gesichts-
und Kieferknochen zusammengesetzt ist, und an welchen
disweilen noch eine merkwurdige Beschrtznkung des dem
Hirn bestimmten Raumes gestinden wird, indem oben
ausliegende, mit thierischem Oel erfullte Kaminern den
Umsaiig des Schadels beengen. Geruchsnerven schei-
nen den meisten Walthieren, wo nicht allen, zu fehlen.
Die Organe der ubrigen Siiiue verhalten sich wie bei
den anderen Saugethieren, haben jedoch die von dem
Wasserleben gebotenen Abanderungen ersahren. Nur an
den grasfrefsenden Cetaceen wird das Auge durch ein ver-
tical stehendes Lid oder eine Nickhaut geschutzt; die ubri-
gen Walthiere haben einfache Lider, an deren Randern
kleine Drusen eine salbenartige Materie absetzen, welche
stalt der Thranenflussigkeit zur Schlupsrigmachung des
Augapsels dient. Das Auge ist im Verhaltnisse unge-
mein klein und wie dasjenige der Fische zum Sehen in
einem dichteren Elemente durch die Abplattung der Horn-
Haut und die minder kugelige Gestalt der Krystalllinse ge-
schickt gemacht. Die von keiner Ohrmuschel umgebene
Mlindnng des Gehorganges kann mittels eines beson-
deren Muskelapparates gegen das eindringende Masser
geschlofsen werben; das Trommelfell soll, wie Einige
behaupten, von knorpeliger Beschaffenheit sein. Beide
letztgenannte Sinne besitzen ungeachtet jener scheinbaren
Unvollkommenheit des Banes gewifse Scharse. Die Wal-
sischffinger versichern, datz sie bei der Annaherung an den
nitter dem Wasser befindlichen Walfisch die grotzte Bor-
sicht anwenden mussen, weil dieser einen Ruf oder einen
unge>chicklen Ruderschlag sogleich vernimmt und schnell
eiitflieht. Autzerhalb des Massers soll er so schlecht
horen, datz er nicht einmal durch deu Knall einer Kaiione
in Schrecken gesetzt wird. An Lamantinen erklarten
mehrere Anatomen den Bau der Zunge fur sehr voll-
kommeii lind fein ; an einem scharfen Schmeckstnne durste
Hingegen bei Delphinen Wegen des Mangels der eittweder
becherformigen oder konischen Marzchen, welche sonst
auf Sangethierzungen sich finden, zu zweiseln sein. Die
Osteologie des Schadels ist einfacher, als sie auf den ersten
Blick dem Laien erscheint; dieselben Knochen, welche den
Saugethierschadel bilden, sind auch am Walthiere vor-
handen, aber in ihren gegenseitigen Verhaltniffen ent-
weder geandert oder, wie bei Delphinen, wenigstens im
Gesicht soweit verschoben, datz dieses asymmetrisch wird.
Die Haut, der Sitz des allgemeinen Ffihlsinns, ist bereits
vielen genauen Untersuchungen unterworsen worden.
Sie besteht aus den gewbhnlichen Schichten, wie bei
anderen Saugethieren, ist aber von weit grotzerer Dicke.
Die Oberhaut allein hat am gemeinen Walfische den
Durchmeffer von 1 Zoll. Uitter ihr, zum Theil in sie
eindringend, jedoch der Lederhaut angehorend, liegen zahl-
reiche weihliche Faden, die ehedem fur unentwickelt ge-
bliebene Haare galten, von diesen aber bei mikroskopi-
scher Untersuchung hinsichtlich des Baues sehr verschieden
befunden worden sind. Das Fell der Delphine und Wal-
fische ist glatt, ausgenommen die zahlreichen, aber zufal-
ligen Unebenheiten, welche auf dem Korper der letzteren
durch sehr viele parasilisch sich ansiedelnde Meeresthiere
entstehen. Delphine zeichnen sich nicht felten durch spie-
gelude Glatte ihrer Bedeckungen aus. Laniantine, Du-
gong und Borkenthier trngen einzeln verstreuete, kurze
und rauhe Haare. Diese und die eigentlichen Walfische
sind dunkel und einfach gesarbt, Delphine hingegen zeich-
nen sich ost durch Buntheit aus, die aber nur durch den
grellen Gegensatz von reinein Schwarz oder von Silber-
weitz entsteht, Farben, die in grotzen, regelmahigen Flecken
oder in Streifen oder nur nach Maahgabe der unteren
und der oberen Korperhalfte vertheilt sind. Llnch Hin-
flchtlich der Fortpfianzungsorgane Herrscht Verschieben-
heit zwischeu den zwei Hauptabtheilungen der Cetaceen.
Bei den Grasfreffern stehen die Zitzeii an der Brust, bei
den Delphinen und Walfischen am Hinteren Ende des
Unterleibes, da, wo bei vierfuhigen Saugethieren die
Leistengegeiid sich besindet. Die in reichlicher Menge vor-
Handene Milch soll, mindesteiiS bei dem Walfische, von
angenehmem Geschmack und sehr fett sein. Da das San-
gen, weil es eine Entleerung der Mundhohle von Lust
voraussetzt, unter dem Wasser nicht wohl von Statten
geheii kann, so ninunt man an, datz die Milch von der
Mutter in das Maul des Jungen gespritzt werde. Ana-
tomische Untersuchungen haben in der That auch an den
Zitzen Muskelbundel nachgewiesen, die solchem Zwecke
zu bienen scheinen. Ueber die Tragezeit sehlt es an ge-
nauen Nachrichten, die ubrigens auch in diesem Falle
schwerlich jeinals zu erlangen fein dursten. Sie soll bei
Walfischen zehn Monate dauerii. Die neugeborenen Jun-
gen sind im Verhaltnisse groher als bei irgend einer an-
deren Saugethierfamilie. Ein menschlicheS Kind wiegt
zur Zeit der Geburt etwa Van des Mutterkbrpers, Hin-
gegen, nach Eschricht, das junge Meerschwein % des Ge-
wichles seiiier Mutter. Wie grotz neugeborene Walfische
sind, weih man zwar nicht, jedoch steht so viel fest, datz
die als Sauglinge ihre Mutter begleitenden riesengroh
gefunden werden. So grotze Thiere bringen niemals
inehr als ein Junges bei jeder Geburt zur Welt und er-
reichen naturgematz ein sehr hohes Alter. Ihre erstaun-
liche Korpergrohe ist die Frucht eines langsamen Wachs-
thuiiis, andererseits eine in der Bestimmung zum Leben
im Meere begrundete Nothwendigkeit. Datz warmblutige
Thiere von der Kleinheit eines Hundes oder Kaninchens
im Eismeere nicht hatten eristiren konnen, ergiebt sich,
roenn man erwagt, datz so kleine Korper nicht im Stande
gewesen sein wurden, die zum Leben in sehr kalten Ge-
wassern erforderte inuere Warme durch organische Tha-
tigkeit zu erzeugen oder die erzengte zusammen zu Halten.
Junge Walthiere durften in der letzteren Beziehung
nicht begunstigter und gegen Kfilte eben so empfindlich
sein tvie alle junge Thiere und kommen daher wahr-
scheinlich in einer milderen Jahreszeit oder in flacheren
und daher minder kalten Buchten zur Welt.
Die Ledensgeschichte der Walthiere liegt noch tveit
inehr im Dunkel als ihr Ban, benn kleinere Delphine Haben
sich haufig ber anatomischen Untersuchung dargeboten,
unb selbst riesengrotze Walfische sinb hiniinbroieber an
Kfisten gestranbet, roo befahigte Beobachter in ber Nahe
tveilten. Alle Versuche, bie Sitten unb Oekonomie ber
lebenben zu untersuchen, scheitern an ber Unzugtznglich-
keit ber Tiefen, in welchen Cetaceen bie Mehrzahl ihrer
Hanblungen vornehmen, ober an ber Unwirthbarkeit ber
geographischen Breiten, unter welchen gerabe bie grohten
unb merkrofirbigsten sich aufhalten. Die Schriftsteller bes
Alterthumes haben uns in jener Hinsicht eben nut eine
Menge sehr unsicherer, ost unglaublicher Anekboten Hin-
terlassen, unb in neueren Zeiten erhielt man in ber Regel
bie Nachrichten nur burch Walfisckfanger, bie theils nicht
gehorige Vorkenntnisse noch Zeit unb Berus zu tieferen
Forschungen besahen unb sich in ber Regel nur uber bie
bei ihren Jagben vorkommenben, allerbings sehr wohl-
bekannten Erscheinungen verbreiten. Ob man Wagen
bfirfe, von ber Abstufung ber Jntelligenz in solchen, so
schwer zu beobachtenben Thieren zu sprechen, steht sehr
bahin, inbessen gelten gewohnlich bie Delphine in bieser
Beziehung fur bie am meisten begfinstigten. Die Ueber-
lieferungen bes Alterthumes mogen auf bas Fortbestehen
bieser Anstcht niehr Einstutz gefibt haben, als bie Neueren
zuzugeben geneigt sinb. Die Griechen betrachteten ben
Delphin fast wie ein geheiligtes Thier unb verwechseln ihn
in ihren Berichten offenbar mit eigentlichen Fischen, wah-
renb einige ihrer Schriftsteller, wie aus ben auf uns ge-
kommenen Werken Hervorgeht, nicht angestanben haben,
ben Zeitgenossen bie fabelhastesten Dinge aufzubinben,
von welchen sie selbst Zeugen gewesen sein wollten. Laug-
nen latzt es sich inbessen nicht, batz gerabe bie Delphine
unter allen Cetaceen bie grotzte Lebhaftigkeit, Neugierbe,
selbst Muthwillen unb List zu Tage legen. Wenn sie in
gebrangter Heerbe einem Schiffe auf hoher See begegnen,
so ttmgeben unb begleiten sie es, finben offenbares Ver-
gnfigen an ber feltenen Erscheinung unb tragen burch ihr
lustiges, babei aber nie ganz argloses Spiel nicht Wenig
zur Erheiterung ber gelangweilten Seereifenben bei.
Schon ihre Ernahrungsart als gefratzige unb sehr
fchnelle Raubthiere latzt eine grotzere Entwickelung vor-
aussetzen, bie ubrigenS auch bent schon erwahuten bebeu-
tenben Umfange ihres Hirnes entsprechen wfirbe. Konitte
man ihiieii in bie bunkeln Tiefen bes Oceans folgen, fo
wfirbe man wahrfcheinlich Zeuge von Hanblungen fein,
bie auf nicht geringere Berechnung Hinbeuteten als bie-
jenigeii vieler auf bem Lanbe lebenber, allgemein als in-
telligent betrachteter Raubthiere. Die ffir beschrankter
gehaltenen Walfische erkennen leicht unb schnell Gefahren,
fuchen ihnen burch List zu entgehen, unterscheiben ihre
Feinbe, unb einige, wie ber Walfisch ber Sfibsee, sinb fo
rachfuchtig, datz sie von den Walfischfangern fehr geffirchtet
unb allein unter gfinstigen Verhastnissen angegriffen wer-
ben. Alle Cetaceen erweifen sich im auffallenbsten Grade
als gefellige Thiere; Heerden von einigen Hunbert Del-
phinen werden in dem atlantifchen und dem grotzen Ocean
oftmals angetroffen, und selbst die grotzten Walfische hal-
ten sich zusammen, wenn auch in minder zahlreichen Ge-
sellschaften oder in geschloffenen Familien. Die als Paare
zufammengetretenen Jndividuen verschiedenen Gefchlechts
bewahren gegenseitige und dauerhafte Anhanglichkeit,
von welchen sie, den Walfischfangern gegenuber, Hausige
und rfihrende Beispiele gegeben Haben. Ihre Jungen lie-
ben sie mit vieler Zartlichkeit und scheuen in ihrer Ver-
theidigung keine Gefahr. Auch von dem Lamantin ist
Aehnliches bekannt. Ungereizt sind alle Cetaceen Harm-
los und mindestens bem Menschen nicht gefahrlich. Die-
sem gewahren sie Vortheile von vieler Bebeutung burch
ihren Thran unb Fischbein unb werben baher bis in bie
entlegensten Meere unb zwar mit solchem Eiser verfolgt,
batz ihre grotzeren Arten felten zu werben beginnen, eine
(bas Borkenthier) fogar innerhalb ber letzten 70 — 80
Jahre vollkommen ausgerottet worben ist.
Die Orbnung ber Cetaceen begreift, wie schon er«
wahnt, Thiere, welche burch Bau unb Ernahrungsart
sehr von einanber abweichen unb baher in bie Familien
ber Pflanzenfreffer (Lamantine), Fleischfresser mit Zfih-
nen (Delphine) unb Bartenwale (Walfische) zu theilen
gewesen sinb.
Erste Familie.
Pflanzenfreffende Walthiere.
Die artenarme Familie ber pftanzenfreffeiiben Wale
entspricht zwar in ber autzeren fischformigen Korperge-
stalt bem Begriffe ber Orbnung, allein theils bietet schon
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