Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Viers)ander.
Snugethiere.
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vorhanden, selbst in den Granzen einer einzigen Familie
3edem crkennbar sein wird, der sich die Mtthe nimmt
einen Orang mit einem Pavian zu vergleichen. Jhr
ganzer Ban deutet auf ungewohnliche Starte ; der Korper
ist gedrungen und sehr muskulos, Hals und Schultern
stnd breit, der Brustkasten hat ansehnlichen Umfang, die
allerdings etwas langen Glieder stehen im Verhaltnisse
nitter sich und zum Korper und stnd daher vollig geeignet
zu entschiedenen und fraftigen Bewegungen, die jedoch auf
ebencni Boden weit schwerer ansgesuhrt werden als in den
Kronen der ungeachtet ihrer grosten Hohe schnell und ge-
.Wandt erkletterten Waldbaume. Jhr Kopf ist schwer
und grost, nicht in Folge einer besonderen Entwickelung
der Hirnschale, sondern der Hundeartigen, breiten, lan-
gen und sieischigen Schnauze ; er wird daher, von dem kur-
zen Halse gestntzt, fast zwischen den Schultern getragen.
Am Schadel saltt der Mangel von Stirn auf. Breite,
Weit vorstehende Brauenknochen uberschatten die Angen,
und in gleichem Verhaltnisse ragen die Oberkieferknochen
weit aufgetrieben uber die Flache des Gesichts Hinaus.
Eine nackte, meist sehr lebhaft und int grellsten Abstiche
gefarbte, wohl auch fattige Haut bekleidetdas aufgefahr-
liche Wildheit deutende Gesicht, an dessen Seiten groste
steischfarbene, den nienschlichen ziemlich ahnliche Ohren
Weit Hervorragen. Die schinalen, aber austerordentlich
dehnbaren Lippen dienen unter Anderem zur Hervorbrin-
gung der widerwartigsten Grimassen. Die Hande stnd
nur von mittlerer Groste, die Daninen entfernen sich weit
^on den ubrigen, bis zum zweiten Gliede dnrch eine starke
■ Huut verbundenen Fingern, die im Gehen allein den
Boden beruhren, weil die Handflache auf denselben
nicht hinabreicht. Der Schwanz ist von sehr Verander-
licher Lange, ost nur wenige Zoll lang, kaum beweglich
und fur Gang oder Sprung von keiner Bedeutnng. Die
Behaarung steht sehr dicht, jedoch auf der Bauchseite
dstnner als oben, wo auch die Farben lebhafter sind.
Stets sind die Haare gegen ihre Wnrzel hin aschgrau, die
nus der Oberseite des Korpers befindlichen sind abwechselnd
fchwarz und gelb geringelt; je nachdem nun das Schwarz
vorwaltet oder das Gelb in Braun oder Grun Hinuber-
zieht, entstehen sehr zahlreiche Abstufungen in der- genann-
ten Farbung. — Die Nahrung der Paviane besteht in
Fruchten, Kornern und Jnseeten, indessen sressen fte ver-
Haltnistmastig zu ihrer Korpergroste nur wenig. Gewaltige
EckzLhne geben ihnen das Ansehen von Raubthieren, und
bie Sage, dasi sie sich gelegentlich nach Art derselben er-
nahren sollen, mag nicht ohne Grund sein, denn in der
Gesangenschast sieht man sie gekochtes und selbst rohes
oleisch mit vielem Appetit verzehren. Sie trinken mit
trichtersorniig vorgestreckten Lippen und pstegen ihre
^tahrung in den Backentaschen fortzutragen. In der
Ruhe lassen sie ein leises Gritnzen, im Zorne ein lautes
Ge)chrei horen, leben in Truppen, von welchen jede einen
besonderen Bezirk einnimmt, den sie gegen andere dnrch
Steinwurfe oder ntit Baumasten bewassnet vertheidigt.
^Hre Feinde furchten sie nicht, indem sie nicht allein nnge-
uteine Starke besttzen, sondern auch im Einzelkampse
mitgrosterenThierenviele Gewandtheit entwickeln. Selbst
bas Feuergewehr schenen sie nicht und konnen, in Gesell-
schasten vereint, den nnvorstchtigen Jager leicht in groste
Gefahr bringen. In ihren Handlungen legen sie Wild-
H"t, Bosheit und ursachelosen Hast gegen Alles zu Tage,
Was ihnen in den Weg komnit; man sieht sie selbst die
Pstanzen zornig zerreisien, von welchen sie sich nahren.
^lichts desto weniger haben sie aber auch Anwandlungen
1,011 guter Laune, die sich freilich im Alter immer mehr
berlieren, bis die roheste Unbandigkeit, die nicht einmal
ber ernsten Zuchtigung weichi, zum Hauptzuge ihres We-
sens wird. Ihren Geschlechtstrieb legen sie auf so ekel-
Hafte Weise zn Tage, dast man sich in Menagerien von
>hnen abwenden must. Sie sind mit der einzigen Ans-
nahme des schwarzen Pavians von Celebes Bewohner
von Afrika. Eine der afrikanischen Arten kommt indessen
uuch tit Arabien vor.
I. Der B^renpavian oder Chaema. (Cynocephalus porcarius.)
Fig. 55. 56. 57.
Die Behaarung ist grunlich schwarz, das einzelne Haar
schwarz und gran geringelt; Schultern und Seiten sind
etwas heller. Am Nacken stehen langere Haare und
bilden eine 9(rt von Mahue. Gesicht, Ohren und Jnneres
der Hande ist violett schwarz, oberes Augenlid Iveih. Der
Schwanz reicht bis zum Fersengelenk und Hangt nach oben
ilt flachem Bogen uber (Fig. 56. 57.). Das Mannchen
erreicht die Groste eines Bullenbeisters; sein Korper mistt
3 Fust ohne den 27 Zoll langen Schwanz.
Unter den Pavianen wurde dieser zuerst genau beschrie-
ben und zwar von Kolbe, der ein fur seine Zeit sehr gntes
Werk uber die Colonie des Cap der guten Hoffnung Her-
ausgab. Die Hottentotten nennen ihn T'chacainma
(Choa-kauma). Er lebt in den felsigen Gebirgen von
Siidafrika und hat sich vor der fortschreitenden Cultur
zuruckgezogen. Die Ansiedler entlegener Districte eiupfin-
den jedoch seine Nahe dnrch hanfige Beraubung ihrer
Garten und Weinberge. Wo er sich sicher weist, hat er
vor dem Menschen wenig Furcht; man bemerkt bfters, wie
er mit Neugierde aus einem Spalte der unzuganglichen
Felsen auf die voruberziehenden Reisenden Herabblickt.
Die Jagdhunde der sudasrikanischen Bauern zeigen gegen
den Pavian einen tiefer gewurzelten Hast als gegen alle
andere Thiere, richten aber gegen einen so ftarken und ge-
Wandten Oegiter wenig ans. Die Bauern setzen sie daher
weit eher dem Kampse mit Lowen oder Panthern aus.
Burchel erzahlt, dast seine Hunde einst einen Trupp Paviane
, vor sich Hertrieben, diese aber sich uinkehrten, das Gesicht
annahinen, einen Hund dnrch Zerbeistnng einer grosten
Halspnlsader todteten und einen anderen dnrch Zerflei-
schung der Seite zum Kampfe unfahig machten. Der
Leopard, die Hhane oder Wilde Hunde (Canis pictus) sollen
bisweilen dnrch solche Gesellschaften besiegt werden, ob-
gleich di^se, einzeln siberrascht, dem ersteren in Menge
zum Opfer fallen. Die Weibchen hangen an ihren Jun-
gen mit vieler Zartlichkeit und schenen bei Vertheidigung
derselben keine Gefahr. Die Nahrung der Paviane be-
steht in jenen Zwiebeln nnv Knollenwnrzeln, an welchen
die glanzende Flora von Sndafrika ausnehmend reich ist;
namentlich soli die Babiana, die daher auch den Namen
erhielt, ein Lieblingsfutter sein. lim diese aufzufinden,
steigen sie von ihren Felsen in die mit reichem Pstanzen-
wnchse erfullten, frnchtbaren Thalschluchten hinab; zeigt
sich Gefahr, so ertont ein schriller Warnnngsrnf, und
alsbald rettet sich die ganze Gesellschaft durch erstannlich
schnelles Erklimmen der ost inehrere Hundert Fust hohen
Feiswande. Wahrend dieses Zuges Hangen die Jungen
auf den Rucken ihrer Mutter, die alten Manuchen aber
bilden die Nachhut. Autzer Zwiebeln und Getreide ge-
niesten sie gern Eier, und freffen mit vieler Gier Scorpione,
deren gefahrliche Stacheln sie durch eine sehr schnelte und
gewandte Bewegung der Hand, ohne Schaden zu leiden,
abreisten. In der Gefangenschaft entwickeln sie zu Zeiten
so groste Wildheit, dah selbst ihre Warter in Gefahr
gerathen. Cuvier erzahlt von einem Pavian der Pariser
Menagerie, welcher seinem Warter ein paar solche Bisse
in den Schenkel versetzte, dah des Mannes Leben lange in
Gefahr schwebte.
2. Der Maimøn oder Mandrill. (Cynocephalus Mormon.) Fig. 58.
Der Mandrill (Choras bei Bnffon) steht in der Reihe
der Affen der alten Welt noch tiefer als der eben beschrie-
bene Pavian, denn wenn in der ganzen Gattung der Hin-
terkopf tiberhaupt flach, also das Hirn wenig entwickett
ist, so wird diese Eigenthumlichfeit am Mandrill, deffeii
Gesichtswinkel nur 30° betragt, um so auffallender.
Die grimmige Leidenschaftlichkeit und emporende Sinn-
lichkeit, welche die Paviane tiberhaupt auszeichnen, erreicheit
daher ihre hochste Stufe gerade in diesem Thiere. Man
Hat ost Gelegenheit, den Mandrill in Menagerien zu
sehen, und feimt daher seine Farbung nach den Alters-
stufen besser als bei vielen anderen Affen. Die vorherr-
schende Farbe der erwachsenen Mannchen ist oben oliven-
braun, nitten Heller; am Kinn hangt ein citrongelber
Bart; das Haar des Vorderkopfes unv der Schlafengegend
neigt sich so zusammen, dah ein spitzer Wulst entsteht;
die Glieder sind grau, die Hånt der Hande ist schwarz,
ber 2—3 Zoll lange Schwanz unter dem Haare des
Hintertheiles versteckt. Nichts fann anffalliger, aber auch
unschoner sein als die Bnntheit aller nnbehaarteu Korper-
stelleu. Die uiigemein atifgetriebenen, wie Hugel vor-
stehenden Wangenknochen sind mit einer dicken, ties ge-
furchten Haitt uberzogen, die von lebhaftem Blån, in den
Fttrchen aber scharlachroth ist; ein Strich von glanzenver
Zinnoberfarbe beginnt an den weit uber^angenden Brauen-
bogen, folgt den Seiten der Nase utto verbreitet sich uber
die Schnauze. Die Gesahschwieleu und die benachbarte
Hant sind hochroth. Am weiblichen Mandrill sind die
Wangen weniger geschwollen, nicht so roth, ost auch ganz
bleich, am Jungen Mit diese Auftreibung ganz over ist
doch nur sehr gerii^^und wird immer nngefurcht und
von schwarzer Farbe gefnnden. Erst im vierten oder
funften Jahre und nach Schluh der zweiten Zahnung
treten alle anheren Zeichen von Neife hervor; sie entwickeln
sich gradweis, indem der Knochen schwillt, die Hant sich
farbt und furcht und die Schnauze breiter une vicker
wird.
Der Mandrill bietet eine Hochst widerwartige Vermen-
gung von thierischen und menschlichen Formen var und
erreicht die bedeutende Grohe von 3^ — 5 Fust. In
seinem massenhaften Korper wohnt eine entsprechende
Kraft, aber auch eine hochst gefahrdrohende Wildheit.
Die Eingeborenen von Guinea niid der Westkuste Afrika's
tiberhaupt furchten ihn in hohem Grade und versicheru,
dah er oft, bisweilen sogar mit Erfolg versnche, Neger-
weiber tu seine Waiver zu entfuhreu. Obgleich man nun
aus manchem triftigen Grunde an der Wahrheit vieser
tind ahnlicher Angaben zweifeln inochte, so steht so viel
fest, dah der Mandrill in der Gefangenschaft dnrcki den
Anblick von Weibern zu den uuzweideutigsten Darle-
gungen eines scheuhlichen Triebes veranlaht wird unv
nichts ihn in so granzenlose Muth verscht als bie einer
Frau in seiner Gegenwart erwiesenen Liebkosungen. In
seinen Maldern lebt er in Truppen vereinigt, die jedem
anderen wilden Thiere die Spitze zu bieten verniogen uud,
hanfig in Felver und Garten einbrechend, Plunderungen
und Verwt'tstnngen ungestraft vornehmen. Er bewegt
sich auf ebener Erde mit mehr Sicherheir und Leichtigkeit
als die ubrigen Affen, indessen springt und klettert er audi
mit viel^^ewandtheit. Seine Stimine klingi hohl tind
tief in Kehltonen, jedoch itt Folge eines den Ton schwachen-
den Kehlsackes niemals sehr laut; fte drucki grohen Zorit
tind Bosheit aus, wenn sie in abgebrochene Laure uber«
geht. Dah die Mandrill im westlichen Afrika h^ufig sein
muffen, folgert man aus der gropen Zahl von jungen, von
Zeit zu Zeit nach Europa gebrachten Jndivivuen, die
jedoch felten alt werden, indem der Zahnwechsel, Ver
mit den erwahnien bedeutenden Umgestaltungen unv Ettt-
wickelungen verbunden i st, ihnen gemeiniglich todtlich
wird. In der Gefangenschaft sind sie sehr bosartig uub
pstegen alle Thiere der Menagerie zn todten, die in ihren
Bereich kommen. In der beruhmten Menagerie von
Croh in London befand sich vor einigen Jahren ein Man-
drill, der, in eitteni Armsttthie sitzend, mit grohem Ernste
aus einem Kruge Porterbier traitf titid Tab ak rauchte,
indeffen von uitgeinetn Hestigetn Temperament war nuv
dnrch die kleinste Beleidigttng in solche Muth versept Witrve,
dah sein 'Anblick dattti dem Kuhnsten Furcht einflohte
tind der starkste Mann, wenn er unbewaffttet sich mit ihm
eingelaffen hatte, besiegt worven sein wurve.
3. Der Drill. (Cynocephalus leueophaeus.) Fig. 59
Der Drill ist vem Mandrill in manchen Hinsichten zieitt-
lich ahnlich tind fast von gleicher Grohe und Gestalt. Er
tinterscheidet sich durch Mangel von Fttrchen aufden hohen
Auftreibnngen der Wangen, indessen ist sein ganzes
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