Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Saugethiere.
Erste Vrbituitg.
schwarzlichen, bunttverstrenetes Borstenhaar tragenden Ge-
sichts ist beschrankter als bei ben anberen Arten berselben
Gattung. Dab Kinn schmnckt ein starter, zugespitzter,
braunlicher Bart, und bas Haar am Vorber- unb Hinier-
fopfe steht gegen ben Scheitel gerichtet wie bei atlen Briill-
affen. Dem im Allgemeinen grimmigen Ansehen bes
Thieres entspricht keineswegs sein frieblicher unb furcht-
samer Charakter.
Was in ber Einleitung zu bieser Gattung uber ihre
Sitten gesagt tourbe, gift znmal von bieser Art, bie unter
alten barum bie am meisten bekannte ist, weil sie einen
ungemein grosten Verbreitungsbezirk behanplet, eben so
am ostlichen Fuste ber flabes als in Cayenne, im ostlichen
Brasilien unb an ber Norbkuste von Columbien vorkommt
unb burch bas Sonberbare ihrer Erscheinung unb ihre
brohnenben Coneerte von jeher bie Ausmerksamkeit ber
Reisenben vorzugsweis nuf sich gejogen hat. Sie i|t nater
verschiebenea Namen beschrieben worben, inbessen mochten
wohl solche angeblicheu 9(rten nichts Anberes fem als
Barietaten. Nater biefen ist eine ber ausgezeichnetsten
ber Araguato, welchen Humbolbt nuf einer Erearsion
uach bem Gebirge Cocollar in Venezuela entbecfte. Die
Mission von Caripe, welche nuf einer fa ft 2400 Fust uber
bem Meere erhohten Ebene steht, Ivo bas hunberttheilige
Thermometer bes Nachts oft nur 17° Warme nnzeigt, ift
mit bichten Urwalbern nmgeben, in beren Schntten Tau-
fenbe von Araguato's sich anfhalten. Fast eine Halbe
Stunbe >veit tont burch sene menschenleere Einsamkeit
ihr trauriges, Regen unb Ungewitter verkimbenbes ®e»
schrei. Anch in ben westlich von Cnrnens gelegenen Tha-
lern von Aragna, anf ben Steppen von Apure, nm unteren
Orinoko unb in Missionen ber Caraiben sinb sie gefunben
worben unb bewohnen znmal gern snmpfige Nieberungen,
wo bie schone Moriche (Maurilia llexuosa), eine bnrch Fa-
cherblatter unb schuppige Fruchte ausgezeichnete Herrliche
Palme, fast alle anbere Baume verbrangt. Humbolbt
steht nicht an, ihre Zahl zu 2000 nuf bie Ounbratmeile
zu schatzen. Sublich von ben Fallen bes Orinoko sinb sie
felten, boch gehoren sie wieberum entlang bem Amazonen-
strome zu ben gemeinsten Thieren bes Walbes. Sie zie-
Hen burch bie Forste in langen, nus 20—30 Stuck beste-
Henben Reihen, bie immer unter ber Aufuhrung eines
alten Mnnnchens stehen. Alle Bewegnngen bes Letzteren
ahmt bie Gesetlschnst uach, unb an ber Stelle, wo er sich
von einem Aste nuf ben nnbern Hmuberschivingt, unter-
uehmen alle Folgenben in gebuhrenber Orbnung ben
Uebergnng. Wahrenb bieser Reisen tregen bie Weibchen
ihre Sungen anf ben Rucken unb verlafsen sie in keinem
Nothfalle. Sie sollen Blatter ben Baumfruchten zur
Nahrung vorziehen; uach Waterton liekeit sie be|onber8
bie Snnmenschoten ber Vanilla, einer fettblntterigen unb
am Slengel uberall wurzelnben Schlingpflanze, bie an
ben Stammen empor unb bis in bie Laubkronen klettert.
XI. Nollschwauzaffe. (Cebus.)
Gattungscharakter: Kopf runb; Schabel glatt,
ohne Kuochenleisten; Unterkiefer von gewohnlicher Hohe.
Kehlkopf nusterlich nicht vortretenb. Der Schwanz lang,
burch ausbehaart, fahig, sich zufammenzurollen.
Die Rollschwanzaffen (bie Sapajous ber Franzosen)
unterfcheibeu sich von sonst nahe verwanbten Gattungen
burch ben Schwanz, ben sie nu ber Spitze um anbere Ge-
genstanbe Herumrollen, nm sich zu unterstutzen; von ben
Brullaffen unb Klammeraffen scheibet sie theils bie Form
bed Schabels, theils ber Besitz eines langen, freieu Dau-
mens so wie bie vollstanbige Behnarnng ihres Schwanzes.
Sie stub etions unter Mittelgroste, Hnben einen Gesichts-
winkel von ungefnhr 60", etwns vorstehenbe Stirn unb
rnube, mit einem umgebogenen Ranbe versehene Ohren.
Das Gebitz ist ivie gewohulich; bie Schneibeznhne bes
Oberkiefers sinb groster als bie unteren, bie Eckzahne oft
sehr entwickelt unb stets langer als bie etivas kleinen, mit
stumpfhockerigen Kronen verfehenen Bnckenznhne. Ihre
Glieber sinb zwnr lnng, aber keineswegs unverhaltnist-
ninpig, bie Daumen frei unb fehr beweglich, bie Nagel
knrz unb flnch gewolbt. Gewohulich ist ihr Haar zient-
lich kurz, weich, glanzlos unb nicht auffallenb gefnrbt.
Alle sinb Tagthiere, leicht zu zahmen, lebhaft, gelehrig,
klng, muthwillig, neugierig unb in ihrer Zuneignng ober
ihrem Wiberwillen gegen Personen sehr launenhast. In
bem tropischeu Amerika sehr haufig leben sie nur in
Walbern, wo sie jeboch erftaunliche Lebhastigkeit unb Ge-
schick bemerken lafsen; ihr Geschrei klingt etwas iveiner-
lich, ohue jeboch lnut zu sein, unb hat ihnen in Cayenne
ben Namen Winselaffe (Singes pleureurs) verschnfft.
In ben fpanischen Colouien vermengt man ihre Arten
unter bem gemeinsamen Namen Machi. Ihre Nahrung
besteht eben so in Fruchten unb Sanmen als in Eiern
unb Juseeteii. So gern ber Inbier ben lebhnften Gauke-
leien ihrer znhlreichen Truppen zusieht, so steht er boch
nicht an sie zum Ziele seiner vergifteten Pfeile zu lunchen,
inbem gerabe bie grosteren Arten als Wilbpret geschatzt
sinb. In ben Hutten ber Eingeborenen finbet man sie
haufiger als alle anberen Affen, inbem fte, leicht zahmbar,
burch ihr ganzes Wefett sich zu Hausgefahrten empfehlen.
Auch in ben Menagerien sinb sie ziemlich gemein, beson-
bers biejenigen Arten, beren Oberkopf abstechenb bunkler
gefnrbt i ft als ber ttbrige Korper, unb bie man bnher un-
ter bem gemeinsamen Namen ber Kapuzinernffen begreist.
Ueber bie Zahl ber Arten sinb bie Zoologen burchnus
nicht einig, benn wahrenb Manche gegen zwolf Species
annehmeii, wolleu Anbere kanin zwei ober brei gelten
lafsen unb glnnben nur an Spielarteu. Unter ben attte-
rikanischen Affen sinb allerbings biefe am schwersten von
einanber zu unterfcheibeu.
1. Der gchérutc Rollschwanzaffe. (Cebus fatuellus.) Sig. 67.
Die Hauptfarbe bunkelbraun, nuf bem Scheitel, bem
Mittelrucken, nu Schenkeln, Hanben, Fusten unb Schwanz
fast in bas Schwnrze. Stirnhanr burstenartig, oben ein
gleichsam in zwei Hortter auslaufenben Schopf, ber im
Weibchen minber schnrf hervortritt. Das Gesicht rings
Herum mit einem Kranze von glanzenb schwarzbraunem,
in einer Spielart von weistem Haar nmgeben. Kehle,
Brust, Seiten bes Halses unb Bnuch mit gelblichem, an
ber Spitze bunkelbrnunem Hanr. Der Korper mistt in
ber Lange 15 Zoll, ber Schwanz fast 17 Zoll. Eigeuthum-
lich fcheint biefein im ostlichen Subamerika einheimifchen
Affen eine violette Fnrbung ber ganjen Korperhaut. In
ber Gefangenschaft benimmt er sich sehr lebhaft, gutmuthig
unb unterhnltenb, felten aber finbet man in europnischen
Pleuagerieu Snbivibuen mit vollkommen entwickeltem
Haarputze, ber erst iin reiferen Alter vollstnubig zu werben
fcheint. Ueber feiite Sitten int wilben Zustaube weist
man nichts Zuverlnfsiges.
2. Der gelbbrnstige Rollschwanzaffe. (Cebus xanthosternus.) Fig. 68.
Wie grost bie Berwirrung unter bieser Gattung von
Affen sei, ergiebt sich nus ber Menge von Namen, welche
einzelne Arten unb besoubers bie in Rebe ftehenbe iu sy-
stemntischen Werkeit erhalten Haben. Sein Kopfist grost,
bie Stirn breit unb mit kurzent Haar bebecki; bie Glieber
stub ftark, unb ber Schivanz ist bick; ber Korper ist um 1 bis
2 Zoll groster als bei ber vorhergeheuben Art. Stirn,
Borberkopf, bie starke Behaarung ber Waitgen stub gelblich
iveist; ein gratier Streif umgiebt bas Gesicht; Brust,
Schulteru, Vorberseite bes Obernrmes sinb orangengelb,
Rucken unb Schwanz schwarz; Seiten bes Korpers unb
Lenbengegenb rothlich-braun, Unterleib schoit kastattien-
braun in Nostbruun zieheub. Die Tiefe ber Fnrbung
nnbert nb i»t Verhaltnifse zum Alter. Borbernrut unb
Oberschenkel sinb oft rothlich gefleckt, unb nit ber Unter-
seite unb ber Bnsis bes Schwanzes finbet man bie Hnnre
bisweilen uach ber Spitze zu gelblich-weist.
Der Prittz Mnrimilian von Neuwieb fnub biefen Affen
in Brastlien zivischen 15° 30' S.-Br. unb bettt Fluffe
Belmonte, Spir in ben Provinzen Rio Inneiro unb
Bahia. Er geht ziemlich iveit ttnch Stibett, benn man
hat in Eiiglanb schone von Snit Paulo gebrachte Ittbivi-
buen gefehen. Spir erznhlt, bast er itt gro sten, ben Mais-
felberu vieten Schaben zufugenben Truppen umherziehe.
In ber Gefangenschaft zeigt er sich sauft, gutmuthig unb
zutraulich unb obgleich surchtsam, liebt er es boch, wenn
Personen, bie er eitttnnl kettitt, sich mit ihm abgeben.
3. Der braune Rollschwanzaffe. (Cebus Apella.) Fig. 69.
Der brnune Rollschwanzaffe hat ben rimben ber Gat-
tung entsprechenben Kopf, ist aber wegett ber Vernuber-
lichkeit seiner Fnrbung nicht leicht zu unterscheibett. Die
Sarben sinb namlich nicht nur bnlb heller balb bunkler,
sonbern auch anf verschiebene Art vertheilt. Die folgenbe
Beschreibung grunbet sich anf genatte Prufung vieler
Eremplnre. Haar ber Schlafettgegenb kurz, bttnu, nuet'
obett gerichtet; bas anf bettt Scheitel stehenbe uidpig lange
Haar bilbet einen aufgerichteteu vorn senkrecht nbgeftutzten
etwas breieckigen Schopf ober Kappe; itu Gestchte kurze
bttnkle, anf ben Lippen weiste Haare; Ohren grost, fast
uubehaart. Ein schwarzer auf bent Scheitel beginnen-
ber Streifeu zieht sich an ben Seiten bes Gesichts entlang
unb verbreitet sich uber bas bartnrtige Hanr ber Kehle.
Die Austeuseite bes Oberarmes i ft graulich; ein schwarzer
hinter ben Ohren begiunenber Streif lnuft uber bie Schttl-
ter unb bie Vorberseite bes Oberarms bis zu bent schwar-
zeit brnuitlich-grau uberlaufenen Vorbernrut. Die vor-
Herrfchenbe Farbe ist braunlich-schwarz, geht in Schwarz
uber auf ber.Mittellinie bes Ruckens, auf ben Lettben,
Schwanz, Ober- unb Unterscheukeln; bas Hanr hat leb-
hafteu Glanz. Manche Snbivibuen sinb an ben Seiten
bes Korpers unb ber Oberschenkel glanzenb lichtkastnnien-
braun, an ben Schlnfen gelblich, schwnrz uberlnufett.
Der Apelln lebt nicht in Vrnsilien, um so Hnufiger
aber in Guyana unb wirb von Cayenne unb Demerarn
so oft ttnch Europa gebracht bast er nicht nur in allett
Menagerien gemein ist, sonbern auch im Besitze Heruitt-
ziehenber Schnusteller viel ofters als anbere Affen gefutt-
ben wirb. In Paris haben Savoyarbeuknabeit ben Apelln
nbgerichtet, an ben Dnchrohren bis in bas vierte Stockwerk
ber Hnuser Hinnufzusteigen unb bort Almofett einzufam-
nteltt; sie klettern bis in jette nnsehnlichen Hohett, inbem
sie sich einen jeben Vorspruttg ber Matter, architectonische
Zierrathen, Laternenseile u. s. w. zu Nutzett tttncheit.
Nicht nur vertragen biese Affen bas europnische Klima
ziemlich gut, sonbern sie haben sich in Frankreich tttehr-
mals fortgepflanzt unb bem Jungen bie zartlichste Liebe
bewiesen. In ber Gefangenschaft verrnthen sie ziemlich
viel Gefchlechtslust; sie sinb schmutzig unb froftig, lafsen
nur von Zeit zu Zeit eine Art von Pfeifen horen, welches
aber in meckernbe Totte ubergeht, sobalb sie gereizt werben.
Im Allgemeinen sinb fte gutmuthig, inbessen boch launisch;
burch Sparen von Jntelligenz kottnen sie auch fur ben
ernsteren Beobachter etwas Unterhaltenbes Haben. Ein
in ber Menagerie ber zoologischett Gesellschaft zu Lonboit
lebeitbes Mannchett schlttg mit Steinen solche Nusse auf,
bie es mit ben Zahnett nicht zu bewaltigen vermochte, ober
suchte sie an Harteren Gegenstnuben zu zerbrechen, wenn
ihm ein Stein eben nicht zur Hattb war. Die Gesichts-
muskelit bes Apella sinb ubrigens in bestanbiger Beweguttg
unb bringen bie sonberbarsteu Grimmaffen hervor. Der
Schwanz wickelt sich zwar ttttr mit seiner Spitze um att-
bere Gegenstdube, wirb aber als Stutze bei fast feber Be-
weguttg benutzt. In ihren heimathlicheu Wnlbertt leben
biese Affen nicht allein von Fruchten, sonbern auch von
Jitseeten unb Bogeleiern unb vielleicht selbst von jungen
Vogelu. In Lonbott brachte titan verfuchsweis einen
Hanfling in einen von zwei Apella bewohnten Kafig; er
wurbe von bent alteren berselben schnell erhascht, Halb
gerupft unb ohne Umstanbe verzehrt. .
XII. Tchtveifaffe. (Pithecia.)
Gattungscharakter: Kopf runb, Schttauze etion
vorsteheitb ; untere Schueibeznhtte schief uach vorn geneig