Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Saugethiere.
Vierte Ordnung
nordamerikanische Art verbringt den Winter in hohlen
Baumen und Ertlockern, nahri sich von jungen Hasen,
Ratten, Nestvogeln, Eiern und zumal Hanfig von Frbfchen,
ist ohneden 6 Zott langen Schwanz ohngefahr15 Zott lang,
schwarz und durch zwei schiteemeisteStreifen ausgezeichnel,
die, auf ben Scbultern zufaminenfliehenb, an den Seiten
getrennr fortlaufen und in der Weichengegend verschroin-
den. Aehnliche Farben, nur anders vertheilt, stud allen
anderen Arten eigen, z. B. dem aus Merico stammenden
Stinkthicre mit roeistem Rucken (Mephitis leuconota, Fig.
214. 215.).
IX. Ratel. (Ratelus.)
Gattungscharakter: Schneibezahne und Eckzahne
tvie geroohnlich; Backenzahne jederseits oben und tinten
4, wovon oben 2 tvahre, unten 3 Lfickenzahne; der letzte
oben ist ein Hockerzahn (Fig. 216.). Korper dick, ge-
streckt; Glieder kurz und start; Fuste sohlengangig, funs-
zehig, die vorderen mit langen Grabenageln versehen.
Ohren ungemein kurz. Schwanz kurz.
I. Der capiscke Ratel. (Ratelus capensis.) Fig. 217.
Zwischen deni Ratel und dem Dachse besteht, sowohl
im Aeuheren als auch int Zahnbaue, eine unverkennbare
Verwandtschast; der wesentliche Unterschied liegt in dem
einzigen Hockerzahn, welcher am Ratel kleiner und von
borii nach hinten turzer ist. Der capische Ratel Hat einen
plumpen Korper, starke Krallen, eine verlangerre Schnauze,
kleine, tiefliegende Augen und statt der Ohren nur einen
kurzen Rand. Wahrscheinlich fristt er wie der Dachs
Fleisch und Wurzeln, ist aber in seinem Vaterlande be-
ruchtigt tvegen der Verwristungen, die er, vom Honig
nigelockt, in den Banen der wilden Bienen anrichten sott,
bie meistens in ben verlassenen Erblochern ber Stachel-
schweinennb bes wilben Ebers angelegt stub unb, wie eine
alle Ueberlieferung lautet, burch ben Rufbes Honigkukiiks
(Indicator Vaillantii) bem Ratel verrathen werben. Seine
Lebensweise ist nachtlich. Jung eingefangen, sott er sich
zahmen lassen, beistt aber im wilben Zustanbe sebr Heftig,
unb zwar, nach Sparmann's Erzahlnng, selbft bann,
weiiii man ihn am Nacken sastt, inbem er eine bicke, aber
so lose Haul Hat, bast er ben Kopf ungeachtet bes Fest-
Haltens leicdt Herumwenbet. Die Lange bes Korpers be-
tragt 40 Zoll, bie bes Schwanzes 12 Zoll; oben ist er
gelbgrau, unten scknvarz; beibe Farben sinb burch einen
von ben Odrei: bis znr Schwanzwurzel reichenben tveisten
Seitenstreifen getrcnnt.
2. Der indische Ratel. (Ratelus indicus.) Fig. 218.
Man kennt ben inbischen Ratel als wirklich verschiebene
Arr nur feit kurzer Zeit, benn obgleich schon im vorigen
Jahrhuiibert besckriebeii, ist er von fpateren Zoologen
uberfeben worben, bis Benneit ihn einer neuen unb ge-
nanen Prusling unterwarf. Er unterscheibet sich von
bem sehr ahnlichen capischennnr burch Mangel ber tveisten
Seitenstreifen, ledt in verschiebenen Provinzen von Hin-
bostan, z. B. in ben hoben Uferwanben bes Ganges unb
zwar in Banen, bie er gewohnlich nur bes Nachts ver-
liistt, um in ber Nahe menschlicher Wohnungen ober anf
Friebhofen seine »Nahrung zn snchen. Mit grostter
Schnette gradt er Hinab 511 frisch verscharrten Leichen unb
verzehrt sie mit Heisthunger. Jung eingefangen, ist er
leiclit zn zahmen, spielt gern, versucht BLume zn erklim-
men, zeigt sich aber in seinen Bewegungen plump unb
schwerfattig. Bennett fdulberte einen Rarel, ber lange
in Lonbon lebte, als ungemein gutmfithig, gesettig, zum
Spielen geneigt, beniuht, burch bie Wnnberlichsten Possen
bie Aufmerksamkeit ber Zuschauer anf sich zn zieheit-,beim
Anblicke anberer Thiere verrieth er inbefsen Tucke unb
Blutgier unb dewachte besonbers bie kleineren, in bie
Nahe seiiies Kafigs gerathenben mit katzenartiger Auf-
merksamkeit. Auch schienen bie letzteren instinetmastig
ben Feind zu erkennen unb gaben stets unzweibentige
Zeichen von Furcht. Man reichte ihm, wie ben anberen
barenartigen Thieren, gemischte Nahrung, Brot unb
Milch bes Morgens, Fleisch bes Nachmittags.
X. Uron. (Gallictis.)
Gattungscharakter: Vorberzahne unb Eckzahne
gewohnlich; Backenzahne jeberseits oben 4, unten 5, wo-
von bie zwei ersten oben unb bie brei ersten unten Lucken-
zahne, ber Hinterste jeberseits Hockerzalm. Gestalt ber
Marber; Korper gestreckt, niebrig; Fuste funfzehig, sohlen-
gangig; Zehen mit kurzen Kratten; Ohren kurz, abge-
runbet. Schwanz mastig lang.
1. Der gejtteifte Uron oder Grison. (Gallictis vittata.) Jig. 219.
Der Grison bewohnt bas tropische Amerika von Guyana
bis Paraguay. Seine Gestalt ist lang unb schmachtig,
ber Kopf platt, bie Schnauze spitzig, bie Farbe grauweih;
Oberkopf unb Nacken sinb grau; eine weiste Halbmond-
formige Binbe erftreckt sich fiber ben Vorderkopf unb von
ba bis auf bie Schultern. Dichtes Wollenhaar liegt
zunachst ber Haut; langes, weist unb schwarz geringeltes,
sehr Iveidtes unb feines Grannenhaar uberziehtben Rucken
unb bie Austenseite ber Glieber. Die Lange bes Korpers
betragt 18 Zoll, beg Schwanzes 6 Zoll. Alte unb Junge,
Mannchen unb Weibchen gleichen sich in ber Farbung.
In Subamerika erklart man ben Grison, unb tvohl mit
Recht, fur sehr blutgierig unb scheuet ihn wegen seines
ubeln Geruchs. Er sott in hohlen Bauinen ober in
Felsspalten unb Erblochern wohnen, Baume mil Leich-
tigkeit ersteigen, mebr zur Nachtzeit, als am Tage nach
Beute Herumftreifen, Vogeln unb kleinen Saugethieren
nachstellen unb tvurbe sonacy in Sitlen ben Marbern nahe
stehen, beneii er auch austerlich gleicht unb zu welchen er
ben naturlichen llebergang Herstettt.
Ztveite Familie.
Wiesclartigc Raubthiere.
Die zweite Familie ber Raubthiere umfastt Geschopfe
von mahiger, theilweis auch von sehr geringer Groste,
bie aber bennoch zu ben blutgierigsten bes ganzen Stammes
gehoren unb verbaltnistmastig eden so furchtkar sinb, als
bie gewaltigen Katzen, in welchen man gemeiniglich ben
Typus bes reihenben Thieres als vorzuglich ausgepragt
annimmt. Die wiesel- ober marderartigen Raubthiere
haben einen Harten unb starken Schabel, stumpfe Schnauze,
*93orber= unb Eckzahne wie gewohnlich unb 4 ober 5 obere,
5 ober 6 untere Backenzahne jeberseits, von welchen bie
vorbersten stets Lfickenzahne, ber Hinterste immer em
Hockerzahn ist (Fig. 220.). Charakteristisch ist bie
verlangerte cylinbrische Korperform unb bie niebrige Stel-
lung, welcl'er ber Erscheinung ober vielmehr ber Beroe-
gungsart atter Wieselthiere um so mehr Schlangenartiges
giebt, als keine anbere Saugethierfamilie bieselbe Bieg-
samkeit bes Stammes besitzt, ber uberatt burchfchlfipst,
wo ber Kopf Raum genug finbet. An Behenbigkeit unb
Beweglichkeit stehen sie ben begunstigtsten Saugethieren
nicht nach, benn sie laufeii schnell, klettern geschickt unb
springen weit. Fast alle suhren ein nachtliches Leben,
verbringen ben Tag schlafenb in hohlen Baumen, Fels-
wanben, Hausbachern ober ahnlichen Orten, verlasfen
diese erst nach eingetretenem Dunkel unb schleichen auf
ben bichtbehaarten, balb mit ber Sohle, balb nur mit
ben Zehen auftretenden Psoten gerauschlos uinher. Mit
unnachgiebiger Entschlossenheit sturzen sie aus uberraschte
schwachere Thiere unb lassen biese nicht wieber los, Wenn
es ihnen einmal gelungen ist, sich im Nacken festzubeisten.
Instinetmastig missen sie bie verwunbbarsten Stellen zu
fiiiben; ben grosteren Thieren deisten sie nitter dem Ohre
bie groste Halsarterie burch unb kleineren treiben sie bie
Eckzahne burch bie Hirnschale. Alle schwacheren Nager,
Vogel unb feldst Amphibien sind ihren Verfolgungen
ausgesetzt unb werben in groherer Zahl getobtet, als bie
Noth erforvert. Sehr bezeichnenb ist es, bast sie oft nur
zum Vergnugen morben, bas Hirn ihrer Beute allein
auffressen ober an seinem Blute sich laden, udrigens ben
Korper underikhrt liegen lassen. Welche Verrofistung
ein ^einzelner Jltis in einem Taudeiihause anzurichten
vermag, ist dekannt. Alle Haden ein bichtbehaartes, oft
sehr feines Fett, zumal bie im Norben lebenben, unb sind
baher fur ben Pelzhanbel von Bebeutung.
XI. Wiesel. (Mustela.)
Gattungscharakter: Zahne wie angegeben im
Charakter ber Familie. Korpergestalt sehr langgestreckt.
1. Der Jltis. (Mustela Putorius.) Fig. 221 a. 222.
Der uber ben gropten Theil von Europa verbreitete
Jltis wirb atter Orten mit Unversohnlichkeit verfolgt,
weil kein anberes Thier sich so geschickt in bie lanblichen
Haushaltungen einzubrangen versteht, keines bas Morben
bes Gestugels grimmiger betreidt. Im Sommer sinb
seine Angriffe weniger zu furchten, als im Winter; benn
in ber milberen Jahreszeit bewohnt er lieder bie Walber,
wo er jungen Hasen, Feldhuhnern unb Phasanen nachstellt
ober minbestens ihre Eier zerstort. Mit Einiritt bes
Winters zieht er sich in bie Nahe ber Dorfer, sucht in
alten Mauern ober Strohbachern einen Schlupfwittkel
unb setzt von ba aus seine Raubereien, nicht felten lange
Zeit unentbeckt, fort. Kein Raudthier i ft ben Kattinchen
gefahrlicher, als ber Jltis, ber in bie engsten Hohlen ein-
britigt, wohitt ter Fuchs, fon ft auch ein Feittb ber Kanitt-
chen, zu gelattgen nicht vermag. Mangelt es ihm an
defferer Beute, fo greift er Amphibien an; man Hat in
seinem Nefte fchon bis 40 groste Kroten luib Frofche ge-
ftinben, bie, zum Vorrath aufgespart, nicht vottig getobtet,
fotiberit burch Zerbeistuttg bes Kopfes nur gelahmt tvåren.
Bewick erzahlt in fe in er popularen Naturgefchichte, bah
man einft in bem an eittent Bache gelegenen Schlupfwittkel
eittes Jltis 11 junge Aale fattb, bie, wie aus ben Spttren
auf bettt Schttee sich ergab, beim Davoiischleppeit viel
Wiberftand geleistet babett musttett. Dem Angriffe bes
Menfchen ober eittes Httnbes setzt ber Jltis eine fehr ent-
fchlossette Vertheibigung eitigegen, fucht bas Gesicht bes
Gegners burdt Sprunge zu erreichett tittb giebt ben Kamps
erst mit bem Tobe auf. Mit grostem Scharfflnne erkenut
er Fallen unb Fusteisen unb vermeibet sie mit Vorsicht.
Seine Fortpflanzung fallt auf ben Sommer unb bie Zahl
ber Jungen, welche erst int Herbste ihre Mutter verlassen,
betragt brei bis futtf. Sein Gerttch ist fehr unangenehm
unb weicht langfam vom Felle, welches zwar weniger
gefchatzt wirb, als basjenige verwanbter Atten, inbefsen
ein recht brauchbares Pelzwerk liefert. Das erwachfene
Thier iitisti 17 Zoll ohtte ben 6 Zoll langen Schwanz,
ist bunkelbraun, um bie Schnauze unb an ben Ohren
weist unb Hat tinter bem glanzenben Grannenhaar eine
bichte, gelbliche Grunbwotte.
2. Tas Frctt. (Mustela Furo.) Jig. 221 s 223.
Zwischen bem Frett unb bem Jltis finbet so roenig
austerliche Verschiebenheit Statt, tast ntanche Naturforscher
beibe fur ibentifch erklart Hadett, zumal roeil eine von
beibett entfprungene Bastardraye eriftirt. Diefer Att-
ttahme wiberfpricht jeboch vorzuglich bie geographische
Verdreitung, benn wahrenb ber Jltis nur itit gemastigten
Europa vorkomtut, finbet man bas Frett atteitt im norb-
lichett Afrika wilb, von roo es, nach Strabo's Berichte,
zuerst nach Spanien gebracht roorben ist, unt bie bas
Lanb fast verroustenben Kaninchen zu befchrankett. Von
Spanien aus Hat sich tttttt zroar bas Frett uber Europa
verbreitet, kotnmt aber ttirgenbs attbers, als im gezahmten
Zustanbe vor unb verrath seine sfibliche Abstammung
burch Empfinblichkeit gegett Kalte, ber es Hel geringer
Vernachlasstgung alsbalb unterliegt. Zur Kaninchen-
jagb roirb es bei utts eben fo, wie zu Plinius Zeiten in
Italien, angeroendet, benn mit Vergnfigen lethi es sich
Her zur Verfolgung jetter tvehrlofen Nager, gegen bie es