Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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S'augethiere.
Vierte Orbnuttg.
Ktirze und Starte der mit qropen Schwimmhauien
versehenen Fuge und 6er niusfulofe Schwanz, der, wie
ein Ruder nach einer oder der auberett Seite bewegt,
die Richning int Wasser bestimmt. Aus dein Lande sind
sie langsante und ungeschickte Sohlettganger und suchen bei
der geringsten Beranlaffung durch Flucht in das Wasser der
Gefahr zu entgehen. Auch ihre Behaarung ist ganz fur
das Leben un Masser geeignet, benn tutter dem tangen,
glanzenden Oberhaar liegt ein dichtwottiges, dem Masser
undurchdringliches Bliesi. Die europaische Fischotter lebt
keineswegs altein in Seen und Fluffen, sondern wird auch
an Ben Kusten von Schotttand, Istand, den felsigen He-
bridett und Shettand-Jnseln gesundett, too sie in Hohlett
toohnt, atis das Meer Hinatts schwimmt, tun ztt fischen,
oder in Flustmundungett sich aushalt ttttd nitter ben Lachsen
so grope Verheerungett anrichtet, das z. B. itt Antrint
eitte Pramie atis ibrer Tobtung steht. Den Tag verbringt
sie toohlverborgen itt eitient stets in ber 9?abe des Massers,
tvo moglich an eitient steilett User oder tinter ben knor-
rigen Wurzeltt eittes uberhangeitdett Baumes angelegten
Schtupstoinkel, bessett durch tose Skeitie verdeckte Mtitt-
duttg faitnt bettterkbar ist. Int Wasser bewegt sie sich
mit grositer Leichtigkeit, schivimnit itt jeder Tiefe mit glei-
cher Schnelte, kottimt des Athmens tvegen eittett Attgen-
blick an die Oberstache, taucht aber sogteich toieder tinter
tiitb verfolgt bann ihre Bente durch alte Windungen und
Hittderniffe, bis diese aus Erschopfung bie Flucht ausgiebt.
Durch eitte teichte Bewegung gelangt sie schnelt an bie
Oberstache ttttd verzehrt ba gemeinigtich bie Beute, ehe
sie eitte tteue- Jagb begititti, ittdessen packt sie bistveilett
mehrere Fische aus ein Mat ttttd bringt sie int Maule Her-
attf. Gewohnlich verzehrt sie ben Kops des Fisches zuerst
ttttd lasit nicht seltett ben ubrigen Korper liegen. Da sie
int zahmen Zustanbe 8 —10 mittelgrosier Fische zur Satti-
gnng bedars, int toilbett aber eitte toeit grohere Zahl tittr
theiltveis zerreiht, so tasit sich ermessett, tvelche Verheerung
ein Paar solcher mit Jungen umgebene Thiere itt eitient
Fischteiche anrichieti fonne. Werden Fische irgendtoo
selten, so lebt bie Fischotter wobl auch von Ratten ttiib
Froschen, ttiib itt Schottlanb toilt man fogar beobachtet
Habett, bag sie tutter solchen Umstanben sich itt bie Nahe
ber Bauerhose gezogett tmb Angriffe auf Syanferfet unb
Hithiter ausgesuhrt Habe. Int Winter sintr sie enttveber
in bie ! tesen ber Gewasser, toohin ber Frost nicht bringt,
ober sie geht in bie Mundungen ber groftten unb eisfreien
Strotue, ttiti bort ibre Vertoustungen fortzusetzen. Vor-
zugstveis grohett Schadett richtet sie int Sommer an,
toetitt bie auftvachseitben Jungen Nahruttg verlangen.
Sie verbringt bamt ganze Nachte tttit bent Fangen unb
Herbeischleppen von Fischen, verrath sich aber burch eitte
breite, bis ztt ihrer Hobte reichenbe Spttr itt bettt tveichett
Schlamme bes llfers. Besindet sich ein gepstegter Fisch-
teich itt ber Nahe, so tvieberholt sie ihre Pluttberungen
altnachilich mit solchem Erfolge, bag bald itichts nbrig
bleibt, als bie sogettanniett Satzfische; in ber 9lahe von
Lachsfangen eingenistet, macht sie es bettt Fischer utitttog-
lich, eittett grosieren Lachs ztt erlangen. Itt biesett Rau-
bereien besteht feinestvegs alleitt ber von ihr veranlasite
Schadett, detttt sie vertreibt auch bie Fische aus bett Orteti,
too biese getoohnt getoesen stub, ihrett Laich abzusetzett,
so voltstanbig, basi zum grogen Berbrusse eifriger Angler
fleitte Flusse, bie man von jeber als hvchst sischreich ge-
kannt Hat, int Lanse von einettt ober zwei Sonttitertt von
allett Betoohnertt verlaffen erscheinett. 9iach Waliott,
bettt enthustastischen Lobrebner bes Angetsischens, uttier-
nintntt eitte Otter toohl brei- bis vierstunbige 9kachtmar-
sche, tittt sich ztt fatti^n unb ihrett Jungen Fische zu britt-
gett, bleibt bistveilett aber auch itt bettt entbeckten sisch-
reichett Orte zuruck ttttv setzt wochenlang, ttttd ohtte Berbacht
zu erregett, ihrett verberblichen Raubfrieg fort. Sie verrath
sich ubrigetts nicht alleitt burch ihre Spur, fonbern auch
burch die Gewohnheit, an einer bestimmtett Stelle ihre mit
Fischgraten ttttd Fischschuppen gemengten Ereremente ab-
zusetzett. Wo die Otterit hattsigere unb verderblichere
Fetube sind, als itt Deuischlattd, ift eitte solche Entbeckung
stets bas Signal zur eifrigstett Verfolgnng. Der Otter-
jagben gedenken Chronikett Schottlands als eittes ber
vorzttglichsten Vergnitgen lange vergangener Zeiten. Auf
bett schottischen Jnseln betreibt man sie nocb jetzt mit un-
verntinbertem Eifer, unb bie Beschtoerbeti, hin unb wieber
fogar Gefahren, tvelche tttit bent Heruntstreifen auf fo
felstgent unb unebenen Bobett verbunben sind, bienen mtr
zttr Erhohung ber Jagblust. Eitte solche Jagb unb bie
Kustennatur ber Hebribett stellt Fig. 236. bar.
Die Fischotter ist ubrigetts ziemlich intelligent unb
lagt sich, jung eingefangen, zahmen unb baztt abrichten,
bett Fischern bie Lachse itt bie Netze zu treibett. Bischoff
Heber sah in Jnbiett eitte Zahl von Otterii, bie, ntittels
langer Stricke an Bambusrohre gebunben, untherschwatit-
men unb, nach Aussage ber Eingeborenen, theils zutti
Hertzeitreitzen ber Fische, tbeils auch zum Ergreifen der
grosieren abgerichtet tvåren. Die gemeine europaische
Art ist otzett rotblichbratui, nitten grautveisi, tnitzi ohne
bett l*/2 Zoll langen Schwanz 27 — 30 Zoll unb wiegt
20—24 Pstittb, itt selienett Fallen tzis 40 Psunb. Die
an bett Seefusten letzettben sind buttkler gesarbt, als bie-
jettigett ber Flusse' , bistveilett sieht titan eitte Iveiggefleckte
Spielart, bie von bett schottischen Bauerti als Fischotter-
fottig tzerrachtet ttttd seltett getobtef tuirb, weil nach bettt
Volksglauben itt bettt Augenblicke, ivo bieser Konig falli,
attch eitt Mensch ober eitt attberes Thier sein plotzliches
Ende finbett tttusi.
XIV. Seeotter. (Enhydris.)
Gattuiigscharakter: Vorberzahtte otzett 6, tinten
4; Eckzahne gewohnlich; Backettzahne Obett 4, tinten 5,
tvovott otzett 2 tvahre, tinten 3 Luckenzahne, bie ubrigen
Hockerzåhtte. Votdersuge sehr klein, tttit kurzen, ver-
wachsettett Zebett.
1. Die edle Seeøtter. (Enhydris marina.) Fig. 237.
Die merfrourbige Gattung ber Seeottern nahert sich
in ntattchett Beziehuttgett bett Seebtinbett weit ntehr, als
bett Fischottern unb fonunt mit jetten ausierlich Itberein
burch Bilbung ber Glieber. Der Korper ist eylinbrisch,
Kops runb unb mit tutenformig eingerollten Ohren ver-
seben;bie Schnauze fur; unb sehr stumps. An bett Bvr-
bersuhett fallen die verivachsenen Zehett unb bie itackte,
fornige Sohle auf; bie Hintersuhe stehett so weit nach
Hinten, als irgettd moglich, habett von innen nach ausien
an Lange regelmatzig zunehntenbe Zehett unb eittett bickett
Oberschettfelfttochett, tvelcher, weil ihttt bas rttttbe Band
fehlt, eittett hohett Grab von Betveglichfeit bestyr. Der
Schwanz ist ziemlich fttrz, ber Pelz ungentein fein, schwarz-
brattn, gelegentlich attch gelb ttttb einer ber theuerstett
int Hattbel, indeni bie Zabl ber jabrlich gefangenen See-
otterit an sich feitte befonbere Hohe erreicht unb bie meisten
von bett Cbiitesen zu ausschweifettben Preisett aufgefauft
luerben. Der Fang wirb alleitt att ber Norbkuste von
Atnerifa, von Californien bis nach ben Kurilen, betrieben,
wo bie Seeotter att felsigen Kussen, jeboch nteistens nur int
Wasser, lebt ttttb nicht alleitt von Fischen, fonbern tvohl
auch von Hariett Schaaltbieren sich itahrt, wie man aus
ber Beschaffettheir ber stchtbarlich zum Zermalmen barter
Sutzstanzen geeigneten Backettzabtie zu folgern berechtigt
ift. Int Sommer steigt sie in bie Fluffe binattf, att
berett Ufern bas Weibchen ein Jttttges tvirfi. Die Lange
bes Korpers betragt 3^—4 Fttsi, bes Schwattzes 10—12
Zoll.
Dritte Familie.
Hundeartige Raubtkiere
Die Familie ber Hunbeartigen Ranbihiere umfasii bie
eigenilicheit Hunde, bie Wolse, Schafal unb Fuchse, bie
bei ben åkeren Sttstematifertt in eitte eittzige Gattung
(Canis) zusammengestellt rourben, jebettfalls tinter einanber
auf das Engste verwandt sind, inbessett fuglich itt Uttier-
gattungen getheilt roerben fennen. Bei allett ist bie
Schnauze zugespitzt ttttb bas Getzisi basfelbe, benn mit
Ausnahme ber Gattung Loffelhund (Otocyon) Habett alle
jederseits obett ttttb tinten zwei tvahre Backettzahne. Ein
anberer, bei feitter anderen Gattung reisienber Thiere vor-
kontmenber Charafter liegt baritt, basiber Hinterste Backen-
zahtt mit bettt Hinterranbe bes Gauntenkttochens auf
gleicher Linie |tebt. Int Ganzett genomtnen erreichett
sie eben tittr Mittelgrosie, indeni nicht eitte Art ben grohett
Katzett, ben Loroett tind Tigerti gleichfommt, tttit welchen
sie auch Hinsichtlich ihrer Raubthiernatnr nicht zu ver-
gleicheit sind. Obgleich gierig unb gesrahig, sind sie boch
weniger enifchiebette Fleischfreffer, was fchon aus ber
Zahnbildung ztt folgern sein tvurbe, tonnen nothigenfalls
vott Pflanzenstoffen, roenn auch int beschranften Grade,
sich nahrett ttttd scheitten fogar (zumal Haushtinbe) bis-
Iveilett bas Bedurfnisi solcher Nahrung zu Habett. Ihre
Korperverhaltniffe beuteit aus Krast unb Betveglichfeit;
bie vorbere Korperhalste ist von gebrangterem, bie bintere
von schmachtigerem Batte, ber Hals lang ttttd bick, ber
Kops verlÆngert ttttb zugespitzt. Schenkel unb Schultern
sittb mit starten, ausierlich schars gezeichneten Musfeln
versehett, bie Unterfnge sehttig. Jhr Gang entspricht je-
boch nicht ganz bemvielverheihenben Batte, benn bei allett,
selbst bie grogten Wolse nicht ausgenornmen, behalt er
etroas Unentschiebenes, roirb bei gewissett Hutiberaoett
sogar zum lacherlich einseitigen unb schiesen. Daher ist
roeber ihr Attsehen besonbers intponirenb, noch zettgl ihr
Blick von Kuhnheit oberMuth, ber ubrigens erst batitt Her-
vortritt, roentiber Hungerzum Angriffe stachelt ober Selbst-
vertheidigung nothroenbig roirb. Die nteisten sittb Tag-
thiere; nur bie Gruppe ber Fuchse subrt eitt nachiliches
Seben unb besitzt bie bett Nachtihieren eigenthiimlichen, an
ber zugespitztett Pupille leicht fenntlichen Attgett. Von
gewissett Arten weig man, bag sie nur gesellig vorfottuttett,
itt Gettteinschast jagen ttttd sogar genteinsante Batte an-
legett, tvas von teiner Katzenart je beobachtet Ivorbett ist.
Bon bett letzteren unterscheiben sie sich auch burch eine
weit grogere Fahigfeit zttr Zahniung ttttb Abrichtung,
iibertreffett bieselbett bttrch Simtenscharse, stehett aber
tinter ihnett hinsichtlich bes Bebursnisses unoerborbetter
Nahrung ttttb augerer Reittlichfeir, intern sie, uberhaupt
feitte Kostverachter, sanke Reste jeber anberen Nahrung
nicht seltett vorziehett. Sie leben ubrigens itt Polvgamie,
sind aber sruchtbarer, als Katzen. Die Tragezeit der
Meibchen ist je nach der Grosie ber Arten verschieden unb
baitert von 2—5 Monate; bie zu brei bis snus ober sechs
bei jebeni Wttrse geborettett Jungen bleiben tangere Zeit
blittb, sittb erst gegett Ausgang bes ziveitett Jahres vollig
erwachsett, Habett att ihrett Muttern muthige Bertbeibi-
gerinnett, oft aber an ihrett Vatern gefahrliche Feittbe.
Die Letzettsdatter fchatzt man auf 15—20 Jahre. Ver-
breitet ist biese ubrigens sehr ariettreiche Familie tiber
alle Welttbeile titid burch befonbere Arten nicht ntinber
in bett glubenben Wlisten Afrifa's, als auf bent stets ge-
frorenen Boben arftischer Gegenben vertreten.
XV. Huilb. (Canis.)
Gattungscharafter: Schneibezahne 6 oben unb
nitten; Eckzahne I uberall; Backeitzahtie 6 obett, 7 nitten,
von welchen bie beiben Hitttereti wabre Backettzahne sittb,
ber letzte jeboch oft sebr flein ist ober zeitig aussallt (Fig.
238. Gebisi ber Gattung). Zebett vorn 5, Hinten 4 unb
oft ein kleiner am Fersenfnochen ftehenber Dattttten.
Krallett nicht zuruckziehbar.
1. Der Haushund. (Canis familiaris.) Fig. 243 — 280.
Es ist eine fottberbare, fur bie Shstentatifer theilroeis
etwas unbequetiie Thatsache, bag ber Hund, bas seii ben
Urzeiteti befanitte unb tutter allen am weitesten verbrei-
rete Saugetbier, gerabe bas eittzige ist, bessett Anspruche
aus ben Rang einer eigentlichen naturhistorischen Species
nicht alleitt unenischiebeti sinb, fonbern auch, wenn nicht