Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Snugethiere.
Varieteten einer Eigeuthuuilichkeit, wetche viele Forstiller
beschastigt Hat, indefsen von keineni genilgend erklart wor-
den ist. Ob die Zukunft in dieses Dunkel Licht bringen
werde, mag dahingestellt sein. Man mockte an der Mog-
lichkeit zweifeln, wenn man mit dem Geiste, dem Umfange
und Erfolge der Heutigen Naturforschung vertraut, die
ihr zu Gebote stehenden, zwar sehr bedentenden, allein
der Tiefe des Rathfels nicht entsprechenden Mittel ab-
schatzt. Der Veruiuthung ist hier ein eben so weites Feld
geosfnet, als die positive Kenntnih gering ist. Mehr in
das Gebier der ersteren als der letzteren gehort Alles, was
uber klimatische Einfluffe, zum Theil mit grohem Aus-
wande von Gelehrsamkeit, andere Male wenigstens in
rednerischer Einkleidung, von den Naturforschern fniherer
Zeiten haufiger, als von denjenigen der Gegenwart, ge-
schrieben worden ist. Die gelauterte Physiologie Hat
allerdings ans das Ueberzengendste die Abhangigkeit der
Lebenserscheinungen von allgenteineren Zustanden, also
die Beziehungen nachgewiesen, die zwischen dem Leben
des Jndividuum und demjenigen des Weltalls stattfinden,
allein se grosier ihre Entdeckungen waren, um so mehr
abgeneigt wurde fte, jede nicht sogleich deutbare Erscheinung
nach alterer bequemer Weise fur Wirkung gewisser Krafte
zn erklaren, die man sich eben so vielartig als unbegranzt
denten kann. Kein klarer Forscher wird jegt, wie dieses
ehedem geschah, die Schwarze, das Wollhaar und die Ge-
fichtsbildung des Negers, oder die gerade entgegengesetzten
Formen des Europaers aus der allerdings grosien klima-
tischen Verschiedenheit der zwei Welttheile zu erklaren
unternehmen. In nicht minderem Grade einseitig ist es,
wenn utait die Zersplitterung der Gattung der Hunde von
ortlichen Ursachen herleitet, denn man sindet grosie und
Heine, edle und entartete Rayen neben einander in allen
Landern. Auch ist nicht anzunehmen, dasi der Mensch
mittels grosierer oder geringerer Pstege und Erziehung,
oder durch Vernachlasfigung und rohe Behandlung die
Abarten hervorbringen komite. Jedermann weisi, dasi
man durch Dressur Jagdhunde scharfsinniger machen kann,
dah timgekehri der ausgezeichnetste Wittbhunb, in grosien
Stadten oder int Zintmer gehaltett, endlich sein scharfes
Spurvermogen ganz verliert, dasi es aber unntoglich ist,
eincni Pudel oder eineni Bullenbeisier diesen Scharfsinn
zu verleihen, der also wohl von Anbeginn Her den Stain-
nteit derselben versagt geweseit sein musi. Dasi die Be-
schaffenheit der Nahrung in dieser Beziehung ohne Wirkung
sei, lehrt das Beispiel mancher weit verbreiteten Ra^en,
die Hier mit Fischen, bort mit Fleisch, anberwarts nur
mit Pstanzenstoffen gefuttert luerben tiitb bennoch im
Aeuhereit unb hinfichtlich ber ihnen eigenthumlichen For-
men bes Jnstincts, ober ber Begabtheit fich vollkommen
gleich bleiben. Mangel ober Ueberfiusi ntogen etwas
klejnere Statur ober anbererseits einen kraftigeren Wuchs
erzeugen, werben aber niemals Weber ben Nasenmuscheln
sene besonbere Form geben konnen, von weltber bie Fein-
Heit bes Spurvermogens abhangt, noch ben Raum bes
Hirnkastens erweitern, ben Schabel hoher tiitb rtiiiber, bie
Schnauze spitziger ober stumpfer machen. Diese ver-
schiebenen scharf ausgepragten Eigenschaften finb vielmehr
erblich; fte finb bie Beweife einer ursprunglich vorhanben
gewesenen typischen Verschiebenheit zwischen gewissen Ur-
thieren, bie, gegenseitig nahe verwanbt, bie besonbere Fahig-
keit besahen, Verbinbungett einzugehen tiitb welche burch
ihre Vermengung sene zahlreichen Raoen Hervorbrachten,
bie, wenn fte zu ben reitten unb ebelit gehoren, gegenseitig
weit verschiebener finb, als ntanche anerkannte Species
groher Gattungen, als ber Hase Dont Kaninchen, bas
Frett vom Iltis unb ber Buffel vom Ochsen. Es ist
jeboch nicht moglich, bie Zahl bieser vermutheten wilbeit
Hundearten anzugeben, ihreit Entwickelungsgang und ihre
Geschichte barzulegeit, ober auch nur festzusetzen, welche
ber jetzt vorhanbenen Raxeit ben Urthieren am tiachsten
stehe, also ber eigentlichen Gestalt am treuesten gebliebett
sei. Dasi mehrere typische Gestaltungen zu Grunbe gelegen
haben, wirb man feriter auch barttm vermuthen muffen,
tveil bas Menschengefchlecht nicht an allen Orten zugleich
vorhanben gewesen sein kann, vielmehr sich langfam
ausbreitete, nicht mit gleichem Schritte auf ber Bahn der
Civilisation vorwarts ging unb sebes Volk biejenige wilbe
Hunbeart sich zuerst tuirb unterworfen haben, bie in ber
Nahe seitier Wohnsitze sich aufhielt. Theils burch incitere
Ausbreitung, theils burch formliche Auswanberung ber
Menscheiistamnte ivurben sene gezahmten llrthiere nach
anberen Lanbern versetzt unb erzengten Abarten, ittbent fte
den ursprunglichen Hunbearteit anberer Gegenben begeg-
tieten. Es ist baher nicht anzunehmen, bah ber oben
erwahnte Buansu bie einzige primitive Species von Httitb
barstelle. Wenn auch Thibet als ein Mittelpunkt gelten
muh, Don welchem bie Menschheit ber Urzeit ausging,
tiitb wenn bort ntanche Pflanzen iut wilbeit Zustanbe ge-
fuiibeii worben, welche bie attswanbernben Geschlechter
mit sich nahtnen unb bie als angebauete jetzt uber ben
grohten Theil ber Erbe Derbreitet sittb, fo hat mindestens
der thibetanische Hund nicht eitte gleich grohe Verbreitung
erfahrett, sondern ist schott in der Urzeit in anberen Lan-
bern von Hunben vertreten worben, bie wilb angetroffen
unb gezahmt worben waren. Sculptitren aus uralten
Deitkmalern unb mumisirte Schabel bes ausgestorbenen
altaghptifchen Httnbes beuteit auf unverkeiinbare Ver-
waubtfchaft befselben mit eineni noch eristirenben Schakal
(Canis Antlius) unb liefern einen Nebenbeweis, bah ber
zahttte Huitb uuferer Zeit von utehreren ursprunglichen
wilbeit Arten herstamme. Dah biese mit einer ober zwei
Austtahmen ganz verschwunben sittb tiitb ihr Geprage in
ben Nachkommen meist nur verwischt Hervortritt, beweist
ferner, bah sie schott in ben entlegensten Zeiten von ben
Menschen unterworfen worben sittb. Die altesten ber
auf utts gekommeneit geschichtlichen Urkunben befchreiben
den Hunb fo, wie wir ihn fennen ; fpatere clafsifche Schrift-
steller gebenkeit zwar ber gleichzeitigen Eristenz zahnter
unb wilber Httnbe in Italien unb Griecheulanb, inbeffen
ist auf folche Angaben barttm kein Gewicht zu legen, weil
banials bie Frage nach bent Urfprunge unfererHausthiere
noch nicht angeregt war unb verwilberte Hunbe, wie bie
Levante sie noch jetzt barbietet, von ben eigentlich wilbeit
nicht unterfchieben wurben.
Fruchtbarer als biefe Forfchungen nach bent Urfprunge
ber Hunberaeen finb bie Versuche ihrer systematischen
Aiiorbnung gewefen. Sie erheifchen genaite Verglei-
chtittg eines reichlich vorhanbenen, jeboch schwer zu sich-
teuben Materials, eine Arbeit, bie bei alter Schwierigkeit
angenehmer ist, ats bie Beweguttg int unbegraitzien
Reiche ber Vermuthung. Die Feststellung ber Raeen ber
Hunbe burch Entwerfung fo bunbiger Phrafen, wie ber
naturhistorifche Gebrauch vertangt, inurbe zuerst von
Linne, spater von Bttffon unb zwar nach sehr willknr-
lichett Gruubsatzen versucht. Die netteren Anorbnungen
ubertreffen bebeutenb bie alteren, inbem sie, von tttehr
phitosophischen Anstchten ausgehenb, mit ber Wiffett-
schast tttehr itu Einktange stehen. Sowie man in ber
Zootogie jetzt bas Uuwesenttiche zutetzt berucksichtigt unb
ba, ino es sich unt bie Beurtheitutig eines Geschopses
Hanbett, bie wichtigsten, auf Leben unb attgemeines Ver-
hatten zunachst bezngtichen Orgatte zuerst in bas Auge
saht, eben so Hat man zu verfahren, wenn innerhalb einer
Gattung bie Arten, ober in einer Art bie Rayen unb
Spietarten in atigentessette Reihesotge gebracht werben
otten. Je groher bie Zahl ber Zwischeustusen, je fritter
bie Unterschiebe, unt so schwieriger wirb die ltntersuchuitg
unb bie Feststettung ber Resuttate. Nach Farbe, Be-
schaffenheit ber Haare u. s. w. bie Hunbe attein eitizuthei-
ten, ist minbesteus unwissenschafttich. Das Knochenge-
batibe giebt vor Attein sichent Anhatt. Die Verhaltnisse
ber einzelnen Knochen zu einanber bedingen bie Statur
bes Thieres unb sinb bei renten Na^en weit bestanbiger,
ats man gemeinhin gtaubt, was schott Daubeittvn, ber
getehrte Gehitfe Buffon's, in sehr genauen unb interessan-
ten Tafeln nachgewiesen Hat. Die auffalligsten Verschie-
benbeiten bietet ber Schabel bar, benn man vermag an
Vierte ©rbttung.
bent groheren ober geringereu Umfange bes Hirnkastens
unb bent baher abanbernben Gesichtswinket mit Sicherheit
auf ben Untsang ber Jntettigenz zu schtiesien, bie bekannt-
tich bei ben verschiebeneit Rayen einer gropen Abstusung
untertuorfen ist. Beispiete tiefern bie von zwei Seiten
bargestettten Schabel bes Vullenbeitzers (Fig. 239. 240.),
bes grohen Wachtethunbes (Fig. 241. 242.), bes grohen
banischen Htinbes (<yig. 243. 244.). Nicht attein sinb
bie Aeibattuige ber einzetnen Schabetpartien bei atten
ganz ungteich, fonbern jener hohe Hintkasten bes notorisch
zehr butnmen Buttenbeihers Hat einen relativ viel geritt-
gerett Ouerburchmeffer, also weniger wirklichen Raum
stir bas Hint. Besoubers grosi unb unverkenubar ist bie
Verwanbtschast bes Dingo mit bent intettigenten Scha-
ferhunbe; fte ergiebt sich leicht aus ber Ausicht ber fast
gleichgebilbeten Schabel beiber (Fig. 245. 246.). Ver-
gleichungen, wie sie Hier burch wenige Abbilbungen er-
moglicht sinb, lassen sich aus interessantere unb lehrreichere
Art an achten Raeenschabeln allein fortsetzen; sie sittb
jeboch allezeit schwierig unb erforbern, zumal wenn bas
Material reichlich vorhanben ist, einen hohen Grab von
Uebung unb Sachkenntnih, iitbeut auch auf weit schwieri-
ger aufzufinbenbe Verhaltuiffe, z. B. auf bie Stellung
ber Jochbeine, bes Unterkiefers u. s. to., genaite Ruckficht
ju nehmen ist. Die Bewegungsorgane fertter sinb bei
Feststellung bes Rayenbegriffes von entschiebener Wich-
tigkeit. Ziuar bleibt bei ben nteisten bie Zahl ber Zehen
ziemlich bieselbe, allein bie Lange bes Uitterfuhes unb sein
Verhaltnisi zur Lange unb Hohe bes Korpers ist unt so
tttehr ber Veranberung unterworfen, als gerabe bie Bil-
bttitg bieses Theils mit ber Fertigkeit iut Springen unb
ber Schnelligkeit bes Lattfes in engen Beziehungeit steht.
Den Anatomen sittb feine Unterschiebe im Knochettbatie
bieser Theile bekannt, bie, bei verschiebenen Raxeit bestatt-
big, hier nicht suglich erlautert werben tonnen. Auch bie
Zahl ber Schwanzwirbel giebt einigen, wenn auch nicht
bebeutenben Anhatt zur Charakteristik ber Ra^en. Von
den Sinuenvrganen sind nur bie bes Geruchs unb Gehors
tit aiigefuhrter Beziehung bebeutsam. Die Attgeit be-
Haupten bei allett Huiideraoeit gleiche Stellung unb Bil-
feung, nicht aber bie Nase, noch bie Ohren. Ittbent von
ber Lange unb. bent Umfange ber Nasenhohlen bie Scharfe
bes Riechsinnes abhangt, unterliegt bas Profil bes Kopfes
je nach ber Raye ben erheblichsten Abanberungen, bie in
ihren Ertrem en als lang zugespitzte Schnauze bei Wiiibhund
unb Huhiierhuiib, als breites, geruiibetes unb kttrzes Ge-
sicht am stumpfsinnigen Bullenbeisier auftreten. Cha-
rakteristisch ist enblich bas ausiere Ohr, ittbent es betueg-
licher, grotzer ober aufrechter sein kann je itach ber Ra^e.
Nicht uninteressant ist bie Bemerkung, basi ein sehr be-
iuegliches, meist steif aufrecht getragenes Ohr vorzugsweis
solchen Hunben zukomint, welche, mehr im Freien lebettb,
minber verweichlicht unb ihreut Urcharakter treuer geblie-
bett sittb, auf Kampf gefatzt sein unb itt bestanbiger Auf-
merksainkeit verharren muffen. Es kann in bieser Hitt-
sicht nicht leicht einen scharferen Unterschieb geben, als
zwischen bent Halbwilbeit Schaserhunbe unb bent att Skla-
verei gewohnten, gutmuthigen Pubel ober gar bent eut-
arteten Bologneser, att welchem bie bas Ohr Hebenben
Muskelit geschwunben, Hingegen bas Ohr selbst zur un-
gewohnlichen Grosie entwickelt ist. Von sehr geringer
Bebeutuiig ist, wie schott erwahnt, stir systetnatische Zwecke
bie Beschaffenheit unb Farbung bes Haares, indeni kein
Theil bes Thierkorpers burch Cttliur ober Einstusi bes
Klima's so leicht unb so schnell veraubert wirb, als ge-
rabe bieser.
Die von Friebr. Cuvier angegebeue systematische Ein-
theiluug ber Hunberaoeit ist nicht allein von ben vorhatt-
benett bie einfachste, sonbern bertihi wesentlich auf genauer
Wtirbigung ber angeftthrien charakteristischen Eigenthum-
lichkeiten bes Korperbaues, zttutal aber bes Schabels.
Sie fucht bie Abarten in folche Neihefolge zu stellen, basi
biejenigen, welche den wenigen fur wirflich wilb gebaltenen
Arten am nachsten kommen, alfo bie Urgestalt bes Htinbes