Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Fleifchsreffer. '
gleicht der rauhfusiige Hund der Hasenindier
(der Hund vom Mackenzieflufse, Fig. 257.) dem Fuchse
durch ungewLhnlich schlanken Bau, sehr scharf zugespitzte
Schnauze, aufrecht fpitzige Ohren und dickbuschigen,
ivenig nach oden gebogenen L>chtoanz. Durch die ;chnee-
weisie Winterfarbung seines im Sommer braunschattirten,
schwarzgrau gesteckten, sonst dichten und seidenurtigen
Pelzes erlangt er eine solche Aehnlichkeit mit dem Eis-
suchse, das; Eingeborene mancher ©egenben, too, toie am
Barensee, der Eisfuchs eden so Hanfig als der rauhfusiige
Hund vorkommt, deide fur identisch Halten und im letz-
leren nur die gezahmte Forne des ersteien aneelennen.
In seiner Heimath dellt dieser Hund niemals; das von
Franklin und Richardson nach England gedrachte Paar
dlied, von dellenden Vertoandten umgeden, stumm, und
nur das in London gedorene Junge erlangte die gelvohn-
liche Stimme. Den Bewohnern der unfreundlicheu Ufer-
gegend des Mackeiizieftusses ist dieser Hund, ungeachtet
seiner geringen Grose, von vielem Nutzen. Er ist nicht
stark genug, um das Wild nmzureisieit, laust ader aus
breiten, dichttootligen Fusisvhlen undehindert uber die
gesrorenen Schneeflachen und halt das uderall durchdre-
chende Elemi- und Rennthier aus, dis der Jager Herdei-
kommt. Dem Glauden au seine direete Abstammung
vom Eisfuchse steht ubrigens der toichtige Umstand entge-
gen, das seine Pupilte rund, nicht toie andem ein Nachtleben
fuhrenden Fuchse zugespitzt ist.
Als ziemlich nahe Vertoandte des Eskimohundes darf
man den Spitz, den lapplandischen, sidirischen (Fig. 259.)
und islandischen Hund (Fig. 258.) detrachten, die zusaiit-
men als Spielarten des Schaferhundes (Fig. 247f.
248°. 260. 261.) gelten tonnen. Nach Buffon soll der
letztere vor alten anderen dem Urtypus am meisten tren ge-
blieden sein, in alten dewohnten Landern, gleichviel aus
toelcher Stuse von Bilvung die Einwohner stehen ntogen,
bie Mehrzahl der Hunde ihm verwandt erscheinen, seine
Urform endlich nicht verloren gegangen sein, toeil sie, mit
mchlichen Eigenschaften in Verdindung stehend, abfichtlich
erhalten tourde und das Leben unter Landleuten ziemlich
frei von senen Einftussen ist, toelche aus die Hunde groser
Stadte vertoeichlichend und umandernd einwirkeit. Matt
fanit indessen dieser 2lttsicht nicht deistimmen, sonach den
Schaferhund nicht fur den tretten Reprasentaitten des ver-
lorenen Urstammes halten, wenn.man die Erfahrung
kennt, das Daner und Umsang der Cultur der Thierrayen
am sichersten aus der gesteigerten Jntelligenz und daher
aus Enttoickelung des Hirns zu deurtheilen sei. Am
Schaferhunde sind ztoar Schnauze und Ohren sehr zuge-
spitzt, attein der Vorderkops ist nicht nur sehr getoolbt,
sondern auch der Onerdurchmesser der Hirnhohle sehr be-
deutend, Verhaltnisse, die in gleich gunstiger Art dei keinem
toilden Thiere der ganzen Familie vorkommen und zum
Schlufse derechtigen, das auch der Schaferhund von dem
toilden Urvater seines Stammes sich toeit entfernt Haben
muffe. Erzahlungen von seinem Scharfsinne, seiner Ge-
lehrigkeit und seiner Treue sind sicherlich als Betoeise nicht
erforderlich, da ihn Jedermann kennt und seine Leistun-
gen taglich zu bevbachten Gelegenheit hat. Durch Leich-
tigkeit und Schnelle im Lernen ubertrifft er alle andere
Hunde und erlangt Fertigkeiten nicht durch langsamen
und genauen Unterricht, sondern, durch ein bei Thieren
ungetoohnliches Begreifungsvermogen unterstutzt, gleich-
sam von selbst und ohne seinem Herrn besondere Muhe
zu machen. Mit diesen vortrefflichen Eigenschaften ver-
bindet er eine vffenbare Lust an den eigenen Biidnngs-
fortschritten, Geduld, Ausdauer, Muth. — Der Bieh-
Hund ist dem Schaferhunde ettoas entfernter vertoandt,
allezeit grvser und hochbeiniger als dieser, niemals kraus-
Haarig, vielmehr meistens durch sehr kurzes und glattes
Haar ausgezeichnet, ubrigens der Abanderung nach dem
Vaterlande um so mehr untertoorfen, je toeniger man
aus Erhaltung eitter guten Raye Sorgfalt zu toendeu
Pstegt. Vietleicht ist der Viehhuiid fogar nur vergangliche
Mittelform, entstanden durch Kreuzung des Schaferhundes I
Saugethiere.
mit dem englischen Dachshunde oder irgend einem ahn-
lichen Rayenhunde. Wie durch langfortdauernde kunst-
liche Eintoirkung endlich selbst der naturliche Tyhus um-
geandert toerden konne, betoeist die Erfahrung, das
Viehhnnde, toelchen man gemeiulich den Schtoanz stutzt,
zuletzt schtoanzlose Junge toerfen. In Schottland sollen
dergleichen verstummelt geborene Hunde, die titan dort
self-taited dogs nemit, ziemlich Hanfig sein. 2liich mit
dem Fleischerhunde Hat der Viehhnnd Vertoandtschaft
und erzeugt mit ihm durch Verpaarung manche Mittel-
schlage. Seine Jiitetligenz ist ubrigens gering, sein Na-
turelt gemeinlich bosartig, indessen ist er dankbar gegen
seineir Herrn, besitzt vieten Muth. und Klugheit genug,
um das Rindvieh, tveiches er toor sich her treiben toilt,
nur von hinten aiizufatten und in die Beine zu beitzen.
Ebensv toie die Spitzhunde, so bilden auch die Dachs-
Hiinde eine besondere, toemt auch minder umfangliche,
durch verhaltnifimåhig grosien, aber platte« Kopf, mittel-
lange, spitzige Schnauze, anfrecl-te Ohren und sich sehr
gleichbleibende Farbung ausgezeichnete Gruppe. Die am
kleinen Dachshunde (Dachsel) so auffalligen kurzen und
sonderbar verdrehten Beine tonnen nicht fuglich unter die
Kemizeichen aufgenommen toerden, indeni die auch in
Detttschlaitd nicht seltenen englischen Dachshunde
(Fig. 262.) gerade, toenn auch im Verhaltnisse kiirze Beine
haben. Fast alle Spielarten dieser Hunderaye gleichen sich
durch glattes, glanzendes Haar, die pechschtoarze Fårbung
der obereit Korperseite, die rostgelbe Unterseite und die
rostgelben Flecken oberhalb der Augen. Nur der schot-
tische in England sehr gesuchte Dachshund (Fig. 263.
264.) , den auch Walter Scott sehr lieb Hatte und durch
eine lebendige Beschreibuitg beruhmt machte, bildet eine
Ausnahme, dente er ist nie von reiner Farbung, soitdern
schmutzig iveisi, braun um Augen und Ohren, steht vorn
hoher als hinten, Hal eine kurzere und stumpfere Schnauze,
als der glatte Dachshund, nicht glattes, sondern zottiges
Haar, toelches im Gesicht und auf der Schnauze die Be-
schaffenheit steifer, toenn auch gekrummter Borsten an-
ninimt, und ist bald mit auftechten, bald mit Halbhan-
genden Ohren versehen. Atle Spielarten besitzen ubrigens
ein eben so scharses Auge als feiite Nase und eignen sich
daher sehr zur Aufsuchung kleiner Sauglhiere und sogar
des Fuchses und Dachses, deren Bane sie allezeit entdeekeu.
Mit dieser Sinnenscharfe verbinden sie vielen Muth und
ivahre Jagdlust und sind darum, zumal in England, nicht
selten zum Rattenfange abgerichtet und fogar zu offent-
lichen Schaustellungen benutzt toorden. Einigen ist es
fogar gelungen, durch Muth und Getoandtheit, die sie im
Kampfe mit grohen Zahlen lebend eingefangenen Ratten
betoiesen, sich einen Namen zu ertoerben. Englische Zei-
tungen berichteten bisiveilen uber diese Schlachten mit ei-
nem Ernst und einem Eiser, die mindestens deutschen Le-
sern ettoas komisch dunken muffen. Ein besonderer in
England und Schottland haufiger, in Deutschland feltener,
fehr langzottiger Blendling des fchottifchen Dachshundes,
des Schaferhundes oder des rauh- und kurzhaarigen
fchottifchen Windhundes, der Lurcher der Englander
(Fig. 247 d.), unterfcheidet sich durch dickere Glieder und
gleichmahig gelbe Farbung von alten bekannten Spitzhun-
ben. Man bedientsich feiner mit vielem Erfolge, um Haasen
und Kaninchen des Nachts einzufangeii. Ausgeruftel mit
sehr seinem Geruchsinn schleicht er sich vorsichtig an diese
heran, toahrend sie im Freffen begriffen sind, und packl vie
nteisten auf den ersten Sprung.
Unter den durch herabhangende Ohren und mittellange
Schnauze keimtlicheii Raeen verdienen Pudelund Wach-
telhund vorzugstoeise Nennung, denn sie zeichnen sich
nicht allein durch Gelehrigkeit, sonderu auch durch Zuitei-
gung gegen ben Menschen aus. Alle in biese Abtheilung
gehorenbe Hunde haben langes, ost seidenartiges, andere-
niale kranses Haar, breite, aber Hangende Ohren und
einen ungentein verstandigen Ausdruck des Gesichts. In
England und Frankreich bedient man sich des Pudels, von
toelchem mehrere Spielarten bekannl sind, zur Wasserjagd,
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andertoarts schatzt man ihn toegen seiner Jntelligenz und
Gutmuthigkeit als Gesetlfchaster. Mit Niirecht Halten
zunstmasiige Jager es unter ihrer Wurde, ihn zu gebrau-
dien, benn toohlbressirt ist er, zumal bei ber Hnhnerjagd,
ost toeit brauchbarer, als ein Huhnerhund. 3nt Nebrigen
zerfallt auch bie Familie ber Pubel toieber in mehrere
toirkliche Spielarten, theils auch in Blenblinge, bie, aus
Vermengung mit Spitz, Schaferhund ober Wachtelhunb
entstanden, eine so mannichfaltige unb vergangliche Ge-
staltung und Behaarung gemahren lassen, dasi sie aus-
zuzåhlen eine eben so nutzlose als schtoierige Arbeit sein
totirbe. Die toirklichen Spielarten bes Pttbels unter-
scheiben sich theils burch Grosie, theils burch bie Befchaf-
fenheit ihrer Behaarung; als Beispiel fontten in erfterer
Beziehuitg ber sehr entartete Bologneser unb ahnliche
Schvvhhunde bienen, wahrend bie mannichfachen Schaaf-
unb Seibenpubel Beifpiele von sehr bebeutenber Umait=
berung bes Haares barbieten. Eine englische Spielart
(Fig. 247°.) ist grofjer als ber gemeine bettische Pubel,
kraftig gebauet, mit langent Lockenhaar versehen unb als
geschickter Taucher ben Entenjagern von vielem Nutzen.
— Der calabresische Walfshunb (Fig. 265.) ist
bon reiit toeisier Farbe, ztoar leichter gebauet als ein
Neufunblanbhunb, inbesseit kraftig unb muskulos unb
Hat langes, toallenbes Haar. In ben gebirgigen Abruz-
zis, too Wolfe nicht ztt.ben Seltenheiten gehoren, betoacht
unb vertheibigt er bie Schaafheerben unb legt gegen Frentbe
nicht toeniger Hasi zu Tage, als seine Herren, bie er aber
an Gutmuthigkeit unb Bilbungsfahigkeit ubertrifft. —
Die Hunbe von Labrabor (Fig. 247°.) unb Neu-
funblaitb (Fig. 266. 267.) toerben ost verwechselt, sinb
aber beutlich verschieben. Der Htiitb von Labrabor ist
sehr grosi unb minbestetts allemal von grosierer Statur
als ber dafur robuster unb gebrangter gebauete unb burch
Hvhere Jntelligenz ausgezeichnete Neufunblanber. Ein
in Lonbott lebenber gab bei genauer Meffung folgenbe
Verhaltnisse: gattze Lange, ben Schtoanz einbegriffeti,
6 Fusi 3 Soft etigl. ; Hohe an ben Schultern 2 Ftttz 6 Zoll;
Lange bes Kopfes 11 Zoll; Untfang uber ben Brustkasten
gemeffen 3 Fusi 1 Zoll. Es scheint biese Abart ziemlich
toeit uber bas arktische Amerika verbreitet zu sein, benn
auf bie von ber Labraborkuste gebrachten, bort zum Ziehen
von Schlitten abgerichieien Jnbivibuen pasit auch bie Be-
schreibung unb Abbilbung bes von Capitain Roh in ber
Gegenb ber Prinz-Regent-Bai bevbachteten Zughuitdes,
ber mit bene Eskimohunde nicht verwechselt toerben barf.
— Die Neufunblanber stammen allerbings aus bent
Laitbe, besfen Namen sie tragen, sinb aber naturlich keine
amerikanischen Urthiere, sonbern bort in spaten Zeiten
unb toahrscheinlich lange nach ben ersten Colonisativns-
versuchen ber Englander (1622) durch Kreuzung eines
Schaferhundes ntit einem Windhunde oder vietleicht Jagd-
Hunde entstanden. In Europa pflanzen sie sich ztoar
leicht fort, indessen erfordert die Reinhaltung der Rase
einige Aufmerksamkeit. In unserem Welttheile ånbern
sie ab hinsichtlich der Farbung und Grosie, in Neufund-
land aber und in Canada sind fast alle reinschtoarz, aus-
genommen einen lebhaft rostgelben Fleck uber jedettt Auge
und die ettoas gelbliche Tinte itiit Nase, Kehle und Fusi-
gelenke, auch ist ihr Batt schlanker, die Schnauze minder
stumps, der Kops getoblbter, das ganze Ansehen toilder
und toeniger zutraulich. Neusttndlaitder von reiner Ab-
stantmttng haben stets ausgebildete Schtoimmhaute ztoi-
schen den Zehen, schivimmen, tauchen und ertragen langen
Aufenthalt im Wasser beffer als irgend eine andere
Hundeart. Der Monograph der Hunde, Hamiiton
Sittilh, besasi einen Nettfundlander, den ein etiglisches
Schiff in der Bai von Biscaia an einem Orte aufstschte,
too toeit tind breit kein Segel zu sehen Ivar, der also uber
Bord gefallen und viele Stunden lang Heruntgeschtovm-
men sein niusite. Auf Neufundland braucht man sie
ebeitso toie auf dem Gontinente Amerika's den Labra-
dorhund, um die mit Hvlz, gelrocknetem Fisch iiitt ahn-
lichen Erzeugnifsen ves Landes beladenen Schlitten nach