Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Saugethiere.
Vierte Vrbnung.
den Wenigen Hafenorten zu ziebeit. Jhre Zahl ist bort
so grop, bap man auf bie Stabt S. Johns allein an 2000
rechnete. Sie geniepen aber keine besonbere Behanblung
uiib tleiten bnngernb nnb stch fel6ft uberlafsen znruck,
wahrenb bie armen Einwohner in ber Zeit bes Fischsatt-
ges viele Wochen auf beiit Meere zutringen. Sie sinb
ubrigens eben fo intelligent als ihren Herren mit Treue
nnb Liebe zugethan. So viele Beispiele von Mettschen-
rettungen burch Neufnnblanber Hunbe sinb nach nnb nach
verzeichnet worben, bap es fur unttothig erachtet luerben
barf, an biefem Orte eineS ober bas anbere berfelben zn
erzahlett. Der St. Bernharbshnnb nahert sich
schott ben Bullenteisiern, unb zlvar nicht allein bnrch
Grosie, fonbern auch burch bie kurze, treite Schnauze
unb bie Gestalt ber Ohrett. llnterfchieben ist er freilich
bnrch lange, zottige Behaarung, klnges Auge unb jene
Jntelligenz, ohne welche es ben ivackern Monchen bes St.
Bernharbsterges nicht gelungen fein wurbe, ihn zu einem
Erretter ber im Schnee ber Alpen Berungluckten zn erziehen.
Jebermann kennt ans vielfach ivieberholten Erzahluttgen
bie Leistungen biefer Thiere, bie zu ben ebelsten Zwecken
abgerichtet wurben, wahrenb man anberwarts von jeher
sich temuhte, Hatzhunbe zu brefsiren, um ein graufames
Spiel mit gefangenen Thieren 511 tretten, ober wohl gar
ben unglucklichen Negerfelaven aufzufpuren, ber im Ur-
walbe als unstater Fluchtling Sicherheit vor ber Peitfche
bes immenfchlichen Treibers gefncht hatte. Die St.
Bernharbshunbe, bie fo vielen Menschen bas Leben gerettet
Haben, augenfcheinliches Vergnngen an ihrem gefahrlichen
Dienste fanben unb im fchlimmsteu Schneewetter ben Al-
penpasi willig burchstreisten, sinb ubrigens feit 1816 aus-
gestorben, inbent bamals bie letzten bei einem Versuche,
einen armen Piemontefer Fitsiboten in feine Heimath zu
geleiten, burch eine Lawine verschuttet wurben. Ueter
ben eigentlichen Nrfprung biefer mit besonberem Jnstinet
ausgernsteten Raye fehlt es an zuverlafsigen Nachrichten.
Zufolge einer unverburgten Sage foll ein italiemfcher
Graf, Mazzini, um Anfang bes vorigen Jahrhunberts
bie Stammvater von einer Reife nach bem Norben zttruck-
gebracht unb ben Monchen bes St. Bernharbsberges ge=
schenkt haben. Man fetzt hinzu, bah bie Rape burch
Kreuzung biefer Stammvater mit gropen Spitzhunben
entstanben fei. Seit bem Untergange berfelben haben bie
Monche Versuche mit mehrereu grosien Hunbearteii ange-
stellt, allein es ist ihnen nicht gelungen, auch nur eine
fur ben befonberen Dieiist vollstanbig zu brefsiren.
Die Jagbhunbe bilben in ber zweiten Gruppe ber
Hunbe eine grope, aber leicht kenntliche Unterabtheilung.
Der mahig verlangerte, aber fehr gewolbte unb eine lueite
Hirnhohle einschliesienbe Schabel, bie grogen, atgerun-
beten, Herathangetiben Ohren zeichnen sie ans. Sie sinb
eben nur von Mittelgrosie, allein wohlgestaltet, bnrch
Bilbung unb Verhaltnisi ber Glieber unb muskelkrastigett
Bau zu raschen unb anhaltenben Bewegungen befahigt,
meist glatt behaart, von weisier ober gelber Grunbfarbe,
ost braun ober schwarz gefleckt. Den Schwanz tragen
sie nach oben gekrummt. Sie verbinben ungemein fchar-
fes Spurvermogen, bebeutenben Jnstinet unb Gelehrigkeit
mit korperlicher Schnelligkeit unb Kraft unb sinb baher
vor allen anberen zur J^gb befahigt. Die ganze Familie
gehort wohl zu ben altesten aller gezahmten, inbent man
von jeher auf sie, als befonbers nutzliche, viele Austnerk-
samkeit gewenbet unb ben Stamm theils rein zu erhaltett,
theils zu verbeffern gefncht hat. Die alten Aegypter
unb Griechen unb nicht mittber bie Romer befasien Jagb-
Httnbe von fehr guter Ra^e, bie von ben unfrigen sich
nicht unterscheiben. Zuchteu nnb Spielarten sinb zahl-
reich, znttt Thejl wohl absichtlich herbeigefuhrt worben;
bie Entivickelung unb Vollkommenheiten ber einzelnen
Hatigt baher ebenfowohl ab von ber Abstammung als
von ber verschiebenen Erziehung unb Verwenbung in
verschiebetten Lanbern. Etivas musiig erschemt baher
ber Streit nber bie Vorzuglichkeit ber englifchen, bent-
schett ober franzostfcheit Jagbhunbe, benn bie Eigetychafteit|
biefer einzelnen Zuchten sinb keine ihnen allein beitvoh-
ttenbe, fonbern bie Aeusieruitgen einer burch forgfaltige
Erziehung mach einer Seite Hin befonbers entwickelten
naturlicheu Befahiguttg bes ganzen Stammes.
Matt vermuthet, basi bie bengalifch e Bracke (Fig.
268.) nitter allen Jagbhunben von reinfter Herkunft fei.
Lange Zeit war fowohl bie Stettung biefes fchonen Thie-
res nitter ben ubrigett Hunbett, als auch fein Urfprung
zweifelhaft, benn man rechnete baffelbe zn ben Winbhun-
bett unb gab Dalmatien als fein Vaterlanb an. Etivas
abweichettb bon ben ubrigett Jagbhunben burch Gestalt
komtut biefe inbifcheVarietat mit ber Gruppe, zu Ivetcher
sie hier gesteltt wirb, theils burch Schabelbilbung, theils
bnrch Neignugen unb enblich bnrch Buntheit ber Farbung
nbereitt. Auf bent weihett Felle stehen zahlreiche, kleitte
fchwarze Ftecken, bie Ohren sinb kurzer als bei ben ver-
wanbten Spielarten, aber felten genatt zu bestimnten,
inbent bie barbarische Mode Herrscht, sie knrz atzufchttei-
bett. Es fcheint, basi man biefett Jagbhunb, ben Eittige
fur ivettig brauchbar unb mit fchlechtem Riechvermogen
verfehett befchreiben, Anbere aber gerabezu empfehlen,
fchon itit Mittelalter, wohl uber Aegypten, nach Venebig
ttttb Dalmatien gebracht unb von ba ans fpat unb lattg-
sattt uber Europa vertreitet hat. In Bengalett ist er
Hattsig, fehlt auch nitter ben fchon erwahnten Pariah-
Httnben nicht unb fcheint von einer Art kleiner Wolfe,
bem Kttla (Lyciscus Tigris), abzustammen, bie fchon
ben Griechen bekamit war unb Veranlasfung zu ber alten
Fabel von Tigerhunben gegeben haben mag, bie, angeblich
ans ber Vermifchung von Tigern mit Htinbiniten ent-
fprungen, ausierst fnrchtbare unb unzahmbare Geschopfe
gewesen fein unb bie Gestalt ber Mutter mit ber Grosie
unb Farbe bes Vaters verbnnben haben follen. — Der
vorzugsweis zur Hirschjagb verwenbete Treibhnnb
ober fraitzosifche Parforeehuub (Fig. 269. 247 h.) nahert
sich burch Buntheit ber eben befchriebettett Spielart, ist
etwas grosier als ber genteine beutsche Jagbhuttb, an ben
Schultern 20—22 Zoll Hoch, hat einen langlichen Kopf,
breite Srirn, lang Herabhaugenbe, an ber Wurzel breite
Ohren unb langgestreckten Bau. Auf bem weihett Felst
stehen unregelmasiige, grosie, braune ober fchwarze Flecken.
— Ehebent genosi ber Stoberh ttttb ober bie Steitt-
bracke grosie Gunst, wirb aber jetzt iveniger gebraucht,
obgleich fein Spurvermogen ungemein fcharf ist. Er ist
weber so grosi ttoch so fluchtig als bie ihrerseits tief tinter
bem achten Fuchshunbe stehenbe Bracke nnb sagt baher
benjenigen Jagern nicht zn, bie gerauschvolle unb aufre-
gettbe Verfolgung bes Wilbes titehr als eine rnhige Jagb
liebett. Die Steinbracke wirb genteinlich nur zur Hafett-
jagb, ber englische Fnchshuttb gegen Hirsche nnb
Fnchse gebraucht; welche Ansbauer, Kraft unb Sinttett-
fcharfe bie letztere Raee besitzt, geht wohl am Ueterzen-
geiibsten aus ben Berichten uber jene grosien Fuchsjagben
hervor, welchett bekamttlich bie reichereit Ettglattber mit
Leibenschaft ergeben sinb, unb beren Refultate in befon-
beren Zeitschriften mit unbegreiflicher Weitschweisigkeit
ztisammengestellt iverben. Der nicht mittber beruhmte,
gegenivartig fehr seltene unb, wie es fcheint, im Ans-
fterben begriffene altenglifche Schweihh tt ttb (Fig.
270.) stellt wahrscheinlich eine uralte ©tanimru^e bar,
ist hoch unb kraftig gebaut, Hat einen ungemein etttwickelteit
Brttstkastett, Hangelefzett, tiefliegenbe Attgett, breite unb
lange, tief tinten nut Schabel angebrachte Ohren, eine
breite Nafe, tveite unb allezeit feuchte Nasenlocher. An
ber achten Ra^e war bie Farte flets schwarz, mit Ueber-
gang in rostgelb tttti bie Schnauze unb an ber Jnuenseite
ber Glieber. Eine ihrer Spielarten bttrfte ber in alten Wer-
ken erwiihnte Talbot (Fig. 2476.) gewesen sein, ber sich
burch schmachtigeren Bau unb grosie Schnelligkeit tititer-
fchieb, ubrigens aber so stark war, basi man ihit atts-
schlietzlich zur Hirschjagb verwenbete. Von ihtti stamnit
wahrscheinlich ber leichtere unb schnellere Ftichshttnb ab.
Der achte Schweisi- ober Bluthunb (Fig. 271.)
war von jeher tvegen seiner ungemein scharfett Nase
unb seiner Unermitblichkeit teruhmt unb ivttrbe baher
nicht allein zur Verfolgung von Wilb, fonbern auch von
Menschen abgerichtet. Ein Bluthunb ber reinen, aber
jetzt felteffen Mate ist ohngefahr 28 Zoll hoch, muSkulos,
stark unb gebrangt gebauet, hat einen tretten Vorber-
kopf, nach nitten verschmalertes Gesicht, lueite Nasett-
locher, grope, att ber Wurzel treite Hangeohren, kluges
Ansehen, tragt ben langen Schwanz wahrenb ber Ver-
folgung bes Wilbes nach oten gekrumint nnb lasit bmttt
zugleich ein tiefes, weitschallenbes Getell vernehinen.
Jnbivibuen von achter Raye sinb ohtte Ausnahnte von
rothlicher Lohfarte, bie nach bem Rucken hin grabweis in
Schwarz utergeht; bie Schnauze istgeltlich. Die schwar-
zett Flecken oterhalt ber Attgett, bie ihnen Pennam als •
charakteristisch zuschreitt, sinb keinesiueges vorhanben.
Die Atrichtuitg bes in alten Zeiten Hochgeschatziett Blut-
Huttbes lutirbe tu Eitglattb sehr systematisch tetrieten.
Matt liesi ben jungen Huttb ztterst in Begleitung eittes al-
ten bas Wilb auf kurze Entfernung verfolgen unb gat
ihtit ztitit Lohite ein Stuck bes Fleisches. Grabweis wttrbe
bie zu burchlaufenbe Entfernung vergrohert, tis ber Lehr-
littg ohne Begleitung bas Wilb zu verfolgen verstanb.
Auch pflegte man einen Mattn, beffeit Schuhe mit Hirfch-
tlut testrichen worben, eittige Meilett vorauszufettbett,
uttt ben Hunb zur Attffpuruttg zu gewohttett, nnb er-
zog ihn Hierburch ben fliehenben Dieteit ztittt gefahrlich-
stett Gegtter, bettt, ivetttt er eintttal bie Sptir Hatte, ttur
mit ausierster Schwierigkeit zu entkotttmen war. Nach
Walter Scott Hielt bie schottifche Familie ber Bueeleuch
tis zur Mitte bes vorigen Jahrhunberts auf ihren ttteist
att ber englifchen Grettze gelegenen Gutern ausgezeichnete
Schweisihunbe, uttt sich vor Rantereien zu schutzett. Bru-
ce, ber Heroifche Konig Schottlanbs, wurbe tei tttehrerett
Gelegenheiten burch Bluthunbe verfolgt ttttb entkain ein-
ntal babnrch, basi er eine ziemliche Strecke iveit einen Bach
Hinaustvatete unb stch bann auf bie itter bas Waffer Han-
genbett Aefte eittes Bauittes nieberliesi. Als sicherftes
Mittel utr trv.f.'.k L " eg(
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Bltttes geleitet, aufzufittbett. Der Leithunb ist unter-
fetzter als ber eten erwahute, hat kurzerett ttttb treiteren
Kopf, starkere Schnauze, kurztehaartes, geltliches, ost
geflecktes Fell, bient zur Auffuchung vereinzelter Hirfche,
ivohl auch ber Wilbschweine, wirb ater nur ba angetrof-
fen, wo bie Hetzjagbett ttoch im Getrauche sinb. — Dah
auch bas tropifche Afrika Schweisihuttbe von fehr guter
Ra^e tesitze, erfuhr titan, als Denhant, von seiner
erstett Reise rttckkehrenb, einige (Fig. 272. 273.) nach
London trachte; sie wurben in ber bamals ttoch testehenben
Menageriebes Towers eingesperrt unb fuhlten sich attgen-
scheinlich sehr nnglucklich, ba sie ihr Leten Hittburch ge-
wohnt gewesen tvarett, Antilopen auf ben unntersehtaren
Eteiten bes inttertt Afrika zu jagen. Nach Denham's
Erzahluttg folgett sie itietttals bem fliehenben, wie bie
Jager sagen, bem Hakett schlagenbett Wilbe attfUtttwegett,
sonbern laufen, von untruglichem Spurvermogen geleitet,
gerabeaus unb treffen mit bent verfolgten Thiere an bettt