Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Fleilchsteffer.
Saugethiere.
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Otte toieber zttsummen, too dieses die varige Richtung
von Neuem ergreist.
Der Bluthund von Cuba (Fig. 274) flammt von
jenen Hunden, die Anfang des 16. Jahrhunderts in Anie-
rika eiiigefnhrt und von den Spaniern nuf das Unmensch-
lichste zur Vertilgung der wehrlosen Ureinwohner gebraucht
wurden. Als die Maronenneger auf Jamaika (1798)
mit getoohnlichen Waffen unbesiegt blieben und der Anf-
stand immer drohender wurde, liesi die englische Regierung
aus Cuba Negerjager mit ihren Hunden kommen. Die
Nachricht von der Ankunft derselben genugte, um die
gegen jede andere Bekampfung furchtlosen Neger zur Un-
terwerfung zu veraulassen. Ju Cuba wendet man auf
Erhaltung der reinen Raye viele Aufmerksamkeit uud
gebraucht diese verhaltuipmahig theuren Hunde theils zur
Verfolgung der entlaufenen Neger oder der Nauber und
Verbrecher, an welchen jene Jnsel einen traurigen Ueber-
flusi besttzt, theils zur Bewaltigung wilder Ochsen. Sie
sind von gelblich brauner Farbe, schwarzltch um die
Schnauze, die kurzer und spitziger ist als am gemeinen
Bluthunde, von welchen diese westindische Ru^e sich uber-
Haupt durch kurzere Beine unterscheidet. Die Gestalt des
Kopfes erinnert an die englische Dogge und rechtfertigt
die Vermuthung, das dercubanische Bluthund keine eigent-
liche Ra?e reprasentire, souderu nur eineklimatischeSpiel-
art barstelle, die zwischen SchweiHhunbe und Dogge das
Mittel Halt. — Der Huhnerhuud stammt aus Spanien
und ist mit dem franzosischen Parforcehunde nahe ver-
wandt, indessen in so vielen Spielarten vorhanden, basi
man kaum die Urraye anzugeben vermag. Die antzer-
ordentlichste Schurst des Riechvermogens zeichnet ihn vor
allen anderen Jagdhunden aus.
Dritte Gruppe. Doggen. Schuauze stumpf;
Schadelgewolbe Hoch, Stirnhohlen grosi; Gelenkkopst
des Nuterkiefers oberhalb derLinie der oberen Backenzahne
eingelenkt; Kopf breit; Ohren klein, halbhangend; Hun-
gelefzen; Hals, Huften und Beine sehr entwickelt und
stark; Schwanz emporstehend; Bau uberhaupt sehr
kraftig.
Unter allen zahmen Hundera^en tragt keine deutlicher
die Zeichen eines besonderen Ursprungs an sich als diese,
die fchon durch den ungemein starten Bau und den lucki-
schen, wilden Ausdruck des Auges sich als verschieden zu
erkennen giebt. Die auffaNige Grosie des Kopfes ist Hier
teineswegs Folge einer sehr bedeuteuden Entwickelung
des Hirns, sondern nur der Kaumuskeln, die an eine
hohe, uber den Schadel verlaufende Knocheuleiste besestigl
sind. In Bezug auf Jutelligenz ist diese Gruppe nicht
entfernt mit den schon besprochenen zu vergleichen, uber-
trifst sie aber durch entschlossenen Muth und Kampstust.
Phlegmatisch, aber der Kraft sich bewusit, suchen Doggen
nicht leicht Landel mit anderen Hunden, vermengen sich
kaum mit ihnen und erscheinen daher meist in reinerer
Form als die anderen, nach allen Richtungen durch Blend-
lin^e in einander ubergehenden Ra^en. Zum Zorne
toenig geneigt und ernsthaft, ertragen sie Neckereien einige
Zeit, greifen aber bel fortgesetzter Reizung ohne vorgan-
gige Warnung und ohne viel zu bellen von vorn an, ge-
brauchen, im Vertrauen auf ihre Starke, niemuls List,
suchen den Gegner vor Allem niederzuwerfen, beisien ihn
aber nicht, wenn er sich ergiebt und Widerstand unterlasit.
Sie Haben Begriff von Eigenthum, sind vortreffliche und
muthige Wachter, zumal auf dem Lande, Hangen ztoar an
ihren Herren, drangen sich uber denselben nicht uuf. Das
Spurvermogen ift in ihnen zwar nicht entfernt fo ent-
toickelt, toie un Jugdhunden, keinestoegs uber fo gering,
toie man gemeiniglich annimmt. Sie stehen in den mel-
sten diefer Beziehungen getoisferniaasen ijolirt, sind ztoar
feit dem Alterthume uber einen sehr toeiten Bezirk ver-
breitet, nirgends uber Huufig und fpielen niehr die Rolle
unabhungiger Verbundeter uls untertourfiger Diener,
obgleich sie nirgends mehr im toilden oder Hulbtoilden
Zustunde ungetroffen toerden und duher uls vollig unter-
sochtanzusehen sind. Die untergegungeiie Species, von
toelcher sie entfprungen, Hat touhrfcheinlich Verwunbt-
fchaft mit dem fchtoarzen Wolfe (C. Lycaon) befefsen
und Hochasten betoohnt, too noch jetzt, in der thibetunischen
Dogge, die vollkommenste Form der ganzen Ra?e gefun-
deu toird uud fchon, zufolge sehr alter Berichte, lange vor
dem Zuge Alerunders eine Hunderaye eristirte, deren
Grosie und tonnderbure Sturke zur Entstehung mun-
nichfucher Fubeln Verunluffung gab.
Die'englifche Dogge (Fig. -75 b.) fonunt felten
ganz reiii vor, weil man die Zucht burch Kreuzung mit
Schweihhunben und uhnlichen grohen Jagdhunden zu
verbeffern gesticht Hat. Sie ist sehr grof;, toenn von reiner
Abstummung lederfarben, dunkler run Schuauze und
Ohren, fonst, zumal die in Deutschlund vorkommende
Zucht, toeip, mit grosien fchtoarzen oder rothen Flecken
verfehen, hal dicke Hangelefzen und gemeiniglich eine
funfle Zehe an den Hinterfusien. Sie tour fchon den
Romern bekunnt und um fo gefchutzter, fe mehr sie sich
eignete, eine Rolle in den blutigen Spielen des Circus
zu ubernehmen, welchen die Weltbeztoinger mit grositer
Leidenschaft ergeben touren. Nuchdem England romische
Provinz geworden, gab es dafelbst befondere Beumte,
welchen die Erziehung und Auswuhl der nuch Rom zu
fendenden Doggen oblag. Dort kumpsten sie zur Freude
des Voltes mit den zahlreichen toilden Thieren, welche
andere Provinzen des toeitfchichtigen Reiches lieferten,
beiluufig eine in viel fpateren Zeiten noch vorkommende
Belustigung der Konige, benn Caius, ein Naturforfcher
aus dem Zeitalter der Elisabeth von Englund, erzahlt,
dasi man drei Doggen uuf einen Bar, vier auf einen
Lotoen rechne. Der Gefchichtsfchreiber Stoto fchiidert
ferner ein Gefecht, welches in Gegenwart Jacob 1. drei
Doggen einem Lotoen lieferten. Der erste Hund tourde
fogleich am Nucken gefusit und Herumgeschleift, dem
ztoeiten erging es nicht beffer, ullein der dritte erfusite den
Lotoen an der Lippe, Hielt ihn fest, bis er durch Krullen-
Hiebe abzulaffen genothigt tourde, und uberlebte, obgleich
fchtoer Vertoundet, allein den Sieg uber den Gegner, der,
fobuld er sich frei fuhlte, erschopst und zum ferneren
Kampfe ungeneigt, uber die Hunde wegfprang und in dem
innersten Winkel feines Kafigs Sicherheit fuchte. Ob-
gleich die Dogge nicht das Riechvermogen des Schtoeih-
Hundes und der grosien Jagdhunde uberhaupt besttzt, fo
ist sie doch mit denfelben vertoandt. Man hult sie mit
ttnrecht fur fehr stumpfsinnig und will un ihre edlere
Abstamnimig nicht glauben, bebient sich uber zur Beur-
theilung der gemeinhin angeketteten Jndividuen (Fig. 276.),
die nie volle Freiheit geniesien, von oem Menschen nicht uls
vertrunete Begleiter behanbelt toerden und sonuch unter
Verhultniffen leben, toelche naturliche Anlugen zur Ver-
kummerung bringen und den Churukter ubundern muf-
fen. Die bebeutenbere Grbsie und Starke und die Ab-
neigung gegen die Jagd, toie sie an Doggen Hervortreten,
sind noch keine Betoeife volligen Mangels an Befahigung,
Benn die mannichfuchen Eigenfchuften der Jagdhunde muf-
fen in den meisten Fallen uls Erfolge einer forgfultigen,
durch viele Generationen fortgefetzten Erziehung angefehen
toerden, die ztoar ganz verfchieden geartete Wefen Hervor-
zubringen nicht vermag, aber nahe verwandte Ra^en fo
umandern kunn, dasi sie auf den ersten Blick als ganz ver-
fchieden erfcheinen, und fogar einen feststehenden ausieren
Churakter ertungen. — Die grotze thibLanischeDogge
(Fig. 278. 279.), toelche von den Eingeborenen jenes
Gebirglandes zur Befchutzung der Heerden und Dorfer
gehalten toird, durch Wildheit und ein fchreckend lautes
Gebell sich guszeichnet, ist gemeinlich von fchtoarzer Farbe,
um Schuauze und Brauengegend gelblich, mit langem,
rauhenHuar, runden, herabhangenden Ohren, aufrechtem,
langbehaarten Schwanze^ und langen Hangelefzen ver-
fehen. Ein dicker Kosts, eine am Ausienivinkel des Auges
entspringende, bis zur Schuauze reichende Hautfalte, die
mit einer andern, uber die Brauen schief herabhangenden
in Verbindung steht, geben diesem Hunde, der durch Muth
und getoultige Starke alle underen ubertrifft, ein furcht-
einstosiendes Ansehen. Den Griechen und Romern tour
diefe Raye bereits bekunnt, sie geben eine geituue Befchrei-
bung derselben und sprechen mit Verwunderung von ihren
Leistungen gegen Anerochstn, milde Eber und feltft Somen.
Unter den Spateren gedenkt ihrer nurMarco Polo. Rene
Nuchrichten uber sie erhielt mun erst vor einigen Jahr-
czéhnten, uls zwischen Thibet und dem britischen Indien
Beruhrungen entstunden. Ein Eremplar gelangte enb-
lich lebend nach London, wurde dort mit videturene nach
dem Leben gezeichnet (Fig. 278.) und von Bennett unt-
standlich beschrieben. Die beste Zucht dieser Riestithunde
wird nur in den Dorferit, keinestoegs in der Hauptstadt
Thibets angetroffen; untergeordnete, toeit geringere, aber
dennoch sehr nutzliche Spielarten sollen in den Himalaia's
Haufig vorkommen. Unterden Kettenhunben dieser Gruppe
unterscheidet man in Schottland eine toerthvolle, aber
feltene Spielart, die dort Bun-dog (Fig. 275°.) ge-
nannt, von der englischen Dogge durch geringere Grosie,
leichteren Bau und minder ftumpfe Nase abweicbt, ge-
toohnlich ettoas struppiges Haar Hat und uuf gelblichem
Grunde vertoafchene bruniie oder fchtourzliche Slreifen zeigt,
endlich die Dogge durch Wuchfamkeit, Schnelle und Betveg-
lichkeit, vielleicht fogar durch Wildheit und Muth toeit
ubertrifft. Die letzteren Eigenfchuften besitzen in Hochster
Voltkommenheit die .un die Doggen sich unreihenden
Bullenbeisier (Fig. 275". 277.), zumal diejenigen der
englischen Ra^e, toelche zwar von kleinerer, aber gedrung-
terer Statur sind als die Doggen, einen breiten und tiefen
Brustkaften und in der Lendengegend fchmuchtigen Korper
haben. Charakteristifch sind noch der bunne, aufwarts
gekrummte Schtoanz, die kurzen und kruftigen Glieder,
der breite, dicke Kopf, die kurze, hohe Schuauze, die
starken Kiefern, von welchen die untere nicht felten fo
toeit vorragt, dusi die unteren Schneibezuhne nicht uuf die
oberen puffen, die kurzen, Halbaufrechten Ohren, die toeiten
Nafenlocher und der tuckifche, Furcht einflosiende Blick.
Keine undere Ra^e ist so ganz und gut zum Kainpfe ge-
eiguet tind geneigt, keine besitzt denselben unbeugsumen
Muth und gleiche Hartnuckigkeit im Festhulten des eininal
Ergriffenen. Die Jutelligenz des Bullenbeisiers ist sehr
befchrankt, und selbst itu Verhalten zu stinem Herrtt, bent
er ubrigens tren und ergeben ist, legt er stin ranhes und
unfreundliches Naturelt zu Tage. Wahrend der Neu-
funblunder, der Duchshund und Spitz ein grosies Ver-
gniigen in der Begleitung seines Herrn sindet und luftig
ihn umfreifet, folgt ber Bullenbeisier mit murrischer
Miene, entfernt sich felten auch nur ein paar Storitte
unb blickt tuckisch unb mit unverkennbaretn Misitranen
auf bie Vorubergehenben, bie toohlthun, wenn sie sich vor-
sehen, ba Bullenbeisier nicht felten ohne vorgangige Auf-
forberung ober Beleibigung angreifen. — Der Mops
gilt gemeinlich fur eine ausgeartete Vurietut beS Bullen-
beisiers, jeboch wohl nicht mit Recht. Sein allgemeineS
Lliiseheit kaiiit allerbings un ben letzteren erinnern, ullein
biefe Aehnlichkeit ist nur eine oberfluchliche. Der Mops
bilbet fchwerlich eine Ra^e unb kunn nur bezeichnet toerben
uls ein kleiner, runbkopfiger Htinb mit unnaturlich ver-
kurzter Schuauze unb einem eng fpiralisch gemunbenen
Schtoanze. Die Schabelbilbung bes Bullenbeisiers ist
hingegen regeliiiasiig unb beutet burchaus nicht auf Ent-
artung, benn bie einzelnen Knochen beffelten stehen zu
einanber in regelmasiigen Verhaltniffen, unb bie Schlafen-
ober Kaumuskeln sinb toohl entwickelt. Im Uetrigen
beginnt ber Mops felten zu toerben unb verbient anch
nicht bie Vorliebe, bie inuit ihin ehebent als Stubenhunb
zu Thetl toerben liesi, inbent er toeber durch Jutelligenz
noch befondere Anhanglicl'keit sich empfiehlt, ein ubel-
launiges und dabei feiged Gefchopf ist.
Am Schluffe diefer gedrangten Schilderung der >oe-
stntlichsten Hundera<;en ntag noch bie Bemerkung Platz
finben, busi bie Schtoierigkeiten ihrer fystematifchen Ein-
theilung bebeutenb verinehrt toirb buret )uniere llnte-
kunntfchuft mit ben Raoen bes Alterthuntes unb buher
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