Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Fleifchfrefier.
S'augcthicre.
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^age jagt. Versehen mit sehr scharfer Nase, spurt er
leicht genug seine Beute auf, allein er erhascht sie, als
mittelmatziger Laufer, nicht durch Schnelligkeit, sondern
durch ehie gleichsormig fortgesetzte und den Fluchtling
endlich ermudende Verfolgung. Selbst verfolgt, flieht
er, die Nase fast an den Boden gedruckt, wahrend sein
Auge wie Feuer glanzt und das Haar auf Hinierhals
und Schultern sich emporstraubt. Findet er sich auher
Gefahr, so permindert er die Schnelle seines Lauses, Hedt
den Kops schnuffelnd enipor und schlagt mit bem buschir-
gen Schwanze, den er wahrend der Flucht gesenkt und
ungezogen tragt, wie triumphirend um sich Her. Zum
^anipse gezwungen, vertheidigt er sich und tobet meist
elnige Hunde. Die Kirgisen richten deshalb zu seiner
Verfolgung eine grohe Falkenart ab, die sich auf ihn
Uieberlaht und ihm die Augen aushackt. Er ist ubrigens
so vorstchtig und mihirauisch, dasi es ungemein schwer
Halt, ihn in Fallen zu fangen. Ein irgend verbachtiger
Gegenstaub veranlasit ihn zum Umkehren. Seine Kraft
ist ungeheuer und liegt zumal in den Muskeln des Kopfes,
Halses und der Schultern; er vermag ohne Muhe ein
Schaaf sortzuschleppen und trennt mit jedem Bisse ein
Stuck Fleisch vollkommen los. , Verzweifelte Kampse
fallen zwischen Wolfen Haufig vor und enden stets mit
dem Tode des Unterliegenden. Man sagt, dasi die durch
Flintenschusse verwundeten von ihren Gefahrten zerrissen
und ausgefressen werden. Jhre Verdauung geschiehi
schnell und erklart den uuersaiilichen Hunger, der nothi-
genfalls mit Aas gestillt wird. Die Wolfin tragt 11
Wochen und wirft Anfangs April in irgend einem Ver-
steck 3—4 (oder nach Anderen 5—9) blinde Junge, die
sie mit ausierster Wuth vertheidigt und gegen den Wols
in Schutz nehmen muh, der eine grosie Neigung Hat, seine
eigenen Nachkommen aufzufressen, dieselben aber schont,
sobald sie die Periode Hilstoser Blindheit uberstanden
Haben, und endlich in der Jagd unterrichtet. Das rauhe
nnd verlangerte Geheul des Wolfes bringt, in einsamen
Gegenden weithin schallend, einen schauerlichen Eindruck
Hervor. Die mittlere Hohe betragt an den Schultern 2
Fusi 3 —6 Zoll. Am sudlichen Abhange der Phrenaen
konimt eine schwarzliche Spielart (Canis Lycaon) vor,
Von der man wohl mit Unrecht erzahlt, dasi sie weit
Wilder als der gemeine Wols sein soll. Eine weisie, in
den Ardennen gefangene Wolfin (Fig. 290.) lebte tangere
Zeit in der pariser Menagerie.
Ungeachtet seiner grohen Wildheit lasit der Wols, jung
eingefangen, sich dennoch zahnten. Friedr. Cuvier spricht
von einem gezahmten Wolfe, der von keinem Hunde Hin-
fichtlich der Anhanglichkeit ubertroffen wurde, kanut fres-
seu wollte, als sein Herr ihn verlassen und an die pariser
Menagerie abgeireien hatte, und erst nach geraumer Zeit
an seine Umgebungen sich gewohnie und Zuneigung gegen
seine Warter verrieth. Nach 18 Monaten kehrte sein
ehemaliger Herr von einer Reise zuruck; er erkannte ben-
selben sogleich und legte die grohte Freude uber das
Miedersehen zu Tage. Erneuete Trennung und noch-
maliges, jedoch erst nach drei Jahren eintretendes Wieber-
bersehen brachte denselben Eindruck auf den Wolf Hervor,
der die Warter zu beisien drvhte, als sie ihn zu entfernen
versuchten, endlich, als sein Herr nvchmals schied, ernstlich
krank wurde und von Zeit au gegen alle Nnbekannte sich
wild und bosartig bezeigte. Solcher Beispiele giebt es
mehrere; sie beweiseu, dah der Wolf zahmbarer ist als der
Dingo und erklaren seine im zahmeu Zustande vorgekom-
meue Vermeuguug mit dem Haushunde und die Entstehung
solcher Bastarde (Fig. 291.), wie sie unter andern i. I.
1828 eine londoner Menagerie (Wombwell's) besah.
Der gemeine nordamerikanische Wolf unter-
scheidet sich in einigen Punkten von dem europaischen und
stellt vielleicht eine besondere Art dar. Es fehlt ihm das
klapperofirre Anseheu, die langen, spitzigeu Kiefern, die
Hohen Ohren, langen Beine, kleine Supe und bunne Len-
bengegenb unseres Wolfes. Sein Kops ist runder, die
Stirn gewolbter, die Schnauze stumpfer, der Korperbatt
gedruugener, der Schwanz buschiger. Richardson Hat in
seiner nordamerikanischen Fauna eine Menge von Spiel-
arten beschrieben, weihe, graue, gefleckte, schwarze. Die
letztereu sind am Missouri haufig; die granen (Fig. 292.)
Hat Say als besondere Art (Canis nubilas) beschrieben.
Kerne dieser Varietaten ist dem Menschen fo gefahrlich
wie der europaische Wolf. Lyon erwahnt, dah auf Mel-
ville-Halbinsel sowohl die Eskimos als die Englander
uubewafsnet zwischen diesen Thieren Hingingen, die eiu-
verstanden schienen, den Streit wenigstens nicht zu begin-
neu und zwar selbst da nicht, wo sie die Uebermacht
besahen. Sie jagten in Rudeln und waren, wenu der
Hunger sie trieb, auherordentlich fuhn. Den Eskimos
raubten sie die Hunde von der Seite und stahleu den bi-
Vouafirenben Reisenden ihre Vorrathe. Richardson er-
zahlt, dasi ein um Cuntberlanbhouse streifeuder, am Tage
durch eine Musketenkugel verwundeter Wolf Abends
wiederkehrte und, obgleich blutend, einen Hund aus der
Mitte von 50 audereu entffihrte, die wohl Heulten, aber
sich zu vertheidigeu nicht wagten. Mit dieser Kfihnheit
verbindet der amerikanische Wolf einen ungewohnlicheu
Grad von List. Trifft eine jagende Mente auf Wapiti-
hirsche oder Elenu, so breitet sie sich im Weiteu Halbkreise
aus, dessen offene Seite einem Abgrunde zugekehrt ist.
Anfangs schleichen die Wfilfe vorstchtig naher und ver-
engern langsam ihren Kreis, allein sobald sie bemerken,
dah der arglos grasenden Heerde der Weg abgeschnitteu
ist, dringen sie unter abscheulichem Geheul vorwarts und
treiben die Hirsche dem Abgrunde zu. Von blindem
Schrecken ergriffen, braugen diese einander hinab, bleiben
unten meistens zerschmettert liegen und werden von den
vorstchtig Herabsteigenden Wolfen aufgefrefsen. Franklin
fand ost solche Reste am Fuhe hoher Abstfirze, und Ri-
chardson, der, Abends am Rande schroffer Felsen sitzend,
seine Gedanken in weite Ferne streifen lieh, wurde nicht
wenig durch den Anblick eines solchen, aus neuu weihen
Wolsen besteheudeu Halbkreises fiberrascht, der ihm jedoch
Platz machte und nach dem Lager zurfickzukehreu gestattete.
In jeuen auhersteu Polarlandern, wo Eisbare, Wolfe
und Eisffichse ungestort herrschen, war Capitaiu Frank-
lin's Reisegesellschaft nicht felten genothige, mit Wolfen,
die vor Erschopfung kauin gehen komiten, um die Nahrung
zu kampfen. Fast zu den Ffihen der schlafenbeu Maitit-
schaft gruben bie Wolfe eiu glficklich erlegtes Elenu aus,
welches sur ben uachsteu Tag bestimmt unb vorsichtig ein-
gescharrt toorben war. Einst sahen bie Jager, bie eben
eiu Eleuu getobtei Hatten, bel ben grellen Strahlen bes
Norblichtes acht Wolfe in nachster Nahe, bie augenschein-
lich ihren Antheil von ber Bente erwarteten. Anbere
Male waren inbessen bieselben Raubthiere ihre Helser
unb verschafften ihnen manches Gericht, benn wo bie
Reisenben einen Trupp Wolfe unb Krahen bemerkten,
entbeckten sie beint Suchen gememlich ein Stfick Wilb,
bessen sie sich bemachtigien, wenu es irgeub im geniehbaren
Zustanbe war. — Man zahlt, vielleicht nicht mit vottem
Rechte, zu ben anterikanischen Arten bieser Gruppe auch
ben Prairie-Wolf (Canis latrans, Say), ber bie Ebenen
bes Missouri unb Coluurbia bewvhnt unb burch Gestalt
bes, Kopfes ber Schnauze unb Nase sowie burch Stellung
ber Augen viel Aehnlichkeit mit bent norbischen Schafer-
Hunbe hat. Von gleichsormig aschgrauer Farbung, klei-
ner unb schnellffihiger als ber gemeine Wolf, unterscheibet
er sich von biesem burch bie Sitte, auf offeuen Ebeuen
Erbbaue, welche von grohen, sehr geselligen Schaaren
bewohnt iverben, zu Hunbert neben einanber anzulegen.
Merico unb bie Pampas haben anbere Arten aufzuweisen.
1 3. Der Schakal. (Canis aureus.) Fig. 293 — 297.
Die Schakal, beren Name aus bem perstschen Sjechaal
entstanben ist, bilben in ber Gattung ber Hunbe eine be-
sonbere Gruppe nachtlich lebenber Raubthiere, sinb nur
fiber bie alte Welt verbreitet unb im Aeuheren ben Ffich-
fen verwaitbier als den Wolfen. Sie sind felten hoher
als 15 Zoll, von gestrecktem Bau, haben fcharfzugespitzte
Ohren, kleine Augen, runde Pupille, lange Bartborsten,
ziemlich grob behaartes, gelbes oder braungelbes, stellen-
weis schwarzgrau fiberlaufenes Fell, tragen den bufchigen
Schwanz horizontal, verbreiten einen sehr fibeln Geruch,
leben gesellig, legen unterirdifche Bane an, auheru wenig
Mihtrauen gegen den Menschen und sind seit alten Zeiten
ihres eigenthfimlichen Geheuls tvegen berfichtigt. Unter
dem einsachen Nauten Schakal hat man von je mehrere
Arten zusammengeworsen, die, ohne Zweifel verschieden,
dennoch nicht leicht zu charakteristren sind, benn wie unter
ben Wolfen, so finben sich auch in bieser Gruppe so viele
Uebergange, bah bie Granzen bes Artenbegriffs faunt
sestzustellen sinb unb einige Schriststeller baher nur fut
Spielarten anerfennen, was Anbere gerabezu fur achte
Species Halten. Die ungemein grvhe Verbreitung ber
Gruppe, bie von Marocco unb Dalmatien bis nach Hoch-
asten unb Jnbien reicht, bie Haufigen Befchreibungen alter
unb neuer Schriftsteller ber verschiebensteit Nationen, bie
40 Nauten, mit welchen man auf jenent weiteu Gebiete
bie Schakal bezeichuet, tragen alle bazu bei, bie strenge
Sonberung unb Feststellung ber Arten zu erschweren.
Wie groh ober gering aber auch bie korperlichen Berschie-
beuheiten bieser Raubthiere je nach ihren Wohnorten
sein ntbgen, so kommen sie boch in Sitten unb Lebens-
weise auffallenb fiberein. Nientals verlassen sie freiwillig
ihre Schlupswinfel vor Eintritt ber Dammerung, verbrin-
gen aber, Nahrung fucheub, bie ganze Nacht in weiteu
Streifereien. Wo sie hanfig sinb, bringen sie, vom Dunkel
geschfitzt, iit bie Stfibte, suchen aus ben Strahen Abfalle
zusammen, magen sich sogar in geschlofsene Hofe, beranben
Hfihnerstalle und schlecht verwahrie Vorrathshanser,
wfihlen Zugauge zu alleu nicht mit groher Sorgsalt ein-
gerichteten Graberu, verzehren aber auch jedes todte Thier,
welches der tinreittliche Stadier, der Bequemlichkeit megen,
auf den Heeriveg ivarf. Jit menschenleereren Gegenden
ttahren sie sich theils nach Art des Fuchfes, indeitt sie
schivache Saugethiere und Vogel befchleichen, ober fie
gefxlleu sich in Haufeu zufaututeu, bie nicht felten an
100—200 Kopfe starf sein folien, unb jagen bamtgem eiu-
schaftlich Antilopen unb Rehe, ober unierttehroen Ausalle
auf Schaafheerben. In Jnbien begleiten sie in gebfih-
renber Eutfernung ben Konigstiger unb fresfen, was bieser
von seiueuMahlzeiten ubrig laht, toarnen aber Menschen
unb Thiere burch einen sehr besonbereit Schrei, ben sie
nur bann Horen lassen, ivemt sie sich eben in solcher Ge-
sellschast befinbeii. Dah sie Traubeit lieben, ist eine
uralte, aber in ber Wahrheii begrunbete Angabe; bie
Zeit ber Traubenreifeniberhebt sie ber Mfihe, fur Befrie-
bigung bes fchnell ivieberfehrenbeu Hungers zu forgen,
ber nothigenfalls mit Pflauzenwurzelit gestillt toirb. Den
Menschen furchieu sie nicht unb roerben burch ihre Zu-
bringlichkeit in mauchen Gegenben Asiens zur roahren
Lanbplage. Sie Heuleu balb einzeln, balb im zahlreicheu
Chor von Sonnenuntergang bis zum hellen Morgen unb
Hinbern ben Ungetoohnteu an uachilicher Ruhe burch
biese balb scharfen, balb melaitcholischeit, jetzt schroinben-
beu unb bann in ber Ferne roieberholteu Tone, bie nicht
selten dem Hilserus oder bem Schmerzenslaut menschlicher
Wesett tauschend gleichklingen. Ilnheiinlich ist der Ein-
druck der geroaltigen Ruinen jetter grohen, von Wfisten
untgebenen Stadie, die in Asien an die Verganglichfeit
der Volfergrohe mahuen, sobald die Nacht Herabsinfi und
die einzigen, aber unsichibaren Beroohner der Oede in
Hunderistimmiges Heuleu ausbrechen. Keitt Wunder,
dah alle Reisende ntit unverkenubarem Widerroillen dieser
Thiere gedeufen, die, von Asiaten milder beurtheilt, in
mancher orientalischeu Erzahluug eine Rolle spieleu.
Wo die Schakal gesellige Bane angelegi, leisten Alle bem
angegriffenen Einzelneu Beistanb, soroeit es ber Trieb
zur Selbsterhaltung gestattet, ntuffen aber gelegentlich
ber starfereu Hpane, bie sich baftir frieblich verhalt, eine
ihrer Hohlen fiberlafseu. In ntuselmannifchen Lanbern
eriragt man sie, allein int briiifchen Jnbien hetzi man sie
gelegentlich mit Winb - ober Fuchshunben. Verntogen